Sonntag, 9. November 2014

Die Rechte der Frauen im Iran und der anti-imperialistische Widerstandswille

Einar Schlereth

6. November 2014


Die gebürtige iranische Autorin Soraya Sepahpour-Ulrich hat zwar in regelmäßigen Abständen ihre Heimat nach der Revolution besucht, jedoch immer nur für kurze Zeit. Diesmal blieb sie zwei Monate - September und Oktober 2014 - und bemühte sich, das Land mit neuen Augen zu sehen. Ihren mehrteiligen Bericht leitete sie mit der Beschreibung der Lage der Frauen ein, ausgehend von dem bekannten Vorurteil im Westen, dass die Frauen so furchtbar "unterdrückt" sind, dass man am liebsten morgen mit einer "humanitären Intervention" beginnen würde. Ihr wisst, genau wie in Afghanistan, wo auch die Frauen befreit werden sollten. Nach einem über 10-jährigen Krieg sind die Frauen nun schlimmer dran als jemals zuvor. Das Land ist verwüstet, es gab hunderttausende Tote, Verletzte, hauptsächlich Frauen und Kinder - die üblichen "unvermeidbaren" Begleiterscheinungen bei einem "Befreiungskampf" halt.

Im Iran fand Soraya Sepahpour-Ulrich ein völlig anderes Bild. Gewiss gibt es den iranischen Kleidungskode - den "hijab". Er sei Pflicht und die Frauen können entweder ein Tschador oder einen Schal tragen. Soraya verdeutlicht:
"Vor der Revolution von 1979 war der Tschador ein schwach verhülltes Zeichen eines Kastensystems. Frauen aus höheren Schichten konnten freiwillig den Tschador anlegen, aber die große Mehrheit wurde mit dem Hidschab geboren, was sie gesellschaftlich benachteiligte. Damals war der Tschador ein Hinternis für die Frauen, gesellschaftlich aufzusteigen. Man schaute auf sie herab."
Nach der Revolution verschwand dieses Kastensystem. Nach 1979 war der Tschador (die Verhüllung von Körper und Kopf mit Ausnahme des Gesichts - zum Hidschab gibt es keinen großen Unterschied) kein Hindernis mehr, sondern das Gegenteil.

Heute können die iranischen Frauen praktisch jeden Beruf ergreifen, den sie wollen. Soraya hatte viele Gelegenheiten, mit Frauen aus den unterschiedlichsten Kreisen der Gesellschaft Kontakt aufzunehmen. Sie sprach mit jungen Studentinnen an der Uni von Teheran und war beeindruckt von deren Wissen, scharfem Verstand, ihren großen Kenntnissen und ihrem fließenden Englisch.

Frauen sind heute in allen Bereichen der Gesellschaft anzutreffen: Mutterschaft, Künste und Wissenschaften, High Tech, Film, Forschung, Unternehmen, Verwaltung, Politik, Sport, Armee, Bus- und Taxi-Fahrerinnen, Feuerwehr etc.

Besonders verlockend fand sie die Rolle der Frauen als Kultur-Bewahrerinnen. Schließlich ist der Kultur-Imperialismus ein unabdingbarer Teil des Neo- Kolonialismus. Als erstes muss immer die Kultur einer unterworfenen Nation beseitigt werden, um sie mit der hegemonalen Kultur zu ersetzen. Deshalb wurden überall in der Welt "in jedem kolonialen Abenteuer" als erstes die Frauen, die Familie und Traditionen aufrechterhalten, aufs Korn genommen. Da habe der Iran keine Ausnahme gemacht. Und in der Tat haben etliche ihre eigene Kultur aufgegeben und die Kultur des westlichen Imperiums übernommen. Aber die große Mehrheit leistet aktiven Widerstand.

Soraya erlebte beeindruckende Vorstellungen von Mädchen im Alter von 6 - 18 Jahren, die verschiedenste Lieder aus allen Regionen des Landes vortrugen und auch die Tänze und donnernden Applaus erhielten. "Ihre Gesten und  Bewegungen sollten nicht verführerisch sein, sondern waren graziös und poetisch, eine Verbindung von uralter Vergangenheit mit der Gegenwart. Dies waren die Frauen im Iran, die Irans kostbare Kultur und Traditionen gegen die moderne westliche Kultur schützen würden, die so zentral für "Zivilisation" und "Freiheit" für westliche Feministinnen ist."

Damit wolle sie nicht den Eindruck erwecken, so schreibt sie, dass alle Frauen im Iran glücklich, erfolgreich und geschätzt sind. Wie in allen Gesellschaften gibt es auch im Iran unglückliche, depressive, ausgenutzte Frauen, auch solche, die in Drogen und Prostitution getrieben werden. Dennoch haben die Frauen einen großen Schritt voran gemacht, was den Frauen im Westen völlig entgangen ist.

In einem zweiten Teil beschäftigt sich Soraya mit den Falschinformationen über die Iraner im allgemeinen. Schon zu Zeiten des Schah seien tausende und aber tausende westliche  Experten, Berater und nicht zu vergessen alle die unzähligen Geheimdienstler im Lande gewesen, die mit schöner Regelmäßigkeit falsche Berichte in den Westen resp. nach Washington lieferten. Deswegen wurde es ja auch von der islamischen Revolution auf dem falschen Fuß erwischt.

Aber nicht nur westliche Beobachter informierten falsch, sondern auch privilegierte Ausland-Iraner, die erzählten, was der Westen gerne hören wollte. Eine dritte Quelle für "Expertisen" waren die Mudschahedin Khalg (MEK), ursprüngliche eine linke Guerilla, die zu Terroristen verkommen ist und sich von CIA und/oder dem Mossad kaufen ließ und auf deren Konto heute die Ermordung zahlreicher iranischer Wissenschaftler und Forscher geht, vor allem im Bereich der Atomindustrie.

Auf Grund all der Fehlinformationen glaubt Washington immer noch, dass die Iraner Amerika lieben und nur darauf warten, "gerettet" zu werden. Glaubt, dass der Widerstandswillen nur einer kleinen Gruppe von Fanatikern zuzuschreiben ist (wie etwa Ahmedinedschab), was natürlich völliger Unsinn ist.

Soraya schreibt, dass Iraner gewiss traditionell gegenüber Fremden freundlich und höflich und gastfreundlich sind. Aber sie haben eben auch erlebt, wie die CIA einen Coup gegen den ersten frei gewählten Präsidenten Mossadegh durchführte, wie die CIA die Mörderbanden des Schah ausbildete, denen tausende Menschen zum Opfer gefallen sind. Und dann - tja und dann erzählt Soraya Sehpahpour-Ulrich zum x-ten Male das alte Märchen, ob aus chauvinistischer Unwissenheit oder Verlogenheit kann ich nicht sagen - dass die USA quasi in Komplizenschaft mit Saddam Hussein den Iran angriffen und dem Irak Giftgaswaffen lieferten, das er gegen die armen Iraner einsetzten. Deshalb gäbe es kaum eine Familie im Iran, die nicht Opfer gegen den bösen Saddam gebracht hätte.

Das mit den Opfern stimmt, nur waren es nicht Opfer Saddams sondern des Giftzwerges Khomeini. Ich habe zusammen mit vielen anderen die Ereignisse damals sehr genau verfolgt und erlebt, dass Khomeini es war, der pausenlos zum Krieg gegen den Irak und Saddam hetzte und zur Befreiung ihrer "unterdrückten shiitischen Brüder und Schwestern" aufrief. Dass Saddam es war, der wieder und wieder zum Frieden aufrief und bei der UNO klagte und unentwegt Beweise über die iranischen Übergriffe vorlegte, die alle unbeachtet blieben.

Vor allem könnte man auch ein wenig nachdenken. Iran war durch die USA zu Schahs Zeiten hochgerüstet worden mit einer gewaltigen Luftwaffe und einer gut trainierten Armee mit modernsten Waffen und besaß eine doppelt so große Bevölkerung wie der Irak (heute 80 zu knapp 40 Millionen) und fast die vierfache Landfläche. Es ist einfach Schwachsinn zu glauben, dass Saddam einen so übermächtigen Gegner angreifen wollte.

Außerdem, wie Jeff Archer in seiner ausgezeichneten Studie ( "The Mother of all Battles", Alternative Publishing, USA 2008, S. 289) nachgewiesen hat, ist es der Größenwahnsinn Khomeinis, der den  Krieg gegen den Irak provoziert hat. Man braucht auch nur einen Blick auf die Karte zu werfen, um zu sehen, dass der Iran schon geostrategisch mit seinem gewaltigen Hinterland im Vorteil gegen den Irak war, das nur ein schmalen Streifen dicht besiedelten Landes zwischen Basra am Persischen Golf und längs der Flüsse Euphrat und Tigris  hinauf nach Kurdistan hat, der schwer zu verteidigen ist.

Irak kämpfte damals um sein Überleben und es ist eine glänzende militärische Leistung, dass Saddam gegen die Übermacht standhalten und ein Patt erzwingen konnte. Und noch eine größere Leistung war es, das zerstörte Land in wenigen Jahren fast vollständig wiederherzustellen, was Saddam dreimal gelungen ist. Einmal nach der Erringung der Unabhängigkeit von den barbarischen Herrschaft des englischen Imperiums (es waren im übrigen die Engländer, die erstmals Giftgas gegen Zivilisten im Irak zur Anwendung brachten). Zweitens nach dem Krieg mit dem Iran und zum dritten Mal nach dem ersten US-Krieg gegen den Irak. Dagegen ist das deutsche Wirtschaftswunder ein Kinderspiel gewesen. Diejenigen, die Saddam ständig mit Dreck beworfen haben - und es immer noch tun - sollten sich schämen.

Kurz und gut, Soraya benutzt dieses Beispiel, um den Widerstandswillen des iranischen Volkes zu illustrieren. Am Ende schreibt sie: "Mit jedem falschen politischen Schritt fügt Amerika dem Land und den Menschen neue Wunden zu, was jedoch den Charakter und den Geist dieser unzerstörbaren Nation stärkt. Aber das ist etwas, was Washington nicht begreift." Und dem kann man ja voll und ganz zustimmen.

8 Kommentare:

  1. Saddam Hussein führte zwei Angriffskriege und setzte Giftgas ein. Das ist nicht "Saddam mit Dreck bewerfen".

    Der Angriffskrieg gegen Irak 2003 war ebenfalls ein Verbrechen.

    Das hier auch:

    (zweiter Golfkrieg 1990/91)

    " Nachdem die irakischen Truppen Kuwait bereits verlassen hatten und sich auf der Wüstenstraße zwischen Basra und Bagdad auf dem Rückzug in Richtung Hauptstadt befanden, wurden sie massiv aus der Luft bombardiert. So wurden mutmaßlich mehrere zehntausend irakische Soldaten im Grunde "hingerichtet", kritisieren die Gegner dieses Vorgehens.

    ...

    Der UN-Sicherheitsrat richtete die UN-Sonderkommission UNSCOM zur Abrüstung des Irak ein. Da der Irak aber die Arbeit der Inspektoren nicht in dem gewünschten Ausmaß unterstützte, außerdem auch möglicherweise geringe Vorräte an chemischen und biologischen Waffen versteckt hielt, wurden die Wirtschaftssanktionen in dieser Zeit nicht ausgesetzt. Die UN-Wirtschaftssanktionen, die allen UN-Mitgliedern den Handel jeglicher Art mit dem Irak verboten, waren äußerst erfolgreich, ja die erfolgreichsten in der UN-Geschichte überhaupt: Tatsächlich wurde das Land - mit Ausnahme von geschmuggeltem Öl über die Grenzen der Nachbarstaaten und der Abwicklung eines rudimentären Handels über Scheinfirmen - wirtschaftlich total isoliert. Doch dieses Beispiel zeigte, dass Sanktionen kein "friedliches" Mittel der Streitbeilegung sind: Sie hatten nicht das Ende von Saddam Husseins Macht zur Folge, sondern die schnelle Verelendung der Bevölkerung.

    Seit 1991 sind nach Schätzungen internationaler humanitärer Organisationen rund 1,5 Millionen Iraker, darunter über 550 000 Kinder unter fünf Jahren, den Folgen dieser Wirtschaftssanktionen zum Opfer gefallen - durch Mangelernährung und unzureichende medizinische Versorgung. Das entspricht rund sieben Prozent der irakischen Bevölkerung. Hans Graf von Sponeck, Leiter des UN-Hilfsprogramms für den Irak, trat im Februar 2000 aus Protest gegen die Folgen der Wirtschaftssanktionen von diesem Posten zurück. Er warf den Vereinten Nationen sogar Völkermord vor: "Im Übrigen haben nicht nur mein Vorgänger Denis Halliday und ich die Folgen der UNO-Sanktionen als Völkermord und als Verstoß gegen das Völkerrecht kritisiert. Auch der ehemalige Vorsitzende der UNO-Menschenrechtskommission, der belgische Völkerrechtsprofessor Marc Bossuyt, hat den Sicherheitsrat mitverantwortlich gemacht für die Verletzung der Genozid-Konvention der UNO von 1948, der Konvention über die Rechte des Kindes sowie der beiden internationalen Pakte für wirtschaftliche, soziale und kulturelle sowie für bürgerliche und politische Menschenrechte aus dem Jahre 1966." "

    (Quelle: http://www.blz.bayern.de/blz/web/irak/golfkriege.html)

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  2. Lieber Andreas, es gibt nur ein anständiges Standardwerk über Saddam Hussein und das ist das von mir genannte von Jeff Archer. Und
    das, was du hier an links geschickt hast, sind nur die üblichen Lügen, die tonnenweise verbreitet wurden.

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  3. Der einzige 'geschickte' Link wurde nur zum Quellnachweis angegeben, weil einige Absätze daraus hier eingefügt wurden, nicht der komplette Artikel.

    Deiner Auffassung nach sei es gelogen, dass nachdem die irakischen Truppen Kuwait bereits verlassen hatten und sich auf der Wüstenstraße zwischen Basra und Bagdad auf dem Rückzug in Richtung Hauptstadt befanden, sie (sie von der Kriegsallianz zur Befreiung Kuwaits) massiv aus der Luft bombardiert wurden und so mutmaßlich mehrere zehntausend irakische Soldaten im Grunde "hingerichtet" wurden?

    Deiner Auffassung nach sei es ebenfalls gelogen, dass seit 1991 nach Schätzungen internationaler humanitärer Organisationen rund 1,5 Millionen Iraker, darunter über 550 000 Kinder unter fünf Jahren, den Folgen dieser Wirtschaftssanktionen zum Opfer gefallen sind - durch Mangelernährung und unzureichende medizinische Versorgung?

    Es sei auch Lüge, dass Saddam Hussein zwei Angriffskriege startete und auch Giftgas einsetzte?

    Verzeihung, aber das alles brauch sich niemand sagen zu lassen.

    Möglich, dass du gar nicht gelesen hast, was ich geschrieben hatte, anders ist deine Äußerung zu dem was ich schrieb nämlich nicht zu verstehen.

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  4. Nein, Andreas, pardon - ich hatte nur gelesen, dass der Irak angeblich nicht mit den Inspektoren zusammenarbeitete. Die ersten zwei Punkte stimmen natürlich. Aber es ist gelogen, dass Irak Angriffskriege führte. Weder gegen Iran noch gegen Kuweit (dort ging es um den massiven Diebstahl von irakischem Erdöl durch die Kuweiter.
    Ich kann einfach nicht alles so genau durchlesen und beantworten, wie ich gerne möchte. Obendrein hatte ich einen Arztbesuch hinter mir und war drei Tage in Verzug. Die Mailbox war voll, das Haus war eiskalt. Ich wusste nicht wo anfangen. Ich kann mich nicht zerreißen. Arbeite sowieso viel zu viel. Aber du musst du dir das Buch von Jeff Archer besorgen. Da erfährst du die Wahrheit. Ciao

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  5. Demnach hätten Iran und Kuweit Irak angegriffen? Dem folge ich nicht.

    Die Hintergrundgeschichte zu Kuweit ist mir bekannt, dennoch berechtigt das nicht zum Angriffskrieg, meiner Auffassung nach.

    Gute Besserung.

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  6. Wenn du dich weigerst die angebotenen Quellen zu kontrollieren, kann ich auch nichts machen. Kuweit hat für Milliarden Dollar Öl gestohlen. Irak hat wieder und wieder protestiert. Auf Befehl der USA hat die UNO die Proteste ignorierte. Bevor Saddam einmarschierte, hat er die US-Botschafterin April kommen lassen und seine Absicht ihr mitgeteilt. Sie antwortete sinngemäß: das ist nicht unser Bier. Was meinst du denn, würde die USA tun, wenn Mexiko die Ölquellen in Texas anzapfen würde? Die Dokumente der Proteste Iraks gegen Irans Übergriffe liegen im Netz. Du brauchst nur zu suchen, wenn du schon nicht dir das Buch von Jeff Archer besorgen willst. Und jetzt ist Schluss, Andreas. Ich habe nicht so viel Zeit übrig.

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  7. Hatte bereits geschrieben, dass mir die Hintergrundgeschichte zu Kuweit bekannt ist. Dass du das ignorierst (dich weigerst das zu respektieren), das ist deine Sache, Einar. Da ist also keine "Weigerung" meinerseits vorhanden - zu lesen, was du vorschreibst, als "einzig anständiges Standardwerk"!

    Was das US-Regime tut oder tun würde in deinem Beispiel (Texas-Mexiko) bedeutet noch lange nicht, dass ich deiner Einstellung zur Zustimmung zum Angriffskrieg wegen Diebstahls zustimme oder folge.

    Jetzt verstanden? Danke. Sehr nett.

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  8. Was heißt hier überhaupt "Jetzt ist Schluss, Andreas"?

    Warum reagierst du erst auf friedliche Kommentare, um sie dann zu ersticken, wenn sie dir nicht passen? - oder wie?

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