Freitag, 18. Mai 2012

Willkommen zur Olympiade – den Friedensspielen. „Drohnen, Raketen, Kampfhelikopter, du meine Güte!“



Jeder anständige Mensch - ob Sportler oder Besucher - sollte dieses widerliche Spektakel boykottieren. Und wenn die BRICS-Länder schlau wären, würden sie diesen Hokuspokus ebenfalls boykottieren und zusammen mit der übrigen Dritten Welt echte Spiele und Wettkämpfe abhalten, die Freude verbreiten würden und billiger wären.


Dave Zirin
14. Mai 2012


Bis zu 48 000 Polizisten. Dreizehntausendfünfhundert Soldaten. Boden-Luft-Raketen auf den Dächern von Wohnhäusern installiert. Eine Schallwaffe, die Menschenansammlungen zerstreut, indem sie „den Kopf sprengende Schmerzen“ verursacht. Unbemannte Drohnen äugen vom Himmel herab. Eine Sicherheitszone, die von einem 20-km-Elektrozaun umgeben ist, umringt von trainierten Polizisten mit 55 Gruppen von Kampfhunden.
Man würde jemandem verzeihen, wenn er denkt, dass dies die Aufstandsbekämpfungs-Taktiken wären, die von den Basen der US-Armee in Irak und Afghanistan angewendet werden oder vielleicht die militärischen Methoden, die Dritte-Welt-Despoten in der School of the Americas in Fort Benning/Georgia lernen. Aber statt in einer Kriegszone oder in einem besetzten Land, ist dies der sehr sichtbare Sicherheitsapparat in London für die Sommerolympiade 2012.
London, das mehr Straßenkameras pro Kopf als irgendeine Stadt auf Erden hat, ist in den sieben Jahren seit den Terror-Attacken vom 7. Juli 2005 eine Stadt gewesen, deren politische Führer keine Ausgaben scheuen, um ihre eigenen Bürger zu überwachen. Aber die olympische Operation übersteigt alles, was wir je in einer westlichen Demokratie gesehen haben, die die Spiele beherbergt. Nicht einmal China 2008 benutzte Drohnen oder umgab die Spiele mit einem massiven, mit hoher Spannung geladenen Zaun. Aber hier in London bereitet man eine Aufstandsbekämpfung vor und hat auf der Themse einen Flugzeugträger vor Anker liegen. Hier in London hat man obendrein „Scanner, biometrische ID-Ausweise, Nummernschilder und Gesichterkennungs-CCTV-Systeme, Systeme zum Aufspüren von Krankheiten, neue Polizei- Kontrollzentren und Checkpoints“ eingeführt.
Stephen Graham vom Guardian nennt es „Lockdown London“ [so viel wie Gefängnis London] und spricht von „Englands größter Mobilisierung militärischer und Sicherheitskräfte seit dem 2. Weltkrieg“. Er übertreibt nicht im geringsten. Die Zahl der Truppen übersteigt die Zahl, die England in Afghanistan eingesetzt hat.
Es sind nicht nur die Kosten [2.7 Milliarden Pfund sind schon so gut wie ausgegeben] oder die unglaubliche Beschneidung des Privatlebens der Menschen. Es sind die Befugnisse, die der Polizei durch den „London Olympische Spiele Gesetzesakt 2006“ gegeben wurden, die es nicht nur der Armee und der Polizei sondern auch privaten Sicherheitsfirmen ermöglicht, bei „Sicherheitsfragen“ Gewalt anzuwenden. Diese „Sicherheitsfragen“ sind weit gefasst worden – sie umfassen alles von „Terrorismus“ bis friedliche Demonstrationen, Gewerkschaften, Leute, die geschmuggelte olympische Produkte in den Straßen verkaufen und die Entfernung jedweder Firma, die nicht das Siegel der olympischen Zustimmung hat. Um bei dem letzten Punkt zu helfen, wird es „Markenschutz-Teams“ in der ganzen Stadt geben und auch innerhalb des olympischen Geländes, um sicherzustellen, dass niemand „Kleidung trägt oder Accessoires mit kommerzieller Werbung außer von Herstellern“, die offizielle Sponsoren sind.

Die Sicherheitsoperation bedeutet auch die Art von Belästigung auf den Straßen von Arbeiterjugendlichen, wie wir das schon in den USA kennen. Wie der Guardian berichtet, hat „die Polizei die Erlaubnis gegen alle einzuschreiten, die ihrer Meinung nach antisoziales Verhalten zeigen, ob sie nun an Bahnhöfen herumhängen, betteln, zur Unzucht auffordern, Leute belästigen oder sonstwie Ärgernis errregen“.
Ich will niemanden schockieren, aber es gibt keine Anzeichen, dass der Sicherheitsapparat irgendwie eingeschränkt wird, wenn die Olympiade vorüber ist. Die Polizei hat so übermäßig viele neue Spielzeuge bekommen, die Schachteln wurden geöffnet und die Quittungen weggeworfen.
London wird die High-Tech-Polizeimacht beibehalten, sowie riesige Schulden, höhere Steuern und mit einer Kamera an jeder Ecke. Die einzigen Leute, die reicher von der Partei heimkehren, werden die von der privaten Sicherheitsindustrie sein, die „den Frieden“ als ihre persönliche Errungenschaft verkünden werden und mehr von den 1 Prozent ermutigen werden, noch mehr Wachen anzustellen, mehr Mauern und mehr Abschottung von den Ungewaschenen.
Es gibt keinen Grund, dass die Olympiade so verlaufen muss. Es gibt keinen Grund, dass eine internationale Sportfeier – besonders abwechslungsreicherer Sport als unsere ärmliche Diät an Fußball, Baseball, Basketball und noch mehr Fußball – nicht stattfinden kann ohne Drohnen und Flugzeugträgern. Es gibt keinen Grund, dass Athleten aus der ganzen Welt sich nicht begegnen und ihre physischen Kräfte messen können.
Aber die Olympiade geht ja auch nicht mehr um Sport, so wenig wie es in Irak um Demokratie ging. Die Olympiade geht auch nicht um die Sportler. Und ganz bestimmt geht es nicht darum, „die Gemeinde der Nationen“ zusammenzubringen. Sie sind ein neoliberales trojanisches Pferd, das das Geschäft ankurbeln und die grundlegenden bürgerlichen Rechte einschränken soll.
In vieler Hinsicht sind das die Spiele immer gewesen. Von Hitlers Berliner Olympiade 1936 bis zum Gemetzel der Studenten 1968 in Mexiko City bis zur Massenvertreibung von Bürgern 2008 in Beijing – das harte Eingreifen ist immer Teil der Olympiade gewesen. Aber in der nach 9/11 Welt sind die Normen noch höher angesetzt, um es als das zu zeigen, was es ist. Die Olympiade ist der Löffel Zucker, um die Medizin besser schlucken zu können, und die Medizin ist, dass unsere gewählten Führer den Feind gesehen haben, und der sind wir alle.


Quelle - källa - source

3 Kommentare:

  1. Eine weitere Übrungsmögichkeit für die Pest der Welt. Und wenn wir Pech haben, machen sie die Übung gleich zum Ernstfall.

    AntwortenLöschen
  2. Von Spielen mag man in dem geschilderten möglichen Szenario schon nicht mehr reden. Es mutet eher wie eine mächtige Show der Eitelkeiten an. Jeder Staat, der die Olympiade ausrichtet, möchte seinen Vorgänger noch übertrumpfen in der Ausführung der Spiele. Versteht sich von selbst, dass man sich viele Siegesmedaillen verspricht, ist ja auch gut fürs "Geschäft". Dieses Mal wird es die Superlative der Präventivmaßnahmen gegen alle Arten von Angriffen von außen geben. Da kommt einem angesichts der angenommenen Bedrohung der Spiele schnell die sich selbst erfüllende Prophezeiung in den Sinn, was ein gewichtiger Grund mehr sein könnte, den "Spielen" fernzubleiben. Für mich haben diese Spiele schon vor Jahrzehnten ihren Reiz verloren. Sie sind zur hässlichen Fratze eines ausufernden Kapitalismus‘ geworden. Wer es angesichts dieser Aufrüstung nicht erkennen kann, der ist in Sachen Menschlichkeit und lebenswerter Welt auf beiden Augen blind.

    AntwortenLöschen
  3. london ist eben das hauptquartier des internationalen finanzgangstertums. da muss man schon etwas mehr für die sicherheit aufwenden.

    AntwortenLöschen