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Samstag, 31. Mai 2014

WIR SIND DIE ERDE

Hier wieder ein Artikel von Vandana Shiva, die einen unermüdlichen Kampf für das Leben führt. Aber gleichzeitig möchte ich noch eure Aufmerksamkeit auf den Artikel auf   'Gegenmeinung' vom gestrigen Tag lenken: Wichtige Vereinbarung zwischen Syrien und Russland. Das ist ein Meilenstein internationaler Solidarität.

Lebendige Erde

WIR SIND DIE ERDE

Vandana Shiva
27. Mai 2014

'Kreative Arbeit als Begleiter des Erdbodens und Mit-Schöpfer eines lebenden Bodens ist kein "Input" in das Nahrungssystem, sondern der bedeutendste Output einer guten Landwirtschaft', schreibt Shiva.
(Public Domain)
The Asian Age

Wir sind aus denselben fünf Elementen  - Erde, Wasser, Feuer, Luft und Raum - gemacht, die das Universum bilden. Wir sind die Erde. Wir sind der Boden. Was wir für den Boden tun, das tun wir für uns selbst. Und es ist kein Zufall, dass die Wörter "Humus" und "Human" (im Englischen Mensch) dieselbe Wurzel haben.
Diese ökologische Wahrheit ist in dem herrschenden Paradigma vergessen worden, weil es auf Öko-Apartheid basiert, der falschen Idee, dass wir von der Erde getrennt und unabhängig sind, und auch, weil es Erde als tote Materie definiert. Wenn Erde tatsächlich tot ist, dann kann menschliche Tätigkeit ihr Leben nicht zerstören. Sie kann nur die Erde "verbessern" mit chemischem Düngemitteln. Und wenn wir die Herren und Eroberer der Erde sind, bestinmen wir das Schicksal der Erde. Dann kann Erde nicht unser Schicksal bestimmen.

Die Geschiche jedoch ist Zeuge der Tatsache, dass das Schicksal der Gesellschaften und Zivilisationen sehr eng damit verbunden ist, wie wir den Boden behandeln - ob wir  mit dem Boden durch das Gesetz des Zurückgebens oder durch das Gesetz der Ausbeutung und Extraktion verbunden sind.

Das Gesetz der Rückgabe - des Zurückgebens - hat sichergestellt, dass Gesellschaften fruchtbaren Boden schaffen und erhalten und über Jahrtausende von lebender Erde ernährt werden können. Das Gesetz der Ausbeutung - des Nehmens ohne Geben - hat zum Kollaps der Zivilisationen geführt.

Zeitgenössische Gesellschaften in der ganzen Welt stehen am Rande des Kollaps, da die Böden erodiert, verschlechtert, vergiftet, unter Beton begraben und des Lebens beraubt worden sind. Die industrielle Landwirtschaft, die auf einem mechanistischen Muster beruht und der Verwendung von fossilen Brennstoffen hat eine Ignoranz und Blindheit gegenüber dem lebendigen Prozess, der einen lebenden Boden schafft, hervorgerufen. Statt sich auf das Erde-Nahrungs-Netz zu konzentrieren, war man auf externe Inputs von chemischen Düngemitteln versessen - was Sir Albert Howard die NPK-Mentalität nannte. Biologie und Leben sind mit Chemie ersetzt worden.

Externe Inputs und Mechanisierung sind zwingend für die Monokulturen. Indem der Boden dem Wind, der Sonne und dem Regen ausgesetzt wird, setzen die Monokulturen ihrerseits die Erde der Erosion durch Wind und Wasser aus. Erde geht 10 bis 40 mal schneller verloren als die Rate, mit der sie natürlich wieder aufgefrischt werden kann. Dies bedeutet 30 Prozent weniger Nahrung in den nächsten 20 bis 50 Jahren. Die Bodenerosion spült die Bodennährstoffe hinweg. Eine Tonne Erdkrume entspricht im Schnitt 1-6 kg Nitrogen, 1-3 kg Phosphor, 2-30 kg Kalium, während erodiertes Land nur 0.1 - 0.5 % Nitrogen aufweist. Die Kosten dieses Nährstoffverlusts betragen 20 Milliarden jährlich.

Fruchtbare Böden enthalten 100 Tonnen organisches Material auf 1 Hektar. Die Reduktion von organischem Material im Boden durch 1.4 bis 0.9 % verringert das Ertragspotential um 50 %. Chemische Monokulturen machen den Boden auch anfällig für Trockenheit und tragen zur Nahrungsunsicherheit bei.

Außerdem absorbieren erodierte Böden und Böden ohne organisches Material 10 - 300 mm Regenwasser per Hektar im Jahr. Das bedeutet 7 - 44 % Verminderung des Wassers für die Nahrungsproduktion, was zur Verminderung der Produktivität um 10-25 % beiträgt.

Keine Technologie kann behaupten, die Welt ernähren zu können, indem sie das Leben im Boden zerstört und ihn nicht auf der Basis des Gesetzes der Rückgabe ernährt. Daher ist die Behauptung, dass die Grüne Revolution oder das genetische Engineering die Welt ernähren könne, falsch.

Diese Technologien erfordern zwangsläufig Monokulturen mit chemischen Inputs, ein Rezept zur Tötung des Lebens in der Erde und zur Beschleunigung der Bodenerosion und Degradierung. Degradierte und tote Böden, Böden ohne organisches Material, Böden ohne Bodenorganismen, Boden ohne Wasserrückhalt-Kapazität schaffen Hungersnöte und eine Nahrungskrise; sie schaffen keine Nahrungs-Sicherheit.

Dies trifft insbesondere in Zeiten des Klimawandels zu. Nicht nur, dass die industrielle Landwirtschaft für 40 % der Treibhausgase verantwortlich ist, sondern sie ist ihm auch stärker ausgeliefert.

Böden mit organischem Material sind widerstandsfähiger gegen Trockenheit und Klimaextreme. Und Vermehrung von organischem Material durch intensive Systeme der Biovielfalt, die in Wirklichkeit intensive Systeme der Photosynthese sind, sind die effektivste Methode, das Kohlendioxyd aus der Atmosphäre zu bekommen und in die Pflanzen und dann in die Böden durch das Gesetz der Rückerstattung.

Im Boden, nicht im Öl liegt die Zukunft der Menschheit. Die Erdöl-basierte, fossile Treibstoff intensive industrielle Landwirtschaft hat drei Prozesse freigesetzt, die den Boden töten und dadurch unsere Zukunft beeinflussen.

Erstens zerstört die Agroindustrie lebende Böden durch Monokulturen und Chemikalien. Zweitens intensiviert das ölbasierte Muster den Input von fossilen Brennstoffen und schafft ein falsches Maß von Produktivität, das ein unproduktives System als produktiv darstellt.

Der Trick liegt in der Reduzierung der kreativen produktiven Arbeit auf "Lohnarbeit" als Ware sowie die Menschen und die Arbeit als "Input" anzusehen, aber fossilen Brennstoff nicht als Input zu betrachten. Intensive Brennstoffnutzung entspricht mehr als 300 "Energie-Sklaven", die unsichtbar hinter jedem Arbeiter auf intensiven industriellen Farmen stehen.

Menschen als Input bedeutet, je weniger Leute auf dem Land, desto "produktiver" wird die Landwirtschaft. Bauern werden zerstört, ländliche Ökonomie werden zerstört, das Land wird geleert und mit Giftstoffen gefüllt. Die kreative Arbeit der Bauern als Hüter und Erneuerer des Bodens und der Biovielfalt werden ersetzt durch tödliche Chemikalien.

Kreative Arbeit als Begleiter des Erdbodens und Mit-Schöpfer eines lebenden Bodens ist kein "Input" in das Nahrungssystem, sondern der bedeutendste Output einer guten Landwirtschaft. Sie kann nicht auf "Lohnarbeit" als Ware reduziert werden. Land ist ebensowenig eine Ware. Lebendingen Boden schaffen, bewahren, verjüngen in einen fruchtbaren und lebenden Boden ist das wichtigste Ziel der Zivilisation. Es ist regenerativer Output.

Drittens überfluten vertriebene Bauern die Städte. Das ist kein natürliches oder unvermeidbares Phänomen. Es ist Teil des eigentlichen Kerns der Agroindustrie. Die Explosion der Städte begräbt den fruchtbaren Boden unter Zement. In jeder Minute wird das Äquivalent von 30 Fußballplätzen von Zement und Beton verschlungen.

Die Save our Soils (SOS) Bewegung, zu deren Förderern ich gehöre, ist von vielen Organisationen gegründet worden, darunter die FAO, IFOAM, Nature and More, um die Menschheit über den Bodennotstand zu wecken, was ein Notstand der Menschheit ist.

Wir müssen menschlichen Fortschritt nicht auf Basis von unter Zement begrabenem Boden messen, sondern wieviel Boden zurückgewonnen und befreit worden ist. Das ist es, was "saugandh mujhe is mitti ki" bedeuten sollte. Lebendes Saatgut und lebende Böden sind die Grundlage des Lebens und dauerhafter Gesellschaften.


Quelle - källa - source

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