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Montag, 10. September 2012

Der Mythos, dass Japan bankrott ist: Der größte „Schuldner“ der Welt ist jetzt der größte Kreditgeber.

Dieser Artikel ist wahrlich sehr interessant, denn ich bin selbst auch diesem Mythos aufgesessen. Ich verstehe wirklich nicht viel von diesem Kram, aber die Ellen Brown macht dieses Thema in einfacher, klarer Sprache anschaulich. Das wünscht man sich öfters.

Ellen Brown
5. September 2012

Japans massive Regierungsschulden verbergen massive Vorteile für das japanische Volk, mit Lektionen für die US-Schulden“krise“.

In einem Artikel vom April 2012 titelte Forbes „Wenn Japan bankrott ist, wie kann es Europa entschulden?“, in dem Eamon Fingleton darauf hinwies, dass die japanische Regierung der größte Beitraggeber aus der nicht-Eurozone bei der jüngsten Euro-Rettungsaktion ist. Dies, sagte er, ist „dieselbe Regierung, die dauernd behauptet, bankrott zu sein (oder zumindest nicht ernsthaft widerspricht, wenn unwissende amerikanische und britische Kommentatoren die japanischen Finanzen als einen Schrotthaufen bezeichnen)“. Er merkte auch an, dass Japan praktisch alleine das IWF-System auf der Höhe der globalem Panik 2009 rettete. Fingleton fragte:

„Wie kann eine Nation, deren Regierung angeblich mit Schulden überlastet ist, in der fortschrittlichen Welt sich solch eine Großzügigkeit leisten? …
Es wird gewettet, dass Japans wirkliche Finanzen weit stärker sind, als die westliche Presse glauben gemacht wird. Unleugbar ist, dass das japanische Finanzministerium eins der undurchsichtigsten der Welt ist ...“ 

Fingleton gab zu, dass die Passiva der japanischen Regierung groß sind, aber er sagte, wir müssten auch auf die Habenseite der Bilanz schauen:
„Das Tokyor Finanzministerium borgt zunehmend von der japanischen Öffentlichkeit, nicht um außer Kontrolle geratene Regierungsausgaben zuhause zu finanzieren sondern im Ausland. Außer dass es bereit war, den IWF flüssig zu machen, ist Tokyo auch seit langem der Darlehensgeber in der Not für sowohl die US- als auch die britische Regierung gewesen. Gegenwärtig leiht es 10-Jahres-Geld zu Zinsen von nur einem Prozent, die zweitniedrigste Rate irgendeines Schuldners in der Welt nach der Schweiz.“

Es ist ein gutes Geschäft für die japanische Regierung: sie borgt 10-Jahres-Geld zu einem Prozent und verleiht es an die USA für 1.6 Prozent (die aktuelle Rate für US-10-Jahres-Schuldscheine), eine ordentliche Differenz.
Japans Schuld-BNP-Ratio liegt bei beinahe 230%, die schlechteste irgendeines größeren Landes der Welt. Doch Japan bleibt das größte Kreditgeber-Land, mit Auslandsguthaben von 3.19 Billionen $. 2010 war sein pro-Kopf BNP höher als das von Frankreich, Italien, England und Deutschland. Und während Chinas Wirtschaft jetzt größer als Japans ist, wegen seiner riesigen Bevölkerung (1.3 Mrd. gegenüber 128 Mill.), beträgt Chinas pro-Kopf BNP von 5414 $ nur 12% gegenüber  Japans 45920 $.

Wie kann man diese Anomalien erklären? Ganze 95% von Japans Nationalschuld wird von den Japanern selbst zuhause gehalten.

Über 20% der Schuld halten die Japanische Postbank, die Bank von Japan und andere Regierungsbehörden. Die Japan Post hält die höchsten heimischen Ersparnisse in der Welt und sie zahlt Zinsen an die japanischen Verbraucher. Obwohl sie 2007 theoretisch privatisiert wurde, ist sie ein politischer Fußball gewesen, und 100% ihres Grundkapitals hält nach wie vor die Regierung. Die Bank von Japan gehört zu 55% der Regierung und wird zu 100% von der Regierung kontrolliert.

Von der restlichen Schuld werden 60% von japanischen Banken, Versicherungsgesellschaften und Pensionfonds gehalten. Ein weiterer Brocken wird von einzelnen japanischen Sparern gehalten. Wie in einem Artikel der New York Times vom September 2011 bemerkt wurde:
„Die japanische Regierung ist tief verschuldet, aber das restliche Japan hat reichlich Geld zum Sparen.“
Die Schulden der japanischen Regierung sind das Geld des Volkes. Sie besitzen sich gegenseitig und sie ernten kollektiv die Vorteile.

Mythen über die japanische Schuld-BNP-Ratio

Japans Schuld-BNP-Ratio sieht sehr schlecht aus. Aber wie die Ökonomin Hazel Henderson bemerkt, ist dies eine Sache der Buchführung – eine Praxis, die sie und andere Experten als irreführend ansehen. Japan führt praktisch auf allen Gebieten der high-tech-Produktion, einschließlich der Luft- und Raumfahrt. Die Schulden auf der anderen Seite der Bilanz stellen die Zahlungen aus dieser seiner gesamten Produktivität an das japanische Volk dar.

Laut Gary Shilling, der im Juni 2012 auf  Bloomberg schrieb, gehen mehr als die Hälfte der japanischen öffentlichen Ausgaben an Schuldendienst und in die Sozialversicherung. Der Schuldendienst wird als Zinsen an die japanischen „Sparer“ gezahlt. Sozialversicherung und Zinsen für die nationale Schuld werden nicht im BNP mitgerechnet, aber sie sind in Wirklichkeit das soziale Sicherheitsnetz und die öffentlichen Dividenden einer hoch produktiven Wirtschaft. Diese, mehr als die militärischen Waffen und die „Finanzprodukte“, die einen großen Teil des US-BNP ausmachen, sind die wahren Früchte der Industrie eines Landes. Für Japan sind dies die Freude des Volkes an dem enormen Ausstoß seiner high-tech Industriebasis.

Shilling schreibt:
„Die Regierungsdefizite sollen angeblich die Wirtschaft ankurbeln, doch die Zusammensetzung der japanischen öffentlichen Ausgaben ist nicht besonders hilfreich. Schuldendienst und Sozialversicherungszahlungen – im allgemeinen nicht stimulativ – werden für 2012 auf 53.5% der Gesamtausgaben veranschlagt ...“

So sagt die konventionelle Theorie, aber soziale Sicherheit und Zinsen, die an heimische Sparer gezahlt werden, stimulieren tatsächlich die Wirtschaft. Sie tun es, indem das Geld in die Taschen des Volkes fließt, und dadurch die „Nachfrage“ stimuliert. Die Verbraucher mit Geld zum Ausgeben füllen die Supermärkte, vemehren die Aufträge für mehr Produkte, treiben die Herstellung und Beschäftigung an.

Mythen über die quantitative Lockerung

Ein Teil des Geldes für diese Regierungsausgaben ist direkt aus den „Geldruckmaschinen“ der Zentralbank gekommen, was als „quantitative Lockerung“ bekannt ist. Seit über einem Jahrzehnt hat die Bank von Japan diese Praxis geübt; doch die Hyperinflation, die laut Defizit-Befürwortern dadurch verursacht wird, ist nicht eingetreten. Im Gegenteil, wie Wolf Richter in einem Artikel vom 9. Mai 2012 schrieb:
„Die Japaner sind tatsächlich eins der wenigen Völker der Welt, die tatsächliche Preisstabilität genießen, mit abwechselnden Perioden von geringer Inflation und geringer Deflation – im Gegensatz zu der 27%-Inflation pro Jahrzehnt, die von der Fed [US-“Zentralbank“] herbeigezaubert wurde und schwachsinnigerweise als „Preisstabilität“ bezeichnet wird.
Er zitiert als Beweis die folgende Graphik vom japanischen Ministerium für Inneres:





Wie ist das möglich? Es hängt alles davon ab, wohin das durch quantitative Lockerung erzeugte Geld am Ende geht. In Japan fand das von der Regierung geborgte Geld seinen Weg in die Taschen des japanischen Volkes  in Form von sozialer Sicherheit und Zinsen für seine Ersparnisse. Geld auf den Bankkonten der Verbraucher stimuliert die Nachfrage, stimuliert die Produktion von Gütern und Dienstleistungen und vermehrt das Angebot; und wenn Angebot und Nachfrage zusammen steigen, dann bleiben die Preise stabil.

Mythen über das „Verlorene Jahrzehnt“

Japans Finanzen waren lange von Geheimnis umgeben., vielleicht weil, als das Land mehr offen beim Gelddrucken war und es benutzte, um seine Industrie zu unterstützen, es in den 2. Weltkrieg verwickelt wurde. Fingleton deutet in seinem Buch von 2008 „Im Rachen des Drachen“ an, dass Japan Insolvenz im „verlorenen Jahrzehnt“ der 90-er Jahre heuchelte, um nicht den Zorn der protektionistischen Amerikaner wegen seinem boomenden Export an Autos und anderen Produkten auf sich zu ziehen. Die japanischen Exporte nahmen in dem Jahrzehnt um 73% zu, die Auslands-Guthaben stiegen und der Stromverbrauch stieg um 30%, ein wichtiger Indikator für eine florierende Industrie und straften die angegebenen Statistiken Lügen. 2006 waren Japans Exporte dreimal so hoch wie 1989.

Die japanische Regierung hat den Anschein aufrechterhalten, als ob sie sich an die internationalen Banken-Regulierungen halte, indem sie Geld „lieh“ statt es direkt zu drucken. Aber Geld zu borgen, was von der Regierungseigenen Zentralbank herausgegeben wird, ist das funktionale Äquivalent für das Drucken, insbesondere, wenn die Schuld nur in den Büchern übertragen und niemals zurückgezahlt wird.

Implikationen für den „Fiscal Cliff


All dies hat Implikationen  für Amerikaner, die wegen der außer Kontrolle geratenen Nationalschuld besorgt sind. Wenn es richtig angegangen und geleitet wird, scheint die Schuld keinen Anlass zur Furcht zu geben. Wie Japan und anders als Griechenland und andere Länder der Eurozone ist die USA der souveräne Hersteller ihrer eigenen Währung. Wenn sie wollte, könnte der Kongress das Budget finanzieren, ohne auf ausländische Kreditgeber oder Privatbanken zurückzugreifen. Sie könnte es tun, indem sie entweder Geld direkt herausgibt oder es von der eigenen Zentralbank leiht, effektiv zinsfrei, da die Fed ihre Profite der Regierung nach Abzug ihrer Kosten rückerstattet.
Eine kleine quantitative Lockerung kann eine gute Sache sein, wenn das Geld in die Hände der Regierung und des Volkes gerät, statt einfach in die Reservekonten der Banken. Die nationale Schuld kann auch eine gute Sache sein. Wie der Fed-Vorsitzende Marriner Eccles bei der Anhörung vor dem Hauskommitee für Banken und Währung 1941 aussagte, sind Regierungskredite (oder Schulden) „das, was unser Geldsystem ausmacht. Wenn es keine Schulden gäbe in unserem Geldsystem, gäbe es auch kein Geld“.

Richtig angepackt, kann die Nationalschuld das Geld zum Ausgeben für das Volk werden. Es stimuliert die Nachfrage, stimuliert die Produktivität. Um das System stabil und nachhaltig zu machen, muss das Geld nur von der Regierung des eigenen Landes und des eigenen Volkes kommen und muss an die Regierung und das Volk zurückgehen.

Ellen Brown ist Staatsanwältin und Präsidentin des Public Banking Institute.  In Web of Debt, dem neuesten ihrer elf Bücher, zeigt sie, wie ein privates Kartell die Macht, Geld zu schaffen, vom Volk für sich selbst usurpiert hat, und wie das Volk es zurückholen kann. Ihre Webseite ist hier.

Quelle - källa - source

3 Kommentare:

  1. bedingungsloses grundeinkommen

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  2. Das stimmt nur bedingt ein pro Kopf Einkommen macht nur Sinn bei einer Normal Verteilung diese liegt vermutlich auch in Japan nicht vor. Dh sehr wenige profitieren von den Staatsschulden und der überwiegende Rest trägt die Schulden indirekt über die Staatsschulden.

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