Einar Schlereth
25. Mai 2013
Wegen Arbeitsüberlastung
kann ich nur mit jeweils ein paar einleitenden Worten auf
verschiedene Artikel verweisen.
Mit Verwunderung habe ich
gesehen, dass Spiegel Online am 22. Mai 2013 zu ganz neuen
Erkenntnissen in Bezug auf Syrien gelangt ist, die wir allerdings
schon vor ziemlich genau zwei Jahren hatten.
Qualitätsnachrichtenblätter brauchen halt a bisserl länger. Das
hat sogar internationales Erstaunen hervorgerufen, so dass z. B. die
alternative Webseite
www.informationclearinghouse.info/articlee35047.htm
den Artikel abgedruckt hat.
Wesentlich gehaltvoller und informierter ist der Artikel von Ramzy Baroud vom 23. Mai 2013 'Syria As A Game-Changer: US Political Impotence in The Middle East'. Ihm zufolge hat Syrien die Karten neu gemischt durch seine Erfolge an allen Fronten, Russlands Position ist unerschütterlich und wird ständig verbessert, während die USA in eine Ecke gedrängt wurde, unentschlossen und wirr reagiert. Baroud schreibt: „In der Tat ist die aktuelle amerikanische politische Impotenz im Nahen Osten nie dagewesen, zumindest nicht seit dem schnellen Zusammenbruch der Sowjetunion Anfang 1990.“
Daraufhin konnten sich die
USA zwar rasch als einzig übriggebliebene Supermacht durch brutale
Gewalt auch im Nahen Osten die führende Position erringen, doch hat
sie durch ihre Arroganz und Verfolgung kurzsichtiger Interessen die
Möglichkeit verspielt, eine Art Stabilität in ihrem Sinne
herzustellen. Sie hat in ihrer Gier nach dem ganzen Kuchen gegriffen,
hat überall eingegriffen, interveniert, gebombt – man denke an den
'Arabischen Frühling' – und hat damit erfolgreich nur ein totales
Chaos angerichtet. Überall brodelt und rumort es – von Somalia,
Jemen, bis Bahrein und Mali – und das einzige Mittel, was den USA
einfällt, sind Drohnen, Raketen, Söldner und Spezialeinheiten. Mit
blanker Gier und nackter Gewalt baut man kein Imperium. Außerdem hat es ständig
den Kläffer Israel am Bein. Aus lauter Hilflosigkeit schreit man
nach 'Intervention'. Aber das werden sie sich angesichts der starken
Präsenz der Russen zweimal überlegen.Wesentlich gehaltvoller und informierter ist der Artikel von Ramzy Baroud vom 23. Mai 2013 'Syria As A Game-Changer: US Political Impotence in The Middle East'. Ihm zufolge hat Syrien die Karten neu gemischt durch seine Erfolge an allen Fronten, Russlands Position ist unerschütterlich und wird ständig verbessert, während die USA in eine Ecke gedrängt wurde, unentschlossen und wirr reagiert. Baroud schreibt: „In der Tat ist die aktuelle amerikanische politische Impotenz im Nahen Osten nie dagewesen, zumindest nicht seit dem schnellen Zusammenbruch der Sowjetunion Anfang 1990.“
Ein weiterer hoch interessanter Artikel ist 'On the Road to Damascus', geschrieben von Antonio C. S. Rosa, der Mitglied der Friedensdelegation aus acht Ländern war,die am 1. Mai nach Syrien und Libanon reiste. Mit von der Partie war auch Mairead Maguire - die Nobelfriedenspreisträgerin aus Irland. Er gibt ein Bild von Syrien, wie wir es in geringerem Maße bei Franklin Lamb gelesen haben, aber noch intensiver, genauer und sehr mitfühlend. Er schreibt: „Es war verwirrend … ein ruhiges, positives Verhalten der Menschen zu sehen, was als Apathie missverstanden werden könnte, doch es waren erwartungsvolle, betroffene, abwartende Blicke und Gesichtsausdrücke. Nach einiger Zeit bemerkte ich eine verblüffende Abwesenheit von Zorn oder negativer Erregung. Die Leute gingen ihren täglichen Geschäften nach, als wäre nichts, als ob das Leben normal wäre. … Augenkontakte enthüllten Ernsthaftigkeit, Neugier, Freundlichkeit, Hoffnung, Gastfreundschaft, Glück, Fremde zu sehen.“ Es ist ein sehr langer, aber sehr lesenswerter Bericht, weil er viele Aspekte aufgreift, da die Delegation auch sehr viele Leute auf höchster und niedrigster Ebene trafen.
Und dies hier zur Erinnerung: IN BAHREIN GEHT DER FRIEDLICHE AUFSTAND UNGEBROCHEN WEITER. Der einzige wirklich völlig friedliche 'Aufstand', der mit Hilfe saudischen Militärs niedergeschlagen wurde. D. h. also, Soldaten taten das, was sie immer am liebsten tun, auf wehrlose Frauen, Kinder, Männer, alt und jung, einknüppeln und zuweilen auch schießen.
Massenweise wurden Demonstranten, Aktivisten eingesperrt, zusammengeschlagen, gefoltert, vergewaltigt natürlich, Ärzte, die Verwundeten halfen, wurden zu Gefängnis verurteilt. Aber all diese Menschen finden in unseren ach so freien und objektiven und vorurteilslosen Medien kein Gehör. Die haben ja keine Zeit, weil sie auf Befehl der US/NATO Mörder, Totschläger, Vergewaltiger, Söldnergesindel schön malen und als Freiheitshelden aufbauen und verteidigen müssen.
Bei ihrer Eifrigkeit haben
sie nicht einmal bemerkt, dass sogar die USA schon – sehr
vorsichtig und zaghaft – das Regime von Bahrein kritisiert haben.
Doch die einzigen wahren Freunde des Volkes – das mehrheitlich aus
Shiiten besteht – sind die Iraner. Doch ihnen sind in der
angespannten Situation der konstanten Kriegsdrohungen seitens dieser
Entität, die sich Israel nennt, und der USA und der harten
Sanktionen völlig die Hände gebunden. Also ist das Volk völlig auf
sich allein gestellt.
BANGLADESCH - das ist eine einzige Tragödie. Die Todesziffer durch den Einsturz des riesigen Fabrikgebäudes ist inzwischen auf über 1100 gestiegen. Gestern war es einen Monat her seit dem Unglück. Was ist natürlicher, als dass die Menschen unter dem Eindruck der Katastrophe und der vielen Toten nicht so leicht zur Ruhe kommen, sondern versuchen durch Demonstrationen und Proteste bessere Löhne, sichere Arbeitsplätze und Hilfe für die vielen Verwundeten zu bekommen. Am 20. Mai demonstrierten 20 000 Arbeiterinnen und forderten eine Aufstockung ihrer Löhne von 37 $ auf 100 sowie die Todesstrafe für den Besitzer des Rana-Gebäudes. Und was passierte? Ein riesiges Polizeiaufgebot prügelte, was das Zeug hält. Es gab über 50 Verletzte.
Die Regierung ist äußerst besorgt, dass die Firmen das Land verlassen und sich noch billigere Arbeitskräfte suchen (womit sie schon gedroht haben). Die Textilindustrie mit 3.7 Millionen Arbeiter/innen ist die größte Einnahmequelle des Landes. Das ist also ihre größte Sorge – ob ein paar tausend Arbeiter/innen verrecken, kümmert sie weit weniger.
Ein Artikel, der sehr gut dazu passt, ist 'A Ruling Class vs. Revolutionary Response To Prostitution' von John Spritzler vom 23. Mai 2013. Er zitiert die New York Times, die aus Griechenland berichtete, dass 'die Zahl der Leute, die Sex verkaufen in den vergangenen zwei Jahren um 150 % gestiegen ist'. Die Prostituierten würden aus purer Verzweiflung nur noch ein paar Euros verlangen, um sich etwas Eßbares kaufen zu können. Spritzler sagt, wenn Menschen „aus Not in die Prostitution gezwungen werden, ist das eine furchtbare soziale Ungerechtigkeit die mit Sklaverei vergleichbar ist“.
Aber was sagen die Herrschenden? Nein, nicht etwa, dass Bedingungen geschaffen werden müssten, die diese Sklaverei beseitigt, Jobs geschaffen werden müssten, die ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Nein, sie sehen das ganz anders. Und Spritzler zitiert einen Artikel 'Sex worker, Oprah and Hillary', in dem diese Milliardärinnen kundtun, dass doch gar nichts Schlimmes dran sei, eine Prostituierte zu sein, man sollte sie nur anders nennen, z. B. 'sex worker' und sie sollten nicht kriminalisiert werden. Und Spritzler schreibt, was sie im Grunde meinen:
„Abgesehen von den Problemen, ist doch hinsichtlich des Anstiegs der Prostitution in Griechenland nichts Schlimmes dran. In der Tat ist es doch ein Glück für die Griechen, dass die neue und wachsende Sex-Worker-Industrie blüht und so vielen Leuten, die Arbeit suchen, einen Job verschafft. Das zeigt, dass das ökonomische System, das wir haben, wunderbar ist, weil es neue Industrieen schafft und Beschäftigung bieten, wenn es notwendig ist.“
Wieso hat es eigentlich so einen Aufstand wegen der Monika gegeben?
BANGLADESCH - das ist eine einzige Tragödie. Die Todesziffer durch den Einsturz des riesigen Fabrikgebäudes ist inzwischen auf über 1100 gestiegen. Gestern war es einen Monat her seit dem Unglück. Was ist natürlicher, als dass die Menschen unter dem Eindruck der Katastrophe und der vielen Toten nicht so leicht zur Ruhe kommen, sondern versuchen durch Demonstrationen und Proteste bessere Löhne, sichere Arbeitsplätze und Hilfe für die vielen Verwundeten zu bekommen. Am 20. Mai demonstrierten 20 000 Arbeiterinnen und forderten eine Aufstockung ihrer Löhne von 37 $ auf 100 sowie die Todesstrafe für den Besitzer des Rana-Gebäudes. Und was passierte? Ein riesiges Polizeiaufgebot prügelte, was das Zeug hält. Es gab über 50 Verletzte.
Die Regierung ist äußerst besorgt, dass die Firmen das Land verlassen und sich noch billigere Arbeitskräfte suchen (womit sie schon gedroht haben). Die Textilindustrie mit 3.7 Millionen Arbeiter/innen ist die größte Einnahmequelle des Landes. Das ist also ihre größte Sorge – ob ein paar tausend Arbeiter/innen verrecken, kümmert sie weit weniger.
Ein Artikel, der sehr gut dazu passt, ist 'A Ruling Class vs. Revolutionary Response To Prostitution' von John Spritzler vom 23. Mai 2013. Er zitiert die New York Times, die aus Griechenland berichtete, dass 'die Zahl der Leute, die Sex verkaufen in den vergangenen zwei Jahren um 150 % gestiegen ist'. Die Prostituierten würden aus purer Verzweiflung nur noch ein paar Euros verlangen, um sich etwas Eßbares kaufen zu können. Spritzler sagt, wenn Menschen „aus Not in die Prostitution gezwungen werden, ist das eine furchtbare soziale Ungerechtigkeit die mit Sklaverei vergleichbar ist“.
Aber was sagen die Herrschenden? Nein, nicht etwa, dass Bedingungen geschaffen werden müssten, die diese Sklaverei beseitigt, Jobs geschaffen werden müssten, die ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Nein, sie sehen das ganz anders. Und Spritzler zitiert einen Artikel 'Sex worker, Oprah and Hillary', in dem diese Milliardärinnen kundtun, dass doch gar nichts Schlimmes dran sei, eine Prostituierte zu sein, man sollte sie nur anders nennen, z. B. 'sex worker' und sie sollten nicht kriminalisiert werden. Und Spritzler schreibt, was sie im Grunde meinen:
„Abgesehen von den Problemen, ist doch hinsichtlich des Anstiegs der Prostitution in Griechenland nichts Schlimmes dran. In der Tat ist es doch ein Glück für die Griechen, dass die neue und wachsende Sex-Worker-Industrie blüht und so vielen Leuten, die Arbeit suchen, einen Job verschafft. Das zeigt, dass das ökonomische System, das wir haben, wunderbar ist, weil es neue Industrieen schafft und Beschäftigung bieten, wenn es notwendig ist.“
Wieso hat es eigentlich so einen Aufstand wegen der Monika gegeben?
Hier kommt aber noch ein
Hoffnungsschimmer aus Mexiko. Der Artikel 'Mexico:
Hope from the Margins' von Gustavo Esteva vom 21. Mai 2013 ist
ebenfalls sehr lang und ausführlich. Er berichtet, dass die berühmte
'Oaxaca Commune' von 2006, als fast fünf Monate lang das Volk die
Kontrolle über diese große Stadt von 600 000 E. ausübte, die dann
allerdings brutal niedergeschlagen und aufgelöst wurde, nicht tot
ist sondern weiterlebt. „Die grausame Unterdrückung unterbrach das
Experiment, aber konnte es nicht auslöschen. Stattdessen hat es
unterschiedliche Formen angenommen in den Gemeinden und Vierteln, wo
die Menschen fortfuhren, ihre politische Autonomie zu behaupten.“
Und diese kommunale Herangehensweise herrsche in den meisten der 13
000 Gemeinden Oaxacas weiterhin vor, in denen kommunale
Verpflichtungen vor Rechten gehen. „Keine wichtige Entscheidung
kann getroffen werden ohne die ausdrücklihce Zustimmung der
kommunalen Versammlung, in der alle Familien vertreten sind und
wissen, wie man Einvernehmen herstellt.“
Mir scheint da ein hoch interessantes Experiment stattzufinden, über das ich gerne noch mehr erfahren möchte. Dies ist zumindest eine kurze Einführung.
Mir scheint da ein hoch interessantes Experiment stattzufinden, über das ich gerne noch mehr erfahren möchte. Dies ist zumindest eine kurze Einführung.
Zum Schluss möchte ich
euch nochmals einen meiner absoluten Lieblinge empfehlen – und zwar
Artur Silber, der wieder einen wahnsinnig guten Artikel geschrieben
hat:
'The
Ruling Class as Full-Time Sadistic Torturers' . Es ist
unglaublich – er ist ein alter und sehr kranker Mann, schreibt aber
mit einer Energie und einem Feuer, dass man ihn für sehr jung hält.
Hier beschäftigt er sich – ja mit Folter, mit 'den herrschenden
Ideen, die immer die Ideen der Herrschenden sind' (wie Marx schon
wusste und auch Strindberg) und nimmt am Ende die 'Heldentat' der
Angela Jolie unter die Lupe. Das ist einfach großartig. Und seine
Formulierungen sind ein Genuß.
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