Diesen ansgezeichneten Artikel habe ich mit Dank an Manfred Ziegler übernommen. Dies ist nicht nur auch meine Auffassung, sondern es geht um ein echtes Drama. Die Kurden lagen mir vor vielen Jahrzehnten auch sehr am Herzen, woran die wunderbaren Romane von Yasar Kemal einen großen Anteil hatten. Doch allmählich erfuhr ich mehr über das Schicksal des kurdischen Volkes, das auf drei große Länder, Irak, Iran und die Türkei verteilt ist (genau wie die Balutschen auch). Ihr Elend haben sie vor allem zwei Supergaunern zu verdanken, aus den eigenen Reihen: den Häuptlingen Barzani und Talabani, die zu den reichsten Männern in Kurdistan gehören. Ich bezweifle, ob diese Schurken selbst noch wissen, wie oft sie ihr Volk verraten und verkauft haben. An die Amerikaner, dann die Russen, an den Irak, an den Iran und vor allem auch an Israel. Nicht nur einmal, sondern immer wieder - hin und her. Den Kurden in Syrien ging es am besten im Vergleich zu den drei großen Ländern. Assad hat ihnen während des Krieges auch ein hohes Maß an Selbstbestimmung gegeben, worauf sie auch al-Assad die Loyalität geschworen haben. Das dauerte nicht allzu lange und sie verbandelten sich mit den Amis und noch enger mit den Israelis. Hinzu kam, dass sie in den von der ISIS befreiten Gebieten eine widerliche rassistische Politik gegen die Araber führten, die sie von ihrem Land und aus ihren Häusern vertrieben, wo sie seit Jahrhunderten lebten. Und an diesen Verbrechen sind nicht nur zwei Häuptlinge Schuld, sondern daran sind notwendigerweise viele Leute beteiligt. Und da kann man einfach nicht mehr solidarisch sein.
15.06.2018
Rojava – das waren
einmal drei kurdische Kantone im Norden Syriens. Im Rahmen des
Krieges gegen Syrien kamen die Dschihadisten des IS auch nach Rojava
und bedrohten die bloße Existenz der kurdischen Bevölkerung. Für
die Linke in Europa und darüber hinaus wurde der Kampf um Rojava zu
einem Leuchtfeuer in den Untiefen des Krieges um Syrien. Oder war es
vielleicht doch ein Irrlicht? Um die Frage zu beantworten, müssen
wir tief in die Geschichte des Krieges um Syrien eintauchen.
Warum wird ein
kleines unscheinbares Land, buchstäblich hinter den sieben Bergen
seit Jahren in einem Krieg zerstört, an dem sich von Anfang an die
NATO-Staaten, allen voran die USA und die Türkei, die Golfstaaten
zumindest indirekt beteiligten und für den Milliarden Dollar
ausgegeben wurden, in dem ungezählte Menschen getötet wurden.
Würden heute Aliens
von Mars oder Venus kommen und den Krieg betrachten, hätten sie
überhaupt keinen Zweifel: Es geht um Ressourcen, um regionale und
globale Machtinteressen, um Regime-Change im Interesse und im Auftrag
der USA. Es geht um den Konflikt zwischen USA, Israel und
Saudi-Arabien auf der einen und dem Iran auf der anderen Seite.
Und ebenso gilt:
schon um 2007 konnten wir ahnen, was die Zukunft bringt –
Regime-Change lag in der Luft.
2007 schrieb der
amerikanische Journalist Seymour Hersh über eine mögliche
Neuorientierung der US-Außenpolitik: Heimliche Aktivitäten, um den
Iran und Syrien zu schwächen fanden statt. Die USA förderten
sunnitische Extremisten. Das Flüchtlingslager Nahr al-Barid im
Libanon wurde in Kämpfen zwischen der Armee und Dschihadisten so
zerstört, wie später weite Teile Syriens. Die sunnitischen
Extremisten hatten in Bahr al-Barid nur trainiert.
Nur für einen
kurzen Moment in diesen Jahren schien das Verlangen der USA nach
Regime-Change in den Hintergrund zu treten. Die Proteste im
Frühsommer 2011 schienen eine Alternative aufzuzeigen. Doch wurden
die Proteste von Anfang an von außen militarisiert. Der Angriff der
NATO auf Libyen begann in der selben Woche, wie die Proteste in
Daraa. Dieser Angriff zerstörte den libyschen Staat und zeigte
zugleich den Dschihadisten in Syrien den Weg auf. Jedem Feind der
Regierung wurde gesagt: Tut was ihr könnt um die Regierung zu
stürzen; wenn es euch nicht gelingt, bombardiert euch unsere
Luftwaffe an die Macht.
Was Syrien betrifft
überdeckten die Medien im Westen alle Widersprüche, Entwicklungen
und Veränderungen mit dem Bild: "Der furchtbare Diktator
schlachtet sein Volk ab". Damit verdeutlichten sie den Satz "Das
herrschende Bewusstsein ist immer das Bewusstsein der Herrschenden"
auf unnachahmliche Weise.
Die mediale
Darstellung war nicht etwa nur Fake News, viele einzelne Nachrichten
waren durchaus korrekt. Aber die Darstellung war Doppeldenk im
Orwell’schen Sinne, bei dem zwei sich gegenseitig ausschließende
Überzeugungen aufrechtzuerhalten und beide zu akzeptieren sind.
"Es gibt viele
bewaffneten Kräfte der Opposition", schrieb etwa al-Jazeera im
Sommer 2011. "Zusammen haben sie 700 Mitglieder der syrischen
Sicherheitskräfte getötet...". Und schreibt im selben
Abschnitt: "...Unsere Revolution ist friedlich und wir haben
keine Waffen..."
Das Bild des
Krieges, das in den Medien dargestellt wurde und wird, ist das Bild
der Herrschenden. Und das heißt, es ist das das Bild derjenigen, die
diesen Krieg führen.
Die herrschende
Ideologie hat immer wieder die Feinde der syrischen Regierung
verharmlost und die syrische Regierung verteufelt. Hier zieht sich
ein roter Faden vom Bild der "friedlichen Demonstranten und
Deserteuren, die von der Regierung getötet werden" aus den
Anfangszeiten des Krieges bis hin zu den Fassbomben und Chemiewaffen.
Nur der IS fiel im
Laufe der Zeit vordergründig aus diesem Bild heraus. In Wirklichkeit
aber ergänzte er das Bild, weil er alle Verbrechen der Dschihadisten
auf sich nahm und die anderen damit als "gemäßigte Rebellen"
gelten konnten.
De Linke war
gegenüber dem Narrativ vom Diktator, der sein Volk abschlachtet
vollkommen hilflos. Eine kritische Diskussion über Syrien und die
Darstellung in den Medien fand kaum je statt. Den medialen
Informationsbomben gegenüber hilflos flüchtete die Linke in ein
anderes Narrativ, das von der Emanzipation in Rojava.
Der Kampf um Kobane
bildete den Ausgangpunkt für dieses Narrativ – und zugleich für
das Bündnis der PYD und YPG mit den USA. Dieses Bündnis hat Rojava
vollständig zerstört. Es gibt keine kurdischen "Kantone"
mehr, sondern nur noch ein Gebiet, das die USA mit ihren Stützpunkten
und Waffen kontrollieren – und von YPG kontrollieren lassen.
In diesem Gebiet
liegt die arabische Stadt Raqqa, die nach der Zerstörung durch
US-Luftwaffe und Artillerie nun einen zweiten Tod der
Vernachlässigung stirbt. Hier gibt es keinen Hauch von Emanzipation.
Diejenigen Einwohner, die nach Raqqa zurückkehren, kommen in ein
Trümmerfeld. Sie müssen ihre toten Angehörigen aus dem Schutt
bergen, bedroht von Blindgängern und Minen, die niemand räumt.
Organisierte Banden berauben die Einwohner. Die Washington Post lässt
ein Mitglied des Verwaltungsrates von Raqqa warnen: "Wenn wir
den Wiederaufbau nicht voranbringen, wird das Wasser auf die Mühlen
von Assad". Stimmt! Denn im Regierungsgebiet läuft der
Wiederaufbau schon lange.
Im besetzten Gebiet
im Norden Syriens geht es nicht um Emanzipation – sondern um die
Kontrolle über Ressourcen. Der größte Teil der Erdöl- und
Erdgasförderung Syriens, ein großer Teil der landwirtschaftliche
Nutzfläche Syriens liegt in den Gebieten unter Kontrolle der USA und
ihrer Verbündeten.
So ist Rojava
untergegangen, schon lange bevor die türkische Armee Afrin besetzte
und bevor sich die YPG im Juni aus Manbidsch zurückzog.
Mit ihrer verfehlten
Politik des Verrats an Assad und Syrien könnten die syrischen
Kurden, wieder einmal, in Schwierigkeiten geraten. Wenn es nach Trump
geht, werden sich die USA in absehbarer Zeit (?) aus Syrien
zurückziehen.
Kaspar Trümpy, ICSM
Schweiz
http://www.free-slobo.de/
Habe den Trümpy bei free-slobo.de nicht gefunden. Hast Du einen einfacheren Link?
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