Ich weiß, ich weiß, es ist lange her. Hauptsächlich hängt es damit zusammen, dass sich die Einstellungen selbsttätig verändert hatten - womit viele Blogger zu kämpfen hatten - und natürlich damit, dass ich mit HTML nicht zurechtkomme.
Gerade las ich nun, dass das Problem behoben ist. Stimmt - und danke an die Freunde, die daran gearbeitet haben.
Hier folgt nun eine Rezension von einem Buch, das ich außerordentlich spannend finde. Vor 1000 Jahren - ja TAUSEND Jahren - gab es einen gottlosen Staat. Und ur-kommunistische Züge hatte er außerdem. Und wo - zum Teufel - gab es denn so etwas? Im Süden Iraks und mit dem Zentrum Bahrein. Und die Männer, die den Staat gründeten und 180 Jahre lang halten konnten gegen den Ansturm aller religiösen Dunkelmänner nannten sich nach dem Begründer der Bewegung Quarmaten. Die Dunkelmänner waren natürlich von derselben Sorte wie jene im christlichen Abendland, die ja auch jede abweichende Bewegung - die hier allerdings meist im christlichen Gewand auftraten und als Sekten galten - meist mit Stumpf und Stil ausrotteten. Man denke nur an die riesige Arianer-Sekte oder die Katharer im Süden Frankreichs. Die Katharer wurden besonders grausam verfolgt, weil sie nicht nur im Glauben abwichen, sondern auch soziale Maßnahmen einführten.
Nun, und so mußten die Europäer fast noch 800 Jahre warten, bis sie auch den ersten gottlosen Staat durch die Große Französische Revolution geschenkt bekamen. Diese wiederum war die Frucht der Aufklärung, die wiederum - man höre und staune - eine 'unterirdische' Verbindung zu den Quarmaten hatte in Form eines ganz teuflischen Buches 'Drei Betrüger der Welt: Moses, Christus und Mohammed'.
Wem das Ganze zu teuflisch vorkommt, macht am besten Schluss mit dem Lesen. Alle übrigen sind eingeladen, dieses weltgeschichtliche Abenteuer etwas näher kennenzulernen. Wessen Neugierde dann immer noch nicht gestillt ist, kann das Buch ja selbst lesen. Ganz unten findet sich dazu ein Hinweis.
DIE
KARMATEN
PETER
PRISKIL
Von
diesem Buch lässt sich zu Recht sagen, dass es eine gewaltige Lücke
füllt, nicht nur historischer Art, sondern auch beim Publikum, wie
die in kurzer Frist erfolgte 2. Auflage beweist. Der ägyptische, in
Deutschland lehrende Prof. Karam Khella spricht gar von einer
Renaissance der Karmaten, indem er auf ein weiteres Werk verweist,
das nach der Jahrtausendwende erschienen ist: Ramahi,
Kamal / Quintern, Detlev (2006): Qarmaṭen
und Ihwān
aṣ-ṣafā’.
Gerechtigkeitsbewegungen unter
den Abbasiden und die universalistische Geschichtstheorie;
Hamburg.
Außerdem
ist das Buch ein Schlag gegen jene 'gelehrten' Diskussionen, die von
der dem Islam inhärent innewohnenden Unmöglichkeit sprechen, sich
reformieren zu können oder gar demokratische Lösungen zu finden.
Ich
war verblüfft, wie ähnlich es auch mir mit den Karmaten ergangen
war. Hie und da dunkle Andeutungen über einen Aufstand der
Schwarzen, eine Republik der Gleichen, die sich Karmaten nannten im
Gebiet des heutigen Irak. Wollte man mehr wissen, stieß man nur auf
weitere dunkle Andeutungen. Peter Priskil gebührt das Verdienst,
diesen gordischen Knoten aus Lügenmärchen und Hirngespinsten
zerschlagen zu haben und zum Kern der Geschichte vorgedrungen zu
sein, eine Arbeit, für die er viele Jahre brauchte.
Warum?
Nun, die Geschichte ist so ungeheuerlich, so undenkbar, so empörend
(über Empörer empört man sich immer), dass die Sieger – die
bekanntlich immer die Geschichte schreiben – sehr gründliche
Arbeit leisteten, indem sie alle Spuren und Quellen verwischten und
zerstörten. Mit einer solchen Gründlichkeit, dass es detektivischen
Scharfsinns bedurfte, um die Spreu vom Weizen zu trennen. Nur, es
trat kein Weizen zutage oder kaum ein paar Körner, die Peter Priskil
mit psycho-historischem und sozialpsychologischem Werkzeug freilegen
konnte. Den Rest musste er mit Hilfe der Assoziation – wobei ihm
die gründliche Kenntnis vergleichbarer Bewegungen nützlich war –
und die ebenso gründliche Kenntnis des reaktionären Geschwafels
leisten, das immer dann eingesetzt wird, wenn es um die Vernebelung
und Unsichtbarmachung brisanter und für die Herrschenden
gefährlicher Tatsachen geht.
Peter
Priskil greift weit zurück in die Vorgeschichte der
Karmaten-Bewegung. Er schildet kurz den rasanten Aufstieg des Islam
zur Weltreligion, die relativ kurze Blütezeit und die im 9.
Jahrhundert bereits beginnende Degenerierung und den Zerfall des
Riesenreiches auf Grund dynastischer aber auch religiöser Querelen.
Es begann mit der großen Teilung des Islam in Sunna und Shia und
setzte sich fort mit dem Emporschießen zahlloser Häresien und
Sekten – genau wie im Christentum auch. Die meisten der kleinen
häretischen Bewegungen konnten schnell und mit brutaler Gewalt
unterdrückt werden. Doch in dem Maße, wie die Zentralgewalt in
Bagdad, d. h. der Kalif, schwächer wurde, konnten sich manche
häretische Bewegungen stark wachsen. Dazu gehörte die Ismailiya,
eine Art „protestantische“ Bewegung, die sich wiederum auf die
Gnosis und die Mutazila, eine weitere oppositionelle Bewegung im
Islam, die schon im 8. Jahrhundert entstand, stützte. Die Islailiya
richtete sich vor allem gegen die Dogmatik und viele
Glaubensvorschriften des Islam. Allerdings hat sie lange im Geheimen
wirken müssen, bevor sie öffentlich auftreten konnte und zwar „mit
einem praktischen Aufstandsprogramm“. Sie war „die Häresie der
Unterdrückten und Ausgebeuteten“, der Sklaven und Bauern, der
entrechteten Handwerker, aber auch Teilen der kritischen Intelligenz.
Doch
die Antwort der Zentrale lässt nicht lange auf sich warten. Das
Mittel ist wie immer und überall Feuer und Schwert. Und wie immer
unter starkem äußeren Druck gedeihen Spaltpilz, Verrat und
Kompromißlertum. Die größte Abspaltung war eine Gruppe, der die
Religionskritik nicht weit genug ging, die konsequent den nächsten
Schritt in die Regligionslosigkeit tat. Diese Gruppe, die sich in der
Folge nach ihrem ersten großen Agitator Hamdun Qarmat die Qarmaten,
resp. Die Karmaten nennen, wurden nicht nur von der Orthodoxie, die
fast immer mit dem Kalifen zusammenfiel, sondern auch verbliebenen
Ismailiya, die in der Folge sogar zwei bedeutende Agitatoren der
Karmaten im Irak ermordete.
Beide
Gruppen wurden jedoch nach schweren Kämpfen aus dem Kernland des
Kalifen, das heutige Irak und Syrien, verdrängt. Die Ismailiya
flüchtete am Ende nach Nordafrika und gründete schließlich in
Ägypten die Fatimidendynastie. Die Karmaten zogen sich mehr oder
weniger geordnet nach Bahrein zurück, wo Qarmats fähigster
Agitator, Abu Said, im Jahre 899 schon den ersten Karamatenstaat
gegründet hatte, und damit den ersten religionslosen Staat der
Weltgeschichte. Religion und Staat wurden voneinander getrennt. Die
Führer und viele Anhänger waren ohne Religion, aber man verbot
nicht die Religion (es lebten Perser, Juden, Christen und Moslem in
Bahrein), sondern konnte glauben, was er wollte. Chacun à son goût.
So
etwas sollte es erst gut 1000 Jahre später wieder geben, mit dem
Erfolg der Oktoberrevolution in Russland, wenn man das kurze
Intermezzo der großen französischen Revolution beiseitelässt. Das
war damals – und auch noch die folgenden 1000 Jahre – geradezu
unerhört. Und in der Verteufelung dieser „Sekte“, wie man die
Karmaten vorszugsweise nannte, waren sich Islam und Christentum
rührend einig.
Aber
das war noch nicht alles. Als Reaktion auf Bagdads ständige Angriffe
und Provokationen schickte man 930 ein Heer nach Mekka, das die Stadt
einnahm, den schwarzen Stein aus der Kaaba brauch und zahllose Pilger
niedermachte, „ein Ereignis, das den Zeitgenossen wie ein
apokalyptischer Donnerschlag in den Ohren hallte und sie in einen
Zustand der Betäubung und Fassungslosigkeit, des Abscheus und
Entsetzens stürzte“, wie Peter Priskil schreibt, und das er mit
dem Sacco di Roma durch Karl V vergleicht, der damit das Primat der
Staatsmacht über die Kirche herstellte.
Aber
der Staat der Karmaten ging noch weiter. Es war ein Staat der
Gleichen unter einer kollektiven Führung, mit gemeinsamem Besitz an
Grund und Boden, einer einzigen Steuer – dem Zehnten, staatlichen
Mühlen, wo das Korn kostenlos gemahlen wurde, zinsfreien Darlehen
für fremde Handwerker zur Gründung von Unternehmen und der
Herrschaft des Rechtes. Dies sind einige Details, die sich bei Peter
Priskils Forschung herauskristalisierten. Wie der Staat und die
Wirtschaft im einzelnen geführt wurden, bleibt auf Grund der
Quellenlage immer noch im Dunklen.
Ein
dunkler Fleck ist allerdings, dass die Karmaten allerdings für die
Plantagenwirtschaft schwarze Sklaven einsetzten. Nun hatten die
schwarzen Sklaven kurz vor der Karmaten-Staatsgründung sich erhoben
und 15 Jahre lang gegen den Kalifen gekämpft, eine Heldengeschichte,
die durchaus vergleichbar mit der des Spartacus vergleichbar ist,
diese sogar noch übertrifft. Ihr Untergang war jedoch ebenso
tragisch.
Vielleicht
haben die Karmaten sie deshalb weiterhin als Sklaven eingesetzt, weil
sie unter ihnen gelitten haben, aber das ist nur eine Hypothese
meinerseits.
Schon
Hamdun Qarmat hatte Agitatoren weit herum geschickt – nach Syrien,
Persien, Daiman am Kaspischen Meer, Nordafrika, Oman und in den
Jemen. Im Jemen konnten die Karmaten kurz die Macht an sich reissen,
verloren sie aber schnell wieder. Qarmat war noch vor der
Staatsgründung einer Razzia des Kalifen zum Opfer gefallen. Die
Nachfolge übernahm der überaus fähige Abu Said in Bahrein, der das
Staatswesen nach innen und außen festigen konnte. Er fiel einem
Meuchelmörder des Kalifen zum Opfer. Abu Tahir, sein jüngster Sohn
übernahm die Zügel und entwickelte als Feldherr außerordentliche
Fähigkeiten. „Seine zwei Dekaden wähende Regierungszeit , die von
924-944 währte, ist vielmehr durch die Festigung und kraftvolle
Entfaltung des revolutionären Karmatenstaates gekennzeichnet, der
nun in die Offensive ging und das Kalifat an den Rand des Abgrunds
drängte“, wie Peter Priskil festhält. Er gliederte den Süden des
Irak mit Basra, einer alten Karmatenhochburg, und den Oman dem
Karmatenstaat an. Und er zwang den Kalifen zur Bezahlung von Abgaben
für die Pilgerzüge nach Mekka. Doch schon mit 38 Jahren erlag Tahir
den Pocken. Damit ging die Blütezeit des Karmatenstaats nach nur 45
Jahren zu Ende. Auch wenn der Staat noch weitere 130 Jahre Bestand
hatte, so ist dies eher ein Trauerspiel.
Unter
den konzentrischen Angriffen des Kalifen, der sich am Ende sogar mit
dem verhaßten Fatimidenherrscher verbündete, der ständigen
Wühlarbeit, Einschleusung von Saboteuren und durch Verrat zerfiel
dieses grandiose Experiment mehr und mehr, bis es 1070 endgültig
unterging. Doch sie hinterließen noch ein Vermächtnis, das 800
Jahre lang für Irritation und Unruhe sorgte. Das war eine Schrift
mit dem Titel die „Drei Betrüger der Welt: Mose, Christus und
Mahumet“, von dem Peter Priskil am Ende des Buches ein kurzes
Kompendium angelegt hat. Es ist eine gründliche Abrechnung mit der
Religion, das gesucht, verfolgt, verbrannt wurde, und imme wieder auf
verschlungenen Wegen durch Abschriften, Kompilation, Zitate
auftauchte, bis in die Neuzeit überlebte und am Ende gar für die
Aufklärung von Bedeutung war.
Peter
Priskil ist es gelungen, auf fast 400 Seiten uns ein eindringliches
Gemälde vor Augen zu führen und zwar in einer wohltuend lebendigen,
anschaulichen Sprache, die ihn aber zuweilen zu überflüssigen
Redundanzen verleitet.
Doch
ich will zwei Punkte erwähnen, die meiner Meinung nach in so einem
gründlich recherchierten Werk fehl am Platze sind, auch wenn es nur
zwei Nebensätze sind.
Da
heisst es zum einen auf Seite 8: „Von wegen 'Hindufaschismus'!“
Das sei eine US-imperialistische Propagandaformel. Was immer die
Moslem früher für Verbrechen begangen haben mögen, so ist es ein
Faktum, dass seit Bestehen der 'größten Demokratie der Welt“
Indien niemals eine Demokratie gewesen, so wenig wie die USA oder
Israel. Dass die Moslems von Anfang an Bürger 2. Klasse gewesen
sind, dass dort ein furchtbarer Genozidkrieg gegen die Adivasi und
Dalit im Gange ist, dass die Kaschmiri brutal unterdrückt werden.
Ich empfehle nur zwei Schriften, die von Arundhati Roy 'Der
aufhaltsame Aufstieg des Hindufaschismus' und 'Indias War on People'
von Gautam Navlakha und Arundhati Roy. Und merkwürdig in diesem
Zusammenhang ist ja auch, dass der US-Imperialismus engste
Beziehungen sowohl zur BJP- als der jetzigen Congress-Regierung
geknüpft hat.
Der
zweite Punkt betrifft den Satz auf S. 11, „dass Mesopotamien und
später der Iran zum Schauplatz der ersten großen Spaltung des Islam
wurden (ist kein Zuffall). Beide waren … die Wiege der
Zivilisation.“ Da ist Peter Priskil einer üblen
christlich-klerikale-eurozentristischen Kampagne aufgesessen, die
seit ca. 150 Jahren mit immer größerem Eifer geführt wird.
Von
Herodot bis Champollion-Figeac (1839) wurde von aller Welt als
Selbstverständlichkeit angesehen, dass in Ägypten die Zivilisation,
die Wissenschaft, die Kultur begann und dort in einem Wort die Wiege
der Menschheit stand, und dass die Ägypter Schwarze waren.
Dann
begann zuerst der Bruder von Champollion, sodann der Sohn zuerst in
den Schriften des Bruders und Vaters (später auch anderweitig) zu
ändern, wegzulassen, zu streichen, zu fälschen, im Gleichschritt
mit der vollen Entwicklung des Kolonialismus „denn es kann nicht
sein, was nicht sein darf“, das die Schwarzen die Fundamente
unserer Kultur geschaffen haben. Und so wurde peu à peu die Wiege
immer weiter nach Nordosten hin, näher an die Wiege des
Jesukindlein, wo ja wenigsten Semiten wohnten und keine Schwarzen.
Erst
das Standardwerk des senegalesischen Historikers und Anthropologen
Cheikh Anta Diop „The African Origin of Civilization' hat die Dinge
wieder ins rechte Licht gerückt, wofür er 1974 auf der in Kairo von
der UNESCO organisierten Archäologen-Konferenz Anerkennung und
Beifall von der großen Mehrheit erhielt. Und Basil Davidson – The
Great Old Man of African History – hat dem allzu früh Verstorbenen
in seiner 10-teiligen Serie 'Africa' ein Denkmal gesetzt.
Natürlich
mindern diese Gedanken in keiner Weise den Wert dieser hervorragenden
Arbeit.
Aber
ist es nicht ein hübscher Gedanke, dass unsere Kultur aus Afrika
kommt, unsere Demokratie von den Indianern (genauer der
Irokesenkonföderatin, mit deren Führern Washington geheime
Unterredungen führte, um herauszufinden, wie man das so macht, mit
der Demokratie. Und dann ist den Deutschen ja ihre Verfassung von
der amerikanischen durch die Besatzer abgekupfert worden.) und unsere Aufklärung von den
Arabern? Aber wir, die weißen Christen, sind natürlich die Krone
der Schöpfung.
Das
Buch ist im Ahriman Verlag erschienen, hat 410 S. und kostet €
24.80. Mehr Informationen findet man hier http://www.ahriman.com/buecher/karmaten.htm
Einar
Schlereth
Klavreström,
den 12. Dezember 2010
http://www.tlaxcala-int.org/article.asp?reference=2957
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