Dieser Artikel ist wahrlich sehr interessant, denn ich bin selbst auch diesem Mythos aufgesessen. Ich verstehe wirklich nicht viel von diesem Kram, aber die Ellen Brown macht dieses Thema in einfacher, klarer Sprache anschaulich. Das wünscht man sich öfters.
Ellen Brown
5. September 2012
Japans massive Regierungsschulden verbergen massive Vorteile für das japanische Volk, mit Lektionen für die US-Schulden“krise“.
In einem Artikel vom April 2012 titelte Forbes „Wenn Japan bankrott ist, wie kann es Europa entschulden?“, in dem Eamon Fingleton darauf hinwies, dass die japanische Regierung der größte Beitraggeber aus der nicht-Eurozone bei der jüngsten Euro-Rettungsaktion ist. Dies, sagte er, ist „dieselbe Regierung, die dauernd behauptet, bankrott zu sein (oder zumindest nicht ernsthaft widerspricht, wenn unwissende amerikanische und britische Kommentatoren die japanischen Finanzen als einen Schrotthaufen bezeichnen)“. Er merkte auch an, dass Japan praktisch alleine das IWF-System auf der Höhe der globalem Panik 2009 rettete. Fingleton fragte:
„Wie kann eine Nation, deren Regierung angeblich mit Schulden überlastet ist, in der fortschrittlichen Welt sich solch eine Großzügigkeit leisten? …
Es wird gewettet, dass Japans wirkliche Finanzen weit stärker sind, als die westliche Presse glauben gemacht wird. Unleugbar ist, dass das japanische Finanzministerium eins der undurchsichtigsten der Welt ist ...“
Fingleton gab zu, dass die Passiva der japanischen Regierung groß sind, aber er sagte, wir müssten auch auf die Habenseite der Bilanz schauen:
„Das Tokyor Finanzministerium borgt zunehmend von der japanischen Öffentlichkeit, nicht um außer Kontrolle geratene Regierungsausgaben zuhause zu finanzieren sondern im Ausland. Außer dass es bereit war, den IWF flüssig zu machen, ist Tokyo auch seit langem der Darlehensgeber in der Not für sowohl die US- als auch die britische Regierung gewesen. Gegenwärtig leiht es 10-Jahres-Geld zu Zinsen von nur einem Prozent, die zweitniedrigste Rate irgendeines Schuldners in der Welt nach der Schweiz.“
Es ist ein gutes Geschäft für die japanische Regierung: sie borgt 10-Jahres-Geld zu einem Prozent und verleiht es an die USA für 1.6 Prozent (die aktuelle Rate für US-10-Jahres-Schuldscheine), eine ordentliche Differenz.
Japans Schuld-BNP-Ratio liegt bei beinahe 230%, die schlechteste irgendeines größeren Landes der Welt. Doch Japan bleibt das größte Kreditgeber-Land, mit Auslandsguthaben von 3.19 Billionen $. 2010 war sein pro-Kopf BNP höher als das von Frankreich, Italien, England und Deutschland. Und während Chinas Wirtschaft jetzt größer als Japans ist, wegen seiner riesigen Bevölkerung (1.3 Mrd. gegenüber 128 Mill.), beträgt Chinas pro-Kopf BNP von 5414 $ nur 12% gegenüber Japans 45920 $.
Wie kann man diese Anomalien erklären? Ganze 95% von Japans Nationalschuld wird von den Japanern selbst zuhause gehalten.
Über 20% der Schuld halten die Japanische Postbank, die Bank von Japan und andere Regierungsbehörden. Die Japan Post hält die höchsten heimischen Ersparnisse in der Welt und sie zahlt Zinsen an die japanischen Verbraucher. Obwohl sie 2007 theoretisch privatisiert wurde, ist sie ein politischer Fußball gewesen, und 100% ihres Grundkapitals hält nach wie vor die Regierung. Die Bank von Japan gehört zu 55% der Regierung und wird zu 100% von der Regierung kontrolliert.
Von der restlichen Schuld werden 60% von japanischen Banken, Versicherungsgesellschaften und Pensionfonds gehalten. Ein weiterer Brocken wird von einzelnen japanischen Sparern gehalten. Wie in einem Artikel der New York Times vom September 2011 bemerkt wurde:
„Die japanische Regierung ist tief verschuldet, aber das restliche Japan hat reichlich Geld zum Sparen.“
Die Schulden der japanischen Regierung sind das Geld des Volkes. Sie besitzen sich gegenseitig und sie ernten kollektiv die Vorteile.
Mythen über die japanische Schuld-BNP-Ratio
Japans Schuld-BNP-Ratio sieht sehr schlecht aus. Aber wie die Ökonomin Hazel Henderson bemerkt, ist dies eine Sache der Buchführung – eine Praxis, die sie und andere Experten als irreführend ansehen. Japan führt praktisch auf allen Gebieten der high-tech-Produktion, einschließlich der Luft- und Raumfahrt. Die Schulden auf der anderen Seite der Bilanz stellen die Zahlungen aus dieser seiner gesamten Produktivität an das japanische Volk dar.
Laut Gary Shilling, der im Juni 2012 auf Bloomberg schrieb, gehen mehr als die Hälfte der japanischen öffentlichen Ausgaben an Schuldendienst und in die Sozialversicherung. Der Schuldendienst wird als Zinsen an die japanischen „Sparer“ gezahlt. Sozialversicherung und Zinsen für die nationale Schuld werden nicht im BNP mitgerechnet, aber sie sind in Wirklichkeit das soziale Sicherheitsnetz und die öffentlichen Dividenden einer hoch produktiven Wirtschaft. Diese, mehr als die militärischen Waffen und die „Finanzprodukte“, die einen großen Teil des US-BNP ausmachen, sind die wahren Früchte der Industrie eines Landes. Für Japan sind dies die Freude des Volkes an dem enormen Ausstoß seiner high-tech Industriebasis.