Mikael Nyberg
25. Oktober 2013
Aus dem Schwedischen: Einar Schlereth
Die ungebetenen Gäste haben alle Bärte, sind aber keine Taliban.
Sie kommen in der Nacht, umringen das Haus und erschießen zwei Männer und
drei Frauen, von denen zwei schwanger sind. Die Fremden schneiden
ihre Kugeln aus den Körpern. Keine Spur soll Anhaltspunkte liefern.
Im Pressekomunikee heißt das 'Ehrenmord'.
Jeremy Scahill verlässt zusammen mit dem Filmer Richard Rowley
den Schutz als eingebetteter Journalist in Kabul, um nach Gardez zu
reisen und mit Überlebenden zu sprechen. Einer der Ermordeten war
der Polizeioffizier Mohammad Daoud, ein Gegner der Taliban. Die
Familie hatte ein neugeborenes Kind gefeiert. Sie hatte getanzt und
gut gegessen.
Die Fremden waren Amerikaner
Scahill folgt im Film 'Dirty Wars' (Schmutzige Kriege) ihrer Spur
von Afghanistan nach Irak, Jemen und Somalia. Die Erfolgsbilanz eines
Friedenspreisträgers. Die Fremden, die in zwanzig Überfällen pro
Nacht in Afghanistan Menschen heimsuchen, sind Angehörige der 'Joint
Special Operations Command' (JSOC = Vereinigtes Kommando für
Spezial-Operationen), Todespatrouillen, die direkt dem Präsidenten
unterstehen. Er hat eine Liste von Zielen, Verdächtige, die
eliminiert werden sollen. Hat der JSOC keine Leute vor Ort, dann
kommt eine Drohne mit einer Hellfire-Rakete.
Je mehr Scahill von der Brutalität der heimlichen
Tötungs-Kampagne des lächelnden Präsidenten entsetzt ist, umso
mehr ist er erstaunt über ihre sichtliche Irrationalität. Wenn die
Männer an das Ende ihrer Opfer-Liste kommen, ist sie plötzlich um
das Tausendfache angewachsen.
Niemand sprach von Al Qaida in Jemen bevor die USA 2009 mit einem
Marschflugkörper 40 arme Beduinen in al-Majalah ausradierte und
Obama persönlich dafür sorgte, dass ein Journalist vor Ort, der
über die Tat berichtete, ins Gefängnis kam.
Der Bedrohung durch Terrorismus wäre leicht abgeholfen, wenn es
darum ginge. Man müsste nur aufhören zu schießen, die Drohnen
verschrotten und die Völker in Asien und Afrika über ihr Schicksal
selbst entscheiden lassen. Im selben Augenblick wird der Zorn
nachlassen, der dem Dschihadismus seine Sprengkraft verleiht.
Aber der endlose, schmutzige Krieg hat viel, was für ihn spricht.
Da ist die Großindustrie, die viel der technischen Entwicklung
finanziert und das dient den globalen Ansprüchen des amerikanischen
Kapitalismus.
Ich würde es gerne sehen, wenn das norwegische Nobelpreis
-Komitee im Kino festgebunden würde, und zwangsweise 48 Stunden lang
diesen Film immer wieder sehen müsste. Das wird nicht geschehen, und
was schlimmer ist, es würde nichts helfen. 'Dirty Wars' wird
Festivalpreise gewinnen und auf den Kulturseiten besprochen, aber
Carl Bildt und der Sozialdemokrat Urban Ahlin wissen bereits alles
darüber und helfen wie der Friedenspreisträger und seine
Todes-Schwadronen mit JAS-Flugzeugen und Soldaten.
Die Enthüllung bringt nichts ohne Verbindung mit sozialen
Bewegungen. 'Dirty Wars' ist ein Film für die Jungen, die mit
Märchen aus den staatlichen Propagandainstituten für den Krieg
vorbereitet werden. Verlangt, dass ihr den Film sehen dürft und
diskutiert ihn in den Schulen.
Quelle - källa - source
Hier füge ich noch die '
Confessions of a Drone "Warrior" hinzu. Hier hat einer von jenen Männern, die in der Wüste Nevada in einem bequemen Sessel sitzen und die Ziele in Afghanistan und sonstwo aussuchen, die dann von Drohnen ausgelöscht werden, seine Seelenqual zu Gehör gebracht. Allmählich fand er heraus, dass er unter 'post-traumatic stress disorder' (PTSD = posttraumatische Belastungsstörung) litt - wie fast 60 % seiner Kollegen auch. Man könnte sagen, dass er seine Strafe für seine Verbrechen erhalten hat. Doch ist das ein schiefes Bild. Hier leidet eine Person für den Tod von mehr als 1600 Menschen, die alle Kinder - manchmal ungeborene - Ehefrauen/männer, Eltern, Verwandte, Freunde hatten. Aber es gibt keine Strafe, die dieses unfassbare Leiden aufwiegen könnte.
Dennoch ist dies ein wichtiges Dokument, weil es den elenden Alltag dieser 'Krieger' beschreibt und auch die Umstände, die viele von ihnen in so eine furchtbare Lage gebracht haben.