BERLIN/PJÖNGJANG/HANOI (Eigener Bericht) - Aktuelle Versuche der Trump-Administration, Nordkorea mit Hilfe Vietnams gegen China zu positionieren, sind schon vor Jahren von deutschen Experten mit vorbereitet worden. Dabei handelt es sich um Bemühungen, Pjöngjang eine wirtschaftliche Öffnung nach vietnamesischem Modell nahezubringen, wie sie deutsche Fachleute bereits 2012 und 2013 unternommen haben. Hintergrund ist das systematisch verfolgte Ziel von Staatschef Kim Jong-un, eine innere wirtschaftliche Liberalisierung Nordkoreas mit einer äußeren ökonomischen Öffnung zu verbinden; 2013 scheiterte dies allerdings an einer Verschärfung der Sanktionen gegen Nordkorea. Der Versuch steht im Hintergrund auch des heute beginnenden Treffens mit US-Präsident Donald Trump. Dabei wird eine Öffnung nach vietnamesischem Modell in Gegensatz zu einer Öffnung nach chinesischem Modell gesehen. Vietnam kooperiert immer enger mit den USA, auch im Machtkampf gegen China. Gelänge es, Pjöngjang enger an Hanoi zu binden, dann stiegen die Chancen, es ebenfalls gegen Beijing in Stellung bringen zu können.
Von "Military First" zu "Economy First"
Ausgangspunkt des Verhandlungsprozesses zwischen Washington und Pjöngjang, der nun schon zum zweiten Gipfeltreffen zwischen Donald Trump und Kim Jong-un führt, ist laut Einschätzung von Experten das seit Jahren konsequent verfolgte Ziel des nordkoreanischen Staatschefs, die ökonomische Entwicklung des Landes voranzutreiben und dabei auch die Wirtschaft gegenüber dem Ausland zu öffnen. Wie der Nordkorea-Experte Jae-Jung Suh von der International Christian University (ICU) in Tokio urteilt, hat Kim zwar den Aufbau der nuklearen Abschreckungskapazität, über die das Land jetzt verfügt, durchgesetzt, um Sicherheit vor einem möglichen US-Überfall zu haben.[1] In diesem Zusammenhang wird gewöhnlich darauf verwiesen, dass Libyen einst sein Atomprogramm aufgab, einige Jahre später aber von mehreren Mächten Europas und den USA in Schutt und Asche gebombt wurde. Suh erinnert allerdings daran, dass Kim bereits im Jahr 2013 Nordkoreas damalige Schwerpunktsetzung auf den Ausbau des Militärs ("Military First") aufgehoben und eine gleichberechtigte Förderung von Militär und Wirtschaft ("Byongjin") eingeführt hat. Nach den erfolgreichen Nuklear- und Raketentests hat der nordkoreanische Staatschef dann im April 2018 die "Byongjin"-Politik durch die weitere Rückstufung des Militärs und die Bevorzugung der Wirtschaft ("Economy First") abgelöst. Damit haben sich binnen weniger Jahre Pjöngjangs Prioritäten klar verschoben.