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Mittwoch, 20. April 2016

Live aus Damaskus: Die syrischen Wahlergebnisse


Ken Stone

18. April 2016

Aus dem Englischen: Einar Schlereth

Menschenschlangen vor Wahllokalen in Damaskus ...


... und Tartus (hier ist eine Bildfolge aus vielen Städten)
Die syrischen Wahlen vom Dienstag waren ein Vertrauensbeweis des Volkes für seine Regierung. 5085444 Stimmen von 8834994 möglichen wurden abgegeben. Die Teilnahmerate war 58 % (praktisch identisch mit Kanadas vergangenen Bundeswahlen).

Es waren z. B. über 80% in Homs, aber nur 52 % in Tartus. Was die ungleichen Ergebnisse erklären könnte, ist die Geschichte des Krieges. Leute, die am meisten unter dem Krieg gelitten haben, zum Beispiel in Homs, sind wohl dankbarer für ihre Befreiung und mehr motiviert, ihre politischen Rechte auszuüben als die Leute in Tartus, die überhaupt keine Kämpfe erlebt haben (obwohl sie viele tausend ihrer Söhne und Enkel im Krieg verloren haben).

Bedeutend war auch die Tatsache, dass über 140000 Flüchtlinge allein an einem Tag aus dem Libanon zurückkehrten, um zu wählen. Und die Wahlzeit in Damaskus, das sehr unter den Kämpfen gelitten hat, musste verlängert werden bis 23 Uhr, damit alle Menschen wählen konnten.

Es wurden sogar Wahllokale im gerade befreiten Palmyra und al-Qaryaten eingerichtet, obwohl das eher symbolisch war, da die Bewohner dieser Städte noch nicht in ihre Häuser zurückkehren konnten, wegen verbreiteter Zerstörung.

Die Wählerteilnahme ist der Schlüssel dieser Wahlen, viel wichtiger als die individuellen Kandidaten, die gewählt worden sind.

Und zwar deswegen: Man muss Wahlen in einem verfassungsmäßig geschaffenen Staat, in dem eine Partei vorherrscht, nicht wie eine Streikabstimmung in einer Gewerkschaft verstehen.

Sie zeigt fortlaufendes Vertrauen in die Führung an einem entscheidenden Punkt des Kampfes. Eine Gewerkschaft wäre nicht zufrieden, mit einer 58 % Zustimmung in einen Streik zu gehen. Und wahrscheinlich hätte sich die syrische Regierung eine höhere Rate gewünscht, um in die Genfer Verhandlungen zu gehen. Aber ich wusste von vornherein, dass Wahlen unter Kriegs- und Besatzungsbedingungen abzuhalten, ein Wagnis ist, weil eine Menge Wähler immer noch außerhalb Syriens leben oder an Orten, die von den Terroristen belagert sind oder die schon tot sind.

Berücksichtigt man diese Faktoren, dann wäre die Teilnahmerate mit Sicherheit höher. In unserer Solidaritäts-Delegation waren wir froh, dass die syrischen Behörden nicht versuchten, die Zahlen aufzublasen, um das Ergebnisse besser aussehen zu lassen, als es tatsächlich war.

Das bekräftigt unsere Behauptung, dass die syrische Regierung eine glaubwürdige Kraft in den vor uns liegenden Verhandlungen ist.

Wie erwähnt, ist die gegenwärtige Genfer Verhandlungsrunde für Syrien ein Wendepunkt, um eine dauerhafte politische Lösung für die Krise zu finden.

Heute hat die syrische Delegation ihre Sitze mit einem Mandat des syrischen Volkes eingenommen, während die Oppositions-Delegation aus Kopfabschlägern, die in der letzten Minute von den USA und Saudiarabien zusammengeflickt wurde, überhaupt kein Mandat hat von all den unglücklichen Syrern, die unter der militärischen Besatzung in „Rebellen“-Gebieten leben.

Dort wurden keine Wahlen gehalten. Aber die westlichen Regierungen, wie die USA, haben die syrischen Wahlen umgehend abgelehnt, obwohl die Teilnahmerate in den vergangenen US-Wahlen nur 48 % betrug.

Aber das heißt nicht, dass keine interessanten Kandidaten gewählt wurden. Die Schwester eines syrischen Soldaten, Noor Al-Shogri stellte sich in den Wahlen als Unabhängige auf. Ihr Bruder, Yahya Al-Shogri, wurde gefilmt, als er von den ISIS-Terroristen 2014 in Raqqa hingerichtet wurde. (Wenn ihr eine kaltblütige Abschlachtung eines Kriegs-Gefangenen, vertragen könnt, findet ihr das Video, das von den Terroristen frecherweise auf YouTube gelegt wurde.)

Die Barbaren verlangten, dass er vor seinem Tod sagt „Lang lebe das Kalifat!“. Er weigerte sich tapfer und erklärte stattdessen, dass „Es ausradiert wird!“

Seine letzten Worte wurden zum Schlachtruf im nationalen Widerstand gegen die ausländische Aggression. Noor Al-Shogri gewann ihren Sitz mühelos.

Ich traf eine unabhängige Kandidatin in der Altstadt von Damaskus, Nora Arissian, eine kleine armenische Frau mit flammend rotem Haar. Sie kam zu mir in der Prozession des Griechischen Melkite Patriarchen zum Wahlbüro und dankte mir, dass Kanada 25 000 syrische Flüchtlinge aufgenommen habe und erklärte dann demonstrativ: „Wir möchten, dass sie alle am Ende nachhausekommen!“

Auch sie gewann ihren Sitz.

Die Wahlergebnisse wurden um ein paar Tage verzögert, weil die syrische Wahlkommission unzufrieden war mit der Bereitschaft von acht Wahlbüros im teilweise besetzten Aleppo. So wie ich es verstanden habe, wurde die Wahl in Aleppo am folgenden Tag fortgesetzt.

Ein paar Leute haben gefragt, was die Rolle der palästinensischen Flüchtlinge in dieser Wahl ist. Die Antwort ist, dass die 1948 ethnisch gesäuberten Palästinenser in syrischen Wahlen nicht abstimmen.

Der politische und soziale Status der Palästinenser in Syrien ist der höchste von allen arabischen Ländern, aber die syrische Regierung verleiht ihnen nicht die Staatsbürgerschaft oder lässt sie wählen, weil sie nicht ihre internationalem Rechte verwässern möchte, die von zahlreichen Resolutionen der UNO bestätigt wurden, in ihre Häuser und Höfe in Palästina zurückzukehren.


Die Tatsache, dass die syrische Regierung so hartnäckig an diesem Prinzip festhält, ist einer der Hauptpunkte der ausländischen Aggression gegen das Land (und zur Unterstützung von Israel). Die syrische Regierung bezahlt also einen hohen Preis für ihre starke Unterstützung des palästinensischen Volkes.

Dafür unterstützen die palästinensischen Flüchtlinge entschieden die Regierung, obwohl viele zum zweiten Mal fliehen mussten bei der Invasion der Terroristen aus über 80 Ländern in ihre Wohnviertel.

Zum Beispiel findet ein harter Kampf in Yarmouk statt zu dieser Stunde nur wenige Kilometer entfernt vom Ort, wo ich dies schreibe, zwischen ISIS, Al-Nusrah-Front und anderen Terroristen-Gangs um die Kontrolle des früheren palästinensischen Lagers, in dem eine Viertel Million Menschen lebten, das jetzt aber eine Geisterstadt ist mit wenigen tausend Leuten.

Es lohnt sich zu wiederholen, dass diese parlamentarischen Wahlen von der syrischen Regierung trotzig als „eine Übung in nationaler Souveränität“ genannt wurden.

Der Punkt war, der Welt zu zeigen, besonders den westlichen und den Golfstaaten, die einen 5-Jahre langen Aggressions-Krieg gegen Syrien führen, dass die Syrer vereint sind im Glauben, dass die Syrer, und nur die Syrer, das Schicksal Syriens zu bestimmen haben.

Es scheint, dass sich das Wagnis bezahlt machte.


Ken Stone ist ein altgedienter anti-Kriegs- und Friedens-Aktivist.

Und hier ist noch ein guter Kommentar zu den Wahlen und westlichen Reaktionen.


1 Kommentar:

  1. Lernen wir von Syrien.
    Trauen wir uns unsern Weg zu gehen .
    Trauen wir uns dem Mainstream zu verweigern.
    Wir sind nicht die USA, wir sind kein Kapital-wir sind Menschen!

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