Vielen Dank an Leo Mayer für seine Übersetzung des sehr vernünftigen Artikels von Atilio Borón aus dem Spanischen. Es ist erschreckend, dass die Staaten der Dritten Welt immer noch ihre Armeen von den USA ausbilden und bewaffnen lassen. Der Hauptgrund ist wohl der, dass korrupte Politiker und Militärs den hohen Dollar-Bestechungen nicht widerstehen können.
Der Staatsstreich in
Bolivien: 5 Lektionen
Bolivien Cinco
leccionesvon Atilio Borón (*)
von Leo Mayer
übersetzt
Hunderttausende sind auf den Straßen gegen die Faschisten |
Die
bolivianische Tragödie vermittelt in eindrucksvoller Weise mehrere
Lektionen, die unsere Völker und die popularen sozialen und
politischen Kräfte für immer lernen und in ihr Bewusstsein
einschreiben müssen. Hier ist eine kurze Aufzählung als Auftakt für
eine detailliertere Behandlung in der Zukunft.
Erstens,
gleichgültig, wie vorbildlich die Wirtschaft geführt wird, wie
Wachstum, Umverteilung, Investitionsfluss gewährleistet sind und
alle makro- und mikroökonomischen Indikatoren verbessert werden, die
Rechte und der Imperialismus werden niemals eine Regierung
akzeptieren, die ihren Interessen nicht dient.
Zweitens ist es
notwendig, die von verschiedenen US-Agenturen und ihren als
Akademiker*innen oder Journalist*innen getarnten Sprecher*innen
veröffentlichten Ratschläge und "Handbücher" zu
studieren, um die Anzeichen der Offensive rechtzeitig wahrnehmen zu
können.
Diese Schriften
betonen immer die Notwendigkeit, den Ruf des populären Führers zu
zerstören, was im Fachjargon als "Charaktermord"
bezeichnet wird, indem man ihn als Dieb, korrupt, Diktator oder
Dummkopf bezeichnet.
Das ist die Aufgabe
der sozialen Kommunikator*innen, der selbsternannten "unabhängigen
Journalist*innen", die zugunsten ihrer quasi-monopolistischen
Kontrolle der Medien das Gehirn der Bevölkerung mit solchen
Verleumdungen bombardieren, begleitet in diesem Fall von
Hassbotschaften gegen Ureinwohner*innen und die Armen im Allgemeinen.
Drittens, sobald
dies erreicht ist, sind die politische Führung und die
wirtschaftlichen Eliten an der Reihe, "einen Wechsel" zu
fordern, um der "Diktatur" von Evo ein Ende zu setzen, der,
wie Jorge Mario Vargas Llosa vor einigen Tagen schrieb, ein "Demagoge
ist, der an der Macht bleiben will".
Ich nehme an, er
wird in Madrid mit Champagner anstoßen, wenn er die Bilder der
faschistischen Horden sieht, die plündern, brennen, Journalisten an
einen Pfahl fesseln, eine Bürgermeisterin rasieren und rot
anstreichen, das Protokoll der letzten Wahl zerstören, um Don Marios
Auftrag zu erfüllen und Bolivien von einem bösen Demagogen zu
befreien.
Ich erwähne seinen
Fall, weil er der unmoralische Fahnenträger dieses abscheulichen
Angriffs war und ist, dieses grenzenlosen Verbrechens, das populäre
Führer kreuzigt, eine Demokratie zerstört und die Herrschaft des
Terrors durch Banden von angeheuerten Mördern installiert, um ein
würdiges Volk zu bestrafen, das die Kühnheit hatte, frei sein zu
wollen.
Viertens: Die
"Sicherheitskräfte" betreten die Szene. In diesem Fall
geht es um Institutionen, die von zahlreichen militärischen und
zivilen Stellen der Regierung der Vereinigten Staaten kontrolliert
werden. Sie trainieren sie, bewaffnen sie, machen gemeinsame Übungen
und bilden sie politisch aus.
Ich hatte
Gelegenheit, dies festzustellen, als ich auf Einladung von Evo einen
Kurs über "Antiimperialismus" für hochrangige Offiziere
der drei Waffengattungen eröffnete. Bei dieser Gelegenheit war ich
schockiert über den Grad der Durchdringung mit den reaktionärsten
us-amerikanischen Slogans aus der Zeit des Kalten Krieges und über
die unverhohlene Wut, die durch die Tatsache verursacht wurde, dass
ein Indígena der Präsident ihres Landes war.
Was diese
"Sicherheitskräfte" taten, war, sich von der Bühne
zurückzuziehen und das Feld für die unkontrollierten Aktionen
faschistischer Horden frei zu machen und dadurch die Bevölkerung,
die Aktivist*innen und die Persönlichkeiten der Regierung
einzuschüchtern.
Mit anderen Worten,
eine neue gesellschaftspolitische Figur: der Militärputsch "durch
Unterlassung", der es reaktionären Banden, die von der Rechten
rekrutiert und finanziert werden, erlaubt, ihr Gesetz durchzusetzen.
Als der Terror herrschte und angesichts der Machtlosigkeit der
Regierung, war das bittere Ende unvermeidlich.
Bundesregierung
begrüßt den vom Militär erzwungenen Rücktritt des bolivianischen
Präsidenten "als wichtigen Schritt ...
Regierungssprecher
Steffen SeibertZahlreiche Regierungen Lateinamerikas und auch die
Linksfraktion im Bundestag sowie der Vorsitzende der Labour-Partei in
Großbritannien Jeremy Corbyn bezeichneten das Vorgehen des Militärs
einhellig als Putsch. Anders die Bundesregierung und das Auswärtige
Amt unter Leitung von Heiko Maas (SPD).
Evo Morales hatte
bereits Neuwahlen angekündigt, als er durch anhaltende gewalttätige
Angriffe der rechtsextremen Opposition auf öffentliche Gebäude,
Amtsträger*innen und deren Familienangehörigen, auf Rundfunk- und
Fernsehanstalten, Gewerkschaften, Einrichtungen indigener
Organisationen, und schließlich durch die Militär- und
Polizeiführung aus dem Amt gedrängt wurde. Die Bundesregierung kann
keinen Putsch erkennen und begrüßt den Rücktritt von Evo Morales.
Regierungssprecher
Steffen Seibert erklärte: "Ich würde gerne für die
Bundesregierung sagen, dass mit seinem Rücktritt Staatspräsident
Morales den Weg zu Neuwahlen freigemacht hat und dass wir das als
wichtigen Schritt betrachten hin zu einer friedlichen Lösung." Regierungssprecher
Steffen Seibert, Bundespressekonferenz am 11. November 2019
siehe
https://youtu.be/zomaVIYKtgA (Min. 50)
.. zu einer
friedlichen Lösung"
Fünftens,
Sicherheit und öffentliche Ordnung hätten in Bolivien niemals
Institutionen wie der Polizei und der Armee anvertraut werden dürfen,
die vom Imperialismus und seinen Lakaien der einheimischen Rechten
kolonisiert wurden.
Als die Offensive
gegen Evo gestartet wurde, wurde eine Politik der Beschwichtigung und
der Nichtbeantwortung der Provokationen der Faschisten gewählt. Dies
führte dazu, dass diese ermutigt und die Einsätze erhöht wurden:
zuerst, um eine Stichwahl zu verlangen; dann, Betrug und Neuwahlen;
dann, Wahlen aber ohne Evo (wie in Brasilien, ohne Lula).
Später tritt Evo
zurück; bevor er sich weigerte, der Erpressung nachzugeben,
verbreiten sie Terror in Mittäterschaft von Polizei und Militär und
zwingen Evo schließlich zum Rücktritt.
Wie aus dem
Handbuch. Alles nach dem Handbuch.
Werden wir diese
Lektionen lernen?
(*) Atilio Borón,
geboren in Argentinien und Lateinamerikaner aus Überzeugung.
Soziologe und Politikwissenschaftler. Er erwarb seinen
Bachelor-Abschluss in Soziologie und später seinen Master-Abschluss
in Politikwissenschaft. Er promovierte in Politikwissenschaft an der
Harvard University.
Quelle: El golpe en
Bolivia: cinco lecciones, 11 noviembre 2019, telesurtv.net
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