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Mittwoch, 18. April 2012

Rechenschaftsbericht von Wladimir Putin als russischer Premierminister vor der Staatsduma


Ich möchte hier auf den ausgezeichneten Artikel 'Antirussisch-ortyhodox' auf 'Hinter der Fichte' (siehe hier rechts) verweisen, wo Hartmut Beyerle diesen unverschämten Bericht der ARD 'Der Westen spart - Russland und China rüsten auf' auseinandernimmt. Was man ergänzen könnte, ist, dass Deutschland auch pro Kopf mehr Geld für die "Verteidigung" ausgibt als Russland (nämlich 519 $ gegen 507 $), in Russland hingegen erheblich mehr Geld pro Kopf für Kultur ausgegeben wird (60 Euro gegenüber 14.6 Euro im 'Kulturland' Deutschland) und auch für die Renten, die um das 2.5 fache angehoben wurden, während sie bei uns drastisch gesenkt werden.  Diese unangenehmen Zahlen verschweigt man lieber und braut lieber ein paar Lügen zusammen.

Zusammengefasst von Kira Latuchina

vom 12. 04. 2012

Im Rechenschaftsbericht sprach den Premierminister hauptsächlich darüber, was im Lande in den vergangenen Jahren erreicht wurde und was zukünftig noch zu tun ist. Natürlich wurde der Akzent auf die Wirtschaft und die soziale Sphäre gelegt. Dabei berührte Putin die Außenpolitik fast überhaupt nicht, was vielleicht eine sichtbare Demonstration der Überlegenheit Russlands über die Staaten ist, die sich mühsam aus der Wirtschafts- und Finanzkrise herauswursteln.

Das Land ist durch einen angespannten Zeitraum der Parlamentswahlen und der Wahl des Staatsoberhaupts gegangen. Und heute noch fühlt man natürlich die Nachwirkungen der Zuspitzung der Emotionen aus den politischen Kämpfen, stellte der Regierungschef fest. Aber jetzt beginnt der wichtige Zeitraum der Arbeit, notwendig ist es jetzt, in die Zukunft zu blicken und sich der allgemeinen Verantwortung für das Land bewusst zu werden. „Russland ist bei uns das Ein und Alles, und seine moderne fortschrittliche Entwicklung, die Vereinigung aller politischen Kräfte des Landes, die schöpferisch arbeiten wollen, muss unbedingt das Ziel sein.


Der Regierungschef zählte ziemlich lange die Kennziffern auf, auf die man zu Recht stolz sein kann. Und er begann mit der globalen weltweiten Finanzkrise, aus der Russland mit Ergebnissen herausgekommen ist, für die man sich ganz und gar nicht zu schämen braucht. Die immensen Gefahren ausmalend, betonte Putin, „dass das eine kolossale Herausforderung war. Und wenn wir darauf keine Antwort zu geben in der Lage gewesen wären, wäre dies zweifellos eine gewaltige Gefahr für die Souveränität selbst und die politische Selbstständigkeit Russlands gewesen. Wir ließen uns nicht zerbrechen, erklärte der Premierminister. Wir haben uns als reif, schöpferisch und unserer Nation gegenüber mit ihrer gewaltigen Lebenskraft als sicher und würdig erwiesen.“

Wladimir Putin dankte den Bürgern und Bürgerinnen für die Standhaftigkeit, die Geduld und das Vertrauen und wies schon hier auf das Wachstum der Bevölkerung hin, die im Jahre 2011 auf 143 Millionen angewachsen ist. Erhöht hat sich auch die Lebenserwartung. Wir gaben der Krise nicht die Möglichkeit, unsere positive demographische Entwicklungstendenz zu durchkreuzen, kommentierte der Premierminister diese Zahlen. Er erinnerte daran, dass, als er hier das Antikrisenprogramm vorstellte, er versprochen hatte, dass die Hauptsache das Wohl der Familien sein wird, dass die Krise durch Entwicklung überwunden werden muss. Ja sicherlich, allen zu helfen, das ist nicht gelungen, aber das war auch nicht möglich. Aber die Staatsmacht war dennoch bestrebt, die Interessen der absoluten Mehrheit der Gesellschaft zu verteidigen und hat damit ihre Standfestigkeit unter Beweis gestellt, davon ist der Premierminister überzeugt.

Wir sind vor keiner der früher erklärten Verpflichtungen zurückgesteckt, erinnerte Putin und erklärte die Geschichte der Erfolge mit den Worten „Man muss immer die Wahrheit sagen und immer die Verantwortung für seine Worte übernehmen“.

Während der vergangenen vier Jahre sind die Realeinkommen der Bevölkerung gewachsen, der Durchschnittslohn erhöhte sich in der Wirtschaft um 18 Prozent. Im übrigen übersteigen die Einkommen der reichsten Bürger die Einkommen der ärmsten Bürger um etwa das Sechzehnfache. In den entwickelten Ländern Europas beträgt diese Differenz das Sechs- bis Siebenfache, und in den USA steht die Sache etwa so wie in Russland, der Unterschied beträgt das Fünfzehnfache. Dafür triumphierte bei uns die Gerechtigkeit in Bezug auf die Älteren; seit 2008 stieg das durchschnittliche Volumen der Arbeitsrenten auf das 2,5 fache und unter dem Beifall des Saales verglich er Russland mit den Nachbarn (in der Ukraine stieg z. B. das Renteneintrittsalter).

Russland verzeichnet heute unter den Wirtschaften der acht führenden Länder der Welt die höchsten Wachstumsraten, weshalb der Premierminister Russland immer wieder als aufstrebende Wirtschaftsgroßmacht pries. In vier Jahren verdoppelte sich das Investitionsvolumen. Die Gewinne der Betriebe und das Steueraufkommen sind gestiegen. Nach den Ergebnissen des Jahres 2011 ist Russland das einzige unter den großen Acht, das einen defizitlosen Haushalt hat, dessen Staatshaushalt sogar mit einem Überschuss abgeschlossen hat. Und nach dem Stand vom 1. April 2012 sind wir in der Welt das drittstärkste Land in Bezug auf die Goldreserven. Im Rekordtempo sank die Inflationsrate, und zwar in vier Jahren von 13,3 Prozent auf 6,1 Prozent.

In der Krise „haben wir bewusst auf die Psychologie des reinen Aussitzens zum Überleben verzichtet, wir wählten den Weg der Entwicklung.“ Das rief erneuten Beifall für Wladimir Putin hervor In diesen Jahren entstanden zwei Tausend neue Betriebe, die Autoindustrie erstarkte wieder. Die Weltkrise mobilisierte die Wirtschaft, wir sind stärker geworden, als wir es früher waren, schlussfolgerte der Regierungschef und ging zur Zukunft über, über die er in seinen Programmartikeln vor den Wahlen geschrieben hatte. In seinem ersten Präsidentenerlass versprach er, auf Grund aller erklärten Initiativen eine „Marschroute“ (eine Art road map) festzulegen und zu markieren. Die Arbeit daran hat er schon begonnen.

Notwendig ist es, gegenüber neuen von außen kommenden Schocks gewappnet zu sein, warnte der Premierminister. Das XXI. Jahrhundert verspricht zum Zeitalter neuer geopolitischer Zentren zu werden, und die Integration des eurasischen Raums sieht attraktiv aus, immer mehr Länder der ehemaligen UdSSR begreifen, dass sie alleine den Herausforderungen der globalen Konkurrenz nicht gewachsen sind.

Aber innerhalb des Landes gibt es noch viel zu tun. In den nächsten Jahren gelangt Russland unter die Zahl der größten Weltwirtschaften bezüglich der Kaufkraftparität, dabei steht es hinter anderen Weltwirtschaften bezüglich der Arbeitsproduktivität und das bedeutet auch hinsichtlich der Qualität der Wirtschaft um das Vier- bis Fünffache zurück, betonte Putin. Notwendig ist es, den Motor der ständigen Erneuerung der Arbeitsplätze in Gang zu setzen, und bis 2015 das Niveau der Investitionen auf 25 Prozent des Bruttoinlandsprodukts hochzufahren. und alles das ist jetzt absolut entscheidend und das entscheiden wir, so überzeugte der Premierminister die Abgeordneten.

„Die Fragen und die Nachfrage der Unternehmer nach einem guten Geschäftklima sind gewaltig und absolut gerechtfertigt“, räumte der Regierungschef ein. Und wenn sich die Lage nicht verbessert, dann kann man auch keines der Wirtschaftsprobleme lösen. Bis zum Jahresende wird ein Paket von Regelungen zur Verbesserung des Geschäftsklimas vorliegen und Putin rief die Abgeordneten auf, Koautoren dieses Pakets von Maßnahmen zu werden.

Nochmals warnte der Premierminister vor überflüssigen Ausgaben. Das Geld reicht nie aus. Aber ohne Sicherheitspolster wird es in dieser Welt schwierig. Aber wohin soll es gehen? Wollen wir den Weg Griechenlands nach Brüssel gehen? Für solche Hilfe muss man die Souveränität aufgeben, erklärte Putin. Das kommt für uns nicht in Frage.
Doch ist es notwendig, die Anzahl der Staatsbediensteten zu senken. Bis 2013 werden die Stellenpläne der Staatsorgane, die der Regierung unterstellt sind, um 100 000 Personen reduziert werden, erklärte Putin, und zugleich gab er der neuen Regierung mit auf den Weg, sich um den Mechanismus der Indexierung der Tarife der Monopolwirtschaften sowie der kommunalen Leistungen zu kümmern. „Die Bürger und die Geschäftswelt dürfen nicht für unzureichende Effizienz bezahlen“, erklärte Putin.

Das war der letzte große Auftritt von Wladimir Putin als Premierminister, und seine Rede entsprach im Großen und Ganzen den Gesetzen dieser Funktion, obgleich Putin ganz offensichtlich schon Programmelemente seiner zukünftigen Präsidentschaft anklingen ließ.

Gleich zu Beginn schlug Putin bewusst vor, die politische Lage nicht anzusprechen, da die Wahlen abgeschlossen sind und man sich auf die Wirtschaft konzentrieren sollte. Bei bestimmten Problemen ließ er sich sorgfältig in Detailfragen ein (Millionenstädte, Sportunterricht in den Schulen, Funktionen von Entwicklungsinstituten). Bei bestimmten anderen Problemen (Kommunaltarife, Tarife der Wohnungsverwaltungen und Verbesserung des Geschäftsklimas) rief er die Abgeordneten auf, als Koautoren mitzuwirken. Bei bestimmten Themen, vor allem bei der Entwicklung der Kultur sei es wichtig, Geld auszugeben, denn die Kultur ist die Grundlage der Entwicklung der menschlichen Möglikchkeiten zur Bewahrung unserer Identität als einheitliches Volk. Zur Realisierung des Föderalprogramms „Kultur Russlands“ werden etwa 300 Mrd. Rubel eingesetzt. Für die Restauration von Objekten des kulturellen Erbes werden über 42 Mrd. Rubel ausgegeben.

Einige Fragen, die nicht weniger bedeutend sind, fielen dabei in den Abschnitt „Verschiedenes“, darunter die Korruption, und es gab auch so gut wie keine Erwähnung der Opposition in diesem Zusammenhang. Der Premierminister erklärte, dass er bereit ist, das Instrument der parlamentarischen Untersuchungen zu vervollkommnen und die Macht der Gerichte zu stärken sowie die Rechtschutzorgane auszubauen und weiterzuentwickeln, und diese Aufgaben müssen allgemeine Aufgaben der Regierung und der Opposition werden.

Wladimir Putin war bereit, die Frage über den Ausschluss des Wortes „hintereinander“ in den Bestimmungen der Verfassung über die Begrenzung der Präsidentenvollmachten auf zwei Amtsperioden zu diskutieren. Richtig ist, dass wenn diese Korrektur angenommen wird, sie ihm nicht bei der Abstimmung über den Posten des Staatsoberhaupts im Jahre 2018 im Wege steht. „Auf Grund dessen, dass einfach zwei Fristen bleiben, denke ich, dass es vernünftig ist nach den Möglichkeiten darüber nachzudenken. Das müssen wir gemeinsam mit allen Fraktionen beraten. Ich sage das ganz aufrichtig und nicht deswegen, weil es mich in geringerem Maße betrifft. Ein Gesetz hat in dem Augenblick, in dem es beschlossen wird, keine rückwirkende Kraft, für mich besteht die Möglichkeit, in den folgenden beiden Perioden zu arbeiten“, sagte er.
Rede und Antworten auf Anfragen aus den Fraktionen dauerten etwa einundeinhalb Stunden.

Aus dem Russischen von Hans-Jürgen Falkenhagen

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