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Montag, 28. September 2015

Die Flut sinkt: Städte und Länder rebellieren gegen die Wasser-Privatisierung und gewinnen


Hier mal eine gute Nachricht, die verständlicherweise von den Mainstreammedien nicht an die große Glocke gehängt wird. Wo kämen wir auch hin, wenn plötzlich die Bürger begännen, sich in die Politik einzumischen.


Tom Lawson
25. September 2015


Aus dem Englischen: Einar Schlereth
Weltweite Proteste gegen Wasserprivatisierung.
Privat-Unternehmen waren eifrig dabei, seit 1600 Profit aus dem Wasser zu schlagen; damals wurden die ersten Wasser-Gesellschaften in England und Wales gegründet. Die erste Welle von Privatisierungen trat Mitte des 18. Jh. ein und Mitte bis Ende des 19. Jh. waren Privatunternehmen in Europa, den USA und auch in Lateinamerika gang und gäbe. Sie begannen auch in Afrika und Asien aufzutauchen.

Aber der Privatisierungs-Sturm legte sich und im 20. Jahrhundert wurde Wasser eine öffentlich kontrollierte Ressource. In den USA z. B. waren 1924 nur 30 % der Leitungswasser-Systeme in privater Hand, von 60% Mitte 1850.

Erst Ende der 1980-er Jahre tauchte die Idee von Wasser-Managing-Firmen in großem Maßstab wieder auf. Unter Margaret Thatcher privatisierte die englische Regierung 1989 als erstes Land alle Wasser-Unternehmen. In Verbindung mit der globalen Betonung auf dem Freimarkt-Kapitalismus nach dem Fall des Kommunismus begann die zweite Welle der Privatisierung, die immer noch anhält.
Die Wasser-Privatisierung wurde und wird immer noch vom IWF und der Weltbank ermutigt, die Übernahmen von öffentlicher in private Hände zu einer Vorbedingung für Darlehen machen. Als Ergebnis erlebte man Anfang der 1990-er Jahre einen Ansturm von Städten und Ländern in der Welt, um ihr Wasser an Privat-Firmen zu übergeben.

Von Industrie und Investoren wird behauptet, dass Wasser in privater Hand zu größerer Effizienz und Service-Qualität führt und besserem Service-Management. Die Privatisierung liefert Regierungen auch Einnahmen, wenn sie Wasser-Service verkaufen und Profite für Unternehmen. Aber mit Profit als Hauptziel wird die Idee vom Wasser als ein Menschenrecht zweitrangig.

Die Probleme mit der Wasser-Privatisierung beginnen oft gleich nach dem ersten Enthusiasmus - Mangel an Infra-Struktur-Investitionen und Vernachlässigung der Umwelt. Eine Studie von 2005 der Weltbank sagte, dass insgesamt die Beweise zeigen, „dass es keinen statistisch signifikanten Unterschied in der Effizienz zwischen öffentlichen und privaten Firmen gäbe.“ Die häufigste Klage über die Privatisierung betrifft die Tariferhöhung, in den allermeisten Fällen passiert, was Wasser für viele unerschwinglich macht.

Trotz dieser Probleme fahren Hilfsagenturen, Wasser-Gesellschaften und viele Regierungen fort, Privatisierung im Namen des Profits durchzusetzen. 2011 beschrieb der Ökonom Willem Buiter Wasser als „ein Anlagegut der Sonderklasse, das meiner Ansicht nach am Ende der wichtigste Bedarfsartikel werden wird, der Öl, Kupfer, Landwirtschaftsprodukte und Edelmetalle in den Schatten stellen wird.“

Aber die Opposition gegen diese Ideologie wächst. Bekannt als Rekommunalisierung ziehen es mehr und mehr Gemeinden und Regierungen vor, Widerstand zu leisten und die Privatverträge aufzusagen. Laut einem Bericht von 2014 vom Transnational Institute haben 180 Städte in 35 Ländern in den vergangenen 15 Jahren wieder die Kontrolle über ihr Wasser in die Hand genommen.

Um Licht auf diesen Trend zu werfen, folgen hier die bedeutendsten Widerstands-Beispiele gegen Privatisierung:

Cochabamba in Bolivien 2000

1999 wurde die Wasserkontrolle in Cochabamba, 3.-größte Stadt Boliviens der Aguas del Tunari – einer neuen Firma und joint venture mit der US-Firma Bechtel – übergeben. Der Deal wurde von der Weltbank und der Inter-American-Development-Bank eingefädelt als Bedingung dafür, dass Bolivien staatliche Darlehen erhält. Die Privatisierung tat wenig, um den Wasser-Zugang für die Bürger zu verbessern, aber sie erhöhte die Kosten um das Dreifache, womit sie zur Steigerung der Armut beitrug.

Als Ergebnis protestierte die Bevölkerung in Massen. Zehntausende gingen auf die Straße und im April 2000 beendete die Regierung den Vertrag und unterstellte Wasser wieder staatlicher Kontrolle. Bekannt unter dem Namen Cochabamba Wasserkrieg wurde er zu einem Wendepunkt in der anti-Privatisierungskampagne. Er demonstrierte, dass private Verträge durch Graswurzelbewegungen annulliert werden konnten und ebnete den Weg für andere.

Atlanta in Georgia (USA) 2003


Obwohl die Probleme der Wasser-Privatisierung oft als eine Frage in den Entwicklungsländern gesehen werden, gibt es Rekommunalisierungen auch zunehmend in westlichen Ländern. Eine der ersten Städte war Atlanta Anfang 2000. Als United Water die Wasserversorgung der Stadt 1999 übernahm, versprach sie 50% Ersparniss für die Öffentlichkeit und 2-stelliges Wachstum für die Firma. Aber sobald sie übernommen hatte, wurde ihre Arbeiterschaft halbiert und die Qalität sank derart, dass Bürger ihr Wasser abkochen mussten, während die Tarife dauernd stiegen.

Als Ergebnis gab es schon nach 4 Jahren öffentlichen Ärger und 2003 sagte Atlantas Bürgermeister Shirley Franklin den Vertrag auf. Obwohl mehr als 20 Städte in den USA seit 2002 ihre Verträge aufsagten, wird dieser Trend bedroht, da Obama eine Wasser-Resssourcen-Reform und ein Entwicklungs-Gesetz im vergangenen Jahr unterzeichnete, wodurch die Privatisierung gestärkt werden soll.

Uruguay 2004


2004 wurde Uruguay das erste Land, das die Privatisierung des Wassers illegal machte. Nachdem sich zwei Privatfirmen unbeliebt gemacht hatten, wurde ein Referendum abgehalten. Gleichzeitig gab es Druck von der IWF, die neue Privat-Verträge an die Darlehen knüpften, sowie Gefahren durch die Free Trade Investment Verhandlungen mit der World Trade Organization und der Free Trade Area of the Americas.

Das Referendum in Uruguay wurde von mehr als 62 % der Bürger gebilligt. Es erklärte, das Zugang zu Leitungswasser und Kanalisation grundlegende Menschen-Rechte sind, und dass die soziale Wirkung Vorrang vor ökonomischen Erwägungen in der Wasserpolitik habe. Ein ähnliches Gesetz wurde im selben Jahr in Holland in Kraft gesetzt. Und bei einem Referendum 2011 stimmten 27 Millionen Italiener für die Ablehnung eines Gesetzes, das die Wasser- Privatisierung favorisierte, und für Bebehaltung der staatlichen Kontrolle.

Frankreich 2005


Obwohl es eines der ersten Länder ist, wo Privat-Firmen im Wassermanagement auftauchten und es Heimat der globalen Wasser-Giganten Veolia und Suez ist, steigte die Rekommunalisierung in Frankreich. Seit 2005 gab es 41 Fälle, wo das Wasser wieder in staatliche Hände überging und weitere Fälle werden in den nächsten Jahren erwartet. Nachdem ein Vertrag mit Suez und Veolia 2010 auslief, stimmten die Pariser Bürger für die Rückkehr in staatliche Hand. Seither wird die Wasserversorgung von Eau de Paris gemanagt nach einem Plan der „Wasser-Solidarität“, durch den arme Haushalte Rabatte erhalten und die Bürger berechtigt sind, an Entscheidungen über Wasserinvestitionen und Tarifen mitzubestimmen. Im ersten Jahr mit Eau de Paris hat die Stadt 46 Millionen $ gespart und die Tarife gesenkt.

Irland 2014


Bis vor kurzem war Irland das einzige Land der OECD, wo das Wasser für die Verbraucher frei war. Aber 2014 beschloss die Regierung, ein halbstaatliches Unternehmen zu gründen, Irish Water, als Teil eines Bailout-Deals mit der EU und dem IWF. Damit begann die Einführung von Tarifen trotz der Tatsache, dass die Bürger für das Wasser bereits durch die Steuern bezahlen. Deswegen wurde diese Maßnahme die unbeliebteste von allen Sparmaßnahmen seit 2008.

Im Mai kündigte der Umweltminister durchschnittliche Haushaltkosten von 240 € wegen der Privatisierung an und sagte, dass Wasser sich in „ein Rinnsal“ verwandeln könnte für jene, die sich weigern zu bezahlen. Aber die Leute wehrten sich und Irish Water konnte im ersten Vierteljahr 2015 nur weniger als die Hälfte der Gebühren kassieren. Die Bürger protestierten mit Liedern und Demonstationen mit hunderttausenden Menschen. Im August zeigte eine Umfrage, dass die Mehrheit der politischen Parteien jetzt dafür ist, ein Referendum abzuhalten, ob Wasser privatisiert werden kann. Bei den Wahlen 2016 könnte Irland das nächste Land werden, dass die Privatisierung des Wassers ablehnt, was andere Länder ermuntern könnte.

Lagos, Nigeria 2015

Die nigerianische Hauptstadt war Gast des ersten Wasser-Gipfels im August. Bei dem 2-tägigen Ereignis kamen Bürgergruppen und Aktivisten aus der ganzen Welt zusammen, um spezifische Wege zu finden, Wasser-Privatisierung international zu verhindern. Sie legten Alternativen vor, da Unternehmen zunehmend den Profit über Interessen der Öffentlichkeit stellen. Lagos wurde als Gaststadt gewählt, weil eine bevorstehende private Übernahme in der Stadt droht, wogegen sich die Bürger wehren. Der Gipfel führte zur Bildung einer Africa Coalition Against Water Privatisation, die dafür wirken soll, ein Netzwerk von Bürgergruppen und Entwicklungsexperten aufzubauen, das die Frage des Wassers als ein Menschenrecht fördern soll.


Quelle - källa - source

5 Kommentare:

  1. Privatisierung bedeutet, dass die Infrastruktur selbst an den meistbietenden Investor verkauft wird. Nur so werden sie überhaupt die Anreize haben zu investieren. Wo sollen die Anreize herkommen, wenn ein hohes Risiko besteht, dass die Regierung sie nach der nächsten Wahl wieder an sich reißt? Wenn man sie sie nur im Auftrag der Regierung betrieben lässt, kann man es auch gleich sein lassen.

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    1. Der 1. Satz ist richtig, danach grausam falsch. Wer eine private Wasser-Firma hat wird nach Art der Heuschrecken seinen Gewinn maximieren und die Kosten dazu senken. Das geht solange gut, wie die von den Städten ( und damit den Bürger ) zuvor finanzierten Investitionen ohne große Reparaturen funktionieren.

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    2. Wo soll der Gewinn herkommen, wenn sie die Infrastruktur abgewirtschaftet haben? Es wird doch in ihrem eigenen Interesse sein, ihre Infrastruktur aufrecht zu erhalten. Die Fabriken verfallen doch auch nicht, weil sie im Privatbesitz sind. Die Heuschrecken gehen dahin, wo es keine Aussichten auf langfristige Gewinne gibt.

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    3. Privatisierung bedeutet das schon bezahlte Infrastruktur an "Private Eigentümer" verkauft wird - zum einem nicht entsprechenden Preis. Da der "Private Eigentümer" Gewinne sehen möchte wird die Qualität gesenkt. Die Beispiele für diese Tatsache sind so zahlreich das man sie nicht einzeln aufführen muß.
      Aber "rote pille" ist ein neoliberaler Ideologe - da kann nicht von Faktenwissen, Logik und Denkvermögen ausgehen.

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    4. Wie können Sie pauschal sagen, dass die Infrastruktur zu einem nicht entsprechenden Preis verkauft wird? Woher wollen Sie ohne Markt wissen wie hoch der entsprechende Preis ist, wenn dieser doch erst auf dem Markt entsteht? Vielleicht hat der Staat einfach nur sinnlos viel für die Infrastruktur ausgegeben, weil die Korruption blüht, sobald keiner verantwortlich ist. Wieviel der neue Berliner Flughafen wohl auf dem Markt wert wäre?!
      Private Eigentümer möchten Gewinne sehen - na so eine Überraschung. Wenn das so ein Problem ist, warum wird dann nicht nach diesem Prinzip die gesamte Produktion verstaatlicht - ach stimmt ja, die Auswirkungen der Versuche sind so bekannt, dass ich gar keine Beispiele aufführen muss! Vielleicht tröstet es Sie aber zu wissen, dass selbst die Politiker die Qualitätserhöhung durch Privatisierungen eines Sektors erkannt haben, als sie im 19. Jhdt aufhörten die Waffen von ihren eigenen Staatsbetrieben zu kaufen und auf die hochwertigeren Produkte der Privaten zurückgriffen - nicht dass die Menschheit in diesem Fall davon profitiert hätte, aber die Kunden waren auf jeden Fall mit der Qualität zufrieden...

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