Eine ausgezeichnete, tiefgehende und umfassende Analyse. Sehr lang, aber es lohnt sich, sie aufmerksam zu lesen.
Rostislaw Ischtschenko, Leiter des Zentrums für Systemanalyse und Prognose
13. März 2015
übersetzt von Alexander Fedotow (russisch/englisch)
veröffentlicht von @GBabeuf
übersetzt von mir (englisch/deutsch)
Slavyangrad.org, 12. März 2015
Vielsagenderweise wird Putin momentan
von jenen "Patrioten" nicht wegen einer grossangelegten Zerschlagung
der ukrainischen Truppen im Donbass angeschuldigt, die im Januar-Februar
nicht geschah. Und auch wegen der Moskauer Konsultationen mit Merkel
und Hollande prangern sie ihn nicht an.
Dennoch soll dies nicht ihr Sehnen danach ausblenden, dass der Sieg
gestern schon kommen sollte. Und auch nicht die sichere Annahme der
Radikalsten unter ihnen, dass Putin irgendwie "Neurussland aufgeben"
wird. Und ebenso nicht die gleichgearteten Ängste der Gemäßigten unter
ihnen, welche sich unmittelbar nach der Unterzeichnung eines weiteren
Waffenstillstands einstellten (sollte er unterzeichnet worden sein). Was
notwendig ist. Nicht nur für die Umgruppierung und die
Wiederaufstockung der Armee Neurusslands, die wirklich beeinträchtigt
sein könnte, gäbe es keine Einstellung der aktiven Kampfhandlungen. Aber
auch um die veränderte Konfiguration an der internationalen Front zu
festigen sowie die neuen diplomatischen Schlachten vorzubereiten.
Faktisch spielt es keine Rolle, wieviel Aufmerksamkeit die Amateure der
politischen und/oder der militärischen Einsätze (Internetbeobachter und
"Bonapartes") der Lage im Donbass und in der Ukraine insgesamt widmen.
Das ist nur ein Punkt an der globalen Front. Wie auch das Schicksal des
Krieges weder am Flughafen Donezk noch auf den Hügeln um Debalzewo
entschieden worden ist. Dies ist in Moskau in den Büroräumen am Alten
Platz / Staraja Ploschatch im Gebäude der Präsidialverwaltung Russlands
und am Smolensker Platz im Aussenministerium Russlands sowie in Büros in
Paris, Berlin und Brüssel entschieden worden. Denn der Krieg ist mal
eben eines unter vielen Argumenten in einer politischen Debatte.
POLITISCHE ENTSCHEIDUNGEN WERDEN NICHT IMMER VON DER ÖFFENTLICHKEIT UND DEM MILITÄR BEGRIFFEN
Der Krieg ist das härteste und das letzte Argument. Sein Einsatz ist mit
einem höheren Risiko verbunden. Aber das Geschäft startet weder mit
einem Krieg, noch endet es mit dem Krieg. Der Krieg ist ein
Zwischenschritt, welcher die Unmöglichkeit eines Kompromisses austrägt.
Und er ist angelegt, um ein neues Umfeld zu schaffen, in welchem
entweder ein Kompromiss möglich ist, oder aber die Notwendigkeit dafür
mit dem Verschwinden einer der Konfliktparteien verschwindet. Das kommt
am Ende der Kampfhandlungen, wenn die Truppen in die Kasernen
zurückkehren, und wenn die Generäle ihre Memoiren schreiben und sich auf
den nächsten Krieg vorbereiten, und wenn die Politiker und die
Diplomaten die Ergebnisse der Auseinandersetzung am Verhandlungstisch
zusammenfassen.
Politische Entscheidungen werden nicht immer von der Öffentlichkeit und
dem Militär begriffen. Beispielsweise sollte Preussens Kanzler und
späterer Kanzler des Deutschen Reiches Otto von Bismarck im
Österreichisch-Preussischen Krieg von 1866 trotz des beharrlichen
Drängens des damaligen Königs von Preussen und späteren deutschen
Kaisers Wilhelm I. von Preussen und trotz der Forderungen der Generäle
die Einnahme Wiens nicht zulassen. Und er machte es völlig richtig.
Damit beschleunigte er eine Friedensvereinbarung zu Preussens
Bedingungen und gewährleistete, dass Österreich-Ungarn für immer bis zu
seiner Beseitigung 1918 zu einem Juniorpartner Preussens und später des
Deutschen Reiches wurde.
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