Rezension
Einar
Schlereth
26.
Februar 2017
Vorweg
muss ich sagen, dass ich die hervorragende schwedische Übersetzung
‚När soldaterna kom‘, die kürzlich erschienen ist, vor mir
habe und aus ihr auch zitieren werde. Das kann natürlich etwas
anders lauten und auch die Seitenzahl stimmt möglicherweise nicht.
Ob das eine oder andere geändert oder ausgelassen wurde, kann ich
natürlich auch nicht beurteilen.
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Die berühmten 'Frolleins' |
Zu
allererst will ich hervorheben, dass dies die erste umfangreiche Arbeit über die
Vergewaltigungen
aller vier Siegermächte in Deutschland beim Zusammenbruch und
danach ist. Es mussten also 72 Jahre nach Kriegsende vergehen, bis so
ein Buch geschrieben wurde. Es gab eine Reihe anderer Bücher,
die sehr bald nach Kriegsende erschienen, die sich aber ausschließlich
mit den Vergewaltigungen der Russen befassten. Das wurde
selbstverständlich als verdienstvoll angesehen, den „Kommis“
eins überzubraten. Da brauchte man auch keine Fakten liefern,
sondern konnte frisch und fröhlich drauflos phantasieren. Eine
Million, zwei Millionen, jede 3., nein jede zweite Frau in der SBZ
wurde vergewaltigt usw. usf. Miriam Gebhardt (MG) legt sich am Ende
auf eine halbe Million sowjetische Vergewaltigungen, auf 190 000
US-Vergewaltigungen und eine Gesamtzahl von ca. 860
000 fest.
Doch
diese Zahlen gefielen vielen Leuten nicht – zu wenig Russen, zu
viele Amerikaner und 170 000 für Briten, Schotten, Franzosen,
Polen? MG meint, es gäbe für die englische BZ sehr wenig Quellen.
Das ist wahrlich kein Grund, dann so niedrige Zahlen anzusetzen, auch wenn sie manchem zu hoch vorkommen. Wer ein
wenig die englische Besatzungspolitik in den Kolonien kennt, der
weiß, dass sie im Vergewaltigen, sadistischer Folter und maßloser
Rachsucht kaum zu übertreffen waren, außer von den USA natürlich.
Amerikaner scheuten sich nicht einmal, im alliierten
Frankreich ungezählte Vergewaltigungen zu verüben, so dass es
zu scharfen Protesten gekommen ist. Nichtsdestoweniger schreibt Felix
Kellerhoff in seiner Rezension „Auch
US-Truppen verübten brutale Vergewaltigungen“, aber MG‘s
Zahlen überzeugen ihn nicht:
„Doch dieser Wert
ist, anders als die Autorin vorgibt, in Wirklichkeit völlig
freihändig. Weder die Ausgangszahl noch der Faktor 100 sind
überzeugend belegt. Es sind Annahmen, die zutreffen können, aber
nicht müssen. Das festzustellen hat nichts mit Relativierung der
Verbrechen zu tun – es könnte genauso gut doppelt so viele Fälle
sexueller Gewalt durch GIs gegeben haben oder halb so viele. Man kann
es schlicht nicht quantifizieren.“