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Sonntag, 26. Juli 2015

Die Bedeutung des Atomabkommens mit dem Iran: Geopolitische Auswirkungen (update)


Freund Klaus hat praktisch den ganzen Tag an diesem wichtigen Artikel gearbeitet, den ich mit vielem Dank übernehme. Vielen von euch wird er nicht so viel Neues sagen, weil ich ähnliche Gedanken hier schon geäußert habe. Aber er ist auf jeden Fall detaillierter und fasst dieses niederträchtige Abkommen zusammen. Ich lege hier noch einen Link hinzu mit dem Titel "Non-Proliferation Dynamic: American 'Soft Containment' of Iran and India" by K. M Seethi, der die gegen Iran eingeschlagene Politik 'Sanfte Eindämmung' nennt und auch Indien als Beispiel anführt. Das passt zu meiner Vermutung, dass Iran und Indien als 'trojanische Pferde' etwa in der Shanghai Cooperation Organization eingesetzt werden.

Ismael Hossein-Zadeh
24. Juli 20015

Aus dem Englischen: Klaus Madersbacher

Anlässlich eines Treffens mit Regierungsvertretern am 18. Juli, vier Tage nach Abschluss des Atomabkommens, lobte der Präsident des Iran Rouhani die Arbeit seines Verhandlungsteams und bezeichnete das Abkommen als einen Triumph. Hat der Präsident Recht? Bedeutet das Abkommen wirklich einen Sieg für den Iran, wie er behauptet, oder eine schwer fassbare Kapitulation, worauf eine Reihe von Kritikern hingewiesen haben? Um diese Fragen zu beantworten, ist eine kurze Übersicht über die Inhalte des Abkommens angebracht.

Das Atomabkommen in Kürze

Eine eingehende Lektüre der Inhalte des Abkommens lässt erkennen, dass das Abkommen strenge Beschränkungen und umfangreiche Kontrollen der iranischen Atomtechnologie im Gegenzug zu einem Versprechen des schrittweisen Abbaus von Sanktionen platziert. Es etabliert effektiv die Kontrolle der Vereinigten Staaten von Amerika (durch die IAEA) über die gesamte Produktionskette der nuklearen und zugehörigen Industrien des Iran – vom Uranbergbau zur Herstellung von Zentrifugen bis zum Anreicherungsprozess. Präsident Obama sagte (am Tag des Abschlusses des Abkommens): „Inspektoren werden Zutritt haben zur gesamten nuklearen Versorgungskette des Iran – zu seinen Uranminen und Anlagen der Erzverarbeitung, seiner Aufbereitungsproduktion, seiner Zentrifugenherstellung und Lageranlagen ... einige dieser Transparenzmaßnahmen werden 25 Jahre lang gelten. Aufgrund dieses Abkommens werden die Inspektoren auch Zugang zu allen verdächtigen Orten haben.“

Diese Einschränkungen beinhalten unter anderem das Folgende: Herunterfahren der Anreicherungsmöglichkeiten des Iran von 20% auf 3,67%, Einfrieren dieses Minimalpegels auf 3,67% Anreicherung für 15 Jahre, Reduzierung seiner derzeitigen Kapazität von 19.000 Gaszentrifugen auf 6.104 (eine Reduktion von 68%), Reduzierung des Lagerbestands von niedrig angereichertem Uran von derzeit 7.500 kg auf 300 kg (eine Reduktion von 96%), und Einführung strenger Limits für seine Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten. Während versprochen wird, dass einige Einschränkungen bei Forschung und Entwicklung nach 10 Jahren gelockert werden, werden andere bis zu 25 Jahre lang bestehen.

Zusätzlich muss der Iran ein extensives Kontroll- und Inspektionenregime akzeptieren, das nicht nur die deklarierten Atomanlagen betrifft, sondern auch militärische und andere nicht deklarierte Anlagen, von denen die Überwacher „verdächtige“ Aktivitäten annehmen oder sich vorstellen können – die Überwachung wird rund um die Uhr gehen. Das ausgefeilte System der Überwachung und Inspektion wurde kurz und bündig von Präsident Obama am Tag des Abschlusses des Wiener Abkommens (14. Juli 2015) beschrieben: „Einfach gesagt wird die Organisation, die für die Inspektionen verantwortlich ist, die IAEA, Zutritt haben, wo es nötig ist, wann es nötig ist. Diese Regelung gilt durchgehend.”

Es stimmt, dass theoretisch, oder auf dem Papier, der Iran gegen exzessive oder unvernünftige Zutrittsforderungen protestieren kann. Praktisch sind seine Hände allerdings gebunden, weil eine Schiedskommission, die eingesetzt würde, um zu beurteilen, ob die Zugangsanfragen der Inspektoren gerechtfertigt sind oder nicht, nicht unabhängig ist von den Mächten oder Behörden, die hinter den Anfragen der Inspektoren stehen. Anders gesagt wären Kläger, Strafverfolger und Richter alle in einem vereint: den Vereinigten Staaten von Amerika und ihren Alliierten, die die Entscheidungen und Operationen der IAEA gravierend beeinflussen. Der vorgesehene Schiedsprozess scheint also eine bloße Formalität zu sein, hauptsächlich um iranische Stimmen, die dem Abkommen kritisch gegenüberstehen, zu beschwichtigen.

Der Abbau der Sanktionen wird im Gegenzug zu den oben angeführten Verpflichtungen des Iran versprochen. Das Abkommen verbindet allerdings eine Reihe von potenziell problematischen Richtlinien mit dem Programm des Abbaus der Sanktionen.

Fürs Erste ist für den Abbau der Sanktionen ein Zeitraum von 10 Jahren vorgesehen, während der Iran akzeptiert hat, alle seine Verpflichtungen in den ersten sechs Monaten des Abkommens zu erfüllen. Zum Zweiten wird der Abbau nicht beginnen, ehe der Iran nachweislich alle seine Verpflichtungen in die Tat umgesetzt hat. In anderen Worten, die sogenannte „Implementierungsphase“ des Abkommens hat diametral entgegengesetzte Bedeutungen für die beiden Seiten des Abkommens: während sie für den Iran die vollständige Erfüllung seiner Verpflichtungen bedeutet, bedeutet sie für die Vereinigten Staaten von Amerika und deren Anhang den Beginn der Umsetzung ihrer Versprechen. Drittens gibt eine „snap-back“-Klausel (die rapide Wiederverhängung von Sanktionen), den Vereinigten Staaten von Amerika und ihrem Anhang in Bezug auf die Umsetzung des Abkommens die Peitsche in die Hand, falls erachtet wird, dass der Iran sich nicht an seine Zusagen hält.

Es ergibt sich offensichtlich aus diesen Forderungen, dass während die „snap-back“-Klausel und andere verpflichtende Bedingungen des Abkommens die Einhaltung des Abkommens durch den Iran gewährleisten, dieses von der Seite der Vereinigten Staaten von Amerika keine ähnlichen Garantien verlangt, ihren Teil des Abkommens zu erfüllen. Wenn zum Beispiel am Ende der ersten sechs Monate oder zu irgendeinem Zeitpunkt in den folgenden zehn Jahren des schrittweisen Abbaus der Sanktionen die Vereinigten Staaten von Amerika ihre Versprechungen nicht einhalten, könnte der Iran nichts dagegen unternehmen. Er könnte sagen „das Abkommen gilt nicht mehr.“ Aber das würde nichts nützen, weil es sozusagen das Thema Atomprogramm einfach in die Startposition zurückversetzen würde, außer dass der Iran sich dann in einer viel schwächeren Position befinden würde, nachdem er alle seine früheren Trumpfkarten weggegeben oder wirkungslos gemacht hätte: sein auf 20% angereichertes Uran, seine 19.000 Zentrifugen, seine 7.500 kg angereichertes Uran, seine robusten Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen und Wissenschaftler, wie auch seine entwickelten Trägerraketen. Des weiteren hätten dann die Vereinigten Staaten von Amerika und ihr Anhang Zugang zu und somit Informationen über viele der wichtigen nuklearen, militärischen, geheimdienstlichen Anlagen und Dokumente der nationalen Sicherheit des Iran erlangt.

Vor dem Abschluss des Abkommens hatten Präsident Rouhani und sein Verhandlungsteam dem iranischen Volk wiederholt gesagt, dass die „roten Linien” ihres Landes, die vom obersten Anführer Ayatollah Khamenei festgelegt und als Gesetz vom iranischen Parlament beschlossen worden waren, nicht verletzt würden. Die wichtigsten dieser roten Linien waren: (a) gleichzeitige Umsetzung des Abkommens durch beide Seiten, (b) kein Zugang zu militärischen Anlagen, (c) kein Zugang zu Atomwissenschaftlern, und (e) Erhaltung der Anreicherung auf industriellem Niveau als Minimalniveau der Anreicherung.

Der obige kurze Abriss des Atomabkommens zeigt klar, dass im Gegensatz zu wiederholten Behauptungen der Unterhändler des Iran alle der sogenannten iranischen roten Linien übertreten wurden.

Vielleicht ist das der Grund, warum die Unterhändler des Iran während der 20 Monate dauernden Verhandlungen dem iranischen Volk nichts über alle die asymmetrischen Kompromisse sagten, die sie eingegangen sind; augenscheinlich aus einer Angst heraus, dass die Kenntnis des Volks von dem, was hinter seinem Rücken aufgegeben wurde, die Verhandlungen hätte entgleisen lassen können.

Vielleicht ist das auch der Grund, warum über das Abkommen, sobald seine einseitige oder unfaire Natur beim Abschluss der Verhandlungen (14. Juli 2015) sichtbar wurde, so schnell vom UN-Sicherheitsrat abgestimmt und dieses beschlossen wurde (20. Juli 2015), wodurch dem Parlament des Iran, dessen oberstem Sicherheitsrat, seinen Verteidigungs- und Sicherheitsapparaten – kurz gesagt dem iranischen Volk – die Möglichkeit genommen wurde, sich zu der Absegnung des unfairen Handels durch den Unsicherheitsrat zu äußern.

Formell wird der Text des Abkommens vom Parlament und vom Obersten Sicherheitsrat des Iran begutachtet in Hinblick auf Änderungen, Annahme oder Ablehnung. Praktisch gesehen ist das allerdings eine Augenwischerei, da das Ergebnis dieser Begutachtung keinen Einfluss auf die Verpflichtungen haben wird, die die Annahme des Abkommens durch den Unsicherheitsrat für den Iran geschaffen hat, kodifiziert als Resolution 2231. Das heißt, dass der gesamte Prozess der atomaren Verhandlungen (vom formellen Beginn in Genf im November 2013 über die 20 Monate langen geheimen Gespräche, bis zu seiner hastigen Annahme durch den Unsicherheitsrat am 20. Juli 2015) im wesentlichen hinter dem Rücken des iranischen Volkes betrieben wurde – eine höchst undemokratische Methode.

Geopolitische Auswirkungen

Es gibt klare Anzeichen dafür, dass die Befürworter des Atomabkommens sowohl auf Seiten des Iran als auch der Vereinigten Staaten von Amerika breitere wirtschaftliche und geopolitische Zusammenarbeit anstreben als nur im Rahmen des Atomabkommens. Indem er das Abkommen als diplomatischen Erfolg charakterisierte, erklärte zum Beispiel der iranische Außenminister Javad Zarif vor kurzem: „Die Atmosphäre ist jetzt sehr reif für eine Verbreiterung der regionalen und internationalen Zusammenarbeit.“ Früher hatte er darauf hingewiesen, das Abkommen werde „neue Horizonte eröffnen“ für die Zusammenarbeit im „Kampf gegen Extremismus“ – ein Hinweis auf die Aussichten einer formellen Verbindung der Streitkräfte des Iran mit den Vereinigten Staaten von Amerika bei der Bekämpfung von Gruppierungen wie ISIS und al-Qaeda.

Laut IRNA (Islamic Republic News Agency) machte auch der Präsident des Iran Rouhani eine ähnliche Andeutung in einem Telefongespräch vor kurzem (am 18. Juli) mit dem britischen Premierminister David Cameron, in dem er darauf hinwies, dass gemeinsame Anstrengungen im Kampf gegen extremistische Gruppen in der Region wesentlich zu deren Niederlage beitragen würde. Camerons Büro gab bekannt, der Premierminister habe die Hoffnung ausgedrückt, dass das Atomabkommen einen neuen Start für die Beziehungen zwischen Großbritannien und dem Iran markieren werde und darauf hingewiesen, dass die Atomverhandlungen auch Themen wie Bürgerkriege in Gebieten wie Irak und Jemen berührt hätten.

Diese und viele ähnliche Erklärungen, wie auch die Akzeptanz des nicht so ehrenhaften Atomabkommens weisen darauf hin, dass mächtige Stimmen in und außerhalb der Administration Rouhani schrittweise, aber systematisch den Widerstand aus der Zeit der Revolution gegen unterdrückerische imperialistische Pläne über Bord werfen – sogar wenn derartige Pläne Nachgeben bei fundamentalen Fragen von Souveränität und nationaler Sicherheit beinhalten.

Auch die Obama-Administration hat darauf hingewiesen, dass das Atomabkommen der Beginn einer breiteren Zusammenarbeit mit dem Iran sein würde oder könnte, und dass sie die Absicht hat, das Atomabkommen zu nutzen, um den Iran dazu zu zwingen, den Vereinigten Staaten von Amerika bei der Durchsetzung ihrer geopolitischen Ziele in der Region behilflich zu sein. Indem er die bisherige Politik des Ausschlusses des Iran von geopolitischen Diskussionen in dem Gebiet rückgängig machte, kündigte Präsident Obama vor kurzem an, dass der Iran „Teil des Gesprächs“ über die Lösung des Konflikts in Syrien sein sollte.

Mit der Einführung dieser neuen Taktik der Einbeziehung der Kooperation mit dem Iran verfolgt die Administration Obama eine Reihe von Zielen.

Das erste Ziel ist es, durch Mäßigung, Neutralisierung und/oder Gewinnung der Kooperation des Iran automatisch die Herausforderung ihrer Politik durch die sogenannte „Achse des Widerstands“ – bestehend aus dem Iran, Hezbollah, Assads Syrien und der schiitischen Kräfte/Regierung im Irak, Jemen und Bahrain - aufzubrechen oder zu untergraben. Gleichzeitig hätte dies den Vorzug, den Iran vor zu engen Beziehungen mit Russland und China abzuhalten.

Das zweite Ziel ist, dass sie, wenn sie auf diese Weise ihre Interventionen und militärischen Abenteuer in der Region weniger umstritten oder besser 'gemanaged' bekommt, aggressiver gegen Russland und China vorgehen kann, die zunehmend als „größere Bedrohung der weltweiten Interessen der Vereinigten Staaten von Amerika“ betrachtet werden als jedes andere Land.

Das dritte Ziel ist, dass die neue Taktik Europa helfen könnte, seine Erdöl- und Erdgasimporte aus Russland durch die aus dem Iran zu ersetzen, wodurch Russlands Einfluss über Europa unterminiert wird.

Diese und ähnliche Anzeichen für potenziell breit angelegte Partnerschaften zwischen dem Iran und Mächten des Westens haben einen weit verbreiteten Eindruck geschaffen, dass das Abkommen für Israel, Saudiarabien und andere Alliierte der Vereinigten Staaten von Amerika einen Verlust an Einfluss bedeutet, während es gleichzeitig einen Zuwachs an Macht und Prestige für den Iran und dessen Verbündete in der Region bedeutet.

Diese Auffassungen und Projektionen scheinen auf der Annahme zu beruhen, dass das Atomabkommen ein freiwilliges Übereinkommen zwischen gleichwertigen oder fast gleichen Seiten darstellt. Im Wirklichkeit ist es bei weitem keine freiwillige Vereinbarung zwischen zwei ähnlich positionierten Unterhändlern. Der Iran verhandelte unter Druck. Weitgehend vom internationalen Handel ausgeschlossen und ständig unter Drohung der wirtschaftlichen Strangulierung verhandelte er im wesentlichen angesichts vorgehaltener Waffe. Ein scharfsinniger Beobachter der Verhandlungen sagte es so: „Der Iran stimmte dem Abkommen in der gleichen Weise zu wie das Opfer eines Raubes freiwillig zustimmt, wertvolle Besitzstücke herzugeben.“ Nicht überraschend ist das Abkommen gleichzusetzen mit einem ausgeklügelten Dokument, in dem (auf subtile Weise) die Bedingungen der Kapitulation des Iran umrissen werden.

Ebenfalls nicht überraschend haben eine Reihe von Beobachtern es als das „nukleare Turkmenchay“ charakterisiert, ein Hinweis auf den berüchtigten Turchmenchay-Vertrag 1828, in Folge dessen der Iran riesige Gebiete im Kaukasus (darunter Baku, Shirvan, Ganja, Nakhichevan und Eriwan) an das zaristische Russland verlor.

Es stellt sich die Frage, warum die herrschenden Kreise des Iran, repräsentiert durch die Administration Rouhani, ein derart widerwärtiges Abkommen akzeptiert haben.

Angesichts der brutalen wirtschaftlichen Sanktionen, die einen wirtschaftlichen Zusammenbruch und möglicherweise einen Volksaufstand heraufbeschworen hätten, der die Macht und das Eigentum der herrschenden Eliten bedroht hätte, standen diese Eliten vor (und debattierten eingehend) zwei Alternativen, um die wirtschaftlichen Probleme des Iran zu lösen und ihre Herrschaft zu erhalten: eine „Widerstands“-Wirtschaft gegenüber einer Wirtschaft der Austerität.

Entsprechend der von Ayatollah Khameini vorgeschlagenen und von radikalen Teilen der oppositionellen Stimmen gegen die neoliberale Politik der Raouhani-Administration unterstützten Widerstandswirtschaft sollte der Iran die wirtschaftlichen Sanktionen als Chance sehen, selbständig zu werden: indem er heimische Talente und Ressourcen nutzt, um autark zu werden, indem er so viele Konsumgüter und andere Industrieprodukte wie möglich selbst herstellt. In der Tat machte der Iran dadurch, dass er mehr oder wenigerer bis zum Aufstieg des Herrn Rouhani ins Präsidentenamt dieser Philosophie der Widerstandswirtschaft folgte, beträchtlichen Fortschritt bei wissenschaftlicher Forschung, technischem Know How und in der Industrieproduktion. Die Proponenten dieser Alternative befürworten auch relativ starke Sicherheitsnetze, um die finanziell benachteiligten Teile der Bürger zu schützen.

Die andere Alternative, befürwortet von der Rouhani-Administration und deren Verbündeten, fordert die Annahme von angebotsorientierter, neoliberaler oder Wirtschaft der Sparpolitik. Laut dieser Doktrin sind die Lösungen für wirtschaftliche Stagnation, Armut und Unterentwicklung in ungehindertem freiem Markt und in uneingeschränkter Integration in das System des Weltkapitalismus zu finden. Rezessionen, Arbeitslosigkeit und wirtschaftliche Not in vielen weniger entwickelten Ländern sind weniger durch wirtschaftlich schlechte Leitung oder die Natur des globalen Kapitalismus verursacht, sondern durch Eingriffe der Regierungen und/oder den Ausschluss von den kapitalistischen Weltmärkten.

So wie die meisten der ehemaligen Anführer der Revolution 1979 in die Jahre gekommen sind, scheint auch ihr damaliger Appetit auf radikale wirtschaftliche Alternativen geschwunden zu sein. Gleichzeitig scheinen sie einen starken Appetit auf die Anhäufung von Macht und Besitz bekommen zu haben. Dementsprechend haben die zu Oligarchen gewordenen Revolutionäre in und außerhalb der Rouhani-Administration die „Widerstands“wirtschaft abgelehnt zugunsten der Austeritätswirtschaft im Stil der Vereinigten Staaten von Amerika als Heilmittel für die wirtschaftlichen Krankheiten des Iran, und somit auch für die Rettung ihrer Herrschaft.

Das hilft bei der Erklärung, warum das Atomabkommen so einseitig gegen den Iran gerichtet ist: indem Präsident Rouhani und sein Verhandlungsteam ihren Glauben, dass die Lösung für die wirtschaftlichen Probleme des Iran in dessen Beitritt zu den globalen Finanzmärkten liegt, nicht zügelten, oder ihren Enthusiasmus, zum Pantheon des westlichen Kapitalismus zugelassen zu werden, nicht im Griff hatten, schwächten sie unbewusst ihre Verhandlungsposition. Zugleich verführten sie die Vereinigten Staaten von Amerika und deren Anhang, mit harten Bandagen zu kämpfen.

Es hilft auch zu erklären, warum das Abkommen, wenn es durch den Kongress der Vereinigten Staaten von Amerika ratifiziert wird, dem Iran größeren Schaden zufügen kann, als nur dessen wissenschaftliche Forschung und Entwicklung einzuschränken oder seine technologische Entwicklung aufzuhalten. Vielleicht wichtiger, würde es die Souveränität des Iran untergraben, da dieser es schwierig finden würde, sich geopolitischen Plänen der Vereinigten Staaten von Amerika (und deren Anhängseln) in der Region zu widersetzen, damit das nicht ein „snap-back“ der Wirtschaftssanktionen auslöst.

In der Tat würde der Iran im Fall einer zukünftigen geopolitischen Meinungsverschiedenheit oder einer Auseinandersetzung mit den Vereinigten Staaten von Amerika vor einer Situation stehen, die vergleichbar ist mit dem in der amerikanischen „Rechtssprechung“ üblichen Urteilshandel: nimm, was geboten wird, oder es setzt „lähmende“ wirtschaftliche Sanktionen.

In diesem Licht betrachtet wäre der Iran nach dem Atomabkommen nicht in einer Position, in der er sich den geopolitischen Plänen der Vereinigten Staaten von Amerika widersetzen,diese erst recht nicht beeinflussen könnte. Und das ist es, warum im Gegensatz zu gängigen Auffassungen das Abkommen nicht einen Sieg für den Iran (und dessen Verbündete), sondern für die Verbündeten der Vereinigten Staaten von Amerika wie Israel und Saudiarabien darstellt – trotz Benjamin Netanyahus Geschrei und Brustgetrommel.



2 Kommentare:

  1. Wenn der Artikel die Lage richtig beschreibt - und das ist auch mein persönlicher Eindruck - ist es umso unverständlicher, weshalb der IRAN nicht die Alternative BRICS gewählt hat. Was hätte ihm denn passieren sollen, außer Vorteilen auf allen Gebieten?

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  2. Interessanter Artikel : Der nocheinparteibuchblog beschreibt die Situation extrem optimistisch. Rainer Rupp und Ken Jebsen sehen es abwartend und nüchtern. Ich blick da nicht so durch.Was hat USA überhaupt mit dem Iran zu tuen ? Warum ist Iran im Atomwaffen Sperrvertrag ? Wie will USA überhaupt wirtschaftlich drohen ? Wie sind die Aussagen bei nocheinparteibuch bzw. bei Jebsen / Rupp zu bewerten ? Na ein grossser Nachteil : Iran und BRICS sind alles kapitalistische Staaten. Die sind GESETZMÄSSIG immer in Gefahr zur jeweils REICHEREN Seite zu wechseln.

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