Freitag, 3. Juli 2015

Zweiter Brief aus Wolgograd der US-'Bürger-Diplomaten', vormals STALINGRAD

 In diesem zweiten Brief der US-'Bürger-Diplomaten' schildert Sharon ihre Eindrücke in Wolgograd, dem vormaligen Stalingrad. Auch diesmal bedenkt bitte, dass sie dies auf der Reise flüchtig und spontan niedergeschrieben hat, dass es also kein perfekter Essay ist. Trotzdem hat gerade dieser einen ganz besonderen Wert, wenn man über den Charakter der Russen mehr erfahren will. Ich hoffe, bald auch die Videos zu erhalten, die sie ihren Freunden versprochen hat, die ich dann natürlich sofort für euch auflegen werde. 

Sharon Tennison

29. Juni 2015

Aus dem Englischen: Einar Schlereth

Freunde,

die Pläne für Wolgograd wurden am Ende geändert. Wir waren uns nicht sicher, ob der Plan funktionieren würde. Wir kamen an einem strahlenden, sonnigen Morgen um 8.25 Uhr an. Der Zug kam zum Stehen und ich war eine der Letzten, die ausstieg. Und was ich sah, glich einem Meer von eifrigen Gesichtern, die zu unserem Wagen strömten. Und die Leute waren mit Blumen beladen.

Die Frauen an der Spitze unseres Wagons erhielten schon langstielie Rosen und Blumenbouquets. Dann kam Alexander (Sascha) Malashkin angerannt, der rasende Unternehmer, der die Frontseite meines Buches schmückt. Der Typ mit den unmöglichen Ideen. Umarmungen und frohe Zurufe. Wir hatte niemals zuvor ein solches Willkommen erlebt! Es war immer war, aber nicht so wie jetzt.

Das Zentrum Stalingrads bei Kriegsende (weitere Bilder sind hier zu sehen).

Unsere Freunde in Wolgograd hatten eine Bus gemietet, da sie nicht zuließen, dass wir Taxis oder die Metro benutzten. Sie brachten uns in unser Hotel im Zentrum. Ich hatte große Bedenken gehabt, da ich es als altes, mitgenommenes Gebäude sowjetischen Stils erinnerte. Da unsere Reise 'billig' sein sollte, buchte ich es und hoffte auf das Beste. Das Äußere des Hotels Wolgograd hatte sich nicht verändert, aber innen war es ein Schock. Im Stil des 19. Jahrhunderts eingerichtet, mit Goldblättern und an den Wänden prächtige Teppiche und Gemälde mit zwei gepflegten Aufzügen. Alles roch nach ausländischem Geld. Aber wer hat etwas in dieses alte Gebäude investiert in einer abgelegenen russischen Stadt? Als ich auf unsere Pässe wartete, bewunderte ich die farbigen Glasmalereien hinter dem Empfangs-Tresen. Die Zimmer waren klein, aber elegant – und alles für 50 – 70 $ pro Nacht.

Das heutige Wolgograd.

Später erfuhr ich, dass ein ehemaliger Bürgermeister es für einen Appel und ein Ei erworben und es selbst in den 90-er Jahren renoviert hatte. Das war in der Periode, als die Bürokraten eine Menge Geld machten vermittels tüchtiger Unternehmer machten – unsere Schüler haben wohl dazu beigetragen, aber nicht unbedingt freiwillig. Auf jeden Fall hat Wolgograd jetzt ein Klasse-Hotel, das effektiv arbeitet, sehr gutes Essen hat und seine Gäste mit Stil empfängt. Ich kann es nur sehr empfehlen, falls ihr in der Zukunft Wolgograd besucht.

Nach einem schnellen Frühstück wurden wir direkt zu einem Rotary-Treffen gebracht. Da wir nicht zu ihrem normalen Rotary-Treffen kommen konnten, haben sie es auf den Tag unserer Ankunft verlegt. Ihr Bus fuhr uns zu einem alten Gebäude, das ich vor zwei Jahrzehnten kennengelernt hatte. Es liegt in der Hafengegend nahe der Wolga – wahrscheinlich diente es früher Angestellten, die mit Fluss-Arbeiten zu tun hatten.

Das Äußere war genau wie in der Vergangenheit, doch drinnen hatte es sich in einen „business incubator“ verwandelt nach dem Silicon Valley-Vorbild! Dieselben intelligenten techy-Gesichter schauten aus ihren Kabinen, die den Incubator-Räumen in Palo Alto glichen. Manche gaben uns stolz ihr 'product spiel'. Alle waren gerade dabei, auf den Markt gebracht zu werden. Es wurde offensichtlich, dass dieser ganze 'business incubator' Sasha gehörte. Er ist der Mentor und teilt den Enthusiamus für das Micro-business der jungen Generation in Wolgograd. Sie könnten keinen besseren Coach finden.

In den 90-er Jahren hat Sasha systematisch begonnen, das zu schaffen, was die größte Großhandelskette für Nahrungsmittel in der Wolga-Region wurde. Er ist Besitzer von meheren anderen Unternehmen und ist in diesem Jahr auch der Präsident des einzigen Rotary Clubs in Wolgograd. Alle, die mein Buch gelesen haben, werden wissen, dass Sasha derjenige war, der 1991 verzweifelt versuchte, seine neue Familie zu ernähren. Er lieh sich einen LKW, fuhr nach Moskau, lud ihn mit Gebäck voll und verkaufte es an Wolgograds Metro-Stationen. Und er machte genug Geld, um die Woche drauf wieder nach Moskau zu fahren und wieder sein Gebäck zu verkaufen. 2001 erzählte er dem US-Außenminister Colin Powell seine ganze Geschichte, wie er zum größten Nahrungsmittel-Verteiler in der Wolga-Region wurde. Powell war so begeistert, dass er, als Sasha gehen wollte, seine Leute stehenließ und zu Sasha rannte, um ihm die Hand zu schüteln – so kam es zum Foto auf dem Buchdeckel.

Dieser junge Mann, zum Anwaltausgebildet, wurde zum Unternehmer, um seine Frau und seinen kleinen Sohn zu ernähren, als der Rubel wertlos war. Heute ist er Multi-Millionär und ist jetzt in seinem Element.

Wolgograds Rotary-Treffen finden in einer Halle seines 'business incubator' statt. Es war ein typisches Treffen – Rotary ist Rotary, wo auch immer! An diesem Tag hingen russische und amerikanische Flaggen Seite an Seite und die Rotary-Fahnen, der Four Way Test und begeisterte Gesichter, die beträchtlich jünger waren als in einem amerikanischen Ratary Club.

Sasha eröffnete die Sitzung. Ein großer Schirm leuchtete auf mit den Insignien des Clubs und Informationen. Musik kam von allen Seiten – die russische Nationalhymne begann, alle Russen standen auf und sangen unisono mit Begeisterung. Manche von uns, die die Melodie kannten, summten mit. Danach wurde auf dem Schirm die Geschichte des Clubs gezeigt. Schließlich auch die Leistungen des Clubs für das öffentliche Interesse wie etwa ein neu eröffneter Rotary Park für gehandicappte Kinder. Danach stellten wir uns vor und erzählten, weshalb wir diese Reise unternommen haben.

Nach dem Treffen besuchten wir den neuen Rotary Park, der mitten in der Stadt liegt, den Menschen jeden Alters leicht erreichen können.

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Die 38 engagierten Rotarier Wolgograds sind sichtlich stolz über ihre beiträge für ihre Stadt. Das
Durchschnittsalter ist etwa 45. Es sind Unternehmer mit ausreichend Mitteln, um die finanziellen Erwartungen von Rotary International befriedigen zu können. Einige von ihnen sind Paul Harris Fellows (d. h. Solche, die mindestens 1000 $ gespendet haben). Manche sind mehrfache Paul Harris Fellows.

Dann fuhren wir in das elegante Restaurant Gretel in „ländlichem Stil“ im Zentrum der Stadt. Es ist im Besitz und wird betrieben von Sashas liebenswerter Frau Oxanna. Gretel ist so etwas wie unsere Blackeye Pea Restaurants, vielleicht etwas besser. Sie servierte uns ein phantastisches Essen.

Danach besuchten wir das Dienstleistungs-Projekt für behinderte Kinder. Das Zentrum wurde geleitet von einer winzig kleinen Dame, die überall zugleich zu sein schien, die Leute vorstellte, die Musik bestimmte und die es uns bequem machte. Uns wurden Lieder vorgesungen von einem gemischten Chor aus Rotary-Mitglieder und Bewohnern des Zentrums.

Das war wohlgemerkt immer noch der erste Tag … dabei waren es erst ein paar Stunden her, dass wir vom Zug abgholt worden waren. Nach einem schnellen Abendessen wurden wir zu einem großen Gruppentreffen gefahren, wo wir Fragen stellen und beantworten konnten, die Unterschiede betrafen von den Nachrichten, die in unseren jeweiligen Ländern erschienen.

Es gab grundlegend verschiedene Erzählungen über Russland in den Welt- Nachrichten, je nachdem, wo man wohnt. Die eine gibt es in der New York Times, den US-Mainstreammedien und den NATO-Ländern, und die andere im Russian TV und Druckwerken und anderen blockfreien Ländern.

Auf beiden Seiten gibt es schnell wachsende alternative Nachrichten und investigative Journalisten, die entschlossen sind, ein umfassenderes und wahres Verständnis von dem zu geben, was international in der Welt geschieht – und die arbeiten vor allem im Internet. Traditionell hatten die Russen Null Interesse an ihren Medien, weshalb es normal für sie ist, für nationale und internationale Nachrichten sich auf das Internet zu stützen.

In Wolgograd hatten wir sowohl kleine als auch große Gruppendiskussionen über die schmerzhaften Themen zwischen uns. Unsere Russischen Gastgeber versuchten tapfer, unser Land nicht zu kritisieren, aber letztlich wurden sie deutlich und konnten die furchtbar übertriebenen Verdrehungen gegen Russland und Putin, die aus Washington kommen, nicht fassen. Sie haben den starken Verdacht, dass es mit einem letzten Versuch zu tun hat, die Welt-Herrschaft zu erringen.

Glücklicherweise trennen die Russen die Menschen von den Regierungen und machen nicht die Leute dafür verantwortlich, was die Regierungen machen. Das habe ich schon 1984 gemerkt, als ich die Monumente für den 2. Weltkrieg besuchte. Ich fragte, warum sie deutsche Musik (Schumann) spielten bei diesen Denkmälern. Und sie erklärten, dass Schumanns Musik am besten geeignet sei, weil sie einen so tiefen Kummer ausdrücke, und weil sie geschrieben wurde, bevor die Nazi- Bewegung entstand. Am Ende des Krieges förderten sowjetische Sprecher die Idee, dass der Krieg nicht die Schuld des deutschen Volkes war, sondern die Ursache bei der schrecklichen Nazi-Philosophie lag und dem ökonomischen System, das sie tun ließ, was sie taten. Selbst nachdem die Nazis ihr Land plünderten, Millionen Soldaten und Zivilisten töteten, hörte man niemals, dass Russen Deutschland oder die Deutschen kritisierten – sie haben von beiden eine hohe Meinung – doch fürchten sie jede Möglichkeit von Nazi-Erscheinungen, wie etwa das Azov-Battaillon Kiews, das gegen die Menschen im Donbass kämpft.

Das Mutterland ruft.

Am folgenden Morgen gingen wir zu den Wolgograd- Denkmälern. Egal, wie oft man sie besucht, es ist immer frisch und ergreifend. Und ihre Größe ist unvorstellbar. Das gigantische „Das Mutterland ruft“ mit dem Schwert gegen Westen gerichtet, von wo die Nazis nach Russland hineinrollten, ist einfach zu groß, um es begreifen zu können. Wie sie das geschafft haben, kann ich mir nicht vorstellen. Sie ist größer als die Freiheitsstatue, aber sie konnten wir nie direkt stehen. Wir sehen sie aus dem Flugzeug oder vom Schiff aus, so dass man ihre wirkliche Größe nicht kennt. Die Freiheitsstatue ist mehr oder weniger statisch. Aber 'Das Vaterland ruft' ist tiefe Leidenschaft … jedes Glied, jede Kurve ihres immensen Körpers ist eine trotzige Botschaft an jene, die wieder kommen wollen mit bösen Absichten – NIEMALS WIEDER!, wiederholt sie.

Auf dem Weg kommen wie an der 'Trauernden Mutter' vorbei – das meinem Herzen am nächsten stehende Monument. Als ich sie das erste Mal in den 80-er Jahren besuchte, hatte ich drei Söhne im Alter 18 bis Anfang 20 dabei. Ich war einfach überwältigt von ihrer tiefen Trauer, meiner Trauer und der kollektiven Trauer der Frauen … all der Mütter, die über die Jahrhunderte ihre jungen Söhne in Kriegen verloren haben. Von allen jungen Männern, die in der Sowjetunion 1923 geboren wurden, haben nur 3 % den 2. Weltkrieg überlebt. Können wir fassen, was dies für die Überlebenden bedeutet? 'Trauernde Mutter' ist auch ein riesiges Monument, aber nur ihr Kopf und der obere Torso, mit dem sie ihren toten Sohn hält, der einen Schleier über dem Gesicht hat – damit die Mütter ihre toten Söhne an den Schleiern erkennen können. Mutter und Sohn ruhen in einem großen Wasserbecken, das für die Tränen steht. Googelt sie. Es ist eine kraftvolle Botschaft!

Trauernde Mutter.
Als nächstes besuchten wir das riesige Schlachtfeld Diorama, das verschiedene Aspekte der Schlacht um Stalingrad wiedergibt, wo zwischen 1.7 bis 2 Millionen Leben verloren gingen. Es ist ein kreisrundes Meisterwerk mit echten Relikten vom Schlachtfeld, wie Flugzeug-, und Panzerteile, Ausgrabungen und nachgebildete Helden und Schlachten, die an verschiedenen Fronten geschlagen wurden. Mit begleitenden Klangeffekten von Flugzeugen, Bomben und Gewehrfeuer – es fühlte sich an, als würde man wirklich über ein Schlachtfeld laufen.

Danach besuchten wir Sashas Gipsplatten-Fabrik. Neue automatische Ausrüstung spuckte riesige Mengen Material aus und verpackte sie. Wenn man mit ihm durch seine Unternehmen wandert, wird klar, dass er die Kunst der menschlichen Beziehungen zu seinen Managern und Angestellten gemeistert hat. Ich frage mich, wie hat dieser Typ es fertiggebracht, vom Gebäckkauf in Moskau esdahin gebracht zu haben, wo er heute steht. Er ist immer noch so jung, wahrscheinlich 45-47, aber sieht aus wie 25. Und er hat die Energie eines 15-jährigen.

Unsere Reisenden wurden zum Essen auf verschiedene Familien verteilt. Ich war so glücklich, in Sashas Haus zu kommen und seine Mutter zu treffen, eine alte Dame mit starker Ausstrahlung, die lang genug gelebt hat, um zu sehen, wie ihr einziger Sohn erfolgreich wurde. Seinen Vater verlor er früh, sodass Sasha in jungen Jahren schon Verantwortung übernehmen musste. Seine Mutter erzählte, dass Sasha schon immer viel Energie hatte und hart arbeitete, als er aufwuchs. Es war wunderbar, mit Sasha und Oxannas eng verbundenen Familie zusammenzusein, die aus der Mutter, einem Sohn und zwei liebenswerten jungen Töchtern bestand.

Am folgenden Tag traf unsere Gruppe kleine und mittlere Geschäftsleute Wolgograds. Am Nachmittag wurden wir in eine große Konzerthalle eingeladen, um Wolgograds Symphonie-Orchester zu hören, das aus Kindern im Alter von 8 – 18 Jahren bestand. Sie waren außerordentlich gut. Es müssen beträchtliche Summen für den Musik-Unterricht für die Jugend Wolgograds investiert worden sein. Das Publikum bestand aus einigen hundert gewöhnlicher Eltern, Geschwister und Großeltern. Wir bekamen erneut einen Eindruck, wie gewöhnliche Russen heute aussehen: fröhlich, nett gekleidet und stolz. Wir sahen keine Babuschkas mit einem Schal um den Kopf.

Zum Abschluss gab es ein wundervolles Dinner in einer Brauerei mit Restaurant – auch im Besitz und betrieben von Oxanna. Dies war das Ende unseres kurzen 3-Tage- Aufenthaltes in Wolgograd. Wir hatten nur wenig Zeit zum Schlafen oder Kleiderwechseln gehabt, aber wir erhielten Eindrücke, an die wir ein Leben lang denken werden.

Das vielleicht wichtigste Verständnis, was wir mit nachhause nehmen werden:

Dies ist nicht eine Stadt oder ein Land, mit dem man einen Krieg anfangen sollte.
Die Russen mit ihren 11 Zeitzonen empfinden einen ungewöhnlich starken Patriotismus für den russischen Boden selbst. Sie mögen ethnisch verschieden sein und in größeren oder kleineren Punkten uneinig sein, aber wenn es darum geht, Mutter Russland zu verteidigen, stehen sie Schulter an Schulter. In ihrer ganzen Geschichte haben sie immer alles getan, um ihren 'mir' (Frieden), Boden, ihre tief verwurzelte Kultur und Russlands tausendjährige Geschichte zu verteidigen. Ausländer müssen daran denken, wie es Napoleon und Hitler bei ihren Versuchen erging, dieses Land im 19. und 20. Jahrhundert einzunehmen.

Bedenkt Russlands Verluste im 2. Weltkrieg: 27 000 000 Tote (die US-Armee verlor 500 000 Mann) und 25 000 000 Russen waren nach dem Krieg obdachlos … und ich dachte immer, wir haben den 2. Weltkrieg gewonnen.

1984 sprach ich mit einer kleinen Großmutter mit henna-gefärbten Haaren in Wolgograd, die mich fragte: „KANNST DU DIR VORSTELLEN, WIE FRAUEN ZUM KRIEG-MACHEN KOMMEN? Wir schenken Leben. Wie wäre das möglich? Ich werde es dir sagen. Wenn unsere jungen Männer tödlich verwundet wurden und ihnen das Gewehr aus der Hand fiel, hoben wir es auf und kämpften weiter an ihrer Stelle! Du kannst dir nicht vorstellen, wie schwer das war, so etwas zu tun … für uns Frauen, gegen unsere biologische Veranlagung, Leben zu töten. ABER WIR TATEN ES. Wir hatten keine Wahl, es gab sonst niemand, unsere Stadt zu verteidigen.“ Man vergißt Vieles, aber diese kleine 1.50 m große Babuschka werde ich nie vergessen, die ihre schmerzliche Vergangenheit  auf den Schlachtfeldern rund um Stalingrad
gestand.

Am Abend reisten wir per Flugzeug nach Moskau und weiter nach Jekaterinburg in den Ural-Bergen. Es war eine anstrengende Reise, aber es gab kein Murren seitens unserer standhaften Reisenden. Erstaunlich, wenn man die großen Unterschiede des Alters, der Berufe und politischen Auffassungen bedenkt. Die Gruppe dachte an ihre Bürger-zu-Bürger-Mission, da spielten andere Aspekte keine Rolle.

Nächster Anhalt: Jekaterinburg


Nachbemerkung:
Ich hatte darüber nachgedacht, wieso die Wolgograd-Leute von Anfang bis Ende so aufmerksam zu uns waren. Die Russen sind bekannt für ihre Gastfreundschaft. Aber diesmal gab es einen qualitativen Unterschied.

Früher waren wir unter normalen Umständen gekommen … unsere Länder kamen gut miteinander aus. Russen reisten nach Amerika zur Ausbildung hin und zurück.
Aber diesmal hatte sich die Situation drastisch verändert. Ihre Art zu leben ist bedroht.

Ihre Grenzen sind umgeben von NATO-Raketen und Truppen.
Sie lesen das Internet, sie begreifen die Falschinformationen über Russland in den US-Mainstream-Medien.
In Wolgograd waren bei unserem Aufenthalt keine anderen Amerikaner sichtbar. Wir waren die einzigen.

Wir waren aus tiefer Sorge gekommen, betroffen über die Sanktionen, ihren beinahe 50-prozentigen Kursverlust.
Wir waren gekommen, um in Videos den russischen Gesichtspunkt zu dolumentieren und, wenn möglich, um etwas zu bewirken.

Trotz allem, was vor sich geht, wollen wir daran arbeiten, die Brücken neu aufzubauen, die wir beinahe zerstört haben.
Und wunderbarerweise fanden wir, dass die Bürger-zu-Bürger-Brücken aus früheren Jahren nicht zerstört waren. In der Tat sind diese Brücken wichtiger denn je zuvor.

All dies spielte zweifellos eine Rolle, dass wir in Wolgograd so königlich empfangen wurden.
Jetzt müssen wir mit allem, was wir erfahren und dokumentiert haben, versuchen etwas zu bewirken, bevor alles Leben auf unserem Planeten noch mehr gefährdet wird.

1 Kommentar:

  1. Danke, Sharon, für Ihren Brief. Danke, Einar, für Deine unermüdliche Arbeit.

    Es wäre schon sehr nützlich, wenn gerade Westeuropäer endlich verstünden, dass Russland zusammenrückt, wenn es von außen bedroht wird. Bei unseren Großkopferten habe ich diese Hoffnung aufgegeben.

    Severa Snape

    Severa Snape

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