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Mittwoch, 14. November 2012

Ein Potpourri von Nachrichten – beginnend mit einer sehr erfreulichen

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Einar Schlereth
14. November 2012


19 Mrd. $ Strafe für Chevron – Tausende südafrikanische Landarbeiter im Streik – Klassenkampf wird die 4. Amtszeit von Hugo Chávez entscheiden – Obamas 'Guter Sturm Sandy'


Ein argentinisches Gericht hat befohlen, den gesamten Besitz des US-Erdölgiganten Chevron Corp im Lande zu beschlagnahmen, um das Urteil eines ekuadorianischen Gerichtes, das den Klägern wegen Umweltschäden im Amazonas-Becken 19 Mrd. $ zugesprochen hatte, zu vollziehen, sagte ein Anwahl, der die Kläger in Ekuador vertritt am 7. November 2012. [1]
….
Die Kläger – Indios aus Lago Agrio Region in Ekuador – hatten im Mai Klage gegen Chevron in Kanada, Argentinien und Brasilien erhoben, damit in diesen Ländern der Besitz von Chevron beschlagnahmt wird, da Chevron in Ekuador nichts besitzt.
Der argentinische Richter Miranda legte fest, dass alle Gelder von Verkäufen und Bank-Guthaben eingefroren werden, bis die 19 Mrd. $ beisammen sind. Natürlich haben die Bonzen bei Chevron eine großes Geheul angestimmt.
Die Argentinier hätten kein Recht dazu und die Indios erst recht nicht und das Urteil in Ekuador würden sie nicht anerkennen etc. Aber es hilft alles nichts. Sie könnten Einspruch erheben, aber das müssten sie in Ekuador tun. Und dorthin werden sie nicht gerne gehen wollen, um nicht möglicherweise noch eingesperrt zu werden für all die Verbrechen, die sie in Ekuador begangen haben.

Der Prozess hat sich über zwei Jahrzehnte hingezogen, wobei Chevron alle Register zog, um sich aus der Schlinge zu ziehen. Aber Correa ist ein gewiefter Anwalt und er hat die besten Anwälte angeheuert und eine riesige Beweislast angehäuft. Es gibt im übrigen ein Video darüber, in dem auch der Prozess gezeigt wird, bei dem die Chevron-Vertreter gezwungen sind, die zahllosen Indio-Zeugen anzuhören. Am Ende verloren sie dennoch. Aber zahlen taten sie nicht. Das ist ja üblich, dass die großen Verbrecher aus den westlichen Länder sich um Urteile von Gerichten in der 3. Welt einen Dreck kümmern. Aber nicht nur dort, sondern auch in den USA selbst, wie mir die Mohawks in ihrem „Reservat“ an der kanadischen Grenze erzählten. Reynolds, der Aluminium-Gigant, hat den St. Lorenz-Strom so gründlich versaute, dass dort kaum noch ein Fisch zu finden ist, und wenn, dann total vergiftet. Mit Hilfe von Greenpeace gewannen sie den Prozess gegen Reynolds. Reynolds war zu einer hohen Geldstrafe verurteilt worden, aber die Mohawks haben nicht einen Cent gesehen. Im Hause des Chiefs, bei dem ich zu Gast war, konnte man die Zähne nur putzen, wenn man den Ekel vor der stinkenden Brühe überwand, die aus der Wasserleitung floss. 

Nun, Chevron ist in diesem Fall auf die Schnauze gefallen. Dabei hatten selbst die Aktienbesitzer (die insgesamt 38 % Anteile halten) die Bosse gedrängt, den Fall endlich beizulegen. Und die Anwälte in Ekuador hatten ihnen bereits angekündigt, dass sie Chevron um die ganze Welt jagen würden. Der Chefvertreter der Indios, Pablo Fajardo hat AP auch schon erklärt, dass sie Prozesse gegen Chevron in Asien, Europa und anderswo initiieren würden.

Aber es kommt noch dicker. Im März d. J. hat die Regierung Brasiliens Strafaanzeige gegen den Ölgiganten und seine Partner sowie gegen 17 Angestellte des Unternehmens wegen Verbrechen gegen die Umwelt in Zusammenhang mit einer Leckage an der Küste von Rio de Janeiro. Chevron soll 5.5 Mill. $ bezahlen und jeder Angestellte 549 100 $ plus 31 Jahre Gefängnis. Zu den sauberen Herren gehören Amerikaner, Brasilianer, Briten, Australier und Franzosen. Dort will sich Chevron auch herauswinden, doch ist Chevrons Besitz in Brasilien sehr groß. Deswegen werden die Herren sicher sehr scharf nachdenken müssen.
Inzwischen lese ich, dass Chevron zusammen mit dem Schweizer Erdölunternehmen Transocean Ltd. noch zwei weitere Prozesse in Brasilien an den Hals bekommen hat, wegen mehrerer Lecks Ende 2011 und März 2012 bei einer Ölplattform vor der Küste. Dabei geht es um 11 Mrd. $. Der brasilianische Chef-Ankläger Eduardo Santos de Oliveira will obendrein Chevron aus dem Land werfen und alle Geldtransfers des gigantischen Unternehmens stoppen.

Als nächstes habe ich hier einen Artikel über einen Streik von tausenden südafrikanischen Landarbeitern. Sie streiken in dem Hauptweinbaugebiet wegen der Hungerlöhne. Ein Weinbauer wurde inzwischen verhaftet, weil er auf die Streikenden gefeuert hat.

Nach den schweren Zwischenfällen mit vielen Toten in den Goldbergwerken des Landes scheint sich diesmal die Polizei zurückzuhalten. Die Gewerkschaft unterstützt die Forderungen der Arbeiter nach einem anständigen Lohn, ordentlichen Lebensbedingungen und einem Wohnungsbau-Programm.

„Die Löhne sind viel zu niedrig, etwa 5 Pfund am Tag. Dafür kann man kaum etwas kaufen,“ sagte der Streikführer Shaun Janca der Daily Maverick. „Wir arbeiten hier unser ganzes Leben lang und besitzen nichts. Wofür arbeiten wir eigentlich?“

Die Regierung rührte sich jedoch erst, als einige Weingärten in Brand gesteckt worden waren. Dabei ist sowohl die Zentralregierung als auch die Regierung von Westren Cape sehr wohl informiert über die miserablen Verhältnisse in einer der reichsten Regionen Südafrikas. Die Weinbauern exportieren ihre Erträge zu einem Großteil und machen glänzende Geschäfte. Aber die Verhältnisse unterscheiden sich in nichts von den Zeiten der Apartheid, wie selbst ein führender ANC-Vertreter eingestehen musste.

Ausserdem bestehen die Spannungen seit vielen Jahren. Wieder und wieder haben die Arbeiter bei der Provinz- und Zentralregierung ihre Proteste vorgetragen, aber stets vergeblich.

Die Weinbauern bezichtigten die Arbeiter der Lüge, woraufhin ein Komitee aus NGOs und von der Land-Entwicklungsbehörde eine Untersuchung anstellte, deren Ergebnis zeigte, dass die Verhältnisse noch viel schlimmer als von den Arbeitern geschildert waren. Mitglieder des Komitees sagten, sie seien schockiert gewesen über das, was sie sahen. Und das war schon vor einem Jahr.
Es ist die alte Geschichte, wie überall auf der Welt. Die Bosse treiben ihre Ausbeutung erst auf die Spitze und wenn es kracht, dann schreien sie Zeter und Mordio.

Damit sind wir bei einem weiteren Thema, bei dem allerdings die Rollen vertauscht sind.

Michael A. Lebowitz, Professor Emeritus von der Uni Simon Fraser in Vancouver/Kanada, der eine Reihe von Büchern zu Fragen des Sozialismus geschrieben hat, und auch Direktor des Programms für umwälzende Praxis und menschliche Entwicklung am Centro Internacional Miranda in Caracas/Venezuela von 2006-2011 war, wurde von der linken Zeitung Novosti aus Zagreb/Kroatien interviewt über den Wahlsieg von Hugo Chávez und darüber, was er von dessen vierter Amtszeit erwarte.
Darauf antwortete Lebowitz, dass es außerordentlich wichtig sei, die enormen Veränderungen anzuerkennen, die unter Chávez zustandekamen. Das Land hatte vorher eine Zins-Wirtschaft aus den Öleinnahmen, die von der Oligarchie untereinander verteilt wurden, die obendrein durch Korruption und Vetternwirtschaft zerrüttet war.
Chávez, der anfangs an einen 'guten Kapitalismus' glaubte, aber im Laufe der Zeit gelernt hat, lenkte die Ölgelder um in Erziehung und Gesundheit, was die Armen am dringendsten brauchten. Man könne diese Maßnahmen als populistisch ansehen, aber sie kamen den Bedürfnissen des Volkes entgegen und entwickelten seine Fähigkeiten. Doch gleichzeitig gab es „einen signifikanten Prozess der Stärkung des Volkes, indem Institutionen geschaffen wurden, die es dem Volk erlaubten, demokratisch zu funktionieren und selbst Entscheidungen zu treffen, die ihr Leben betrafen“. Dabei dachte er vor allem an die kommunalen Räte, die überall an der Basis gebildet wurden. Sie wurden von Chávez als Keimzellen einer sozialistischen Gesellschaft angesehen, durch die die Menschen ein Gefühl der Würde und des Stolzes gewannen.

Aber Lebowitz beschreibt auch sehr genau die Widersprüche nicht nur zwischen der alten Herrscherschicht und den neuen revolutionären Kräften sondern auch innerhalb der chavististischen Bewegung. In ihr gibt es Kräfte, die durch die Revolution zu Reichtum gelangt sind und daher meinen, damit sei die Revolution zu Ende. Die zweite ist die Kraft an der Basis mit den sozialen Bewegungen, den kommunalen Räten und einem großen Teil der Arbeiter. Und die dritte Gruppe sind Leute, die zwar die Revolution weiterführen wollen, aber von oben nach unten ohne Einmischung der Leute 'da unten'.

Er kommt in der Folge zum Schluss, dass entscheidend sein wird, wie sich der Klassenkampf im Chávez-Lager entwickeln wird, d. h. innerhalb der Partei von Chávez, der Vereinigten Sozialistischen Partei Venezuelas, der PSUV. Vorausgesetzt, dass Chávez gesund bleibt, sei es möglich, dass die Revolution sich vertieft.

Ein anderer wichtiger Faktor sei, meint Lebowitz, dass trotz der Umkehrung der Privatisierung und der Erweiterung des staatlichen Sektors mit neuen Institutionen für Entscheidungen es nach wie vor den Kapitalismus gäbe, der vor allem im Bankensystem präsent ist, in den großen landwirtschaftlichen Latifundien und im Import- und Produktionssektor sowie den Medien. 
 
Wenn Venezuela vorankommen will zu einer neuen Art Sozialismus, müssten diese Elemente des Kapitalismus überwunden werden. Aber am wichtigsten ist für Lebowitz, dass die sozialistischen Elemente gestärkt und vertieft werden, indem das Management der Betriebe durch die Arbeiter im staatlichen Sektor erweitert wird und die demokratischen Entscheidungsprozesse an der Basis. Er zitiert eine sehr wichtige Erklärung von Chávez: „Was wir jetzt haben, das ist Staats-Kapitalismus. Ohne die Kontrolle der Arbeiter können wir keinen Sozialismus haben.“
Damit ist er voll einverstanden.

Zu der Wahl im Oktober 2012 meinte Lebowitz:
...es war absolut notwendig, die rechte Opposition zu schlagen, die die Uhr zurückdrehen wollte. Der Sieg von Chávez hält die Tür offen für den Fortschritt der bolivarianischen Revolution. Dieser Sieg war nicht nur wichtig für Venezuela, sondern für viele Länder in Lateinamerika – nicht nur für die Regierungen, die eng mit Venezuela verbunden sind (wie Kuba, Bolivien und Ekuador) sondern auch für die Regierungen, die gestärkt wurden durch das Bestehen von Chávez auf einem souveränen Lateinamerika. Und natürlich auch für die sozialen Bewegungen anderswo in Lateinamerika (und nicht nur in Lateinamerika), für die die Bolivarianische Revolution eine Hoffnung ist.“

In der Tat nicht nur in Lateinamerika, sondern weltweit ist Chávez eine Hoffnung.

Zuletzt möchte ich noch einen Artikel von der wunderbaren Felicity Arbuthnot empfehlen: „Sandy“: Obamas guter Sturm“

Sie zieht einen Bogen von den Verhältnissen im Irak, wo nach 10 Jahren „Aufbauarbeit“ der Amis selbst in einer Stadt wie Basra immer noch so gut wie kein Strom zu haben ist, zu den Verwüstungen in New York, wo viele Menschen zum ersten Mal in ihrem Leben eine leise Ahnung bekommen, wie es den Menschen in der sogenannten Dritten Welt geht.

Nur dort sind diese Zustände permanent – man könnte sagen, dass die Menschen dort einen Sturm Sandy an 365 Tagen des Jahres haben. Doch das abgrundtiefe Elend dort hat keinen besonderen Namen, erregt kaum Aufmerksamkeit, geschweige denn den Drang zur Hilfe. Hingegen wurde Sandy, der Amerika heimsuchte, unendlich aufgebauscht zum Sturm des Jahrhunderts, ein Frankensturm, ein Supersturm, zu einer amerikanischen Tragödie. Und für Obama war er 'gut', denn er hat seinen Konkurrenten in der Endphase in die Ecke geschoben.

Aber Felicity Arbuthnot denkt an Gaza, Afghanistan, Irak und schlägt den Bogen zu den Ländern, wo „Sandy“ auch und noch schlimmer gewütet hat – etwa Haiti (wo nach 100 Jahren jetzt unter amerikanischer Vormundschaft wieder die Cholera wütet und bereits tausende Opfer forderte), Jamaica, der Dominikanischen Republik, den Bahamas, Kuba.
Davon habe ich hier in den Medien nichts gehört oder gesehen. Welche Antwort bekäme man wohl, wenn man eine Zeitung oder Fernsehkanal nach dem Grund fragte?

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