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Montag, 22. August 2016

Der Gorbatschow Staatsstreich vor 25 Jahren



Stefan Lindgren
22. August 2016


Aus dem Schwedischen: Einar Schlereth


Wenn die Reaktion putscht und das Parlament mit Panzern beschießt, ist das demokratisch.
Aus Anlass des 25. Jahrestages der Bildung des GKTschP, was Staatskomitees für den Ausnahmezustand bedeutet, gab der Führer der Kommunistischen Partei Gennadi Sjuganow eine Pressekonferenz im Moskauer Büro der TASS. Die GKTschP bestand aus elf Personen, die den Versuch machten, in der krisengeschüttelten Sowjetunion die Macht zu ergreifen. Der Versuch dauerte nur drei Tage vom 19.-21. August 1991, hatte aber weitreichende folgen, vor allem die Auflösung der Sowjetunion am 31. Dezember desselben Jahres.

Laut Sjuganow war es eine künstliche Krise in der sowjetischen Ökonomie, die akute Warenknappheit und Einführung von Lebensmittelmarken für Grundnahrungsmittel hervorrief. Denn in Wirklichkeit war die Sowjetökonomie im 11. Fünfjahresplan von 1981-85 um 20 % gewachsen. Aber Gorbatschow fasste eine Reihe falscher Beschlüsse, die zur akuten Warenknappheit führten.

Im April 1990 wurde ein Gesetz angenommen, das rechtlich die Einführung des Ausnahmezustands regeln sollte. Laut Sjuganow bedeutete das bereits das Eingeständnis, dass ein Ausnahmezustand notwendig werden könnte. Im März 1991 ließ Gorbatschow selbst eine Kommission für die Einführung des Ausnahmezustands bilden, die aus neun Personen bestand, genau dieselben, die ein halbes Jahr später die Macht zu ergreifen versuchten (nur zwei Personen kamen dazu – der Agrarpolitiker Starodubzew und der Industrieführer Tisjakow).
Im Juni verlangte der US-Botschafter Matlock, dass Boris Jeltsin, der sich in den USA befand, schleunigtst heimkehren sollte. Am 29.-30. Juli fand ein geheimes Treffen von Gorbatschow, Jeltsin (damals Führer der russischen Ratsrepublik, die gerade ihre „Unabhängigkeit“ ausgerufen hatte) und Naserbajew (Führer Kasachstans). Sie beschlossen am 20. August ein neues Unions-Abkommen zu unterzeichnen, das die Sowjetunion in eine lockere Föderation umwandeln sollte. Dieser Vorschlag für ein Abkommen wurde erste Mitte August veröffentlicht.

Als die GKTschP am 17. August zusammentrat, war laut Sjuganow das legitime Ziel, teils die Ordnung wieder herzustellen, was bedeutete, dass sowjetisches Recht in der gesamten Sowjetunion gelten sollte (was unter Jeltsin nicht der Fall war), sowie teils die Pläne eines neuen Unions-Abkommens zu durchkreuzen.

Laut Sjuganow war die GKTschP eine Reaktion auf das, was praktisch ein Staatsstreich von Gorbatschow, Jeltsin, Alexander Jakowlew und Außenminister Schewardnadse war. (Der Parteiideologe Jakowlew war zwei Tage vor der Bildung von GKTschP aus der kommunistischen Partei ausgeschlossen worden).

Aber die Machtübernahme der GKTschP war schlecht vorbereitet und es wurden keine Versuche unternommen, das Volk zu mobilisieren, meint Sjuganow. Am ersten Abend gaben eine Reihe Führer von Teilrepubliken der GKTschP ihre Unterstützung. Als erster Ukraines Krawtschuk.

Nirgends außerhalb Moskaus gab es Proteste gegen die Maßnahmen und in Moskau bestanden die Demonstranten nur aus 70 000 Leuten, was ausreichte, das Bild vom besiegten Putsch zu erzeugen.

Die Führer des GKTschP handelten unentschlossen, unterließen es, Jeltsin zu verhaften, riefen nicht den Volkskongress ein und ermahnten nicht das Volk, auf die Straße zu gehen, um die Sowjetunion vor der Verwüstung zu retten.

Die Folgen waren bedeutend. Gorbatschows „Perestrojka“ verwandelte sich unter Jeltsins Leitung in die „Katastrojka“, wie es der Philosoph Sinowjew nannte. Im Oktober 1993 ließ Jeltsin seine Panzer auffahren und das russische Parlament zusammenschießen (mit dem Beifall u. a. von Schwedens Außenminister Carl Bildt); zwei Kriege lösten einander in Tschetschenien ab mit 120 000 Toten zur Folge; und 1998 machte das Land Staatsbankrott, dem 2008-09 der internationale Finanzkrasch folgte.

Laut einer neuen westlichen Untersuchung (McKinsey-Institut) sind 71 Prozent der Einwohner von Armenien, die älter als 35 sind und also die Sowjetunion noch erlebt haben, der Meinung, dass es besser zur Sowjetzeit war. In Aserbaidschan sind es 69 %, in Kasachstan 61 %, in der Ukraine, Moldawien und Kirgistan 60 % und in Georgien 51 %.

Die GKTschP wurde niedergeschlagen und die Mitglieder verhaftet. Die Repressalien war jedoch relativ milde, da Jeltsin und die hinter ihm stehenden Leute wussten, dass ihre Machtbasis begrenzt war auf eine kleine Gruppe in Moskau.

Der Vorsitzende der GKTschP, Gennadi Janajew war bis März 1994 im Gefängnis. Als er freikam, erhielt er einen Posten an der Russischen Internationalen Tourismusakademie. Er starb 2010 an Lungenkrebs.

Boris Pugo, sowjetischer Innenminister, erschoss sich am 22. August 1991.

Wladimir Krjutschkow, sowjetischer KGB-Chef, saß bis 1994. Danach fuhr er mit seiner Kritik an der neuen liberalen Elite fort. Er starb 2007.

Walentin Pawlow, Premierminister, wurde 1993 freigelassen und wurde Vize-Vorsitzender in der „Freien Ökonomischen Gesellschaft“ und starb 2003.

Dmitri Jasow, Verteidigungsminister und der letzte Marschall der Sowjetunion, wurde nach 18 Monaten freigelassen und wurde bei Putins Machtantritt Chefratgeber in der Abteilung für internationale militärische Zusammenarbeit des Verteidigungsministeriums. 2014 wurde ihm der russische Ehrenorden für „große Einsätze bei wertvollen Gesellschaftsaktivitäten“ verliehen.

Oleg Schenin, Mitglied des Politbüros, nahm nach seiner Freigabe 1993 an der Bildung einer kleinen Kommunistischen Partei (UKP-SUKP). In dieser Eigenschaft traf er Nordkoreas Kim Jiong Il 1997. Er starb 2009.

Oleg Baklanow, sowjetischer Minister für Rüstungsindustrie konnte nach seiner Freigabe in den Vorstand von Rosobbsjtjemasj, ein Staatsunternehmen für den Bau von Kampfflugzeugen und Interkontinentalraketen eintreten.

Anatoli Lukjanow,Vorsitzender des Höchsten Sowjets, nahm 1993 an der Bildung der Russischen Kommunistischen Partei teil und wurde 1993, 1995 und 1999 in die Duma gewählt, wonach er in die Ölindustrie wechselte.

Walentin Warennikow, Sowjetgeneral und stellvertretender Verteidigungsminister, der u. a. eine Million Soldaten bei der Sanierung von Tschernobyl führte, war der einzige, der sich weigerte, die Amnestie anzunehmen. Er wurde 1994 freigesprochen von der Anklage des Hochverrats. 2003 nahm er an der Bildung der Partei Rodina teil und starb 2009.

Wassili Starodubzew, Vorsitzender des Bauernverbandes, wurde 1992 freigelassen. Er nahm an der Bildung der russischen Agrarpartei teil (die sich später mit Putins „Vereinigtem Russland“ zusammenschloss) und war Gouverneur in Tula von 1997- 2005. Er starb 2011.

Alexander Tisjakow, sowjetischer Industrieführer, ging 1994 bei seiner Freilassung zur privater Geschäftstätigkeit über. Er kandidierte 1995, 1999 und 2003 erfolglos für die Kommunisten.

kprf.ru, rferl.org, tass 18/8


Ihr könnt gerne Vergleiche anstellen mit dem, was auf Wikipedia hier erzählt wird.

Quelle - källa - source

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