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Sonntag, 26. April 2015

PAKISTAN betritt die Neue Seidenstraße


Pepe Escobar 25. April 2015


Aus dem Englischen: Einar Schlereth
Die unten besprochenen neuen Wege sind noch nicht eingezeichnet.
Na, wie findet ihr das als einen geopolitischen Auftritt? Acht JF-17 Thunder Kampfflugzeuge begleiteten den chinesichen Präsidenten Xi Jinping an Bord einer Air China Boeing beim Eintritt in den pakistanischen Luftraum. Und diese JF-17 wurden als gemeinsames China-Pakistan-Projekt hergestellt.

Seidenstraße? Besser jetzt Seiden-Fluglinie.

Zum besseren Verständnis – und möglichst bei allen - hat Xi einen Leitartikel geschrieben, der in den pakistanischen Medien große Verbreitung fand vor seiner ersten Übersee-Reise 2015.

Er hob hervor: „Wir brauchen eine '1+4'-Kooperations-Struktur mit dem Ökonomischen Korridor im Zentrum und dem Gwadar-Hafen – Energie, Infrastruktur und industrielle Kooperation sind die 4 Schlüssel-Gebiete, um die Entwicklung in ganz Pakistan voranzutreiben und greifbare Vorteile für sein Volk zu erzeugen.“

Schnell-Übersetzung: China bringt Pakistan in das Neue Seiden-Straßen-Projekt mit einem Knalleffekt ein.

Das chinesische Außenministerium betonte auf dies Stichwort hin, dass Pakistan an der vordersten Front sein würde, um von dem 40 Mrd. $ Seidenstraßen-Fond zu profitieren, das helfen wird, den Seidenstraßen-Wirtschafts-Gürtel und die maritimen Seidenstraßenprojekte – oder in chinesischem Jargon „Ein Gürtel, Eine Straße“ - dieses Gewirr von Straßen, Hochgeschwindigkeits-Eisenbahnen, Häfen, Pipelines und Fiberoptik-Netzwerke, die Chinas Verbindugnen nach Europa über Russland, Zentralasien und den Indischen Ozean im Eiltempo voranbringen sollen.

Der Seidenstraßenfond wird seine Gelder parallel mit der neuen Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) auswerfen, die bereits nicht weniger als 57 Länder bezaubert hat. Chinas stellvertretende Außenminister Liu Jianchao ist nicht auf Einzelheiten eingegangen, aber er versichert, dass China „bereitsteht, um die Finanzierung bereitzustellen“.

Kein Wunder also, dass Pakistans Medien beschwingt sind. Es entsteht auch schnell ein Konsensus, dass China „der bedeutendste Alliierte Pakistans wird“.

Beijings sorgfältig ausgewogene Handels-Offensive, die chinesische Führungs-Konzepte wie harmonische Gesellschaft und den chinesischen Traum von einer „win-win“ Nachbarschaftspolitik mischt, verführt allein schon durch die Zahlen: 46 Mrd. $ Investitionen in Pakistan (11 Mrd. $ für Infrastruktur, 35 Mrd. $ für Energie) verglichen mit den 7.5 Mrd. $ des US-Kongresses, die seit 2008 laufen.

Der Kern der Sache ist, dass Washingtons „Hilfe“ für Islamabad in veraltete Waffensysteme gewickelt ist, während Beijings Dinge investiert, die wirklich dem Volk in Pakistan dienen; denkt an die 15.5 Mrd. $ für Kohle, Wind, Solar- und Hydro-Energie, was 2017 fertig sein soll oder an 44 Mrd. $ fiberoptische Kabel, die China und Pakistan verbinden sollen.

Laut dem Zentrum für Globale Entwicklung waren zwischen 2002 und 20009 nicht weniger als 70 % der US-Hilfe an „Sicherheit“ gebunden – in Verbindung mit dem niemals endenden GWOT (global war on terror). Wie mir ein pakistanischer Journalist schrieb, „vergleiche nur mal Xis Vision für seine Nachbarn und die Geschichte Amerikas in Lateinamerika. Das ist ein Unterschied wie zwischen Hölle und Himmel.“

Der „X“-Faktor


Der Kern der Aktion ist der China-Pakistan Wirtschafts-Korridor (CPEC), dessen Embryo schon diskutiert wurde, als Premierminsiter Nawaz Sharif Beijing im Sommer 2013 besuchte. Der ökonomische Korridor von 3000 km Länge wird den Hafen Gwadar am Arabischen Meer, nicht weit von der iranischen Grenze, mit Chinas Xinjiang verbinden.

China ist bereits in Gwadar; die China Overseas Port Holding Company operiert dort bereits seit zwei Jahren, nachdem sie half, die erste Phase zu bauen. Formell wird Gwadar erst Ende des Monats eröffnet, aber eine erstklassige Eisenbahn-Verbindung mit dem Rest von Pakistan muss noch gebaut werden (überwiegend von chinesischen Unternehmen), ganz zu schweigen von einem internationalen Lufthafen, der 2017 fertig sein soll.

All diese Tätigkeiten implizieren einen Taumel chinesischer Arbeiter, die Straßen, Eisenbahnen – und Kraftwerke bauen. Und das bedeutet der „X“-Faktor. „X“ für Xinjiang, Chinas ferner Westen, Heimat von bloß 22 Mill. Menschen, davon eine Menge unzufriedener Uighuren.

Der Analytiker Gabriele Battaglia hat detailliert dargelegt, wie Xinjiang behandelt wird in Übereinstimmung mit Xis neuem Führungsprinzip für die ethnische Politik. Die Schlüssel-Idee, sagt Battaglia, zur Behandlung des ethnischen Konflikts zwischen Han-Chinesen und Uighuren, ist die Anwendung der drei „J“: jiaowang, Jiaoliu, jiaorong, d. h. „inter-ethnische Kontakte“, „Austausch“ und „Vermischung“.

Dies, was letztlich in Richtung Assimilation deutet, gekoppelt mit einigen ökonomischen Anreizen, ist weit entfernt, Erfolg zu versprechen, da der Großteil der Tages-Politik in Xinjiang von nicht ausgebildeten Han-Kadern geführt wird, die fast alle Uighuren als „Terroristen“ ansehen.

Viele dieser Kader identifizieren jede separatistische Regung in Xinjiang als vom CIA provoziert, was nicht ganz der Wahrheit entspricht. Es gibt eine extreme uighurische Minorität, die praktisch dem Wahhabi-Dschihadismus beigetreten ist (ich habe einige von ihnen in den Gefängnissen von Massoud im Panschir-Tal vor 9/11 getroffen) und die loszogen, um überall zu kämpfen von Tschetschenien bis Syrien. Aber was die große Mehrheit wirklich will, ist eine Chance beim chinesischen Traum.

Das pakistanische Gegenstück ist Balutschistan, von etwas mehr als 6 Millionen Menschen bewohnt. Dort gab es wenigstens drei verschiedene Separatisten-Bewegungen, die Islamabad bekämpfen und was sie wütend die „Punjabis“ nennen. Der frühere Provinzminister Jaffar Khan Madnokhel z. B. warnt bereits, dass „eine starke Reaktion“ in ganz Balutschistan eintreten wird, wenn Änderungen an der Route des Korridors gemacht werden, die, so sagt er „den größten Vorteil dem Punjab geben sollen, der bereits eine privilegierte Provinz ist.“ Islamabad leugnet jede Veränderung.

Der Korridor soll auch am Kern der nordwestlichen Provinz Khyber Pakhtunkhwa vorüberführen. Der Starpolitiker der Opposition Imran Khan – dessen Partei am Khyber an der Spitze steht – hat dies bereits als ungerecht verurteilt.

Beijing seinerseits ist gegenüber Islamabad sehr deutlich gewesen, dass die pakistanischen Taliban besiegt oder zumindest befriedet werden müssen. Das erklärt, warum seit Juni 2014 die pakistanische Armee riesige Bomben-Kampagnen – Zarb-e Azb – gegen das Haqqari-Netzwerk und andere hartnäckige Indigene durchführte. Und die Armee hat auch schon eine Spezialeinheit aufgestellt, um den Korridor zu schützen mit neun Batallionen und den sprichwörtlichen Paramilitär-Kräften. Nichts davon garantiert den Erfolg.

Karakorum oder Pleite

Es wird absolut faszinierend sein zu beobachten, wie China und Pakisten simultan in der Lage sein werden, Frieden in sowohl Xinjiang als auch Balutschistan zu stiften und einen blühenden Handel längs des Korridors sicherstellen können. Geographisch macht alles jedoch durchaus Sinn.

Xinjiang ist näher am Arabischen Meer als Shanghai. Shanghai ist doppelt so weit von Urumchi als von Karachi entfernt. Kein Wunder also, dass Beijing an Karachi als eine Art Hongkong West denkt, wie ich hier genauer untersuchte.

Dies ist auch Mikrokosmos östlicher und südasiatischer Intergration und selbst Integration in größeren Asien, wenn wir China, Iran, Afghanistan und sogar Myanmar einschließen.

Die spektakuläre Karakorum Schnellstraße von Kashgar nach Islamabad, eine Meisterleistung chinesischer Ingenieurskunst, erbaut von chinesischen Arbeitern zusammen mit dem pakistanischen Armee-Corps der Ingenieure, wird modernisiert werden und erweitert bis nach Gwadar. Eine Bahnlinie wird auch gebaut. Und in naher Zukunft eine weitere wichtige Strecke nach Pipelinenistan.

Pipelinenistan ist an den Korridor auch in Form der Iran-Pakistan (IP) Gaspipeline angebunden, die Beijing  zu vollenden mit etwa 2 Mrd. $ helfen wird, nachdem mehrere US-Regierungen unaufhörlich versuchten, sie zu stoppen. Die geopolitischen Dividende von Chinas Segen für eine Nabelschnur aus Stahl zwischen Iran und Pakistan ist natürlich nicht zu bezahlen.

Das Endergebnis ist, dass China ab 2020 praktisch auf viele Arten mit der Mündung des Persischen Golfes verbunden sein wird. Breite Schneisen des massiven China-Europa Handels werden die Straße von Malacca meiden können. China wird den Handel mit dem Nahen Osten und Afrika ungeheuer vermehren können. Das Öl vom Nahen Osten wir in Gwadar entladen und nach Xinjiang via Balutschistan transportiert werden – bevor eine Pipeline fertig ist. Und Pakistan wird von mehr Energie, Infrastruktur und Transit-Handel profitieren.

Das Projekt Neue Seidenstraße ist wahrhaftig hektisch. Die Bank von China überführt bereits 62 Mrd. $ ihrer immensen Auslandsdevisen-Reserven an drei politische Banken, die die Projekte der Neuen Seidenstraßen unterstützen; 32 Mrd. $ an die China Entwicklungsbank (CDB) und 30 Mrd. $ an die Export-Import Bank von China (EXIM). Die Landwirtschafts-Entwicklungsbank von China (ADBC) wird auch ihren Teil abbekommen.

Und es geht nicht nur um Pakistan; die fünf zentralasiatisch „Stans“ - reich an Öl, Gas, Kohle, Ackerland, Gold, Kupfer, Uran – sind auch im Visier.

Es gibt bereits eine neue Schnellstraße von Kashgar nach Osh in Kirgisistan und eine neue Bahnlinie zwischen Urumtschi und Almati in Kasachstan. Wir mögen noch weit entfernt sein von der neuen Hochgeschwindigkeits-Seiden-Bahnlinie, aber der Handel zwischen etwa den Megastädten Chungking oder Chengdu in Sichuan mit Deutschland braucht jetzt nur noch 20 Tage, 15 Tage weniger als auf dem Seeweg.

Es ist also kein Wunder, dass eine „spezielle Führungsgruppe“ von Beijing eingerichtet wurde, um alles auf der Einen Route, der Ein-Gürtel-Galaxie zu überwachen. Der entscheidende Aktionsplan liegt vor. Wir grüßen alle, die daran arbeiten.


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