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Mittwoch, 13. August 2014

Örtlich produzieren, um örtlich zu konsumieren


Die französische Organisation 'Élevages sans frontières' (ESF = Viehzucht ohne Grenzen) packt ein Thema an, das mich seit Jahrzehnten nicht loslässt. Schwedische Milchprodukte in Deutschland, deutsche in Schweden. Japanische Autos in Deutschland und deutsche in Japan. Italienische Waschmaschinen hier und schwedische in Italien. Welch ein Irrsinn, aber das wird uns als "markt-gerecht und wirtschaftlich weisgemacht". Kurz bevor Mao starb, muss er in Bezug auf China sich auch an diesem Wahnsinn gestört haben. Er empfahl, statt Rohstoffe und/oder Fertigprodukte über riesige Entfernungen hin und herzukarren, die Mammut-Produktionsstätten zu splitten und über das Land zu verteilen. Und die Regionen sollten autarker werden: alles, was an Ort und Stelle produziert werden kann, soll an Ort und Stelle verbraucht werden. Darin sah er nicht nur einen wirtschaftlichen, sondern auch einen strategischen Nutzen. Diese Idee wir vielerorts in der Welt bereits verwirklicht, vor allem hinsichtlich landwirtschaftlicher Produkte und auch weithin diskutiert wird. In den USA wird dies von den großen Lebensmittelmafiosi schon als Gefahr gesehen, so dass es immer wieder zu Polizeiüberfällen auf derartige Betriebe kommt, bei denen alles kurz und klein gehauen wird. D. h. es ist eine richtige Strategie.


Örtlich produzieren, um örtlich zu konsumieren
Sylvain Gomez
11. August 2014


Aus dem Französischen: Einar Schlereth
"Wir wollen sicher sein, essen zu können und vor allem das zu essen, was wir produzieren und verarbeiten." Dies sagt Marie-Andrée Tall, eine 55-jährige Senegalesin und Präsidentin der Association Afrique Agro Export (AAFEX) und wünscht, den örtlichen, regionalen, afrikanischen Konsum zu fördern.

Auf jeden Fall müssen sie, um die Exporte des Südens in den und für den Süden zu entwickeln, über die örtliche Produktion laufen, um den Nahrungsbedürfnissen auf nationaler Ebene zu genügen. Um dorthin zu gelangen, müssen zwei Forderungen erfüllt werden: örtliche und nachhaltige Produktionsmittel zu gewährleisten und die Kosten der Produktion zu senken.
Restaurant mit örtlicher Getränkeherstellung
Die Schwierigkeiten, Kredite zu erhalten, bremsen "die örtliche Produktion, um örtlich zu konsumieren". Die kleinen Produzenten möchten gerne ihre Produkte auf den Markt bringen, stoßen aber auf Organisationsprobleme und fehlenden Zugang zu Krediten. Die Banken stellen faktisch dieselben Anforderungen, ob es sich um große oder kleine Unternehmen handelt: sie machen den Klein-Produzenten keine Lösungs-Vorschläge, um deren Aktivität zu fördern.

"Viehzucht ohne Grenzen" hilft diesen Produzenten, sich die Mittel für die Produktion und Verarbeitung zu beschafffen (Tiere, Ausrüstung, kleine Materialien) und stützt sie über bäuerliche Organisationen bei der Strukturierung und professionellen Handhabung. So hat in Marokko die Verteilung von Bergziegen in der Provinz von Ouarzazate Ende 2005 einen verbesserten Viehbestand aufzubauen möglich gemacht, der heute die Bedürfnisse an Milch der Familien zufriedenstellt. Der Überschuss dieser Milchproduktion wird in den Dörfern verkauft und an eine Käserei-Kooperative, die den Käse an Restaurants und Supermärkte in Ouarzazate verkauft.

Die Produktionskosten verringern

Die Förderung der örtlichen Produktion muss jedoch gewisse Fallen vermeiden, wie etwa die "Flucht" der örtlichen Produkte ins Ausland. Zum Beispiel wird die Hälfte der örtlich produzierten und verarbeiteten Getreideprodukte der AAFEX-Mitglieder ins Ausland verkauft, weil die hohen Produktionskosten die Produkte für die örtliche Bevölkerung unerschwinglich machen. Qualitätsprodukte zu erschwinglichen Preisen zu liefern, ist also eine Herausforderung.

ESF begleitet Kaninchenzüchter in Bénin und Geflügel-Züchter in Burkina-Faso, die genügend Qualitätsprodukte herstellen, um den Bedarf ihrer Familien, ihrer Dörfer und der Restaurants und Hotels zu befriedigen ohne Mittelsleute.

Diese Art direkter Beziehung zwischen Produzent und Käufer entspricht den örtlichen Bedürfnissen nach mäßigen Preisen und bringt doch einen Profit für die Produzenten der Region.
Sie verkauft örtliche Produkte

Örtlich produzieren und konsumieren: eine Herausforderung für die Entwicklungsländer

In den Entwicklungsländern begünstigen die Verstädterung und Ernährungsänderungen einen vermehrten Bedarf von Fleischprodukten in den kommenden Jahrzehnten.

Die größte Herausforderung ist, örtlich Qualitätsprodukte einer wachsenden aber relativ armen Bevölkerung bereit zu stellen. Kurze und örtliche Verbindungen herzustellen, macht es auch möglich, den Verkaufspreis niedrig zu halten, eine bessere Handhabung hinsichtlich Verderblichkeit und Wärmeeinwirkung zu gewinnen und sich von Importen zu befreien.

Marie-Andrée Tall bekräftigt: örtlich produzieren und konsumieren, "ist kein gratis-Akt; es ist ein militanter Akt, eine Wahl der Entwicklung für unsere Länder. Es ist die Wahl, die örtliche Landwirtschaftsproduktion zu erhöhen und ihr Wert zu verleihen (...) Es ist die Wahl, Arbeitsplätze zu schaffen".

ESF unterstützt folglich die kleinen Familienbetriebe in ihrer Anpassung, Professionalisierung und ihren Einstieg in den einträglichen Verteiler.
  • Beinahe 2/3 der Bewohner Afrikas südlich der Sahara arbeiten in der Landwirtschaft, aber ihre Ernähung ist die niedrigste der Welt: 2392 kcal pro Tag/Pers gegen 3900 kcal in den OECD-Ländern.
  • 1.6 Mrd: Bevölkerung südlich der Sahara 2050. Um eine richtige Ernährung von 3000 kcal/Tag/Pers zu erreichen, muss die landwirtschaftliche Produktion verdreifacht werden.
  • 250 %: dies ist die Wachstums-Vorhersage nach Fleischprodukten in Westafrika zwischen 2009 und 2020.
  • Die Importe der Länder südlich der Sahara an Milchprodukten und Eiern sind von 300 Mill. $ im Jahr in der Periode 1994-1996 auf 663 Mill. $ in der Periode 2004-2006 gestiegen. Die Fleischimporte haben sich in derselben Periode vervierfacht; sie sind von 61 Mill auf mehr als 258 Mill. $ gestiegen.

5 Kommentare:

  1. Russland aktuell, tut daher mit seinem Importstop jetzt das Richtige. Warum Rubel an die westlichen Kriegstreiberstaaten für Gammellebensmittel und Technikschrott aus der EU verschenken? Russland kann das alles selber herstellen und ein paar exotisch Modefrüchte bezieht man besser aus Südamerika / Südostasien anstatt aus Niederlande. Billige Spitzentechnologie bezieht man in überschaubarer Menge aus China (weltschnellster Computer) Software aus Indien, und nicht den teuren Microschrott aus USA. Ich selber hab seit 2007 kostenloses LINUX und mein Rechner funktioniert trotz 256 MB und 500 MHZ.
    Ricardo (Nachfolger von Adam Smith und Vorgänger von Karl Marx) wurde mit seiner im Kern guten Theorie über das WinWin beim Aussenhandel, in der Praxis wiederlegt. In der Praxis wurden erst die Menschen in den armen Staaten ärmer (deren Bosse / USA geputschte Diktatoren aber reicher). Dann wurden die Menschen und Bosse der reichen Staaten reicher. Dann wurden die Menschen in den reichen Staaten ärmer, aber die Bosse in den armen und reichen Ländern sind immer noch reich.
    An der ganzen hin- und herkarrerei von Lebensmitteln und anderen Gütern verdienen fast ausschliesslich unproduktive Schlipsträger, egal ob die sich Trader, Logistiker oder Zocker nennen.
    Aussenhandel ist ekelig unnatürlich und muss sich, wenn überhaupt, auf Ausnahmen beschränken.

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  2. Richtig. Und noch etwas: es gibt auch in Deutschland schon Initiativen, Obst + Gemüse direkt vom Produzenten (dem Bauern) zu beziehen (entweder Abholung oder auch Lieferung). Das sollte man unterstützen, auch die Läden, die direkt vom Bauern beliefert werden. Die Macht der Supermarkt-Ketten ist ins Unermessliche gewachsen. Sie diktieren kleineren Unternehmen - auch den Bauern - ihre Bedingungen und drücken die Preise ins Bodenlose, bis die Leute bankrott sind. Das ist skandalös. Schaut auch die zwei Dokumentar-Videos über die Machenschaften der Supermärkte an, die ich auf Google Plus gelegt habe.

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  3. Danke für ihren Beitrag. Schon in meiner Kindheit ist mir dieser Wahnsinn aufgegangen. Man stand ja gern auf Autobahnbrücken und winkte oder auch nicht, man guckte einfach diesem endlosen Wurm zu, dem ein ebenso endloser Wurm entgegenkam. Irgendwann habe ich mich gefragt, wievielen Lastwagen jemand begegnet, die Schokolade (Oder Fliesen oder Obst...) von München nach Hamburg transportieren, während er das Gleiche in der Gegenrichtung tut. Als ich mich dann gefragt habe, wem das nutzt, fiel mir die damals oft gehörte Redewendung ein, dass "der Rubel rollen muss". Dann kam die Pubertät, und ich hatte Wichtigeres im Kopf, aber als ich langsam auch wieder an anderes denken konnte, wurde mir auch klar, wem der nun wieder nutzt, der rollende Rubel. Zum Glück findet gerade ein leider etwas langsames weltweites Erwachen statt. Der Wachstumszwang des Systems konditioniert alles. Als ich Autobahnbrücken noch beeindruckend fand, hat man auch noch versucht, Autos zu bauen, die möglichst lange halten sollten. Aber das war schnell vorbei. Heute baut man Autos für 10 Jahre und Computer für 2-3. Alles damit der Rubel rollt und statt der Autos das System lange hält.

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  4. Ja genau, das ist auch ein Punkt, der mich immer empört hat. Ich glaube, als ich ganz früh einmal las, dass man glühbirnen für 100 Jahre herstellen kann und die Methode aber ganz schnell fallengelassen wurde. Denk, wieviel Freizeit der Mensch gewinnen würde, würde er nicht 70 % Scheiße produzieren.

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    1. Den Spruch, dass die Leute arbeiten, um mit Geld, das sie sonst nicht hätten, Dinge kaufen zu können, die sie nur brauchen, um damit Leuten zu imponieren, die sie nicht leiden können - den kennt ja wohl jeder. Aber genau dafür wurden wir seit dem Wirtschaftswunder erzogen. Der neue i-pod wird von den yuppies erwartet wie der Heiland von den Orthodoxen und Fundamentalisten.

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