einartysken

Sonntag, 7. Mai 2017

Zusammenstöße in Venezuela erfordern weitere Tote


Zu einem alten Trotzkisten wie Bill van Aucken habe ich kein sonderliches Vertrauen. Anfangs hatten sie Chávez gelobt, jetzt wird er beinahe wie ein Abenteurer und Putschist geschildert. Ich habe ihn immer für eine Ehren-Mann gehalten, der das Beste wollte und auch lernbegierig war, dem aber keine Zeit blieb, seine Vision zu verbessern. Sein größter Fehler war, wie auch Collon auf seinem Blog Investig-Action festgestellt hat, dass er die Oligarchen, die ständig Obstruktion betrieben und in ihren Medien gegen ihn maßlos hetzten und sogar putschten, unbehelligt ließ und auch die dem Volk gestohlenen Milliarden sowie alle Medien beließ. Er wiegte sich im Traum der Versöhnung. Das Resultat sehen wir jetzt. Was er mit Mühe zusammen mit dem Volk aufgebaut hat, wird nun niedergerissen.
Zum Ausgleich hier noch ein Link auf deutsch, der m. E. etwas ausgeglichener die Ereignisse in Venezuela schildert.

Todeszahl steigt auf 37 bei den fortlaufenden Zusammenstößen in Venezuela

Bill van Aucken

7. Mai 2017

Aus dem Englischen: Einar Schlereth
Sind verdammt nach Belgrad, Maidan und Hongkong aus.
Artikel-Unterschrift:Venezuelas Oppositionsaktivisten stoßen mit der Polizei zusmammen bei einem Protest gegen die Regierung von Präsident Nicolas Maduro am 6. April 2017 in Caracas. Die Gewalt brach aus am dritten Tag in Folge, was die Spannungen erhöhte. AFP Photo/ JUAN BARRETO
Die Todeszahl stieg auf wenigstens 37 am Donnerstag bei den landesweiten Protesten und Straßenzusammenstößen, die seit einem Monat stattfinden. Die Identität der neuesten Opfer spiegelt den gewalttätigen und provokativen Charakter der Kampagne wieder, die von Venezuelas rechter Opposition geführt wird, und auch die zunehmend repressive Unterdrückung durch die Regierung durch Nicolas Maduro.

Parallel zu dieser politischen Konfrontation in den Straßen von Caracas und anderen größeren Städten gibt es eine Welle von Plünderungen durch Teile der Armen, die wegen Mangel an Nahrung und sinkende Einkommen verzweifelt sind.
Hecder Lugo Perez, 22 starb am Freitag, nachdem er von einem Geschoß in den Kopf getroffen wurde in Valencia, einer Stadt im Nordwesten, ein Zentrum von Venezuelas kranker Autoindustrie und anderer Industrien, wo es massive Entlassungen gegeben hat. Die Stadt mit 1.8 Mill. Einwohnern ist zu einem Brennpunkt von Plünderungen geworden, der über das Land schwappte, wobei 70 Warenhäuser am Dienstag geplündert wurden.

Am Donnerstag wurde auch Juan Lopez Manjares, 33, getötet, der Präsident der Studentenföderation am Instituto Universitario Tecnologico José Antonio Anzoategui im Nordosten der Stadt El Tigre. Der Studentenführer, ein Anhänger der Regierung, wurde niedergeschossen, als er eine Studentenversammlung leitete. Der Mörder floh auf einem Motorrad.

Am Donnerstag wurde auch der Tod des Polizisten Gerardo Barrera, 38, gemeldet, der durch Schüsse der Demonstranten in der Stadt San Joaquin im Nordwesten starb.

Die Welle der Demonstrationen wurde losgetreten am 1. April, nachdem Venezuelas Oberster Gerichtshof ein Urteil bekanntgab, wonach die legislative Macht der von der Opposition geführten Nationalversammlung aufgehoben wurde. Dieser Schachzug war Teil des Versuchs der Maduro Regierung, die Macht zu konsolidieren unter den Bedingungen, die den Präsidenten und seine Politik immer unpopulärer machten, nicht nur unter den wohlhabenden Bürgern der politischen Rechten, sondern auch in weiten Kreisen der arbeitenden Bevölkerung.

Die Regierung war gezwungen, einige Maßnahmen nach starker Kritik in den eigenen Reihen zurückzunehmen, auch von dem Generalstaatsanwalt Luisa Ortega Diaz, die loyal gegenüber der Regierung ist und mit einem Abgeordneten der herrschenden PSUV-Partei verheiratet ist. Symptomatisch für die anhaltende interne Krise der Regierung und Spekulationen führender Leute ist, dass ein Regime Change bevorsteht und dass Ortega ihre Kritik in einem Interview mit dem Wall Street Journal in dieser Woche verstärkte: „Es ist an der Zeit, Gespräche zu führen und zu verhandeln. Das bedeutet, dass man zu Entscheidungen kommen muss zum Wohle des Landes.“ Sie stimmte auch nicht der Regierung zu, die alle Schuld an der Gewalt den Demonstranten zuschob und erklärte: „Wir können nicht ein friedliches und legales Verhalten erwarten, wenn der Staat Entscheidungen trifft, die nicht gesetzeskonform sind.“

Die Demonstrationen verstärkten sich nach Maduros Erklärung, dass er eine „verfassunggebende Versammlung“ forderte, um Veränderungen an der Verfassung von 1999 vorzunehmen, die von Chávez stammte.

Die Regierung hat nicht klar gesagt, was sie an der Verfassung ändern möchte, aber machte deutlich, dass sie beabsichtigt, die Versammlung mit ihren Leuten zu besetzen, indem sie 50 % der Mitglieder aus den „sozialen Bewegungen“ ernennt, die staatlich kontrolliert sind, und 50 % von regionalen Wahlen.

Maduro hat vage die Versammlung als einen Weg zum „Frieden“ und „nationalem Dialog“ beschrieben. Die rechte Opposition hat dagegengehalten, dass er die Präsidentenwahl 2018 umgehen will, die er wahrscheinlich verlieren wird.

In der Rede zum 1. Mai erklärte er, dass die Änderungen der Verfassung Maßnahmen umfassen würden, um die „post-Petroleum Ökonomie“ zu stützen, eine indirekte Referenz auf das Versagen der 18-jährigen Chávez-Herrschaft, um Venezuelas fatale halb-koloniale Abhängigkeit von einer Ware, nämlich Öl, zu brechen. Es ist durchaus möglich, dass die Regierung ausländische Investoren einlädt, Teile der staatlichen Ölindustrie zu übernehmen. Im vergangenen Jahr öffnete die Regierung 112000 km² für Tagebau-Bergwerke in einem 4.5 Mrd $ Deal mit transnationalrn Multis.

Wie die versuchte Aufhebung der rechten Nationalversammlung ist nichts Progressives an der Einberufung einer verfassunggebenden Versammlung, die nicht den Willen der venezolanischen Massen wiederspiegelt, sondern die politischen Bedürfnisse der Maduro-Regierung und ihrer wichtigsten Gefolgschaft: das Militär, die Funktionäre im Staatsapparat und die herrschende Partei sowie die Bolibourgeosie [Zusammenfassung von Bolivarianische Revolution und Bourgeoisie. D. Ü.], die Schicht der Kapitalinvestoren, Kontraktoren und Spekulanten, die sich selbst bereichert haben unter der Herrschaft des sogenannten „bolivarianischen Sozialismus“.

Unter Chávez – dank der Ölpreise, die über 100 $ das Fass stiegen – waren diese Schichten in der Lage, ihre Interessen zu verfolgen, wobei sie so wenig wie möglich zu den sozialen Hilfs-Programmen beitrugen, die Armut minderten und den Bau von Wohnungen schufen, das Gesundheitswesen und Erziehung für die armen und unterdrückten Teile der Bevölkerung boten. Dem Tod von Chávez 2013 folgte jedoch schnell der Fall der Ölpreise, die Ware, die für 95 % der Exporteinnahmen stand. Seither ist die Wirtschaft um 27 % geschrumpft, während die Inflationsrate, die höchste der Welt, dieses Jahr 720 % erreichen wird, laut Schätzung des IWF.

Bei stark sinkenden Export-Einnahmen hat die Regierung Importe von ausländischen Nahrungsmitteln und anderer grundlegender Bedürfnisse gesenkt, um die schwindenden Finanzreserven zur Bezahlung der Auslandsschulden beim internationalen Finanzkapital zu begleichen.

Die Arbeiter Venezuelas haben die Hauptlast der Schulden bei der Wall Street getragen. Vier von fünf Menschen leben nun in Armut und die Massen haben Hunger. Neueste Untersuchungen haben gefunden, dass ein Drittel der Bevölkerung jetzt nur noch zwei oder weniger Mahlzeiten am Tag isst – verglichen mit 12.5 % 2015 – und drei von vier Venezolanern im Schnitt neunzehn Pfund abgenommen haben.

Angesichts der rechten Kampagne zum Sturz der Regierung einerseits und der wachsenden sozialen Unruhe und Klassenspannungen andererseits stützt sich Maduro immer mehr auf die Armee, die immer die wichtigste Stütze der von Hugo Chávez gegründeten Bewegung war, da er selbst ein Oberst war, der 1992 einen erfolglosen Coup leitete.

Arme-Offiziere machen jetzt ein Drittel in den Ministerien aus und die Hälfte der Gouverneure des Landes. Schlüssel-Industrien, besonders jene, wo am meisten Geld zu machen ist durch Korruption, sind unter militärische Kontrolle gestellt, auch die Nahrungsimporte, die Nahrungsverteilung und die Kontrolle ausländischer Devisen.

Mit einem Dekret, bekannt als Plan Zamora, hat sich die Regierung selbst im wesentlichen die Einführung des Ausnahmezustands angemaßt und hat die Polizei unter die Kontrolle der Bolivarianischen Nationalgarde (GNB) gebracht. Am Donnerstag wurde bekanntgegeben, dass „70 Vandalen“ bei einer Plünderungswelle im Staat Carabobo verhaftet wurden, die unter Anklage der Plünderung und „Rebellion“ gestellt werden.

Die rechte Opposition fordert zunehmend die Armee auf, Maduro durch einen Coup zu stürzen unter dem Vorwand, die Verfassung zu schützen. Der Führer der rechten Opposition und ehemalige Präsidentenkandidat Henrique Capriles, der forderte, dass die Armee „intervenieren“ solle, behauptete auf seinem Twitter feed am Freitag, dass „85 Offiziere unserer FANB (Bolivarian National Armed Forces)“ verhaftet worden seien, weil „sie ihre Unzufriedenheit manifestiert hätten“.

Die New York Times, die offen den CIA-gestützten Coup gegen Chávez 2002 unterstützt hatte, veröffentlichte in dieser Woche einen Artikel eines venezolanischen Journalisten, der urteilte, dass „die Möglichkeit eines verhandelten Übergangs für die Opposition ausgeschlossen“ sei und fügte hinzu, dass „die Alternative eine Militärintervention sei, um eine Regierung der nationalen Einheit einzusetzen“.

Unterdessen hat einer der größten Besitzer von Venezuelas Staatsanleihen deutlich gemacht, dass seine Firma auf „Regime Change“ setzt und ihn unterstützt.

„Wie die meisten Venezolaner würden wir einen Regime Change willkommen heißen und erwarten ihn,“ sagte Mike Conelius, der den T. Rowe Price Emerging Markets Bond Fund im Wert von 6.5 Mrd. $ managet, in einem Email, das von Bloomberg News veröffentlicht wurde. Die Firma hat riesige Profite gemacht, als Venezuela wiederholt Zinszahlungen machte, indem sie Importe und die Lebensbedingungen der Arbeiter senkte. Sie erwartet noch größere Dividenden im Fall eines Coups gegen Maduro. „Die Katharsis eines Regime Change wird schnell durch den Markt ausgeglichen werden,“ schrieb Conelius.

Damit der US-Imperialismus seinen Daumen noch stärker auf die Waagschale drückt, hat eine Gruppe von US-Senatoren Präsident Trump gedrängt, aggressiver gegen Venezuela vorzugehen. Die Senatoren, zu denen Demokraten wie Hillary Clintons Vize bei der Präsidenten-Wahl Tim Kaine aus Virginia gehört, brachten am Mittwoch ein „Venezuela Gesetz (ein) für humanitären Beistand und Verteidigung Demokratischer Regierungsformen 2017“, um Sanktionen gegen Venezuela einzuführen und Druck auf die Regierung auszuführen.

Insbesondere lenkt der Vorschlag das Augenmerk auf die Investitionen des russischen Energie-Giganten Rosneft in Citgo, eine Tochter von Venezuelas staatlicher PDVSA Öl-Gesellschaft in den USA. Dies, heißt es, sei „ein bedeutendes Risiko für die US-nationale Sicherheit und die Energie-Sicherheit“.

Die Durchführung einer aggressiveren Politik gegen Venezuela in Verbindung mit dem militärischen Aufmarsch gegen Russland würde großenteils dem US-Außenminister Rex Tillerson anvertraut werden. Er ist der ehemalige Boss von Exxon Mobil, deren Vorgängerin Standard Oil die venezolanische Ölproduktion ein halbes Jahrhundert kontrollierte, bis Caracas 1976 die Industrie nationalisierte.


Quelle - källa - source

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen