Montag, 23. März 2015

Der kapitalistische Ursprung der Unterdrückung afrikanischer Frauen (Update)


Gerade lese ich über die Einweihung eines sinnreichen Denkmals zur Erinnerung an alle Opfer der Sklaverei, die das Land erst zu einer solch gewaltigen wirtschaftlichen Macht gemacht haben.

Garikai Chengu
7. März 2015
Aus dem Englischen: Einar Schlereth
In vielen Ländern Afrikas ist der Markthandel immer noch fest in der Hand der Frauen.
Am Sonntag (morgen) ist der Internationale Tag der Frauen, der 1908 von der Sozialistischen Partei Amerikas 1908 eingerichtet wurde, um den Kampf für die Gleichheit der Frauen zu befördern. Unbekannt für viele: Im überwiegende Teil der menschlichen Geschichte, der in Afrika stattfand, sind Frauen den Männern gleich, wenn nicht überlegen gewesen.

Die ersten Zivilisationen der Welt aus den geistigen, ökonomischen und sozialen Taten afrikanischer Frauen und afrikanische Frauen hatten auch die Führung in jenen matriarchalischen Gesellschaften.

Das Matriarchat im alten Afrika war nicht ein Spiegelbild des heutigen Patriarchats, da es nicht auf Aneignung und Gewalt basierte. Die Rituale und die Kultur des Matriarchats verherrlichten nicht die Gewalt; sie hatten vielmehr viel zu tun mit Fruchtbarkeit, Austausch und Verteilung.

Der frühe Mensch war sich nicht der Verbindung von Gesschlechtsverkehr und Geburt bewusst, weshalb man dachte, dass neues Leben allein von den Frauen geschaffen wurde. Dieser Glaube schuf das erste Konzept von Gott als einer fürsorglichen, teilnahmsvollen, großzügigen, all-liebende und allmächtige Mutter, die in der Ideologie des afrikanischen Matriarchats die Basis bildet.

Der Historiker Cheikh Anta Diop machte anschaulich, wie schon 10 000 v.Chr. die Frauen in Afrika Pioniere waren bei der Organisierung des Ackerbaus, womit sie die Vorbedingungen für Überschuss, Wohlstand und Handel schufen. Afrikanische Frauen waren verantwortlich für die größte Erfindung zum Wohle der Menschheit, nämlich der Nahrungssicherheit. Es ist die Praxis der organisierten Landwirtschaft, die das Wachstum der Bevölkerung, den Nahrungsüberschuss und das Entstehen der Zivilisation möglich macht.

Vorkapitalistische matriarchalische Zivilisationen in Afrika umfassten die nigerianischen Zazzau, die sudanesischen Kandake, die angolanischen Nzinga und die Ashanti in Ghana, um nur einige zu nennen. Die Quintessenz des afrikanischen matriarchalischen Systems war am offensichtlichsten und dauerhaftesten im schwarzen alten Ägypten.

Die Frauen im alten Ägypten besaßen und kontrollierten vollständig bewegliches und unbewegliches Eigentum wie Grundstücke bereits 3000 v. Chr. Bis Ende der 1960-er Jahre gab es in einigen Teilen der USA dieses Recht nicht.

Ein genauerer Blick auf die alt-ägyptischen Papyrus-Schriften enthüllt, dass die Gesellschaft strikt matrilinear war und Erbschaft und Abstammung von der weiblichen Linie bestimmt wurde. Die ägyptische Frau genoss dieselbe legalen und ökonomischen Rechte wie der ägyptische Mann und der Beweis dafür spiegelt sich in der ägyptischen Kunst und den historischen Inschriften wieder. Ägypten war eine ungleiche Gesellschaft, aber die Ungleichheit beruhte viel mehr auf den Unterschieden der sozialen Klassen als der Geschlechter.
Aus den alten Gesetzestexten wissen wir, dass Frauen in der Lage waren, Privatbesitz verwalten und darüber verfügen konnten, wie Land, bewegliches Gut, Diener, Sklaven, Vieh und finanzielle Instrumente wie Dotierungen und Jahresrenten. Eine Frau konnte ihren gesamten Besitz unabhängig verwalten nach ihrem freien Willen und in manchen ausgegrabenen Friedhöfen sind die reichsten Gräber die von Frauen.

Die Unabhängigkeit und Führungsrolle der Frauen im alten Ägypten waren Teil eines afrikanischen kulturellen Musters, das Jahrtausende zuvor begann und bis in jüngste Zeit galt, bis die Europäer den Kapitalismus und das Christentum nach Afrika brachten.

1860 schrieb der Kolonialforscher Dr. David Livingstone von einem Treffen mit den weiblichen Führern im Kongo; und in den meisten monarchischen Systemen des traditionellen Afrika gab es entweder eine oder zwei Frauen höchsten Ranges, die eine gleichwertige oder ergänzende Stellung mit dem König innehatten.

Barbara Lesko, Professorin für alte Geschichte Afrikas beschreibt, was Anthropologen, die afrikanische Geschichte und Aufzeichnungen von Reisenden und Missionaren studierten, uns erzählen, dass "überall in Afrika, wenn man nur etwas an der Oberfläche kratzt, man ethno-historische Daten über die Autorität findet, die einst mit Frauen geteilt wurde".

Unter der kolonialen Misswirtschaft litten schwarze Frauen doppelt unter der Diskriminierung und der Entmachtung sowohl als Frauen als auch als Schwarze.

Es ist schwierig für viele Leute zu akzeptieren, dass rassische Diskriminierung und Antagonismus, die ein solch beherrschendes Phänomen in der heutigen Welt sind, kein ständiger historischer Zug der Menschheit gewesen sind. In der Tat ist selbst der Begriff "Rasse" sowie Ideologie und Praxis des Rassismus ein relativ modernes Konzept.

Zum Beispiel berichten Historiker, dass die Römer und die Griechen kein besonderes Stidma für die Farbe der Haut einer Person kannten und es keine Theorien über die Unterlegenheit der dunklen Haut gab. Sklaverei in alten Gesellschaften wurde nicht durch Hautfarbe bestimmt, sondern vor allem durch militärisches Glück: besiegte Völker wurden, unabhängig von ihrer Farben, versklavt.

Bis zur Kolonisierung waren afrikanische Frauen im großen und ganzen den Männern gleich. Der bedeutende Wert der produktiven Arbeit der afrikanischen Frauen bei der Herstellung von Nahrung sicherte ihre Rechte in den heimischen, politischen, kulturellen, ökonomischen, religiösen und sozialen Bereichen. Weil Frauen so zentral in der Produktion waren zur Zeit vor der Klassengesellschaft, war die systematische Ungleichheit zwischen Geschlechtern nicht existent, und besonders ältere Frauen genossen einen relativ hohen Status.

Mit der Schaffung der kapitalistischen, kolonialen Ökonomie begann die Marginalisierung der Frauen in vielfacher Weise:

Erstens: Die Einführung von Besitzurkunden machte Männe zu Besitzern von Land. Folglich verloren die Frauen Zugang und Kontrolle des Landes, womit sie zunehmend von Männer abhängig wurden. Dies führte zu einer Verstärkung des häuslichen Patriarchats, verstärkt durch die kolonialen, sozialen Institutionen.

Zweitens: Als der Kolonialismus sich zunehmend auf afrikanischem Boden festsetzte, wurde die wahrgenommene Bedeutung des landwirtschaftlichen Beitrags der Frauen zum Haushalt stark reduziert, da ihre wichtige Rolle der Nahrungsproduktion von der lukrativeren geldeinbringende von Männern beherrschten Produktion von Waren für den internationalen Markt überschattet. Vor dem Kolonialismus dominierten die Frauen den Handel. Die Märkte wurden nicht von reinem Profitdenken beherrscht; sondern eher von dem grundlegenden Bedürfnis nach Austausch, Umverteilun und des Umgangpflegens. Traditionelle afrikanische Wirtschaftssysteme waren der Natur nach nicht kapitalistisch.

Drittens: Der Kolonialismus brachte sein Christentum mit sich und einen maskulinen Fundamentalismus, der jetzt in ganz Afrika vorherrscht. Die importierte patriarchalische Religion erlaubt es den Frauen nicht, führende Rollen zu spielen, die sie in der afrikanischen Religion hatten.

In den alten Religionen ist nicht nur Gott weiblich, sondern auch die wichtigsten Geisterhüter und heiligen Prinzipien. Rosalind Jeffries, Historikerin, dokumentiert das Konzept der Höchsten Mutter. In einem Auftsatz mit dem Titel 'Das Bild der Frau in der Höhlenkunst Afrikas' zeigt sie, wie afrikanische Schöpfungsgeschichten auf die Ur-Mutter gerichtet waren, die zuerst die Frau und dann den Mann schuf.

Das Christentum brachte auch die monogame Kernfamilie mit sich. Ihr einziger Zweck war, den Privatbesitz durch Erbschaft von einer Männergeneration auf die nächste weiterzureichen. Im Kapitalismus ist die moderne Familie auf der verborgenen, heimischen Sklaverei der Frau gegründet; und die moderne kapitalistische Gesellschaft ist eine Ansammlung von vielen individuellen Familien als ihren Molekülen.

Ein Blick ins Wörterbuch enthüllt, dass das Wort Familie einen aufschlussreichen lateinischen Ursprung hat. Famulus bedeutet wörtlich Haussklave; und familia, auch das italienische Wort für Familie, bedeutet die Gesamtheit der Sklaven, die einem Mann gehört. Karl Marx legt es offen: "Die moderne Familie enthält den Keim nicht nur der Sklaverei (servitus), sondern auch der Knechtschaft, da sie von Anfang an mit landwirtschaftlichen Dienstleistungen in Beziehung stand. Sie enthält in Miniaturform alle die Widersprüche, die sich später auf die ganze Gesellschaft und den Staat ausdehnten."

Und schließlich hat die Einführung der Lohnarbeit die Frauen betroffen, indem sie die Männer aus den Dörfern riss zur Arbeit in den Städten, was tiefe, negative ökonomische Auswirkungen auf die Frauen hatte. Koloniale Behörden benutzten routinemäßig Männer, um Frauen mit Steuern zu belegen, womit männliche Vorherrschaft in der Psyche der Einheimischen verfestigt wurde. Letzten Endes brachten die Kolonialisten das Konzept der Viktorianischen Frau: eine Fraue, die in ihrem privaten Bereich bleiben sollte und die "richtige Arbeit" den Männern überlassen sollte. Dank dieses viktorianischen Konzepts von Frauen bei allen Kolonialisten wurden die afrikanischen Frauen von dem neuen politischne und administrativen System ausgeschlossen, dessen einziger Zweck es war, die Rohstoffe und Arbeit aus der Kolonie zu ziehen.

Der Kolonialismus ersetzte die Rolle und den Status der prä-kolonialen afrikanischen Frau mit einer landlosen und entrechteten häuslichen Sklavin.

Das Entwicklungsprogramm der UNO merkt an, dass heute afrikanische Frauen 66 Prozent der Arbeit der WELT leisten, fünfzig Prozent der Nahrung herstellen, aber nur 10 % des Einkommens und nur ein Prozent des Besitzes haben.

Die größte Bedrohung für eine ruhmreiche Zukunft der afrikanischen Frau ist ihre Unwissenheit über ihre ruhmreiche Vergangenheit. Mit Wissen bewaffnet müssen die Afrikaner jetzt kämpfen, die Frauen wieder in eine Position des Respektes und ökonomischer Freiheit zu versetzen, die jene übersteigt, die sie vor dem Kolonialismus hatten.


Garikai Chengu ist Wissenschaftler am Du Bois Institut für Afrikanische Forschung der Harvard Universität. Er kann hier erreicht werden chengu@fas.harvard.edu Er kann erreicht werden unter
garikai.chengu@gmail.com


Quelle - källa - source

1 Kommentar:

  1. wieder mal die verklärung der vorkapitalistischen zeit...
    ein blick auf die bevölkerungsentwicklung hätte gezeigt, dass die menschen vor der neuzeit wie tiere gelebt haben. die bevölkerung blieb weitegehend konstant, was heißt, der geburtenüberschuss, der übrigens beträchtlich war, ist an unterernährung gestorben. die frauen sind nicht wegen irgendeinem imaginierten patriarchat von den männern abhängig, sondern weil die fortpflanzung ihren körper weit mehr beansprucht als die männer. je weniger der kapitalismus ausgebaut ist, desto geringer ist die produktivität, was zu einer noch stärkeren abhängigkeit führt. vielleicht waren die beschriebenen matriarchalischen zivilisationen vor 10000 jahren fortgeschrittener als die jäger- und sammler, aber kein vernünftiger mensch kann sich diese zeiten zurückwünschen.

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