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Mittwoch, 4. Mai 2011

KONSUM WICHTIGER ALS KINDERLIEBE - IN JAPAN WIE BEI UNS

Gerade habe ich einen wichtigen Artikel zu Fukushima übersetzt und auf unsere Seite gelegt (siehe hier). In unseren Medien ist das Thema ja durch. Das wird nur noch von diesen verbohrten, technikfeindlichen Anti-AKW-Spinnern diskutiert. Außer in Deutschland und stellenweise in den USA hat es kaum nennenswerte Demonstrationen für die Abschaltung dieser Todesmühlen gegeben. Politiker und die Herren der Atomindustrie kungeln weiter in trauter Vereinigung und betreiben 'business as usual'. Obama hält fest am Neubau von AKW's, den Indern hat man gerade noch ein paar von den Dingern angedreht, obwohl es dort wohl die größten Anti-AKW Demonstrationen gegeben hat. Allerdings waren das die Adivasis, die Ärmsten der Armen, die sich dagegen wehren, dass ihnen auch noch ihr bißchen Land gestohlen wird. Die indische Allgemeinheit hat sich da rausgehalten, da sie ja nicht unmittelbar betroffen ist.
Aber nun zu Japan. Dort dampfen die 4 Reaktoren in Fukushima vor sich hin, stoßen immer größere Mengen Radioaktivität in die Atmosphäre aus, immer größere Mengen verseuchtes Wasser fließt ungehindert ins Meer, japanische und
auch schon südkoreanische Fischer gehen bankrott, aber es passiert nichts.
D. h. nein, es passiert doch etwas. Erstens hat man dem 'armen' Tepco-Unternehmen die erste Ratenzahlung von 50 Mrd. Yen als Entschädigung für die Umgesiedelten aus dem Gefahrenbereich abgenommen. Wird mit Steuergeldern beglichen. Zweitens hat man die Tepco-Arbeiter gezwungen, pardon, sie haben ganz freiwillig JA gesagt zu einer 20-25-prozentigen Verminderung ihrer Löhne. Wodurch das Unternehmen 50 Mrd. Yen sparen wird. Und drittens hat die Regierung neue Höchstwerte festgelegt für die Strahlung, die den Menschen zugemutet werden darf. U. a. wurden die Werte für Kinder, die im Umkreis von Fukushima wohnen, auf das Niveau (20 Millisieverts) gehoben, das für erwachsene Arbeiter in Kernkraftwerken heute gilt. Dies ist das 20-fache dessen, was international erwachsenen Menschen zugemutet werden darf, die nicht in der Atomindustrie arbeiten.
Dagegen hat 1 (eine) Person demonstriert - Professor Toshiso Kosako, Experte für Strahlungssicherheit an der Universität von Tokyo und Sonderberater der Regierung für nukleare Fragen. Er nahm seinen Hut und sagte: "Das kann ich als Wissenschaftler nicht verantworten."
Wie ist das nur möglich! Da werden tausende, zehntausende - wer weiss es - Kinder im unmittelbaren Gefahrenbereich bewusst und willentlich einem qualvollen Tod überantwortet. Und es geht kein Aufschrei durch das Land. Die Menschen gehen nicht zu Millionen auf die Straße, zwingen die Regierung zum Rücktritt, quartieren sie nach Fukushima um. Man fasst es nicht.
Obwohl es ja eigentlich nicht eines solch extremen Anlasses bedürfen sollte. Die 'ideale' Lage der Atomkraftwerke in Japan genau über einer der tektonisch aktivsten Erdbebenzonen der Welt sollte Anlass genug sein, um umgehend diese
Zeitbomben zu entschärfen.
Aber nein. Und warum? Weil die Japaner 70 % ihrer Energie aus AKWs beziehen. Und sie abzustellen, würde für den Moment jedenfalls eine einschneidende Maßnahme auf Kosten des - ja, des Konsums darstellen. Hier zeigt sich das wahre Gesicht unserer Gesellschaft. Wir pfeifen doch auf unsere Mitmenschen, wir pfeifen doch auf das Wohlergehen unserer Kinder- und Enkelkinder, wir pfeifen auf die Tiere und Pflanzen und die Natur insgesamt. Empathie, Solidarität oder Kinderliebe. Alles nur Gequatsche, eine elende Heuchelei. Dass nur keiner auf die Idee kommt, über die Japaner die Nase zu rümpfen. Wir gehen genausowenig nur ein Jota von unseren wohlerworbenen, wohlverdienten Konsumrechten ab. Geben wir es zu: Wir sind auf dem Niveau der schlimmsten nur vorstellbaren Barbaren
angelangt. Obwohl ich glaube, dass wir den Barbaren damit Unrecht tun.

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