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Donnerstag, 17. Dezember 2020

"Ein Weckruf für Europa"

Mit Dank an German Foreign Policy - diesen hervorragenden Artikel muss man einfach weiter verbreiten. Obwohl es schon geradezu peinlich ist, das gerade wir "Verschwörungstheoretiker" dauernd Recht behalten. Im Frühjahr habe ich diesen Trend schon vorausgesagt, als von Europa (ganz zu schweigen von den USA) noch Hohn und Spott über China ausgegossen wurde. Den letzten Absatz hätte sich der Verfasser gut und gerne verkneifen können. Denn auch in jenem Bereich liegen die Chinesen schon weit vorne, vor allem durch ihre strategische enge Zusammenarbeit mit Russland. Aber unsere Regierungswichtelmänner und Frauen hören ja nicht zu, was der Putin zu sagen hat. Aber sehr gut wurde hier die Hilfe für die 3. Welt und insbesondere Afrika betont, "was nicht ohne Folgen bleiben wird". Die Folgen lassen sich schon jetzt genau vorhersagen: Dass die Weißen endlich aus Afrika hinausfliegen werden.

Außerdem möchte ich den hervorragenden Artikel "Chinas Wirtschaft für den Frieden" von Peter König auf GlobalResearch empfehlen.

 

OBOR is marching

"Ein Weckruf für Europa"

17. Dezember 2020

BERLIN/BEIJING (Eigener Bericht) - Berliner Regierungsberater stufen China in der Coronakrise als "Krisengewinner" ein und verlangen "eine starke und geschlossene Haltung der EU" gegenüber der Volksrepublik. Beijings "effektive Krisenbewältigung" habe ihm wirtschaftlich und politisch größeren Einfluss in der Welt verschafft, heißt es in einer aktuellen Analyse der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). War es der Westen lange gewohnt, die internationale Politik zu dominieren, so muss er nun der SWP zufolge damit rechnen, dass China "selbstbewusster" auftritt. Tatsächlich hat die Volksrepublik nicht nur die Covid-19-Pandemie im eigenen Land erfolgreich bekämpft und so die Grundlage für eine wirtschaftliche Erholung geschaffen, die jetzt ihr Gewicht gegenüber der EU und den USA weiter erhöht. Sie kann auch mit der Lieferung von Covid-19-Impfstoffen ihre Stellung in diversen Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas ausbauen, deren Not von den selbst pandemiegeplagten westlichen Mächten weithin ignoriert wird. Nicht zuletzt trägt das neue Freihandelsabkommen RCEP dazu bei, den Schwerpunkt der Weltwirtschaft perspektivisch nach Asien zu verschieben.

Erfolgreich im Kampf gegen die Pandemie

Grundlage für Chinas Machtzuwachs im zu Ende gehenden Krisenjahr ist, dass die Volksrepublik, wie es die vom Kanzleramt finanzierte Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in einer aktuellen Analyse konstatiert, die Pandemie "augenscheinlich ... hinter sich gelassen" hat.[1] Tägliche Ansteckungen im niedrigen zweistelligen Bereich - mehrheitlich Einreisende aus dem Ausland - und nur ganz vereinzelte Todesfälle stehen fünfstelligen Ansteckungs- und zeitweise beinahe vierstelligen Todeszahlen pro Tag alleine in Deutschland gegenüber. Während die Feiertage zum Jahresende in der Bundesrepublik von drastischen Einschränkungen überschattet werden, waren, wie die SWP berichtet, schon "während der arbeitsfreien 'goldenen Woche' Anfang Oktober" in ganz China "Hunderte Millionen Chinesen auf Reisen". Der offensichtliche Erfolg wird im Land auch als solcher wahrgenommen. "Die Maßnahmen", die Beijing im Kampf gegen die Pandemie ergriffen habe, "stoßen bei der Mehrheit der Bevölkerung auf Zustimmung", heißt es bei der SWP: Laut einer Umfrage des YouGov-Cambridge Globalism Project "sind 88 Prozent der Chinesen von der Führungsstärke ihrer Regierung in der Covid-19-Krise überzeugt". Man könne in China eine "politische Stärkung im Innern" erkennen.

Verschobene Kräfteverhältnisse

Ähnlich positiv entwickelt sich die chinesische Wirtschaft, die laut SWP die vielbeschworene, aber so gut wie nirgends erreichte "V-förmige Konjunkturerholung" verzeichnen kann. Tatsächlich ist es der Volksrepublik gelungen, den dramatischen ökonomischen Einbruch im ersten Quartal um 6,8 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum aufzufangen und rasch erneutes Wachstum zu erreichen; laut jüngsten Prognosen der OECD wird sie als einziger G20-Staat das Krisenjahr 2020 mit einer größeren Wirtschaftsleistung abschließen können als 2019 - mit einem Plus von 1,8 Prozent. Das Jahresminus der Vereinigten Staaten schätzt die OECD auf 3,7 Prozent, dasjenige Deutschlands auf 5,5 Prozent, dasjenige der Eurozone auf 7,5 Prozent. Während - ebenfalls laut OECD-Prognosen - die Bundesrepublik erst 2022 ihr ökonomisches Vorkrisenniveau erreichen wird, die Eurozone vermutlich sogar erst 2023, wird China seine Wirtschaftsleistung im Jahr 2022 um erstaunliche 15 Prozent gegenüber 2019 steigern können; die US-Wirtschaft wird dann lediglich um magere 3 Prozent über dem Vorkrisenniveau liegen.[2] Damit werden sich, hält die SWP fest, "die Kräfteverhältnisse in der Weltwirtschaft ... zugunsten [Chinas] verändern".[3]

Der neue Schwerpunkt der Weltwirtschaft

Unabhängig von der Coronakrise ist es Beijing im vergangenen Jahr gelungen, handelspolitisch einen womöglich langfristig wirksamen Erfolg zu erzielen - mit der Unterzeichnung des Freihandelsvertrages RCEP (Regional Comprehensive Economic Partnership) am 15. November. Das Abkommen verbindet China mit den zehn Mitgliedern des südostasiatischen Staatenbundes ASEAN, Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland. Es gilt als nicht besonders ehrgeizig; so schafft es, gestreckt über Jahre, lediglich 90 Prozent der Zölle im Warenhandel ab und bringt auf dem Dienstleistungssektor erheblich weniger Liberalisierungen als andere Vereinbarungen. Dafür umfasst es fast ein Drittel der Weltbevölkerung und steht für 30 Prozent der gesamten globalen Wirtschaftsleistung, mehr als die Länder des United States-Mexico-Canada-Agreement (USMCA, Ex-NAFTA) und deutlich mehr als die EU. Vor allem aber fasst es zum ersten Mal die Staaten der asiatisch-pazifischen Boomregion ohne direkte Beteiligung des alten transatlantischen Westens zusammen. Dies ist von Bedeutung, weil Experten RCEP zutrauen, mit seinem Gewicht auf lange Sicht weltwirtschaftliche Standards zu setzen. "Als einer der Haupttreiber" unterstreiche Beijing "seine Rolle als globale Gestaltungsmacht", konstatiert der BDI: RCEP sei "ein Weckruf für Europa".[4]

Impfstoffe für die nichtwestliche Welt

Hinzu kommen neue weltpolitische Einflussgewinne, die sich aus Chinas aktiver Rolle im globalen Kampf gegen die Covid-19-Pandemie ergeben. Während die westlichen Staaten - ungeachtet aller anderslautenden verbalen Bekenntnisse - den größten Teil der verfügbaren Covid-19-Impfstoffe für sich selbst reserviert haben und sich wenig um die ärmeren Staaten bemühen, hat die Volksrepublik längst begonnen, Impfstoffe in Länder jenseits der wohlhabenden westlichen Welt zu exportieren und Pharmakonzerne und -institute unter anderem in Indonesien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Brasilien mit Lizenzen zur Herstellung chinesischer Vakzine für die jeweilige Region auszustatten (german-foreign-policy.com berichtete [5]). Für die Länder Afrikas baut Cainiao, die Logistiktochter des chinesischen Konzerns Alibaba, in Kooperation mit Ethiopian Airlines, der größten Fluggesellschaft des afrikanischen Kontinents, die notwendige Lieferkette zur Verteilung der Vakzine auf. Ethiopian Airlines hatte schon zuvor, in Kooperation mit der Stiftung von Alibaba-Gründer Jack Ma, mehr als 3.000 Tonnen Covid-19-Hilfsgüter aus China ausgeflogen, nach Afrika, Asien und Lateinamerika. Dass die Volksrepublik ärmere Staaten unterstützt, denen der Westen Hilfe verweigert, bleibt nicht ohne Folgen.

Kooperationspartner und Rivale

"Chinas effektive Krisenbewältigung", urteilt die SWP, "weist das Land am Jahresende 2020 als Krisengewinner aus."[6] War der Westen es lange Zeit gewohnt, in der Weltpolitik zu dominieren, so warnt der Berliner Think-Tank nun, Beijing werde künftig womöglich "noch selbstbewusster auftreten ..., als das jetzt bereits der Fall" sei. "Umso wichtiger" sei "eine starke und geschlossene Haltung der EU gegenüber China". Auch die Bundesrepublik müsse "die europäische Strategie praktisch zur Geltung bringen ..., wonach China Kooperationspartner und wirtschaftlicher Wettbewerber, aber auch systemischer Rivale" sei. Perspektivisch zielt die SWP damit darauf ab, bei Beibehaltung der für die deutsche Industrie unverzichtbaren wirtschaftlichen Zusammenarbeit (China als "Kooperationspartner" [7]) den politischen und möglicherweise auch den militärischen Druck auf Beijing ("systemischer Rivale") zu intensivieren. Entsprechende Bemühungen sind bereits im Gang - german-foreign-policy.com berichtete [8].


Bitte beachten Sie unsere Videokolumne Krieg gegen China.

[1] Hanns Günther Hilpert, Angela Stanzel: China - Pandemiegewinner für den Moment. SWP-Aktuell Nr. 99. Berlin, Dezember 2020.

[2] OECD Economic Outlook. December 2020.

[3] Hanns Günther Hilpert, Angela Stanzel: China - Pandemiegewinner für den Moment. SWP-Aktuell Nr. 99. Berlin, Dezember 2020.

[4] Starkes politisches Signal. bdi.eu 17.11.2020.

[5] S. dazu Der Westen zuerst.

[6] Hanns Günther Hilpert, Angela Stanzel: China - Pandemiegewinner für den Moment. SWP-Aktuell Nr. 99. Berlin, Dezember 2020.

[7] S. dazu Geschäft statt Entkopplung.

[8] S. dazu Das nächste Operationsgebiet der Bundeswehr.


Quelle - källa - source

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