30. April 2014
Auf dem Dach steht Gorod Geroi (Heldenstadt) Leningrad , wie die Provinz im übrigen immer noch heißt. |
Gestern habe ich noch einen großen
Ausflug gemacht bis zur Endstation der roten Linie 1 weit im Süden, zum Veteranov Prospekt,
der Veteranenboulevard. Dort standen wieder hauptsächlich die neunstöckigen Häuser und ein paar
neue Hochhäuser.
Da wurde mir auch zum ersten Mal bewusst, dass es keine Villenvororte gibt, keins unserer heiß geliebten Wüstenrothäuschen. Ich war ja nun in alle Windrichtungen gefahren und habe nirgends welche gesehen. Womit ich nicht behaupten will, dass es sie nirgends gibt. Es ist allerdings auch klar, dass in diesen Wohnvierteln mit vielen tausenden oder zehntausenden Menschen leichter eine Infrastruktur entstehen kann als in Villenvororten. Sportzentren, Kinos, Parks, Krankenhäuser, Läden vom Höker bis zur Bank, Anbindung an Metro, Trolleybusse, Busse, Trambahnen – es ist alles vorhanden. Nun war dieses Viertel auch schon etwas älter und hatte Zeit, sich zu entwickeln. Aber wir sahen ja, dass auf dem 'Bauplatz' auch schon das Meiste vorhanden war.
Da wurde mir auch zum ersten Mal bewusst, dass es keine Villenvororte gibt, keins unserer heiß geliebten Wüstenrothäuschen. Ich war ja nun in alle Windrichtungen gefahren und habe nirgends welche gesehen. Womit ich nicht behaupten will, dass es sie nirgends gibt. Es ist allerdings auch klar, dass in diesen Wohnvierteln mit vielen tausenden oder zehntausenden Menschen leichter eine Infrastruktur entstehen kann als in Villenvororten. Sportzentren, Kinos, Parks, Krankenhäuser, Läden vom Höker bis zur Bank, Anbindung an Metro, Trolleybusse, Busse, Trambahnen – es ist alles vorhanden. Nun war dieses Viertel auch schon etwas älter und hatte Zeit, sich zu entwickeln. Aber wir sahen ja, dass auf dem 'Bauplatz' auch schon das Meiste vorhanden war.
Der Veteranov Prospekt war wieder einer dieser gewaltigen Boulevards. In der Mitte sechs Fahrspuren, dann ein recht breiter Grünstreifen mit einer Baumreihe auf beiden Seiten, einem breiten Gehweg und Bänken (mit denen sparsam umgegangen wird), wieder zwei Fahrspuren, wovon eine als Parkplatz dient. Noch ein Gehweg mit Rasenstreifen mit noch einer Baumreihe, dann kommt ein Zaun, wie er alle Wohnkarrrés umgibt und innerhalb des Zauns nochmals eine
Baumreihe. Und das auf beiden Seiten
ergibt ACHT Baumreihen. Und zwischen den Häuserblocks ebenfalls reichlich Grünflächen
(meist verkrautet und nicht gepflegt) sowie Bäume. Das gibt dem
riesigen Viertel doch ein annehmbares Äußere.
Der Veteranen-Boulevard |
Ich legte einen weiten Weg zurück (auf
der Karte sah alles immer wie ein Katzensprung aus), weil ich
unbedingt den Erholungspark (die wortwörtliche Übersetzung) sehen wollte.
Ich kam an einem reichlich neuen großen Onkologischen Krankenhaus
vorbei, an einem nagelneuen großen Haus des Sports und dann begann der Wald, der eine
Enttäuschung war. Sehr verwahrlost, versumpfte Wassergräben, in denen reichlich Schnapsflaschen
lagen und dann begegnete mir auch gleich ein Pärchen, das kurz vor dem Delirium tremens stand.
Ein starker Gegensatz zu den gepflegten Parks in der Stadt mit ihren
Fontänen und Wasserspielen, die demnächst wieder eröffnet werden.
Im Winter werden sie offenbar eingemottet.
Auf dem Rückweg nahm ich den Bus und eine uralte Tram, weil ich etwas sehen wollte. Kam aber nicht allzu weit, weil es beinahe unmöglich ist, sich in dem Gewirr von Bussen zurechtzufinden. Und fragt man Leute nach dem Centr, dann wird man immer auf die Metro verwiesen. Nicht nur die Tram war uralt, sondern auch das Schienennetz. Es rumpelte und quietschte zum Gotterbarmen. Aber als Entschädigung gab es eine Schaffnerin – eine echte Babuschka – die ich fragte, wie ich weiterkomme. Sie verstand kein Wort Englisch, erklärte mir aber alles wortreich auf Russisch, dem ich immerhin entnehmen konnten, dass ich nach 2 Stationen aussteigen und dann nach links gehen müsse. Eine zweite ältere Dame misscht sich auch noch ein. Und dann gaben sie mir zur größeren Sicherheit noch einen Jungen mit, der mir den Weg genau zeigen sollte. Und meine Babuschka wollte kein Fahrgeld annehmen. Wo gibt's denn sowas?
Als ich glücklich wieder in der Stadt war, aß ich in einem ur-russischen Restaurant mit großem Buffet und vielen Delikatessen. Dazu trank ich Tee und das Ganze kostete 8 Euro. Am Rande der Stadt hatte ich am Tag zuvor für 3 Euro gegessen. Man kann also auch billig leben in Petersburg. Am Essen habe ich nur anzumerken, dass es für meinen Geschmack zu schwach gewürzt ist.
Ich vergaß auch zu erzählen, dass die Preise für alle Verkehrsmittel nur Pfennige kosten – genauer 50 Cent. Und vieles andere habe ich nicht vergessen, sondern bewusst außer Acht gelassen. Es war einfach zu schönes Wetter, um das riesige Angebot von Museen, Theatern und Konzerten wahrzunehmen. Außerdem war ich am Abend nach den Gewaltmärschen erstens zu erledigt und zweitens gestehe ich, dass ich einem völlig fremden Land zuallererst am liebsten beobachte, wie die Menschen miteinander umgehen, wie sie leben und essen und wohnen.
Auf dem Rückweg nahm ich den Bus und eine uralte Tram, weil ich etwas sehen wollte. Kam aber nicht allzu weit, weil es beinahe unmöglich ist, sich in dem Gewirr von Bussen zurechtzufinden. Und fragt man Leute nach dem Centr, dann wird man immer auf die Metro verwiesen. Nicht nur die Tram war uralt, sondern auch das Schienennetz. Es rumpelte und quietschte zum Gotterbarmen. Aber als Entschädigung gab es eine Schaffnerin – eine echte Babuschka – die ich fragte, wie ich weiterkomme. Sie verstand kein Wort Englisch, erklärte mir aber alles wortreich auf Russisch, dem ich immerhin entnehmen konnten, dass ich nach 2 Stationen aussteigen und dann nach links gehen müsse. Eine zweite ältere Dame misscht sich auch noch ein. Und dann gaben sie mir zur größeren Sicherheit noch einen Jungen mit, der mir den Weg genau zeigen sollte. Und meine Babuschka wollte kein Fahrgeld annehmen. Wo gibt's denn sowas?
Als ich glücklich wieder in der Stadt war, aß ich in einem ur-russischen Restaurant mit großem Buffet und vielen Delikatessen. Dazu trank ich Tee und das Ganze kostete 8 Euro. Am Rande der Stadt hatte ich am Tag zuvor für 3 Euro gegessen. Man kann also auch billig leben in Petersburg. Am Essen habe ich nur anzumerken, dass es für meinen Geschmack zu schwach gewürzt ist.
Ich vergaß auch zu erzählen, dass die Preise für alle Verkehrsmittel nur Pfennige kosten – genauer 50 Cent. Und vieles andere habe ich nicht vergessen, sondern bewusst außer Acht gelassen. Es war einfach zu schönes Wetter, um das riesige Angebot von Museen, Theatern und Konzerten wahrzunehmen. Außerdem war ich am Abend nach den Gewaltmärschen erstens zu erledigt und zweitens gestehe ich, dass ich einem völlig fremden Land zuallererst am liebsten beobachte, wie die Menschen miteinander umgehen, wie sie leben und essen und wohnen.
Mein wichtigster Eindruck war die menschliche Wärme, dass Freunde/innen sich herzlich umarmen – nicht mit Luftküsschen – dass Liebespaare sich innig umarmen und küssen, dass älteren Menschen von Jüngeren in den Verkehrsmitteln Platz gemacht wird, lauter Kleinigkeiten, aber die Gesamtheit macht eben menschliche Wärme aus.
Noch etwas hat mich sehr beeindruckt. Wie selbstbewusst und aufrecht die Menschen gehen, vor allem auch die Frauen. Selten, dass man eine schlampige Gangart sieht. Oder dass große Frauen einen Buckel schieben, um nicht so groß zu wirken. Im Gegenteil tragen die großen Frauen noch 10 – 15 cm hohe Stöckel- resp. Plateauschuhe und können darin auch elegant laufen.
Im Gegensatz dazu fiel mir heute in
Helsinki auf, wie schlecht die Menschen laufen, wie klein sie sind
und so viel rundlicher und pummeliger – um mich höflich
auszudrücken. Und die Stadt ist zwar sauber, aber nicht so penibel
sauber wie Petersburg. Und ich sah auch ein Waldstück, das nicht
viel anders aussah als das in Petersburg. Zur Entschädigung konnte ich jedoch einen ansehnlichen 1.Mai-Marsch
erleben.
Tja, und heute vormittag fuhr also mein
Zug nach Helsinki vom Finnländischen Bahnhof ab, einer der fünf
großen Bahnhöfe in Petersburg. Hier kam Lenin aus dem Exil zurück
und wurde von einer begeisterten Menschenmenge empfangen. Daher
gibt es davor eine wunderschöne Parkanlage mit seiner Statue.
Leninstatue mit Finnischem Bahnhof |
Tja, und heute vormittag fuhr also mein
Zug nach Helsinki vom Finnländischen Bahnhof ab, einer der fünf
großen Bahnhöfe in Petersburg. Hier kam Lenin aus dem Exil zurück
und wurde von einer begeisterten Menschenmenge empfangen. Deswegen
gibt es davor eine wunderschöne Parkanlage mit seiner Statue.
Sicher sehne ich mich nach meinem Häuschen in Schweden und meinem Garten, in dem schon die Kirschen blühen werden, aber wäre ich jünger, würde in Petersburg gerne ein paar Monate widmen. Doch ich bin froh, dass ich endlich wenigstens diesen kurzen Besuch machen konnte und dem Land, dem wir die Befreiung vom Faschismus verdanken, meine Reverenz erweisen konnte und auch seiner großartigen Kultur.
Sicher sehne ich mich nach meinem Häuschen in Schweden und meinem Garten, in dem schon die Kirschen blühen werden, aber wäre ich jünger, würde in Petersburg gerne ein paar Monate widmen. Doch ich bin froh, dass ich endlich wenigstens diesen kurzen Besuch machen konnte und dem Land, dem wir die Befreiung vom Faschismus verdanken, meine Reverenz erweisen konnte und auch seiner großartigen Kultur.
Anmerkung: Alle Fotos kann man anklicken, um sie separat zu zeigen. Dann kann man sie auch beliebig vergrößern.
Lieber Freund,
AntwortenLöschenherzlichen Dank für Ihren emotionalen sowie auch sachlichen Bericht aus St. Petersburg. Ja, Russland ist schön, seine Menschen freundlich und hilfsbereit, Russlands Museen einmalig. Es war für mich immer ein großes Erlebnis, Russland zu besuchen. Ich habe Russland zu allen Jahreszeiten erlebt, oft (damals noch) Leningrad, auch im bitterkalten Winter. Und ich liebe Russland noch heute.
Russland muss man mit dem Herzen sehen und ich erkenne beim Lesen Ihrer Zeilen, dass Sie das tun.