Montag, 12. November 2012

SYRIEN UPDATE: Syrische Freiwillige sind ein Beispiel für Menschlichkeit

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SÖLDLINGE der USA, Frankreichs, Englands, Israels, Deutschlands morden nach Herzenslust in Syrien unter dem zerfledderten Fähnchen humanitärer Hilfe, während sie gleichzeitig mit den allerfiesesten Methoden und Mitteln versuchen, selbst die wirkliche humanitäre Hilfe für notleidende Menschen zu unterbinden. Da fehlen einem wirklich die Worte.


F. Lamb
12. November 2012


Dem Mahlstrom widerstehen

In den vergangenen 20 Monaten, als die syrische Krise entgegen allen Vorhersagen fortdauerte, habe ich etwas über das syrische Volk gelernt, das ich schon früher bei den Palästinensern erlebte. Und das ist ihre große Sorge um ihre Mitmenschen, wo immer sie sind und was immer ihre gegenwärtige Lage ist. Wenn ich in Syrien bin, dann werde ich oft gefragt: „Wie geht es unseren Landsleuten im Libanon als Flüchtlinge in dieser Krise?“ Im Libanon werde ich oft gefragt: „Wie geht es unseren (internen) Flüchtlingen in Syrien und unseren Leuten in Jordanien, Irak oder der Türkei. Wie werden sie behandelt und bekommen sie das Notwendigste zum Leben?“

Und viele syrische Flüchtlinge erleben bittere Zeiten. Anfang November 2012 waren beinahe 700 000 aus ihrem Land geflohen. Die UNO erwartet, dass es Anfang nächsten Jahres fast eine Million sein werden, wenn der Kampf nicht aufhört. Bald könnten es an die 2 Millionen Vertriebene innerhalb Syriens sein laut dem Büro des Hochkommissars für Flüchtlinge der Vereinten Nationen (UNHCR). Laut dem Bericht 10/12 der UNHCR über syrische Flüchtlinge gibt es 205 000 Flüchtlinge in Jordanien, nahezu 60 000 im Irak (die ersten bekannten Flüchtlinge, die im vergangenen Viertel Jahrhundert nach Irak geflohen sind), 110 649 in der Türkei und 110 095 im Libanon. Die wahren Zahlen liegen um geschätzte 13 % höher wegen vieler Flüchtlinge, die sich nicht bei den örtlichen Behörden oder NGOs aus verschiedenen Gründen registrieren können oder wollen.

„Viele weitere Syrier sind kürzlich innerhalb unserer Grenzen vertrieben worden und wir stellen uns auf einen langen Konflikt ein“, sagte mir Dr. Abdul Rahman Attar, Direktor des Syrisch-Arabischen Roten Halbmondes bei einem Treffen in seinem Büro in Damaskus. Dr. Attar erklärte, dass „die intern vertriebenen Personen“ jetzt schon mehr als 1.5 Millionen ausmachen, beinahe 8.5 % der gesamten Bevölkerung, die in den vergangenen 19 Monaten des Konflikts aus ihren Heimen geflohen sind. Allein in Damaskus sind es schon 400 000. Panos Moumtzis, der Regionalkoordinator für Syrien der UNHCR, meinte, dass mehr als 3000 Menschen täglich in die Nachbarländer fliehen oder 90 000 pro Monat. Beide sind der Meinung, dass der Grund der Kollaps der öffentlichen Dienste sei. Innerhalb des Landes brauchen etwa 1.2 Mill. Menschen humanitäre Hilfe, was die Gesamtzahl der Hilfesuchenden auf etwa 2.7 Millionen bringt oder grob 12 % der gesamten Bevölkerung.

Politiserte humanitäre Hilfe


Während in Syrien, der Türkei, Jordanien und Irak offizielle Flüchtlingslager kostenlos Schutz für mehr als eine Viertel Million Flüchtlinge bieten, hat die Regierung im Libanon noch nicht den Bau ähnlicher Anlagen erlaubt aus konfessionellen Befürchtungen, dass vielleicht ein politischer oder sonstiger Vorteil einer rivalisierenden Sekte zugute käme – was wieder einmal zeigt, wie tief das anarchistische, konfessionelle Gleichgewicht den Libanon paralysiert. Unglücklicherweise sind es diese Mentalität und Vorurteile, die bisher verhindert haben, dass die Flüchtlinge aus Palästina im Libanon dieselben elementaren Bürgerrechte auf Arbeit und Besitz eines Heims erhalten, welche von Syrien und allen anderen Ländern den Opfern der zionistischen, kolonialen Aneignung Palästinas vor sechs Jahrzehnten gegeben werden.

Die Zahl der syrischen Flüchtlinge im Libanon haben die sektiererischen Spannungen erhöht, mit dem Ergebnis, dass syrische Arbeiter und Flüchtlinge von Elementen der libanesischen Regierung aufs Korn genommen werden. Und dies trotz der enormen Hilfe, die Syrien den libanesischen Flüchtlingen während des Krieges von 2006 gewährte, als Hunderttausende Sicherheit nebenan in Syrien suchten. Nadim Houry, stellvertretender Direktor für den Nahen Osten und Nordafrika von Human Rights Watch hat die zunehmende politische Schikane der syrischen Arbeiter im Libanon dokumentiert. Er berichtet: „Wir haben gesehen, wie die Armee und die Polizei eine Anzahl syrischer Arbeiter zusammentrieb und verhaftete. Kürzlich hat die libanesische Armee 72 Arbeiter verprügelt, von denen die meisten Syrier waren. Sie hat die Migranten in ihren Wohnvierteln zusammengetrieben, um ihnen 'eine Lektion zu erteilen' statt ihre polizeiliche Arbeit zu leisten.“

Trotz dieses düsteren Hintergrunds gibt es jenseits der Grenze in Syrien Hoffnung und sogar Inspiration. Sie kommen von dem syrischen Volk selbst und ihren hauptsächlich arabischen Freunden. Zwischen 10 000 und 11 000 Freiwillige, einschließlich irakische und palästinensiche Flüchtlinge bemannen in ganz Syrien mehr als 80 Hilfs-'Unterstationen' des Syrisch-Arabischen Roten Halbmondes (SARC). Diese umfassen mehr als ein Dutzend mobile Kliniken und Apotheken und 10 „Bereitschaftszentren vor Ort“. Je nach dem Stand der örtlichen Konflikte an jedem einzelnen Tag arbeiten die SARC-Freiwilligen 24 Stunden rund um die Uhr überall mit 6 oder bis zu 30 Ambulanzen, zusammen mit den Freiwilligen des Palästinensischen Roten Halbmondes. Seit Mitte des Sommers haben SARC-Freiwillige Zentren für psychologische Unterstützung von Kindern, aber auch Erwachsenen eröffnet. Kürzlich ist auch ein „heisser Draht“ eingerichtet worden, um Bürgern in der Not zu helfen. Internationale Freiwillige sind in allen SARC- Zentren gerne gesehen.

Die SARC-Freiwilligen sind jüngst von der UN-Welt-Nahrungshilfe und vielen anderen für ihre Arbeit gelobt worden. Sie verteilen lebensnotwendige Dinge an ihre Landsleute inmitten des Chaos und Mordens ohne Rücksicht auf Religion oder politische Ansichten. Ausländische Spenderländer sind Deutschland, Norwegen, Dänemark, Holland, Italien und England. Auch andere helfen mit Geld und Nahrung, wie etwa der Iran oder das Rote Kreuz der USA  mit Geld. Letzteres über das Internationale Rote Kreuz, um einen Aufschrei des Kongresses wegen möglicher Verletzungen der schweren dem syrischen Volk auferlegten US-Sanktionen zu vermeiden.
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Der Syrisch-Arabische Rote Halbmond wurde 1942 gegründet, als sich die französischen Kolonisatoren aus der 7000 Jahre alten Kultur zurückzogen, die sie 25 Jahre seit 1917 besetzt hielten, nachdem das englisch-französische Sykes-Picot-Abkommen geschlossen wurde. Die SARC schloss sich 1946 dem ICRC an. Der SARC erhält keine staatliche Unterstützung. Ich hatte die Gelegenheit, die Leiter und Freiwilligen der SARC zu treffen, die sich so einzigartig der Hilfe für ihre Landsleute widmen. Dabei haben schon mehr als ein Dutzend den Tod gefunden, als sie versuchten, den Eingeschlossenen in Homs, Aleppo, Idlib, Deraa und sonstwo Hilfe zu bringen. Ein Leiter eines SARC-Teams sagte mir: „Wenn einer unserer Leute getötet wird, beerdigen wir den Märtyrer und am nächsten Morgen haben wir 20 oder mehr neue Freiwillige, die seinen Platz einnehmen wollen und den Eingeschlossenen in den gefährlichsten Orten Hilfe bringen wollen. Ich muss Ihnen sagen, dass diese Hölle, die wir unmittelbar durchleben, mich sehr stolz auf mein Volk gemacht hat und darauf, ein Syrier zu sein. Wenn Gott will, werden wir dieses Chaos und Morden überstehen, und wir werden stärker als vorher als ein Volk sein.“

In der UNO sagte am 5. November 2012 ein Spitzenbeamter, dass die UN-Hilfe in Syrien, was vor allem die SARC-Freiwilligen sind, „sehr gefährlich und sehr schwierig ist“. Der Beamte, John Ging, Direktor des Büros für die Koordinierung der humanitären Angelegenheiten, erklärte, dass durch die Hilfsanstrengungen der SARC 1.5 Mill. Menschen mit Nahrung versorgt werden und die Hälfte davon in Konflikt-Gebieten, aber „es gäbe Gebiete, die wir nicht erreichen, vor allem solche, die seit einiger Zeit unter Kontrolle der Opposition stehen“.

Trotz der Rolle der UNCHR bei der Untersuchung des Flüchtlingsproblems und der Koordinierung weiterer Studien und Registrierung von Hilfsangeboten, sind einige Leute, die mit deren Aktivitäten in Syrien vertraut sind, wie etwa ein paar NGOs und einige syrische Beamte kritisch gegenüber ihren bisherigen Leistungen. Ein sehr angesehener syrischer Beamter sagte mir neulich: „Ich habe zu der örtlichen Verwaltung der UNCHR gesagt, dass wir die vielen schönen Autos bemerkt hätten, die Sie nach Syrien einfliegen, und wir haben einige ihrer gut bezahlten Angestellten getroffen, die Sie hergebracht haben, um uns zu helfen, aber können Sie uns bitte zeigen, ob sie nur einen Laib Brot an unser verzweifeltes Volk ausgegeben haben?“

Gerechterweise muss man sagen, dass die UNCHR, nach einem zugegeben langsamen Start, jetzt in Gang gekommen ist, und sein internationaler Stab lernt sehr viel von den örtlichen Freiwilligen der SARC.

Aber auch die SARC hat ihre Kritiker


Tawfik Chamaa, Sprecher der Union der Syrischen Medizinischen Hilfsorganisation (UOSSM), gab am 6. November 2012 in seinem komfortablen Genfer Büro eine Breitseite nach Gutdünken auf die SARC und ihre beinahe 11 000 Freiwilligen ab. Er behauptete gegenüber Reportern, dass Geld oder Material, das an die SARC geschickt wird, „vom Regime konfisziert wird. Es erreicht nicht die Zivilisten, die täglich bombardiert oder belagert werden. Neunzig, gar fünfundneunzig Prozent von allem, was an das Hauptquartier des Syrisch-Arabischen Halbmondes in Damaskus geschickt wird, geht an das syrische Regime in Damaskus, besonders die Soldaten“.

Doch haben laut AFP das Internationale Komitee des Roten Kreuzes und die UN-Weltnahrungshilfe (WFP), die beide eng mit der SARC zusammenarbeiten, entschieden bestritten, dass ihre Hilfe von der Regierung oder sonst jemandem konfisziert werde.

Ich habe spät in der Nacht am 7. November 2012 „Wassim“ angerufen, ein Freund und Freiwilliger im Hauptquartier der SARC in Damaskus, der vergangene Woche für mich Besuche in SARC-Verteilungszentren arrangierte, und auch er hat entschieden die UOSSM-Erzählung bestritten. Wassim sagte mir, dass die SARC direkt eine Antwort auf die UOSSM-Behauptungen erstellen wird.

Die UOSSM selbst ist kritisiert worden wie auch einige NGOs, die in Syrien arbeiten, weil sie politisiert und polarisiert wurden und übermäßig aufgeblähte Verwaltungen haben mit satten Gehältern und „humanitären Team-Leitern“, die in ihren Büros in Paris oder Genf sitzen oder sonstwo weit weg von Syrien. Herr Chamaa selbst ist ein hoch dotiertes Gründungsmitglied der westlichen Gruppe von 14 Hilfsorganisationen aus Ländern wie Frankreich, Schweiz, Türkei und den USA. SARC-Freiwillige, die vor Ort in den Lebensmittel-Verteiler- Zentren arbeiten, meinen, dass Herr Chamaa mehr lernen würde, wenn er Syrien besuchte und beobachtete, was vor Ort passiert, bevor er haltlose Behauptungen aufstellt. Die UOSSM wurde Anfang des Jahres gegründet, hauptsächlich von syrischen Ärzten, die in NATO-Ländern leben. Manche spekulieren, dass die UOSSM hofft, Teil eines künftigen NATO- abhängigen „Übergangsteams“ zu werden, während andere behaupten, dass deren grundlose politische Anklagen gegen die SARC-Freiwilligen unverantwortlich seien und jene verletzen, die am meisten in Syrien leiden. Derlei alarmierende Presse-Erklärungen bewirken, dass die dringend benötigten Spenden medizinischer Hilfe und Notwendigkeiten abnehmen. Das wirkt sich direkt auf die 1.5 Mill. Menschen in Syrien aus, die dringend humanitäre Hilfe brauchen.

Als Antwort auf Chamaas sensationslüsterne Erklärung sagte die Sprecherin des UN-Welternährungsprogramms Elisabeth Byrs zu den Medien am 7. November 2012: „Ich glaube, dass es absolut keine Konfiszierung gibt. Die WFP-Überwacher können die meisten Gebiete checken, damit die Nahrung an die Leute kommt, die sie am dringendsten brauchen. Und in gefährlichen Gebieten können sie die gepanzerten Fahrzeuge der WFP benutzen.“ Sie bestand darauf, dass der Rote Halbmond „der ernannte Koordinator der humanitären Hilfe in Syrien ist und über seine Unter-Abteilungen unabhängig arbeitet“.

Das ICRC sagte, dass es die Behauptungen von Chamaa kenne. Das Hauptquartier erklärte am 7. November 2012: „Wann immer derlei Fakten eindeutig festgestellt werden, was im Fall Syrien nicht der Fall ist, behandeln wir sie sehr ernsthaft und würden direkt das Management des (Syrischen Roten Halbmondes) und syrische Behörden ansprechen“.

Die ICRC-Sprecherin Anastasia Isyuk betonte, dass das ICRC und der Syrische Rote Halbmond „bestrebt sind, allen bedürftigen Bevölkerungen ohne Diskriminierung zu helfen, was eine große Aufgabe ist angesichts der sich verschlechternden humaniären Situation und Sicherheits-Bedingungen“. Den Freiwilligen des ICRC und der SARC gelang es kürzlich, Medikamente und Nahrungsmittel an 1200 Menschen in der Altstadt von Homs zu liefern. Seit Beginn des Jahres haben sie Nahrung, Wasser und andere Dinge an mehr als eine Million Menschen in ganz Syrien geliefert, laut ICRC-Sprecherin Anastasia Isyuk, wie AFP berichtete.

Am 8. November 2012 sagte Peter Maurer verzweifelt und voll böser Ahnung und leichtem Defätismus auf einer Konferenz in Genf: „Wir sind in einer Situation, wo die humanitäre Lage wegen des Konfliktes schlimmer wird. Und wir kommen mit der verschlimmerten Lage nicht zurecht. Wir haben eine Menge blinder Flecken und wissen, dass dort keine Hilfe hingelangte, und ich kann Ihnen nicht sagten, wie die Situation ist oder was wir tun können.“

Die neueste Entwicklung ist, dass am Freitag früh am 9. November 2012 der UN-Menschenrechtschef besorgt war über die Aussage des ICRC, dass es Probleme mit der Versorgung im kriegsverheerten Syrien gäbe. Die Hochkommisarin der UNO für Menschenrechte Navi Pillay sagte zur AFP auf dem Demokratie Forum in Bali/Indonesien: „Die Tatsache, dass sie jetzt sagen, sie seien nicht in der Lage, ihre zentralen Aufgaben zu erfüllen, macht die humanitäre Lage in Syrien sehr kritisch. Beinahe hoffnungslos.“

Sagt das nicht zu Zeinab Tamari, eine etwa dreißigjährige palästinensische Freiwillige aus dem Yarmouk-Flüchtlingslager in Damaskus, die durch ganz Syrien reist und Lebensmittel und Hilfe ihren arabischen Freunden bringt.

Und sagt es auch nicht dem syrischen Studenten Mahar Saad, dessen Haus bei den Kämpfen in Homs zerstört wurde und der täglich sein Leben riskiert, indem er im Viertel bleibt und den Nachbarn hilft, obwohl er selbst Mitglieder der Familie bei den Kämpfen verloren hat. Beide sind SARC-Freiwillige, die sich unaufgefordert bei einer der Außenstellen meldeten, um zu helfen. Sie vermitteln Hoffnung für Syrien und für die Menschheit, egal wie die gegenwärtige Krise enden wird.

Die Leitung und die Freiwilligen, die im Syrisch-Arabischen Roten Halbmond humanitäre Hilfe leisten, bestehen in der Hauptsache aus Syriern, die für andere Syrier da sind. Sie sind eine Zierde ihres Landes und rechtfertigen den Segen und die Hilfe aller Menschen guten Willen, indem sie ihr Leben riskieren, um  ihren Landsleuten Hilfe zu bringen.

Franklin Lamb ist gerade aus Damaskus nach Beirut zurückgekehrt. 

1 Kommentar:

  1. Sicher, dass SARC so lobenswert ist? Die SARC soll nur den Bewaffneten und der FSA helfen und einseitig Partei ergriffen haben - Hinweise veröffentlicht hier beispielsweise:
    https://www.facebook.com/DNNAR?ref=ts&fref=ts

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