Montag, 14. Oktober 2019

Manche fühlen sich in Hong Kong frustriert, da ihre Stadt gegen Festland China verliert



André Vltchek
Text & Fotos
10. Oktober 2019


Aus dem Englischen: Einar Schlereth



Die Altstadt von Hong Kong – miserabel verwaltet und schrecklich geplant


Hong Kong verliert gegen Festland China. Seine Armut wächst, es leidet unter Korruption und brutalem Kapitalismus. Es ist jetzt die teuerste Stadt der Welt. Die Leute sind frustriert, aber paradoxerweise machden sie das sozialistische Beijing für seine Probleme verantwortlich statt das Erbe des britischen Kolonialismus. Andererseits – Shenzhen, Shanghai, Beijing, Xiang und andere Städte lassen Hongkong fast in allen Bereichen hinter sich.


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Als mein guter Freund und großer Konzertpianist aus Beijing, Yuan Sheng, noch in New York lebte, Aufnahmen machte, Konzertte gab und an der renommierten Manhattan School of Music unterrichtete, erzählte er mir, dass er nachts heulen müsse: «In den USA bewerfen sie China mit Dreck. Ich fühlte mich verletzt, wehrlos.»

Er kehrte nach Beijing zurück, gab seine Grüne Karte zurück und begann am Konservatorium in Beijing zu unterrichten. Er hat seine Entscheidung niemals bedauert. «Beijing ist viel aufregender als New Yorik heutzutage», sagte er mir.
Es ist offensichtlich, das Beijing boomt: intellektuell, künstlerisch, praktisch in allen Bereichen des Lebens.

Yuans Freundin, die aus London zurückkehrte und Kurator des ikonenhaften «Großen Eis» wurde, teilte ihre Gedanken mit mir:
«Ich saß in London, frustriert und träumte von all den großen Musikern in der ganzen Welt. Und jetzt kommen sie zu mir. Alle wollen in Beijing auftreten. Diese Stadt kann dich groß oder kaputt machen. Ohne Übertreibung – dies ist jetzt der wichtigste Platz der Welt. Unter einem Dach in einer Nacht können wir eine russische Opern-Truppe hier haben, die in einer unserer großen Hallen auftritt, in einer anderen Halle eine chinesische Oper und ein bolivianisches Folklore Ensemble im Konzertsaal. Und dies in nur einem Theater von Beijing.»
Wenn chinesiche Künstler und Denker um den ersten Preis im Vergleich mit westlichen Metropolen ringen, dann sind es gewöhnlich Beijing, Shanghai und Shenzhen ‘gegen’ London, Paris und New York. Hong Kong liegt ‘irgendwo’ dort ganz weit hinten.

Als früher die Uni Hong Kong und die City Universität von Hong Kong die besten Unis in China zu sein pflegten, liegen jetzt die Einrichtungen des höheren Lehrens auf dem Festland wie die Peking Universität und Tsinghua bei der Produktion von fortschrittlichen kreativen Denkern weit vorne. Ich habe in allen Universitäten gesprochen und kann bestätigen, dass die jungen Leute in Beijing und Shanghai sehr hart arbeiten, endlos neugierig sind, während in Hong Kong sie gelinde arrogant mit einem Touch von Auserwähltheit sind und an einem Mangel an Disziplin leiden.

Die sogenannten «Seetauben» (Studenten, die ins Ausland gingen und nach Honglong und dann auf das Festland zurückkehrten) wurden immer wie Berühmtheiten behandelt, aber jetzt ist es viel einfacher, einen Job zukommen, wenn man ein Diplom vom Festland hat.

Vor kurzem, als ich die Randalierer in Hong Kong filmte, erzählte mir ein Empfangschef eines großen Einkaufs-Zentrums:
«Wir behandeln die Besucher vom Festland China nicht gut. Und da verloren sie das Interesse an Hong Kong. Früher kamen sie hierher, um unseren Reichtum zu bewundern. Jetzt meiden die meisten unsere Stadt. Was wir haben, das haben sie auch und oft besser. Wenn sie reisen, dann reisen sie lieber nach Bangkok oder Paris.»

Heutzutage ist der Kontrast zwischen Xiang, Shanghai, Beijing und Hongkong schockierend. Die Infrastruktur auf dem Festland ist unvergleichbar viel besser. Die öffentliche Plätze sind riesig und das Kulturleben viel fortschrittlicher ls in einer ehemaligen britischen Kolonie.

Während es in den chinesischen Städten des Festlandes fast keine extreme Armut gibt (und bis Ende 2010 wird sie bei NULL liegen), liegt sie in Hong Kong bei mindestens 20% und viele können es sich einfach nicht erlauben, in ihrer eigenen Stadt zu leben. Nur für das Parken des Autos während der Arbeitszeit muss man im Monat 700 US$ bezahlen. Winzige Wohnungen kosten über 1 Mill. US $. Doch die Löhne in Hong Kong sind nicht höher als in London, Paris oder Tokyo.
Die Stadt wird geführt durch ein extrem kapitalistisches System, ‘geplant’ von korrupten Industriemagnaten/ Stadtentwickeln. Das obsolete britische Gesetzes-System ist deutlich so geschneidert, dass es die Reichen schützt und nicht die Mehrheit. Das war das Wesentliche, warum das «Auslieferungs-Gesetz» vorge-schlagen wurde: um die Bewohner Hong Kongs vor zügellosen, unberührbaren und nicht gewählten de facto-Herrschern zu schützen.

Aber es gibt diesen "Deal", der ausgehandelt wurde, bevor Hongkong dorthin zurückgebracht wurde, wo es hingehört, nämlich - nach China. "Ein Land, zwei Systeme". Es ist ein ausgezeichneter Vertrag für die turbokapitalistischen Magnaten und für die pro-westlichen "Aktivisten". Und es ist extrem schlimm für die Durchschnittsbürger Hongkongs. Deshalb hat die Regierung von Hongkong nach monatelangen, vom Westen finanzierten Unruhen die Rechnung verschärft.

Hochgeschwindigkeits-Bahnhof Huanzhou - einer der größten der Welt
Hochgeschwindigkeits-Bahnhof Huanzhou - einer der größten der Welt

Junge Hooligans wissen sehr wenig über ihre Stadt. Ich sprach ausführlich mit ihnen während ihrer ersten Anti-Peking-Krawalle im Jahr 2014 (so genannte "Regenschirm-Revolution").

Richtig, damals und heute waren sie frustriert über den sinkenden Lebensstandard, über die Schwierigkeiten, gut bezahlte Jobs zu bekommen und erschwingliche Wohnungen zu finden. Sie sagten mir, dass es keine Zukunft für sie gibt" und dass ihr Leben nirgendwo hinführt".

Aber schnell würde ihre Logik zusammenbrechen. Während sie erkannten, welch gewaltige Fortschritte, Optimismus und Eifer in der Volksrepublik China unter der Führung der Kommunistischen Partei zu beobachten waren, forderten sie dennoch mehr Kapitalismus, der tatsächlich ihr Territorium ruiniert. Im Jahr 2014, und jetzt, beschmutzen sie die Kommunistische Partei.

Erzogen mit den hohlen Wertendes Egoismus und Eigennutz erzogen wurde, verraten sie ihr eigenes Land und begannen mit verräterischen Kampagnen und drängten ausländische fremde Mächte, auch England und die USA, «sie zu befreien». Für ein paar flüchtige Momente des Ruhmes, für einen «selfie-Aufstand».

Befreiung von wem? China greift nicht (unglücklicherweise für Hongkong) in seine ökonomischen und sozialen Angelegenheiten ein. Wenn etwas, dann baut es neue Infra-struktur wie die enorme Brücke, die jtetzt Hongkong mit Macau (ehemalige portugiesische Kolonie) verbindet und eine Hochgeschwindigkeits-Zugverbindung, die HongKong mit mit mehreren Städten auf dem Festland verbindet.

Je mehr Zurückhaltung Beijing zeigt, desto mehr wird es von den Randalierern und den westlichen Medien verdammt wegen seiner ‘Brutalität’. Je mehr U-Bahn-Stationen und öffentliches Eigentum von den Krawallmachern zerstört werden, umso mehr Sympathie wird ihnen von den deutschen, amerikanischen und den britischen rechten Politikern entgegengebracht.


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Britische Wächter verprügeln Menschen aus Hong Kong

Jahrzehntelang haben die britischen Kolonialisten das Volk von Hong Kong erniedrigt und gleichzeitig verwandelten sie ihre Stadt in eine brutale und nach asiatischen Standards rücksichtslose und völlig Geschäfts-orientierte Metropole. Jetzt sind die Menschen durcheinander und frustriert. Viele fragen sich, wer sie eigentlich sind.
Für Hong Kong ist dies ein schwieriger Zeitpunkt des Suchens nach seiner Seele.

Selbst jene, die «zurüch nach England» wollen, können kaum Englisch sprechen. Fragt man sie, warum sie ‘Krawall machen’, dann murmeln sie etwas von ‘Demokratie’ und ‘Freiheit’ im Westen und von der ‘Schlechtigkeit Beijings’. Broschüren eines obskuren, eztremistischen japanischen religiösen Kultes werden verteilt. Es ist ein einziges intellektuelles Chaos. Die Randalierer wissen nichts über Syrien, Afghanistan, Venezuela, Länder, die von Westen ruiniert wurden, wie Joshua Wong kooperieren stolz mit den westlichen Botschaften. Den chinesischen Sozialismus öffentlich zu loben, ist jetzt gefährlich – solche Leute werden von den «pro-Demokratie»-Randalierern verprügelt wegen ihrer «Verbrechen».
Bestens erzogene und über-höfliche Singapuris saugen buchstäblich hunderte ausländische Unternehmen aus Hong Kong auf. Man spricht dort Englisch und Mandarin. In Hong Kong sprechen die allermeisten Leute nur Kantonesisch. Viele Ausländer lassen sich auch in Shanghai nieder. Nicht nur Geschäftsleute. Shanghai ist voller europäischer Kellner.
Jüngsten Daten zufolge liegt auch der Tourismus in Hong Kong danieder.

Ab surderweise wollen die Randalierer genau das, was die Kommunistische Partei von China bietet: sie wollen einen wirklichen Kampf gegen die Kossuption und auch ein entschlossenes Handeln zur Lösung des Wohnungsproblems Schaffung neuer Jobs und bereitstellung von mehr öffentlichen Diensten. Sie wollen bessere Erziehung und allgemein ein besseres Leben. Sie wollen «Shanghai» oder «Beijing», aber sie sagen, dass sie eine Kolonie Englands sein wollen oder eine Dependance der USA.
Sie definieren grob kommunistische Ziele und dann schreien sie, dass sie gegen Kommunismus sind.


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Das China Kunstmuseum, Shanghai

China ist dabei, den 70. Jahrestag der Gründung der Volks-Republik China zu feiern.
Der Westen ist deutlich dabei, Hong Kong zu benutzen, um diesen großen Moment zu verpatzen.
Nachdem ich Hong Kong verließ, besuchte ich in Shanghai eine großartige Ausstellung mit sozialistischem Realismus in dem phantastischen, monumentalen China Kunstmuseum. Das Land ist unter der Führung von Präsident Xi wieder zuversichtlich, revolutionär und zunehmend sozialistisch, zum Schrecken des niedergehenden Westens. Es ist eine stolze Nation mit großen eleganten Städten, erbaut vom Volk für das Volk und mit zunehmend ökologischen Zielen auf dem Lande. Seine wissenschaftlichen, intellektuellen und sozialen Errungenschaften sprechen deutlicher als Worte.
Der Kontrast zwischen Hong Kong und Shanghai ist riesig und wachsend. Nostalgische Straßenbahnen in Hong Kong.

Aber versteht mich nicht falsch: Ich mag Hong Kong. Ich kenne seit 20 Jahren diese alte, neurotische, verwöhnte Lady. Ich kann ihren Puls fühlen. Ich liebe die alten Trams und Fähren und abgelegenen Inseln.
Aber Hong Kongs Charme liegt in seinem Verfall.
Die Schönheit Chinas ist frisch. China ist eine der ältesten Kulturen der Welt und eine der tiefgründigsten. Aber sie ist frisch, voller Hoffnung und positiver Energie. Zusammen mit ihrem engsten Alliierten Russland arbeitet und kämpft es nun für die ganze Welt; es ist nicht egoistisch.

Hong Kong kämpft nur für seine vage definierte Einzigartigkeit. Gegenwärtig kämpft Hong Kong gar nicht, da die meisten Leute dort sein wollen, wo sie in Wahrheit hingehören – in ihrem geliebten China. Es ist eine Gang von Kindern mit ihren Gesichtsmasken, die kämpfen. Kurz gesagt: eine relativ große Gruppe von pro-westlichen Extremisten, deren Führer ihren Ruhm über die Interessen des Volkes stellen.


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Hongkong hat kein "Big Egg"; kein berühmtes Theater, in dem die größten Musiker die Welt in Stauen versetzen. Das einzige Kunstmuseum ist seit Jahren wegen Erneuerung geschlossen und wird erst Ende 2019 wieder eröffnet. Das kulturelle Leben ist flach, ja sogar lächerlich, für den Ort, der sich als "Asia's World City" bezeichnet. Hier kann man keine großen Entdeckungen machen. Es ist alles ein Geschäft. Ein riesiges, großes Geschäft. Und schleichender Verfall.
Beijing könnte Hongkong leicht ‘befreien’, um ihm Zweck, Stolz und Zukunft zu geben.
Aber junge Hooligans wollen stattdessen von Washington befreit werden. Sie wollen von London wieder kolonisiert werden. Aber sie fragen ihre Mitbürger nicht. Das spiegelt ihre Vorstellung von "Demokratie" deutlich wider. Nicht die "Herrschaft des Volkes", sondern die "Herrschaft des Westens".

Sie empfinden nicht nur Verachtung für ihr Land, sondern sie verachten und schüchtern auch ihre Mitbürger ein, die nur ein sinnvolles Leben auf der Grundlage der chinesischen Werte führen wollen.


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[Erstveröffentlichung bei NEO – New Eastern Outlook – Ein Journal der Russischen Akdademie der Wissenschaften]

Andre Vltchek ist Philosoph, Schriftsteller, Filmemacher und investigativer Journalist. Er hat Kriege und Konflikte in Dutzenden von Ländern behandelt. Vier seiner neuesten Bücher sind China und die ökologische Zivilisation mit John B. Cobb, Jr., Revolutionärer Optimismus, westlicher Nihilismus, ein revolutionärer Roman "Aurora" und ein Bestseller der politischen Sachbücher: " Lügen des Imperiums enthüllen". Sehen Sie sich seine anderen Bücher hier an. Sehen Sie Rwanda Gambit, seine bahnbrechende Dokumentation über Ruanda und den Kongo und seinen Film/Dialog mit Noam Chomsky "On Western Terrorism". Vltchek lebt derzeit in Ostasien und im Mittleren Osten und arbeitet weiterhin weltweit. Er ist über seine Website und sein Twitter erreichbar. 

Quelle - källa - source

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