Ich erlaube mir mit Dank Spektrum und Herrn Schrader, diesen hervorragenden Artikel von Christopher Schrader aufzulegen. Ich wollte schon die Arbeit von Ézili Dantó, der Juristin, Künstlerin, Menschenrechtlerin etc. etc. aus Haiti übersetzen, die auch darüber schon ausführlich geschrieben hat, aber nun kann ich mir das sparen, d. h. eigentlich doch nicht, weil sie so unendlich viel mehr dazu zu sagen hat. Wie sie im Brief schreibt: Ich müsste alles in einem Buch zusammenfassen. Ich habe dies auch auf mein Google+ gelegt.
Vorwort des Wissenschaftsmagazins Spektrum
Seit den 1970er Jahren rüttelt Niède Guidon im Nordosten Brasiliens am
Lehrgebäude der Anthropologie. Mit ihren Funden im Nationalpark Serra da
Capivara stützt sie ihre These, die ersten Siedler seien schon vor
100 000 Jahren aus Afrika gekommen, nicht erst vor 13 000 aus Sibirien.
Die 1933 geborene Grande Dame der Archäologie spricht in ihrem Haus in
São Raimundo Nonato über Felsmalereien, versteinerte Fäkalien, korrupte
Politiker und einen Flughafen ohne Flugzeuge.
Christopher
Schrader
17. 07. 2018
Über dem Tor zum
Haus von Niède Guidon hängt ein Ausspruch von Dante: Lasst alle
Hoffnung fahren, die ihr hier eintretet. Erst vor Kurzem hat die
85-jährige Archäologin ein weiteres Schild dazuhängen lassen: Ich
bin die Hoffnung. Und wenn man auf die Gegend im Süden des
Bundesstaats Piauí blickt, ist da sicherlich was dran. Seit mehr als
40 Jahren forscht die Franko-Brasilianerin hier. Auf ihr Drängen
entstand der Nationalpark Serra da Capivara, der später zum
Weltkulturerbe wurde. An Felsüberhängen und in Höhlen haben
Ureinwohner dort in prähistorischer Zeit eine gewaltige Kunstgalerie
geschaffen. Hunderte Fundstätten, zehntausende Motive in Rot, Ocker,
Weiß und Schwarz auf helle Steinwände gemalt. Kaum einen anderen
Ort gibt es auf der Welt mit einer größeren Dichte solcher
Felsmalereien.
Die Bilder erzählen vom Leben der Künstler. Sie zeigen die Fauna der Region vom Gürteltier bis zum Jaguar, aber vor allem zeigen sie Menschen. Diese stehlen Honig, jagen und fischen, sie kämpfen und feiern Rituale, sie küssen, lieben und gebären. Viele sind Strichfiguren und bis auf den Federschmuck offensichtlich nackt, weil ihr erigierter Penis sie als Männer ausweist. Andere tragen breite Umhänge und einen Kopfputz, der an einen Helm erinnert. Akrobatisch wirkende Massenszenen, bei denen die Figuren der oberen Reihe kopfüber auf den Armen der unteren zu stehen scheinen, sind womöglich Kreistänze, bei denen der Künstler das Problem der Perspektive anders gelöst hat als in der europäischen Kunsttradition üblich.
6000 bis 12 000 Jahre seien die Zeichnungen alt, einzelne vielleicht sogar 14 000 Jahre, erklärt Guidon. Damit entstanden sie, schon kurz nachdem der Mensch aus Sibirien kommend in Amerika eingetroffen war – zumindest würden es die meisten ihrer Fachkollegen so auffassen. Für Niède Guidon liegen die Dinge hingegen anders. Sie hat viele archäologische Funde zusammengetragen, die laut ihrer Analyse ganz und gar nicht zu der bisherigen Lehrbuchmeinung passen. Verlief die amerikanische Besiedlungsgeschichte völlig anders als gedacht? Die Antwort auf diese Frage steht noch aus. Vielleicht findet sie sich eines Tages sogar in der Serra da Capivara selbst.
Die Bilder erzählen vom Leben der Künstler. Sie zeigen die Fauna der Region vom Gürteltier bis zum Jaguar, aber vor allem zeigen sie Menschen. Diese stehlen Honig, jagen und fischen, sie kämpfen und feiern Rituale, sie küssen, lieben und gebären. Viele sind Strichfiguren und bis auf den Federschmuck offensichtlich nackt, weil ihr erigierter Penis sie als Männer ausweist. Andere tragen breite Umhänge und einen Kopfputz, der an einen Helm erinnert. Akrobatisch wirkende Massenszenen, bei denen die Figuren der oberen Reihe kopfüber auf den Armen der unteren zu stehen scheinen, sind womöglich Kreistänze, bei denen der Künstler das Problem der Perspektive anders gelöst hat als in der europäischen Kunsttradition üblich.
6000 bis 12 000 Jahre seien die Zeichnungen alt, einzelne vielleicht sogar 14 000 Jahre, erklärt Guidon. Damit entstanden sie, schon kurz nachdem der Mensch aus Sibirien kommend in Amerika eingetroffen war – zumindest würden es die meisten ihrer Fachkollegen so auffassen. Für Niède Guidon liegen die Dinge hingegen anders. Sie hat viele archäologische Funde zusammengetragen, die laut ihrer Analyse ganz und gar nicht zu der bisherigen Lehrbuchmeinung passen. Verlief die amerikanische Besiedlungsgeschichte völlig anders als gedacht? Die Antwort auf diese Frage steht noch aus. Vielleicht findet sie sich eines Tages sogar in der Serra da Capivara selbst.
Um die
außergewöhnliche Stätte zu schützen, setzt die alte Dame auf den
Tourismus. Doch bisher finden nur wenige Besucher den Weg in den
Park. Zuletzt sanken die Zahlen sogar von 20 000 auf 16 000 pro Jahr,
weil selbst die Brasilianer wegen der Wirtschaftskrise im Land
seltener kommen.
Niède Guidon
© Christopher
Schrader (Ausschnitt)
|
Interview von Herrn Schrader
Frau Guidon, Sie
waren Professorin in Paris, Sie hätten also an der Seine wohnen
können, wenn Sie nicht zu Ausgrabungen im Feld waren. Oder dorthin
zurückkehren, als Sie pensioniert wurden. Stattdessen leben Sie seit
Jahrzehnten in diesem Nest in der brasilianischen Provinz, São
Raimundo Nonato im Bundesstaat Piauí. Was hält Sie hier?
Es gibt hier die
faszinierendsten Wandgemälde in den Amerikas und Spuren einer
Besiedlung durch Menschen, die viel älter ist als alles, was wir
vorher kannten. Und dann diese Landschaft! Oben auf den Hügeln gibt
es Reste des Amazonas-Regenwaldes, unten in den Tälern noch »mata
atlantica«, also die Vegetation des atlantischen Küstenwaldes. Wenn
wir hier nachts bei einer Ausgrabung in den Himmel blickten,
funkelten die Sterne. Morgens sahen wir die Hirsche und Gürteltiere
beim Frühstück. Und ein Jaguar kam immer wieder zum Trinken ans
Wasserloch. Wenn ich auch dort war, lief er herbei und sagte mir
guten Morgen.
Aber natürlich,
haben Sie denn das Foto von meinem Jaguar nicht gesehen? Bei der
Liebe Gottes! [Guidon lacht, denn »amigo da onça«, wörtlich
übersetzt Freund des Jaguars, bedeutet in Brasilien so etwas wie
Schlawiner oder falscher Freund.] Es war ein gefleckter Jaguar,
wunderschön. Aber um Ihre Frage zu beantworten: Ich bin hier wegen
des Nationalparks, der zugleich Weltkulturerbe ist, wegen der
archäologischen Funde und der Wandmalereien. Irgendjemand muss das
doch beschützen.
Diese Wandmalereien
haben Sie für die Wissenschaft entdeckt und erschlossen. Wie kam es
dazu?
Mitte 1963 sprach
mich in São Paulo ein Mann aus Piauí an und zeigte mir Fotos von
den Malereien. Er hielt sie für Zeichnungen der Einheimischen, von
denen es damals dort noch einige gab. Ich hatte solche Kunstwerke
früher Menschen in Frankreich studiert, und dort hieß es, in den
Amerikas gäbe es höchstens Kritzeleien auf dem Niveau von
Kinderzeichnungen. Aber das auf den Fotos, das war anders: Die
Malereien hatten eine andere Perspektive, andere Techniken, Farben
und Elemente. Ich wollte sie unbedingt selbst sehen.
Von São Paulo
hierher, das sind mehr als 2000 Kilometer.
Deswegen dauerte es
auch eine Weile. Im Dezember 1963 setzte ich mich in mein Auto und
fuhr los. Aber eine Brücke über den Rio São Francisco war
zusammengebrochen, ich kam nicht weiter. 1964 übernahm dann das
Militär die Macht in Brasilien, und ich musste in die Emigration
nach Frankreich. Aber die Malereien blieben mir im Kopf.
Wann haben Sie die
Felskunst zum ersten Mal selbst gesehen?
1970 war ich mit
einem französischen Projekt in Goiás, das ist der Nachbarstaat, und
am Ende fuhr ich hierher. Ich sprach mit den Einheimischen, und sie
zeigten mir fünf Felswände mit Malereien, die in der Nähe der
Straße lagen. Ich habe Fotos gemacht, sie mit nach Frankreich
genommen und mir dann dort Geld für ein richtiges Projekt besorgt.
Als ich zu einer genaueren Untersuchung zurückkam, gingen wir mit
den Jägern los, die kannten noch viel mehr Malereien. Vor unserem
Projekt waren hier überhaupt keine Forscher gewesen, niemand wusste
etwas über Ökologie oder Geschichte dieser Gegend. Das mussten wir
Mitte der 1970er Jahre auch erst organisieren. Seitdem gibt es hier
eine permanente französische archäologische Mission, die ich viele
Jahre geleitet habe. Heute kennen wir insgesamt 950 Wände mit
Malereien, dazu noch hunderte archäologische Fundstellen, Siedlungen
und Grabstätten.
© Diego Rego Monteiro / Parque Nacional da Serra da Capivara / CC BY-SA 4.0 CC BY-SA (Ausschnitt)
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Zeugen uralter
Besiedlung?
Zeugen uralter
Besiedlung? | Hunderte Felswände der Serra da Capivara sind mit
Malereien verziert – hier ein Ausschnitt der Pedra furada, einem
einprägsamen Felsbogen. 1991 wurde der Nationalpark von der UNESCO
zum Welterbe der Menschheit erklärt.
Sie sind unter
Anthropologen berühmt, oder je nach Sichtweise auch berüchtigt,
weil Sie eine Theorie angezweifelt haben, die in Fachkreisen lange
Zeit als bestens belegt galt. Demnach sollen die ersten Menschen, die
amerikanischen Boden betraten, aus Sibirien gekommen sein. Über die
trocken gefallene Beringstraße gelangten sie bis nach Alaska –
aber nicht weiter, weil Gletscher den Weg versperrten. Erst vor
ungefähr 13 000 bis 15 000 Jahren sei dann auch der Rest des
Doppelkontinents besiedelt worden, durch Angehörige der so genannten
Clovis-Kultur. Wieso glauben Sie, dass andere noch früher kamen?
Wir haben hier 1973
mit Ausgrabungen angefangen und fanden bald sehr interessante
Steinfragmente. Sie waren hervorragend bearbeitet, die Macher hatten
eine gute Technik. In der Nähe gab es auch Feuerstellen. Ich habe
dann Proben der Holzkohle entnommen und nach Paris zum Datieren
geschickt. Die ersten Altersbestimmungen waren eine große
Überraschung: 16 000 Jahre, 18 000 Jahre. Ich habe mit der Chefin
des Labors gesprochen und gesagt: Ihr müsst einen Fehler gemacht
oder die Proben vertauscht haben. Es ist unmöglich, dass irgendein
menschliches Artefakt in Lateinamerika so alt ist. Und sie hat
geantwortet: »Nein, nein, das waren eure Proben. Fahrt zurück und
macht Euch an die Arbeit.«
Nein, bestimmt
nicht, sie waren von Menschen arrangiert worden. Sie hatten die
typische Struktur. Außen herum große Brocken Fels und in der Mitte
brannte das Feuer. Und es blieb nicht bei den ersten Funden. Bei der
Pedra Furada, unter den Malereien bei der berühmten Felswand mit dem
Loch, haben wir zehn Jahre lang gegraben. Das ist die französische
Arbeitsweise: immer weiter bis zum Fels ganz unten. Auch wenn man
keine weiteren menschlichen Artefakte findet, will man doch alles
über den Fundort wissen, was man wissen kann. Es waren also zehn
Jahre bis zum Boden, und die älteste Datierung betrug schließlich
110 000 Jahre.
War das auch
Holzkohle?
Nein, in der
Holzkohle ist nach 58 000 Jahren nicht mehr genug C14 für eine
Datierung vorhanden. Aber es gibt ein Verfahren, um die Steine der
Feuerstelle zu datieren: Die Thermolumineszenz erfasst, wann das
Material zum letzten Mal erhitzt wurde.
Und dieser Stein
gehörte zur Feuerstelle und konnte nicht von irgendwo
heruntergefallen sein?
Nein, er gehörte
zum Rand, wo die Steine ungefähr in einem Kreis hingelegt worden
waren.
Haben Sie denn auch
Knochen von Menschen gefunden?
Ja, einen Kiefer und
Zähne. Außerdem versteinerte Fäkalien. Die haben wir zu einem
Labor in Rio de Janeiro geschickt, das auf die tropischen Krankheiten
in Brasilien spezialisiert ist. Sie fanden die Erreger einer
Tropenkrankheit, die aus Afrika stammt. In der ganzen Geschichte
Brasiliens hatte man immer gesagt, die Sklaven in der Kolonialzeit
hätten diese Wurmerkrankung mitgebracht. Aber die Funde von der
Pedra Furada wurden auf 8000 Jahre vor unserer Zeit datiert. Also
sind die Erreger schon mit den ersten Menschen hier eingetroffen, die
aus Afrika stammten.
© phelder2006 / Getty Images / iStock (Ausschnitt)
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Pedra furada in der
Serra da Capivara
"Durchbohrter
Fels" | Zu Füßen der Felswand Pedra furada in der Serra da
Capivara fanden Forscher um Niède Guidon Hinweise darauf, dass
bereits Jahrtausende früher als gedacht Menschen Amerika besiedelt
haben könnten.
Aber wenn es »nur«
8000 Jahre sind, dann könnten die Erreger doch auch auf dem Weg über
die Beringstraße und dann die Pazifikküste hinunter mit den
Einwanderern aus Asien gekommen sein.
Nein, dieser Erreger
muss direkt aus Afrika gekommen sein. Es ist eine Tropenkrankheit,
die kann unmöglich Menschen in Beringia befallen haben oder von
ihnen weitergegeben worden sein. Wir hatten also nach unserer Arbeit
sehr viele Daten, die bewiesen haben: Die ersten Menschen, die hier
ankamen, stammten aus Afrika.
Zumindest legen Ihre
Daten nahe, dass die ersten Siedler nicht erst vor 13 000 Jahren von
Sibirien und über Alaska eingewandert sind. Aber ihre Kollegen in
Nordamerika glauben das nicht. Viele debattieren nur noch, ob die
»ältesten Amerikaner« denn von Alaska aus über Land durch eine
Lücke im Eisschild marschiert oder per Boot an der Pazifikküste
entlang nach Süden gekommen sind.
Das ist vorbei.
Dann haben Sie
gewonnen?
(Guidon steht auf
und holt einen Artikel vom Schreibtisch, er stammt aus einem
Fachmagazin des Center for the Study of the first Americans an der
Texas A&M University) Sehen Sie hier in der »Mammoth Trumpet«:
Dort steht, es gibt nichts anderes, das mit der Serra di Capivara
vergleichbar ist. Wir haben keine Probleme mehr mit der
Clovis-First-Theorie. Andere Forscher haben vor einem Jahr eineFundstelle in den USA entdeckt, die 130 000 Jahre alt ist. In den
USA! Jetzt ist der älteste Fundort in den Amerikas wirklich in den
Vereinigten Staaten, aber es sind 130 000 und nicht 13 000 Jahre. In
Chile, in Monte Verde, haben sie Fundstücke mit einer Datierung von
125 000 Jahren. In Uruguay gibt es Artefakte von 70 000 Jahren, und
offenbar haben sie nun auch in Patagonien vieles gefunden. Da sind
die Leute vielleicht über den Pazifik gekommen, an anderen Stellen
aus Sibirien und hier aus Afrika. Es gab vermutlich mehrere Wellen
der Besiedlung.
Diese Datierungen
sind heftig umstritten. Auch Eric Boëda, ihr Nachfolger bei der
permanenten französischen Mission, ist da etwas vorsichtiger und
sagt, vieles an den Thesen zu der sehr frühen Besiedlung müsse noch
genauer belegt werden. Aber er beklagt auch, dass mit zweierlei Maß
gemessen werde: In Amerika würden viel höhere Kriterien angelegt,
damit ein Fund als ein menschliches Artefakt gilt, als in anderen
Regionen.
Ja, das stimmt
sicherlich. Und natürlich müssen wir auch weitersuchen, das ist
doch spannend. Ein Beispiel: Im Nachbarpark, der Serra das Confusões,
gibt es Ritzungen auf dem Felsboden. Ich hatte die ersten gesehen,
inzwischen fand Boëda viel mehr, ein ganzer Boden war bedeckt davon.
Wunderschön. Darum arbeite ich hier so gern, weil man hier ständig
neue Sachen findet.
Gehen Sie denn noch
selbst raus ins Feld?
Nein, das kann ich
nicht mehr, ich habe Chikungunya. Boëda und Leute von der
Universität des Valle de São Francisco machen die Arbeit. Sie
kommen hier mit ihren fortgeschrittenen Studenten her. Es ist sehr
wichtig, dass die jungen Leute mithelfen und die Arbeit weitergeht.
Haben Sie Hinweise,
wo man vielleicht Skelette finden könnte, die älter sind als sagen
wir 20 000 Jahre? Das würde die Debatte doch beenden.
Die ältesten
Knochen, die wir hier gefunden haben, haben ein Alter von 14 000
Jahren. Das ist jedenfalls schon mal mehr als 13 000. Die
Anthropologen, die die Funde analysieren, sagen, die hätten
afrikanische Charakteristika, nicht asiatische.
Könnte man
DNA-Tests an den Ureinwohnern hier machen?
Es gibt ja kaum noch
welche. In vielen Teilen Brasiliens haben die Weißen alle Indios
ausgerottet. Aber als ich zum ersten Mal herkam, gab es hier auf dem
Gebiet, das heute der Nationalpark ist, noch welche. Sie lebten
vollkommen isoliert und sahen ganz anders aus als die übrig
gebliebenen in anderen Teilen Brasiliens. Diese haben Charakteristika
heutiger Asiaten, ihre Haut ist gelblich, und ihre Augen sind eher
mandelförmig. Bei den Indios hier aber war die Haut dunkelbraun und
das Haar schwarz, aber glatt, also nicht ganz so wie bei den
Afrikanern. Das hat mich sehr beeindruckt, diese Leute mussten von
Vorfahren aus Afrika abstammen.
© phelder2006 / Getty Images / iStock (Ausschnitt)
|
Hoffnung auf
Ökotouristen
Hoffnung auf
Ökotouristen | Die Serra da Capivara könnte behutsamen Tourismus
vertragen, meint Guidon. Der Nationalpark könnte Menschen anziehen,
die an Natur und Geschichte interessiert sind. Doch die Anreise
bleibt schwer.
Sie haben am Anfang
gesagt, irgendjemand müsse die Gegend hier beschützen. Sind Sie
das? Und wie soll das gehen?
Wir haben damals,
Ende der 1970er Jahre, einen Bericht für die brasilianische
Regierung gemacht und nach Brasilia geschickt. Wir haben sie gebeten,
die Region zu schützen, weil viele Leute den Wald abgeholzt oder
niedergebrannt haben. So entstand der Nationalpark Serra da Capivara.
Aber die Regierung hat sich dann überhaupt nicht gekümmert, und die
Jäger und Holzfäller sagten: Das gehört der Regierung, dann können
wir uns ja bedienen.
Also haben Sie es
selbst gemacht?
Wir haben mit
einigen der Forscher, die hier arbeiteten, die Stiftung FUMDHAM für
das Museum des amerikanischen Menschens gegründet. [Guidons Haus
steht direkt neben dem Museum auf dem Gelände des Nationalparks.]
Eine Kollegin kannte zudem den Direktor der Interamerican Development
Bank. So entstand ein Gutachten für die Regierung: Die Gegend taugt
nicht für die Landwirtschaft, hat aber ein großes Potenzial als
Touristenattraktion. Die Bank hat auch Geld gegeben für die ersten
Straßen und andere Infrastruktur.
Das war Anfang der
1990er Jahre. Die brasilianische Regierung hat damals Frankreich
gebeten, mich auszuleihen, und so kam ich nach São Raimundo Nonato.
Aber ich verstand ja nichts von der Verwaltung und den Aufgaben,
darum habe ich mir andere Welterbestätten in Australien, Neuseeland,
China, Russland, Kanada und den USA angesehen. Sie hatten jeweils
drei bis fünf Millionen Besucher pro Jahr.
Hierher kommen 16
000 Besucher im Jahr. Wenn die Touristen in die Millionen gehen,
werden die hier nicht alles platt trampeln?
Nein, das sind
Leute, die wollen hier das Erbe der Menschheit ansehen. Das sind
nicht die, die zum Karneval nach Rio kommen, in billigen Hotels leben
und viel Ärger machen. Für unsere Touristen brauchen wir gute
Restaurants und Hotels. Keine großen Bauwerke, sondern verteilte
Anlagen wie in Frankreich mit einem zentralen Gebäude und kleinen
Häusern für zwei oder vier Gäste in der Natur verstreut, für die
man den Wald nicht abholzen muss. Und wir brauchen einen Flughafen.
Doch hier tat die Regierung nichts, und sie tut bis heute nichts.
Einen modernen
Flughafen haben Sie hier jetzt aber. Es landen nur keine Flugzeuge
dort.
Das war ein Kampf.
Vor fast 20 Jahren hat die Regierung in Brasilia 15 Millionen Reais
bewilligt. Das war erstens viel zu wenig, zweitens sollte es der
Bundesstaat Piauí verwalten. Der Gouverneur sagte aber: »Nein, ein
Flughafen, das ist nur was für die Reichen. Ich baue Straßen.«
Tatsächlich hat er nicht einmal das getan, sondern das Geld für
seinen Wahlkampf genommen. Dann gab es noch mal Geld, und sie bauten
eine Landebahn nur aus Asphalt. Aber für einen internationalen
Flughafen musste die Piste ein Fundament aus Beton haben. Und 1000
Meter zu kurz war sie außerdem.
Ist das Problem
jetzt behoben?
Ich war jeden Tag
auf der Baustelle. Aber leider kommen bis heute keine Flugzeuge, weil
es keine vernünftigen Hotels in der Stadt gibt. Wir verhandeln
jetzt, damit die Regierung den Ticketpreis der Fluggesellschaften
bezuschusst. Und die Stiftung FUMDHAM hat schon die besten
Grundstücke in der Gegend für Hotels gekauft und redet mit
Investoren aus São Paulo.
Die wollen hier
ihren Profit machen.
Natürlich wollen
sie Geld verdienen. Aber das bringt Jobs, und die Region entwickelt
sich. Das genau braucht die Gegend hier: Unternehmer, die
investieren.
Wie erklären Sie
sich die Gleichgültigkeit der einheimischen Bevölkerung und die
mangelnde Unterstützung für Ihre Ideen?
Die meisten denken
leider, das wichtigste Ding auf der Welt sei der Mensch. Da heißt es
dann: Gott hat uns die Erde übergeben mit allen Tieren und Pflanzen.
In Wirklichkeit ist es aber so: Religiöse Macht und zivile Macht,
das ist der Gesellschaft alles verloren gegangen, es zählt nur Geld.
Ein Professor, der
die Vegetation hier erforscht, hat etwas über Sie erzählt. Er war
sehr ärgerlich, dass die brasilianische Regierung Sie wie einen
Feind behandelt und nicht wie die Heldin, die Sie sind.
Oh, ich mag es sehr,
eine Feindin der Regierung zu sein. Ich möchte mit diesen Leuten
nicht befreundet sein. Sie nehmen dem brasilianischen Volk das Geld
weg und arbeiten schlecht. Sie sehen es doch jeden Tag in den
Nachrichten: Wieder ein Minister verhaftet. Darum freue ich mich
schon sehr darauf, am 30. Dezember dieses Jahres Brasilien endgültig
den Rücken zu kehren und nach Frankreich zu gehen.
Bringen Sie es
wirklich übers Herz, den Nationalpark zu verlassen? Ihre Freunde
sagen, sie hätten schon oft gedroht, wegzugehen, und würden es auch
diesmal nicht machen.
Natürlich gehe ich
weg. Ich kann in diesem Land nicht mehr leben.
Eine letzte Frage:
Was erwartet Sie sich davon, wenn sie mit Journalisten sprechen?
Ich hoffe, dass auf
diesem Umweg die brasilianische Regierung versteht, was die Serra da
Capivara bedeutet.
Anmerkung: Die
Reisekosten für diese Recherche wurden zum Teil vom Bundesstaat
Piauí übernommen, in der der Nationalpark Serra da Capivara liegt.
Diese Frau ist meiner Meinung nach auf dem richtigen Weg. Ich gehe da noch weiter. Seit mindestens 45 Jahren vertrete ich die Meinug, dass sich der Mensch ganz unabhängig vom Homoerektus oder ähnlicher Gestalte aus Südafrika, in Amerika auch entwickelt hat. Dass man dort noch keine Schädel aus dieser Zeit gefunden hat, kann ganz einfache Erklärunge zeitigen. Möglicherweise haben diese Urmenschen grundsätzlich ihre Toten verbrannt, oder sie sind in einer Erde gelandet, die mit der Zeit alles zersetzt hat. Wenn man erst warten soll bis irgendwelche Wissenschaftler etwas finden und mit erhobenem Zeigefinger die Weltbevölkerung belehren, dann kann man lange warten.
AntwortenLöschenIn meiner Schulzeit, in den 50er Jahren, war die allgemeine Lehrmeinung :DER URMENSCH KOMMT AUS DEM INDISCHEN RAUM ! Ja Bullshit, kaum hatte man einen popeligen Schädel in Südafrika gefunden, wurde alles wieder umgestoßen.
Man war auch jahrhunderte lang der Meinung, der Neandertaler könne nicht sprechen und sei lange ausgestorben. Auch Bullshit. Jetzt begreift man :DER NEANDERTALER WURDE EINGEKREUZT UND LEBT IN UNS WEITER. Auch das war mir seit über 30 Jahren bereits klar. Es gibt heute noch hin und wieder Zeitgenossen die wie Neandertaler aussehen. Dagegen ist nichts einzuwenden. Komisch ist, dass man Jahrhunderte brauchte, um zu merken, dass auch Tiere Werkzeuge benutzen (und herstelle). Man darf natürlich nicht vergessen, dass in Mitteleuropa solche Zeitgenossen, die das behauptet hätten, von der katholischen Kirche umgebracht worden wären.
MfG. grillbert aus Hamburg.
Nein, lieber Grillbert, da bist du nun aber auf dem Holzweg. Man hat nicht einen 'popeligen Schadel' in Südafrika gefunden, sondern der älteste Schädel wurde zuerst im 6000 km langen O stafrikanischen Grabenbruch im Rift Valley in Tansania gefunden. Dort hat man gleich drei verschiedene Menschenarten gefunden - und eben auch den homo erectus (von Paranthropus boisei, Homo habilis und Homo erectus). Dann ging es weiter in Kenya, wo "UNZÄHLIGE" Funde gemacht wurden. Die Menschheitsgeschichte wird im Laufe der Jahre immer älter, weil immer wieder noch ältere Relikte von Ur-Menschen gefunden werden. Vor kurzer Zeit ist in Äthiopien ein fast vollständiges Relikt einer nur 1.20 m großen Frau – Adi genannt – gefunden worden, das 4.4 Millionen Jahre alt sein soll. In Georgien fand man einen bislang unbekannten Ur-Menschen, der über 1.8 Millionen Jahre alt sein soll. Da stand fest, dass DIE WIEGE DER MENSCHHEIT AFRIKA IST. Als MAN DANN vor ein paar Jahrzehnten herausfand, dass ALLE MENSCHEN noch vor 30 000 Jahre black, black, black waren, wurde es ja sonnenklar. Und auf der ganzen Welt findet man jetzt die Spuren der Schwarzen, sogar eben noch Reste von schwarzen Volksgruppen in Indien, auf der 2-größten Insel der Welt (Neuguinea), und in Australien. Daran gibt es also nichts zu deuteln.
AntwortenLöschenZusatz: In Amerika wurde ja auch kürzlich definitiv festgestellt, dass die Olmeken-Kultur in Südmexika eine eigenständige schwarze Kultur ist - mit Pyramidenbauten, Städten, unzähligen rein negroiden Skulpturen etc.
LöschenWenn man genauso intensiv in Südamerika suchen würde, würde man dort auch etwas finden. Es gibt ja leider keine statstischen Erhebungen, wieviele Wissenschaftler in Südamerika suchen im Vedrgleich zum ostafrikanischen Grabenbruch.
LöschenMeine Behauptung steht erst einmal. Wir werden sehen.
Als ich behauptete, der Neandertaler ist nicht ausgestorben, er hat sich lediglich mit den "weißen" Zuwanderern gekreuzt und ist in der Vermischung unterlegen. Diese Zusammenhänge kann man in der Vererbungslehre von Gregor Mendel nachlesen.
MfG. grillbert aus Hamburg.
Ja, das mit den Neandertalern wusste ich. Ich habe jetzt noch den Link von der Ézili dazugelegt (hatte ich vergessen), die noch viel mehr dazu zu sagen hat und meine wissenschaftliche Auffassung bestätigt. Und überlege mal, wieviel in Mittelamerika und Südamerika schon gebuddelt wurde. Weitaus mehr als in Afrika (von Ägypten abgesehen), denn bei "de Schwarze" gibts doch nichts zu finde!"
AntwortenLöschenIch beschreibe hier keinen IST-Zustand sondern meine Prognose der Erkenntnisse für die nächsten 30 Jahre
AntwortenLöschenMfG. grillbert aus Hamburg.