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Montag, 23. Dezember 2019

Präsident al-Assad: Europa war Hauptakteur bei der Schaffung von Chaos in Syrien

Mit vielem Dank an Klaus Madersbacher, der sich die Mühe gemacht hat, dieses lange, aber wichtige Assad-Interview zu übersetzen. Als Journalist schämt man sich für solche Kollegen wie die italienische Madame vom italienischen staatlichen Propaganda- Sender RAI, die frech die Kühnheit hat, einer so bedeutenden Persönlichkeit wie Bashar al-Assad völlig unbedarft und unvorbereitet entgegenzutreten. Deshalb notgedrungen auch dämliche Fragen stellt. Einfach bewundernswert ist, dass Bashar stets gefasst, beherrscht sehr klug antwortet. womit er seinem Land einen großen Dienst erweist. Was wäre gewonnen, wenn er diese Kanaillen kopfüber rauswürfe? Die Frage könnt ihr selbst beantworten. 

 
Das Interview, das das italienische TV Rai News 24 nicht senden wollte
Bashar al-Assad
Das Interview wurde am 26. November von einer RAI-Jurnalistin geführt und von syrischen Sender SANA am 9. Dezember 19 vereinbarungsgemäß ausgestrahlt, woran RAI sich aber nicht gehalten hat. 
Hier kommt der vollständige Text des Interviews:

Frage 1: Herr Präsident, vielen Dank, dass Sie uns hier haben. Lassen Sie uns bitte wissen, wie ist die Situation in Syrien jetzt, wie ist die Situation vor Ort, was passiert im Land?
Präsident Assad: Wenn wir über die syrische Gesellschaft sprechen wollen: Die Situation ist viel, viel besser, da wir aus diesem Krieg so viele Lektionen gelernt haben und ich denke, dass die Zukunft Syriens vielversprechend ist. Wir werden gestärkt aus diesem Krieg hervorgehen.
Apropos Situation vor Ort: Die syrische Armee ist seit einigen Jahren auf dem Vormarsch und hat viele Gebiete von den Terroristen befreit. Es gibt immer noch Idleb, wo Sie al-Nusra haben, das von den Türken unterstützt wird, und Sie haben den nördlichen Teil von Syrien, wo die Türken letzten Monat in unser Territorium eingedrungen sind.
In Bezug auf die politische Situation kann man also sagen, dass es sehr viel komplizierter wird, weil Sie viel mehr Akteure haben, die in den Syrienkonflikt verwickelt sind, um ihn in einen Zermürbungskrieg zu verwandeln.
Frage 2: Wenn Sie von Befreiung sprechen, wissen wir, dass es eine militärische Vision dazu gibt, aber der Punkt ist: wie ist zur Zeit die Situation für die Menschen, die beschlossen haben, wieder in der Gesellschaft zu sein? An welchem Punkt befindet sich der Prozess der Versöhnung jetzt? Funktioniert er oder nicht?
Präsident Assad: Die Methode, die wir gewählt haben, als wir eine - sagen wir - gute Atmosphäre schaffen wollten, haben wir Versöhnung genannt, damit die Menschen zusammenleben und die Menschen, die außerhalb der Kontrolle der Regierungsbezirke leben, zurückkehren können in die Ordnung des Rechts und der Institutionen. Es sollte für jedermann eine Amnestie geben, der seine Bewaffnung abgibt und dem Gesetz gehorcht. Die Situation ist in Bezug auf dieses Problem nicht kompliziert. Wenn Sie die Möglichkeit haben, irgendein Gebiet zu besuchen, werden Sie feststellen, dass sich das Leben wieder normalisiert.
Das Problem waren nicht die Menschen, die miteinander kämpften. Es war nicht so, wie die westliche Erzählung zu zeigen versucht - als hätten Syrer gegeneinander gekämpft, was sie als "Bürgerkrieg" bezeichnen, was irreführend ist. Die Situation bestand darin, dass Terroristen die Kontrolle über Gebiete übernahmen und ihre Regeln einführten. Wenn diese Terroristen nicht mehr sind, kehren die Menschen zu ihrem normalen Leben zurück und leben miteinander. Es gab keinen Religionskrieg, es gab keinen ethnischen Krieg, es gab keinen politischen Krieg; es waren Terroristen, die von fremden Mächten unterstützt wurden, über Geld und Rüstung verfügten und diese Gebiete besetzten.
Frage 3: Haben Sie keine Angst davor, dass diese Art von Ideologie, die geherrscht hat und, wie Sie wissen, die Grundlage des Alltagslebens für die Menschen über so viele Jahre war, in gewisser Weise in der Gesellschaft bleiben und früher oder später zurückkehren kann?
Präsident Assad: Dies ist eine der größten Herausforderungen, mit denen wir konfrontiert waren. Was Sie fragen, ist sehr richtig. Sie haben zwei Probleme. Die Gebiete, die außerhalb der Kontrolle der Regierung lagen, wurden von zwei Dingen beherrscht: vom Chaos, weil es kein Gesetz gibt. Daher wissen die Menschen - insbesondere die jüngere Generation - nichts über den Staat, das Gesetz und die Institutionen.
Das zweite, was tief in den Köpfen verwurzelt ist, ist die Ideologie, die dunkle Ideologie, die Wahabi-Ideologie - ISIS oder al-Nusra oder Ahrar al-Cham, oder was auch immer diese islamistisch-terroristisch-extremistischen Ideologien sein mögen.
Nun haben wir begonnen, uns mit dieser Realität zu befassen, denn wenn Sie einen Bereich befreien, müssen Sie dieses Problem lösen. Was bedeutet es sonst, ihn zu befreien? Der erste Teil der Lösung ist religiös, weil diese Ideologie eine religiöse Ideologie ist, und die syrischen Geistlichen, oder sagen wir die religiösen Institutionen in Syrien unternehmen diesbezüglich sehr große Anstrengungen, und sie hatten Erfolg. Es gelang ihnen, diesen Menschen zu helfen, die wahre Religion zu verstehen, nicht die Religion, die sie von al-Nusra oder ISIS oder anderen Fraktionen gelehrt bekommen haben.
Frage 4: Geistliche und Moscheen sind also im Grunde Teil dieses Versöhnungsprozesses?
Präsident Assad: Sie sind der wichtigste Teil. Der zweite Teil sind die Schulen. In den Schulen haben Sie Lehrer, Sie haben Bildung und Sie haben den nationalen Lehrplan, und dieser Lehrplan ist sehr wichtig, um die Meinung dieser jungen Generationen zu ändern. Drittens haben Sie die Kultur, Sie haben die Rolle der Künste, der Intellektuellen und so weiter. In einigen Bereichen ist es immer noch schwierig, diese Rolle zu spielen, daher war es für uns viel einfacher, mit der Religion zu beginnen und dann mit den Schulen.
Frage 5: Herr Präsident, lassen Sie mich kurz auf die Politik zurückkommen. Sie haben die Türkei erwähnt, okay? Russland war in diesen Jahren Ihr bester Verbündeter, es ist kein Geheimnis, aber jetzt geht Russland in einigen Gebieten, die zum syrischen Raum gehören, Kompromisse mit der Türkei ein. Wie beurteilen Sie das?
Präsident Assad: Um die russische Rolle zu verstehen, müssen wir die russischen Prinzipien verstehen. Was Russland betrifft, so glauben sie, dass das Internationale Recht - und die auf diesem Recht beruhende internationale Ordnung - im Interesse Russlands und im Interesse aller Menschen auf der Welt liegt. Indem sie Syrien unterstützen, unterstützen sie das Internationale Recht. Das ist ein Punkt. Zweitens liegt es im Interesse des russischen Volkes und der übrigen Welt, gegen die Terroristen vorzugehen.
Mit der Türkei zusammenzuarbeiten und diesen Kompromiss zu schließen, bedeutet nicht, dass sie die türkische Invasion unterstützen. vielmehr wollten sie eine Rolle spielen, um die Türken davon zu überzeugen, dass man Syrien verlassen muss. Sie unterstützen die Türken nicht, sie sagen nicht, "das ist eine gute Realität, wir akzeptieren sie und Syrien muss sie akzeptieren." Nein, das tun sie nicht. Aber wegen der negativen Rolle der USA und der negativen Rolle des Westens in Bezug auf die Türkei und die Kurden haben die Russen eingegriffen, um diese Rollen auszugleichen und die Situation zu verbessern. Ich würde das nicht als besser bezeichnen, aber als weniger schlecht, wenn Sie es genauer wollen. Das ist ihre Rolle in der Zwischenzeit. In Zukunft ist ihre Position sehr klar: syrische Integrität und syrische Souveränität. Die syrische Integrität und Souveränität stehen im Widerspruch zur türkischen Invasion, das ist sehr offensichtlich und klar.

Frage 6: Sie sagen mir also, dass die Russen Kompromisse eingehen könnten, aber Syrien wird keine Kompromisse mit der Türkei eingehen. Ich meine, die Beziehung ist immer noch ziemlich angespannt.
Präsident Assad: Nein, auch die Russen haben in Bezug auf die Souveränität keinen Kompromiss geschlossen. Nein, sie beschäftigen sich mit der Realität. Nun, wenn man eine schlechte Realität vor sich hat, dann muss man sich bemühen, um einige ... ich würde nicht sagen Kompromisse einzugehen, weil es keine endgültige Lösung gibt. Es könnte ein Kompromiss in Bezug auf die kurzfristige Situation sein, aber langfristig oder mittelfristig sollte die Türkei abziehen. Das ist keine Frage.
Frage 7: Gibt es auf lange Sicht den Plan von Diskussionen zwischen Ihnen und Herrn Erdogan?
Präsident Assad: Ich wäre nicht stolz darauf, wenn ich das eines Tages tun müsste. Ich würde mich angewidert fühlen, mit solchen opportunistischen Islamisten umzugehen, nicht mit Muslimen - Islamisten ist ein anderer Begriff, es ist ein politischer Begriff. Aber ich sage immer wieder: Mein Job ist es nicht, mit dem was ich mache glücklich oder nicht glücklich oder was auch immer zu sein. Es geht nicht um meine Gefühle, sondern um die Interessen Syriens. Wohin auch immer unsere Interessen gehen, ich werde gehen.
Frage 8: Wenn Europa zur Zeit Syrien betrachtet, gibt es neben den Überlegungen zum Land zwei Hauptprobleme: Das eine sind die Flüchtlinge und das andere sind die Dschihadisten oder ausländischen Kämpfer, die nach Europa zurückkehren. Wie sehen Sie diese europäischen Sorgen?
Präsident Assad: Wir müssen mit einer einfachen Frage beginnen: Wer hat dieses Problem geschaffen? Warum haben Sie Flüchtlinge in Europa? Es ist eine einfache Frage: Wegen des Terrorismus, der von Europa unterstützt wird - und natürlich von den Vereinigten Staaten von Amerika und der Türkei und anderen - war Europa der Hauptakteur bei der Schaffung von Chaos in Syrien. Also, wie man sät, so erntet man.
Frage 9: Warum war es Ihrer Meinung nach der Hauptakteur?
Präsident Assad: Weil sie es öffentlich unterstützt haben, die EU hat die Terroristen in Syrien vom ersten Tag an, von der ersten Woche an oder von Anfang an unterstützt. Sie gaben die Schuld der syrischen Regierung, und einige Regimes wie das französische Regime sandten Rüstungsgüter. Sie sagten - einer ihrer Vertreter -, ich glaube, ihr Außenminister, vielleicht Fabius sagte: "Wir senden." Sie sandten Rüstungsgüter. Sie haben dieses Chaos geschaffen. Deshalb fällt es vielen Menschen schwer, in Syrien zu bleiben. Millionen von Menschen konnten hier nicht leben und mussten daher aus Syrien fliehen.
Frage 10: In diesem Moment herrscht in der Region Aufruhr und es herrscht ein gewisses Chaos. Einer der anderen Verbündeten Syriens ist der Iran, und die Situation dort wird immer komplizierter. Hat das irgendwelche Auswirkungen auf die Situation in Syrien?
Präsident Assad: Gewiss, wenn es ein Chaos gibt, wird es auf jeden Fall für alle schlimm sein, es wird Nebenwirkungen und Auswirkungen haben, insbesondere wenn es sich um Störungen von außen handelt. Wenn es spontan ist, wenn Sie über Demonstrationen sprechen und Leute, die nach Reformen oder einer besseren wirtschaftlichen Situation oder anderen Rechten fragen, ist das positiv. Aber wenn es um Vandalismus, Zerstörung, Tötung und Einmischung von außen geht, dann nein - das ist definitiv nur negativ, nur schlecht und eine Gefahr für alle in dieser Region.
Frage 11: Sind Sie besorgt darüber, was im Libanon passiert, der wirklich der wahre Nachbar ist?
Präsident Assad: Ja, genauso. Natürlich würde der Libanon Syrien mehr als jedes andere Land betreffen, weil er unser direkter Nachbar ist. Aber auch hier wäre es gut für den Libanon, wenn es spontan wäre und es darum geht, das religiös-politische System zu reformieren und loszuwerden. Es hängt wiederum vom Bewusstsein des libanesischen Volkes ab, damit es niemandem von außen gestattet, die spontane Bewegung oder die Demonstrationen im Libanon zu manipulieren.
Frage 12: Kehren wir zu den Ereignissen in Syrien zurück. Im Juni schrieb Ihnen Papst Franziskus einen Brief, in dem er Sie aufforderte, auf die Bevölkerung zu achten und sie zu respektieren, insbesondere in Idleb, wo die Situation immer noch sehr angespannt ist, weil es dort zu Kämpfen kommt und die Menschen sogar wie Gefangene in Gefängnissen behandelt werden . Haben Sie ihm geantwortet und was haben Sie geantwortet?
Präsident Assad: In dem Brief des Papstes ging es um seine Sorge um die Zivilbevölkerung in Syrien, und ich hatte den Eindruck, dass das Bild im Vatikan möglicherweise nicht vollständig ist. Das ist zu erwarten, da es in der Mainstream-Erzählung im Westen um diese "schlechte Regierung" geht, die die "guten Leute" tötet, wie Sie in denselben Medien sehen und hören - jede Kugel der syrischen Armee und jede Bombe tötet nur Zivilisten und nur Krankenhäuser! Sie töten keine Terroristen, während sie diese Zivilisten angreifen! - was nicht stimmt.
Also antwortete ich mit einem Brief, in dem ich dem Papst die Realität in Syrien erklärte - da wir diejenigen sind, die sich am meisten oder als erste um das Leben der Zivilbevölkerung sorgen, weil Sie ein Gebiet nicht befreien können, solange die Menschen gegen Sie sind. Sie können nicht über Befreiung sprechen, solange die Zivilbevölkerung gegen Sie oder gegen die Gesellschaft ist. Der wichtigste Teil bei der militärischen Befreiung eines Gebiets ist die Unterstützung der Öffentlichkeit in diesem Gebiet oder in der Region im Allgemeinen. Das ist seit neun Jahren klar und alles andere würde unseren Interessen widersprechen.
Frage 13: Aber diese Art von Aufruf hat Sie in gewisser Weise dazu veranlasst, erneut über die Bedeutung des Schutzes der Zivilbevölkerung und der Bevölkerung Ihres Landes nachzudenken.
Präsident Assad: Nein, an das denken wir jeden Tag, nicht nur aufgrund von Moral, Prinzipien und Werten, sondern aufgrund von Interessen. Wie ich gerade erwähnte, kann man ohne diese Unterstützung - ohne öffentliche Unterstützung - nichts erreichen. Man kann politisch, militärisch, wirtschaftlich und in jeder Hinsicht nicht vorankommen. Ohne die öffentliche Unterstützung könnten wir diesen Krieg nicht neun Jahre lang ertragen, und Sie können keine öffentliche Unterstützung erhalten, während Sie Zivilisten töten. Dies ist eine Gleichung, dies ist eine selbstverständliche Gleichung, niemand kann sie widerlegen. Deshalb habe ich unabhängig von diesem Brief gesagt, dass dies unser Anliegen ist.
Aber der Vatikan ist ein Staat, und wir denken, dass die Rolle eines Staates - wenn er sich um diese Zivilisten Sorgen macht - darin besteht, sich dem Hauptgrund zuzuwenden. Der Hauptgrund ist die westliche Rolle bei der Unterstützung der Terroristen, und es sind die Sanktionen gegen das syrische Volk, die die Situation erheblich verschlechtert haben - und dies ist ein weiterer Grund für die Flüchtlinge, die Sie jetzt in Europa haben. Sie wollen keine Flüchtlinge, aber gleichzeitig schaffen Sie die Situation oder die Atmosphäre, die den Menschen sagt, dass sie "woanders außerhalb von Syrien hingehen" sollen, und natürlich werden sie nach Europa gehen. Dieser Staat oder irgendein anderer Staat sollte sich also mit den Gründen befassen, und wir hoffen, dass der Vatikan diese Rolle in Europa und auf der ganzen Welt spielen kann. Um viele Staaten davon zu überzeugen, dass sie aufhören sollten, sich in die syrische Frage einzumischen, hören Sie auf, gegen das Internationale Recht zu verstoßen. Das reicht, wir brauchen nur Menschen, die das Völkerrecht einhalten. Die Zivilbevölkerung ist in Sicherheit, die Ordnung ist wieder da, alles wird gut. Nichts anderes.
Frage 14: Herr Präsident, Ihnen wurde mehrfach der Einsatz chemischer Waffen vorgeworfen, und dies war die Grundlage vieler Entscheidungen und ein zentraler Punkt, die rote Linie für viele Entscheidungen. Vor einem Jahr, vor mehr als einem Jahr, gab es das Douma-Ereignis, das als eine weitere rote Linie angesehen wurde. Danach hat es Bombenanschläge gegeben, und es hätte noch schlimmer kommen können, aber es hat aufgehört. Dieser Tage stellt sich bei WikiLeaks heraus, dass etwas an dem Bericht falsch gewesen sein könnte. Es kann also noch niemand sagen, was passiert ist, aber etwas an der Meldung, was passiert ist, könnte falsch gewesen sein.
Präsident Assad: Wir haben seit Beginn dieser Erzählung über chemische Waffen immer gesagt, dass wir sie nicht benutzt haben. Wir können sie nicht verwenden, es ist aus vielen Gründen unmöglich, sie in unserer Situation zu verwenden - sagen wir, aus logistischen Gründen.
Intervention: Geben Sie mir einen.
Präsident Assad: Ein Grund, ein sehr einfacher: wenn Sie dabei sind, Fortschritte zu machen, warum sollten Sie chemische Waffen einsetzen?! Wir machen Fortschritte, warum sollten wir sie einsetzen?! Wir sind in einer sehr guten Situation. Warum also, besonders im Jahr 2018? Das ist ein Grund.
Zweitens widerlegen sehr konkrete Beweise diese Erzählung: Wenn Sie chemische Waffen einsetzen - diese sind Massenvernichtungswaffen -, sprechen Sie von Tausenden von Toten oder mindestens Hunderten. Das ist niemals passiert, niemals - Sie haben nur diese Videos von inszenierten chemischen Waffenangriffen. In dem kürzlich von Ihnen erwähnten Bericht besteht ein Missverhältnis zwischen dem, was wir in dem Video gesehen haben, und dem, was sie als Techniker oder Experten gesehen haben. Die Menge an Chlor, über die sie gesprochen haben: erstens ist Chlor kein Massenvernichtungsmaterial, zweitens ist die Menge, die sie gefunden haben, dieselbe Menge, die Sie in Ihrem Haus haben können, die ist in vielen Haushalten vorhanden und wird verwendet vielleicht zum Putzen und was auch immer. Genau die gleiche Menge. Das hat die OPCW-Organisation getan - sie hat den Bericht gefälscht und manipuliert, nur weil die Amerikaner dies wollten. Glücklicherweise hat dieser Bericht bewiesen, dass alles, was wir in den letzten Jahren, seit 2013, gesagt haben, richtig ist. Wir hatten recht, sie lagen falsch. Dies ist ein Beweis, dies ist ein konkreter Beweis für dieses Problem. Die OPCW wiederum war voreingenommen, politisiert und unmoralisch, und Organisationen, die mit den Vereinten Nationen zusammenarbeiten sollten, um weltweit mehr Stabilität zu schaffen - sie wurden als amerikanische Waffen und als westliche Waffen eingesetzt, um mehr Chaos zu schaffen.
Frage 15: Herr Präsident, nach neun Jahren Krieg sprechen Sie über die Fehler der anderen. Ich möchte, dass Sie über Ihre eigenen Fehler sprechen, falls vorhanden. Gibt es etwas, das Sie anders gemacht hätten, und welche Lektion kann Ihrem Land helfen?
Präsident Assad: Auf jeden Fall finden Sie immer Fehler, wenn Sie darüber sprechen, etwas zu tun. Das ist die menschliche Natur. Aber wenn Sie über politische Praxis sprechen, haben Sie zwei Dinge: Sie haben Strategien oder große Entscheidungen, und Sie haben Taktiken - oder in diesem Zusammenhang die Umsetzung. Unsere strategischen Entscheidungen oder Hauptentscheidungen bestanden darin, dem Terrorismus entgegenzutreten, Versöhnung zu bewirken und der Einmischung von außen in unsere Angelegenheiten entgegenzutreten. Heute, nach neun Jahren, verfolgen wir immer noch dieselbe Politik. Wir sind noch mehr mit dieser Politik verbunden. Wenn wir gedacht hätten, dass das falsch ist, hätten wir es geändert. Nein, wir glauben nicht, dass an dieser Richtlinie etwas falsch ist. Wir haben unsere Mission erfüllt. Wir haben die Verfassung umgesetzt, indem wir die Menschen beschützt haben.
Wenn Sie jetzt über Fehler bei der Umsetzung sprechen, so gibt es natürlich Fehler. Ich denke, wenn Sie über die Fehler bezüglich dieses Krieges sprechen wollen, sollten wir nicht über die Entscheidungen sprechen, die während des Krieges getroffen wurden, weil der Krieg - oder ein Teil davon - das Ergebnis von etwas ist, was davor geschehen ist.
Zwei Dingen sahen wir uns während dieses Krieges gegenüber: das erste war Extremismus. Der Extremismus begann in dieser Region in den späten 60er Jahren und beschleunigte sich in den 80er Jahren, insbesondere die Wahabi-Ideologie. Wenn Sie über Fehler im Umgang mit diesem Thema sprechen möchten: ja, ich werde sagen, wir waren sehr tolerant gegenüber etwas sehr Gefährlichem. Das ist ein großer Fehler, den wir über Jahrzehnte hinweg begangen haben. Ich spreche von verschiedenen Regierungen, auch von mir vor diesem Krieg.
Das zweite ist, dass wenn wir Leute haben, die bereit sind, sich gegen die Ordnung zu empören, öffentliches Eigentum zu zerstören, Vandalismus zu begehen und so weiter, die gegen ihr Land vorgehen und für fremde Mächte arbeiten - für fremde Geheimdienste, die dann militärische Einmischung von außen gegen ihr Land fordern. Das ist also eine andere Frage: Wie hatten wir diese? Wenn Sie mich fragen, wie, dann würde ich Ihnen sagen, dass wir vor dem Krieg mehr als 50.000 Gesetzesbrecher hatten, die zum Beispiel nicht von der Polizei gefangen genommen wurden. Für diese Gesetzesbrecher ist die Regierung ihr natürlicher Feind, weil sie nicht ins Gefängnis wollen.
Frage 16: Und wie sieht es mit der wirtschaftlichen Situation aus? Ein Teil davon - ich weiß nicht, ob es ein großer oder kleiner Teil davon war -, aber ein Teil davon waren auch die Unzufriedenheit und die Probleme der Bevölkerung in bestimmten Gebieten, in denen die Wirtschaft nicht funktionierte. Ist das eine Lektion, die irgendwo gelernt wurde?
Präsident Assad: Es könnte ein Faktor sein, aber definitiv kein Hauptfaktor. Einige Leute sprechen über die vier Jahre Dürre, die die Menschen dazu veranlassten, ihr Land in den ländlichen Gebieten zu verlassen, um in die Stadt zu gehen. Das könnte ein Problem sein, aber es ist nicht das Hauptproblem. Sie sprachen über die liberale Politik ... wir hatten keine liberale Politik, wir sind immer noch sozialistisch, wir haben immer noch einen öffentlichen Sektor - einen sehr großen öffentlichen Sektor in der Regierung. Sie können nicht über liberale Politik sprechen, solange Sie einen großen öffentlichen Sektor haben. Wir hatten Wachstum, gutes Wachstum.
Natürlich gibt es auch bei der Umsetzung unserer Richtlinie Fehler. Wie können Sie Chancengleichheit zwischen den Menschen schaffen? Zwischen ländlichen Gebieten und zwischen den Städten? Wenn Sie die Wirtschaft öffnen, werden die Städte mehr davon profitieren, was zu mehr Zuwanderung aus ländlichen Gebieten in die Städte führen wird. Dies sind Faktoren, die eine Rolle spielen könnten, aber das ist nicht das Problem. In den ländlichen Gebieten, in denen Sie mehr Armut haben, spielte das Geld der Qatarer eine wichtigere Rolle als in den Städten, das ist natürlich. Wenn man ihnen für eine halbe Stunde bezahlt, was sie in einer Woche verdienen können, dann ist das sehr gut für sie.
Frage 17: Wir sind fast fertig, aber ich möchte Ihnen noch zwei weitere Fragen stellen. Bei der einen geht es um den Wiederaufbau, und der Wiederaufbau wird sehr kostspielig sein. Wie können Sie sich diesen Wiederaufbau leisten, wer könnte Ihr Verbündeter beim Wiederaufbau sein?
Präsident Assad: Damit haben wir kein großes Problem. Es wird gesagt, dass Syrien kein Geld hat ... nein, tatsächlich haben Syrer viel Geld. Die Syrer auf der ganzen Welt haben viel Geld und wollen heimkommen und ihr Land aufbauen. Denn wenn man über den Aufbau des Landes spricht, gibt man den Menschen kein Geld, es geht darum, Nutzen zu ziehen - es ist ein Geschäft. Viele Menschen, nicht nur Syrer, wollen in Syrien Geschäfte machen. Wir haben bereits darüber gesprochen, wo Mittel für diesen Wiederaufbau aufgebracht werden können, aber das Problem ist, dass diese Sanktionen die Geschäftsleute oder Unternehmen daran hindern, nach Syrien zu kommen und dort zu arbeiten. Trotzdem haben wir begonnen, und trotzdem haben einige ausländische Unternehmen begonnen, Wege zu finden, um diesen Sanktionen auszuweichen, und wir haben mit der Planung begonnen. Ohne die Sanktionen hätten wir kein Problem mit der Finanzierung.
Frage 18: Zum Abschluss noch eine ganz persönliche Bemerkung, Herr Präsident: fühlen Sie sich wie ein Überlebender?
Präsident Assad: Wenn Sie über einen nationalen Krieg wie diesen sprechen möchten, in dem fast jede Stadt durch Terrorismus oder Bombardements von außen und andere Dinge geschädigt wurde, dann können Sie von allen Syrern als von Überlebenden sprechen. Ich denke, das ist die menschliche Natur: ein Überlebender zu sein.
Intervention: Und Sie selbst?
Präsident Assad: Ich bin ein Teil dieser Syrer. Ich kann nicht von ihnen getrennt werden. Ich habe das gleiche Gefühl. Auch hier geht es nicht darum, ein starker Mensch zu sein, der überlebt. Wenn Sie diese Atmosphäre, diese Gesellschaft oder diesen Brutkasten nicht haben, um zu überleben, können Sie nicht überleben. Es geht um das Kollektiv, nicht um eine einzelne Person, es ist keine Ein-Mann-Show.
Journalistin: Vielen Dank, Herr Präsident.
Präsident Assad: Danke.

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