„Die Steuerflucht stoppen, hilft
Afrika mehr, als E-Hilfe.“
Leif Pagrotsky, ehem. Handels- und
Wirtschaftsminister
Sten Rylander, Vorsitzender vom Forum
Syd
26. November 2013
Aus dem Schwedischen: Einar Schlereth
Die beliebtesten Steurparadiese |
Jedes Jahr verlieren die
Entwicklungsländer mindestens 1200 Milliarden Dollar durch die
gesamte ungesetzliche Kapitalflucht, laut Forschungs-Institut Globale
Finanzielle Integrität (GFI). Das ist ungefähr zehnmal so viel wie
die gesamte Entwicklungshilfe (E-Hilfe) der Welt für Afrika. Die
Steuerflucht der Unternehmen macht 60 % der Kapitalflucht aus. Da
bedeutet, dass für Krone an E-Hilfe an die Länder 10 Kronen durch
Kapital- und Steuerflucht verschwinden.
Die Steuereinnahmen sind notwendig,
dass die Länder sich entwickeln können. Daher ist eine stabile
Steuerbasis wichtig. Gleichzeitig sind die Steuern auch ein
Konkurrenzmittel zwischen den Ländern. Unternehmen nutzen schnell die Lücken im nationalen und internationalen
Steuersystem für Steuervorteile aus, um zu vermeiden, Steuern zu bezahlen.
Es findet jetzt eine wichtige
internationale Debatte statt, wo und wie viel multinationale
Unternehmenskonzerne Steuern bezahlen. Die Frage steht auch auf der
Tagesordnung von vielen politischen Foren, u. a. wurde die Frage auch
im September auf dem G20 Treffen in St. Petersburg aufgeworfen.
Gemeinsam haben die G20 Länder sich dafür ausgesprochen, Maßnahmen
zu ergreifen, um die Steuerflucht zu stoppen.
Diese Kapital- und Steuerflucht ist ein
großes Problem für Länder in der ganzen Welt. Die schwedische
Regierung ist jedoch merkwürdig passiv geblieben. Als Schwedens
Bericht für Nachhaltigkeit vor einigen Wochen der EU-Kommission
überreicht wurde, wurde diese Problematik nicht mit einem Wort
erwähnt. Handelsministerin Ewa Björling ließ erklären, dass die
Frage nicht auf ihrem Tisch lag. Die ist wohl nicht wichtig.
- Schweden muss dafür eintreten, dass für alle Sektoren in jedem einzelnen Land vollständige Berichte erstellt werden, nicht nur für die Ausbeutungsindustrie. Unternehmen müssen mehr finanzielle Informationen in jedem Land, in dem sie tätig sind, offenlegen, damit die Länder eine vernünftige Einschätzung machen können, wieviel Steuern sie bezahlen müssen.
- Schweden muss dafür eintreten, neue internationale Regeln aufzustellen, die der Steuerflucht in Steuerparadies Einhalt gebieten. Der Vorschlag der OECD ist ein guter Ausgangspunkt, muss aber ergänzt werden, um auch die Entwicklungsländer zu umfassen. Deshalb muss das Steuerkomittee der EU ein politisches Mandat und Mittel erhalten, damit die Fragen in einem Forum behandelt werden können, wo auch die Entwicklungsländer eine Stimme haben und zu gleichen Bedingungen teilnehmen können.
- Schweden muss im Rahmen der EU-Zusammenarbeit Stellung beziehen, um ein offizielles nationales Register über die wirklichen Eigentümer von Unternehmen zu erstellen, die es im Land gibt. Auf die Weise kann geklärt werden, in welchem Steuerparadies multinationale Unternehmen registriert sind, die am Ende begünstigt werden. Dann kann man auch leichter dem Kapitalfluss folgen.
In Schweden verdiente zum Beispiel das
multinationale Unternehmen Facebook hunderte Millionen Kronen,
bezahlte aber nur weniger als eine Million Steuern, wie SVTV in
diesem Jahr berichtete. Ebenso betrugen die Einnahmen von Google drei
Milliarden Kronen auf dem schwedischen Markt, aber es wurde nur eine
Million Steuern bezahlt.
U B S |
Für die Entwicklungsländer ist das
Problem eine Überlebensfrage. Obwohl viele dieser Länder enorme
Naturressourcen haben in Form von Mineralien und Erdöl, bleiben die
Gewinne selten oder nie in jenen Ländern. Länder, die eigentlich
die Voraussetzung haben, der Armut zu entrinnen, bleiben arm und
abhängig von E-Hilfe.
Obwohl die Zuwachsraten heute in vielen
afrikanischen Ländern hoch sind, und manche Länder zu den am
schnellsten wachsensen Ökonomien der Welt gehören, lebt beinahe die
Hälfte der Bevölkerung des Kontinents nach wie vor von 1.25 Dollar
am Tag.
Berechnungen deuten darauf hin, dass
die gesamte Kapitalflucht aus Afrika in den vergangenen 30 Jahren
dreimal so groß wie die gesamte ausländische Schuldenlast ist. Wenn
das Kapital, das nur in den Jahren 2000 – 2008 verschwunden ist,
stattdessen investiert worden wäre, hätten die afrikanischen Länder
selbst ihre Armut bis 2015 halbieren können.
Es ist höchste Zeit, dass die Länder
der Welt anfangen, gemeinsam zu agieren, um die Kapital- und
Steuerflucht zu bekämpfen. Für die Entwicklungsländer ist es
besonders wichtig, eine internationale gemeinsame Sicht bezüglich
der Regeln zu erhalten, um Steuereinnahmen zu sichern, die zur
Armutsbekämpfung verwendet werden könnten.
Die OECD verwies in ihrem Bericht
„Addressing Base Erosion and Profit Shifting“ auf notwendige
Maßnahmen, um mit der immer empörenderen Steuerpolitik der Multis
fertig zu werden. Es geht vor allem darum, Lösungen zu finden, wie
die Steuerparadiese behandelt werden können, deutlichere Regeln für
interne Preisgestaltung sowie um eine Verdeutlichung, welches Land das Recht
hat, gewisse Einkünfte zu besteuern. Der Bericht der OECD wurde
jedoch kritisiert, weil er nicht die Entwicklungsländer
berücksichtigte. Es ist wichtig, nicht die Bedürfnisse der
Entwicklungsländer zu übersehen. Ein globales Problem bedarf einer
globalen Lösung.
Die umfassende Steuerflucht ist eine
moralische Frage im Verhältnis zum Bedarf der Entwicklungsländer,
aber auch im Verhältnis zum Vertrauen zu den Wohlfahrtssystemen, die
in der übrigen Welt aufgebaut wurden. Dieses Problem zu bewältigen,
muss für jede Regierung eine Priorität sein, da in der ganzen Welt
Gesellschaften der Steuereinnahmen beraubt werden, die ihnen
rechtlich zustehen.
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