Freitag, 5. Januar 2018
Washington zittert vor dem Angriff der unsichtbaren Armee der Kreml-Trolle
Diana Johnstone
31. Dezember 2017
Aus dem Englischen: Einar Schlereth
Es gibt keinen Waffenstillstand im Propagandakrieg. An diesem Weihnachtsfest bescherte die Washington Post ihren Lesern eine Schreckens-Story mit dem Titel „Die Kreml Trolle zogen verwüsteten das Internet, während Washington über Optionen diskutiert“.
Der Artikel ist lang – beinahe 4000 Worte. Der einzige Teil, der mit Sicherheit in diesen geschäftigen Zeiten flüchtiger Aufmerksamkeit gelesen wird, ist die Schlagzeile, deren beide Themen reich an sublimen Botschaften sind.
Zuerst die verheerende Brandrodung der Armee von Kreml Trollen, die das Internet lahmlegt. Danach das offizielle Washington, das in seiner wohlwolleden Einfalt Mühe hat, dieser schrecklichen Bedrohung zu begegnen.
Lasst uns mal beide Themen eins nach dem anderen nehmen Die Invasion der Troll-Armee
Der journalistische Stift wurde von einer Phantom-freelancerin mit Namen Alice Donovan geführt, „deren erstes Email im Briefkasten von CounterPunch, einer linken amerikanischen Nachrichten- und Meinungs-Webseite um 15.26 Uhr einging – um die Mittagszeit in Moskau“.
Aha!
Der WaPo-Artikel, gestützt auf seine umfassenden Geheimdienst-Quellen, fährt fort: „Der FBI hat Donovan als Teil einer einen Monat dauernden Konter-Geheimdienst-Operation unter dem Codenamen „NorthernNight“ (Nordnacht) aufgespürt. Interne Geheimberichte beschreiben sie als eine Fuß-Soldatin unter Pseudonym einer Armee von Kreml-geleiteten Trollen, die versucht, die demokratischen Institutionen Amerikas zu unterminieren.“
Nun, es ist interessant anzumerken, dass der einzige Beweis, der im Artikel für „Russlands Armee von Trollen genannt wird“ (der Ausdruck taucht schon wieder auf) die Existenz dieses Fußsoldaten namens Alice Donovan ist. Und der einzige Beweis von ihrer Existenz sind zahlreiche Artikel, die auf etwa einem Dutzend Webseiten in den vergangenen zwei Jahren veröffentlicht wurden. Aber als Counterpunch versuchte, alarmiert durch den FBI, herauszufinden, wer sie ist, gelang es nicht.
In diesem Artikel wird ein ephemerer Fußsoldat als Beweis für eine „Armee“ genannt.
Dies sollte sofort zu Fragen führen. Warum untersuchte der FBI jemanden, dessen einzige Existenzspur die Autorenschaft von Artikeln auf Webseiten ist? Er konnte nicht „eine Person“ untersuchen, da offenbar niemand weiß, wer die Person ist. Also untersuchte er einen Webseiten-Schreiber. Warum? Was war das Kriterium?
„Als sich die Präsidentenwahl von 2016 verschärfte,“ fährt der Artikel fort, „schien (Alice Donovan) das Angebot des Kreml angenommen zu haben, Unzufriedenheit gegen die Spitzenfigur der Demokraten Hillary Clinton zu schüren und Wikileaks anzuwerben, die, wie US-Beamte sagen, ein Werkzeug von Russlands breiter Beeinflussungs-Operation gewesen sei, um die Präsidenten-Kampagne zu beeinflussen.“
Kurz und gut, so ist „Unzufriedenheit zu schüren“ gegen Hillary das Unterscheidungsmerkmal, „ein Werkzeug“ einer russischen Operation zu sein. Zufälligerweise gibt es eine Menge von uns, die genau das getan haben. Ich bin eine von ihnen, die sogar ein ganzes Buch mit Missfallen über Hillary geschrieben hat. Werden wir alle von der FBI untersucht? Ist es oder ist es nicht die Aufgabe der FBI, eine Konter-Geheimdienstoperation zur Untersuchung von Schreibern auf Webseiten zu führen, die mit der offiziellen Washington-Linie über Hillary Clinton, Russland und Syrien nicht übereinstimmen? Alice Donovan hat es getan, aber ihre Texte sind relativ milde. Warum soll sie herausgegriffen werden für eine FBI-Untersuchung?
Warum wurde Counterpunch vor ihr gewarnt und nicht vor uns allen, die solche Artikel schreiben? Die nicht sehr sublime Botschaft war: Jeder Artikel, der einer Webseite unterbreitet wird, die der offiziellen Linie widerspricht, kann die Arbeit von bösen Kreml-Agenten sein. Der Beweis: sie haben EINEN gefunden! Sein Name ist Alice Donovan. Also seid vorsichtig, was ihr veröffentlicht.
Natürlich ist „der Beweis“ ebenso unsichtbar wie alle die „Beweise“ über russische Subversion, die bisher von den US-Geheimdiensten produziert wurden. Niemand hat Alice Donovan gesehen. Niemand hat mit ihr gesprochen. Bisher gibt es keinen Beweis von ihrer Existenz. Aber das hat ein führendes Mainstreammedium nicht daran gehindert, sie als Beispiel A für Alice bei der Medien-Verfolgung von Wladimir Putin wegen „Unterninierung unserer Demokratie“ darzustellen.
„Der FBI hat sich an die Standard-Praxis bei der Untersuchung von Konter-Geheimdienst-Untersuchungen gehalten und alle Informationen geprüft über Donovan und andere verdächtige russische Personen, die mit Nachrichten in den USA hausieren gehen,“ laut der WaPo. Aber nicht so genau, dass er es unterließ, die Herausgeber von Counterpunch zu nerven mit Andeutungen, dass sie den Kreml-Cyberkrieg erleichtern oder vertrauliche Geheimdienst-Berichte an die einflussreichste Zeitung in der Hauptstadt des Landes weiterreichen, deren Verbindungen zur CIA seit langem bestehen.
Wenn Alice Donovan so eine Bedrohung ist, warum wird dann nicht ihre/seine Identität veröffentlicht?
Counterpunch reagierte auf die Warnungen des FBI und machte eine eigene Untersuchung und brachte wichtige Fakten ans Licht.
Erstens, da es unmöglich war, „Alice Donovan“ aufzuspüren muss der FBI durch die Schriften und nicht durch die Person aufmerksam geworden sein. Wann und wie haben die Schnüffler entdeckt, dass sie offenbar ein Pseudonyn benutzte? Haben sie das gleich gewusst und gemeint, dass der FBI Pseudonyme mit russischer Subversion gleichsetzt? Aber was an einem Artikel zählt, ist doch vor allem der Inhalt und nicht die Unterschrift. In der ganzen Geschichte haben Schriftsteller Künstlernamen benutzt als Schutz vor möglicher Verfolgung. Der FBI-Briefwechsel mit Counterpunch scheint eine Absicht anzudeuten, um „linke“ Webseiten zu warnen, nicht anonyme Artikel zu veröffentlichen, die der erste Schritt sein könnten, Personen auszuschließen, die etwas zu sagen haben, aber fürchten, Unannehmlichkeiten zu bekommen, weil ihre Ansichten unorthodox sind, besonders in Zeiten von Hexenjagden.
Aber das wichtigste Faktum, das bei der Untersuchung von Counterpunch zutage trat, war, dass die Artikel von der „Alice Donovan“ überhaupt nichts Neues an russischer Propaganda in den amerikanischen cyberspace brachten. Die waren kein bisschen originell. Der Phantom-Kommentator hat Bruchstücke aus Artikeln herausgepickt, die er/sie auf anderen linken Webseiten gefunden hat und klebte sie als eigene in seinen Artikel. Die Artikel wurden zusammen-geschnitten und -geklebt – mit einem Wort, es waren einfach Plagiate. Das ist die rauchende Waffe und die Fingerabdrücke sind nicht russisch.
Da also nicht Neues, nichts besonders Sensationelles, keine großen „fake news“ in der Prosa von Donovan standen, was konnte der ‚Kreml‘ damit gewinnen? Warum unsere „Demokratie unterminieren“ mit einem Abklatsch von anderen existierenden Internet-Artikeln? Das macht doch einfach keinen Sinn.
Es gibt jedoch eine andere Hypothese, die Sinn macht. Es ist deutlich bei jeder Schöpfung der ‚OperationNorthernNight“, dass der FBI mit der Aufgabe beauftragt wurde, Beweise zu produzieren, dass Internet-Dissidenz ihren Ursprung in einem Putin-Anschlag hat. Aber als sich herausstellte, dass solche Beweise schwierig oder unmöglich zu finden sind, kann man sie ja produzieren – genau so, wie eine Anzahl von „Terroristen-Attentaten“ zusammengebastelt wurden, indem man einen gutgläubigen Deppen für so eine Operation gewinnt. Es könnte die Mühe lohnen, wenn der FBI linke Publikationen dazu bringen könnte, Artikel zu veröffentlichen, die als „Kreml-Propaganda“ dann „entlarvt“ werden können. Es ist offensichtlich, dass der Tiefe Staat verzweifelt „Beweise“ haben will, um seine Story von Russland-zerstört-unsere-Demokratie zu unterstützen. Das könnte doch stimmen. Die Erfindung von „Alice Donovan“ könnte den Beweis liefern.
Wärst du ein FBI-Hacker und solltest so einen Artikel schreiben, der mit „Alice Donovan“ unterschrieben werden soll, hättest du wahrscheinlich keinen blassen Dunst, wie man so was schreibt. Der einfachste Weg wäre, das zu kopieren, was andere wirkliche „links-gerichtete“ Autoren geschrieben haben. Die Donovan-Papiere haben nichts dem hinzugefügt, was bereits in der öffentlichen Domäne da war. Sie sagten nichts, was nicht andere Schriftsteller schon geschrieben hatten, was die Köpfe der gutmütigen Amerikaner noch mehr vergiften könnte. Sie haben einfach geschnippelt und geklebt. Das wäre der bequemste Weg, einen fiktiven russischen Troll „zu erfinden“ - ihn auf die Webseiten los zu lassen und dann den Skandal „zu entdecken“.
Einfach ein neuer Dreh bei der ewigen Fallstricken-Produktion des FBI. Eine Variante zum Thema der verdeckten Operationen. Wir verlocken euch, etwas zu tun, dessen wir euch dann anklagen können. Aber es sind die „linksgerichteten“ Webseiten, die dazu verleitet werden, „fake news“ von einem „Kreml Troll“ zu veröffentlichen. Das soll sie lehren, vorsichtig zu sein!
Tatsächlich gibt es keinen Beweis, dass „Alice Donovan“ eine Schöpfung einer FBI verdeckten Operation ist, bekannt als NorthernNight, wie es auch keinen Beweis gibt, dass „Alice Donovan“ die Schöpfung einer Kreml Desinformations-Kampagne war. Jedoch gibt es Beweise, dass die FBI Operation existierte. Aus diesen geheimen Quellen enthüllt die Washington Post, dass ein „früher nicht berichteter Befehl – eine umfassende Anweisung zur Bekämpfung globaler Cyber-Bekämpfung – die US-Spionage Organisationen veranlasste, ein halbes Dutzend spezifischer Operationen zu planen, um der russischen Bedrohung zu begegnen.“ Warum könnte „Alice Donovan“ nicht eine dieser Operationen gewesen sein?
Andererseits ist die Kreml Desinformations-Kampagne immer noch eine Spekulations-Angelegenheit – trotz aller Mainstream-Berichte, die, wie dies hier auch, auf „Interviews basieren mit Dutzenden gegenwärtiger und ehemaliger hoher US-Beamter des Weißen Hauses, des Pentagons, des Außenministeriums und der amerikanischen und europäischen Geheimdienste, sowie der NATO-Vertreter und Spitzen-EU-Diplomaten.“
Da alle diese Interviews anonym sind, was macht sie denn glaubwürdiger als ein anonymer Blogger? Wo ist der Beweis für irgendetwas? Dieser ganze Artikel baut auf der a priori Annahme von der Existenz „einer Armee von Kreml Trollen“, die die US-Demokratie zerstören wollen. Das Thema wird imaginativ ausgearbeitet, aber niemals mit soliden Fakten untermauert.
Trump vor den Trollen retten
Wenn das erste Thema den Zweck hatte, die „linksgerichteten“ Webseiten einzuschüchtern, sie zu verpflichten, sich der offiziellen Linie anzuschließen, andererseits sie angeklagt werden, mit „der Armee der Kreml Trolle“ zu kollaborieren, ist das zweite Thema indirekt an Trump gerichtet. Die sublime Botschaft lautet: Spring auf den anti-russischen Zug und dann wirst du nicht des Amtes enthoben.
Diese Botschaft wird per Anspielung dargelegt. Während die ganze „russische fake news“-Kampagne ein Mittel war, die ganze absurde Wahl von Donald Trump zu erklären und gleichzeitig den verachteten Präsidenten zu diskreditieren und seine Absetzung vorzubereiten, hat sich jetzt der Ton geändert. Jetzt, so berichtet die WaPo, ist Trump nicht der Begünstigte sondern das Ziel der russischen Desinformation.
„Seit Trump das Amt antrat, begann Russlands Armee von Trollen ihren Fokus in den USA zu ändern, laut den US-Geheimdiensten. Statt Botschaften zu verbreiten, die Trump stärken, kehrten sie zu ihrem lange gehegten Ziel zurück, Streit in der US-Gesellschaft zu säen und den globalen Einfluss der USA zu unterminieren. Trumps Präsidentschaft und Politik wurde zu einem russischen Desinformation-Ziel.
Donovan und die anderen vom Kreml "gestützten Personen“ begannen die Trump-Verwaltung anzugreifen wegen anderer Dinge, dass sie Terroristen unterstütze und „Terroristen“ und militärische Schläge unterstütze, bei denen Kinder in Syrien getötet würden.
„ ‚Alles dreht sich um Zerrüttung,‘ sagte ein ehemaliger Beamter, der zum Geheimdienst befragt wurde. ‚Sie wollen, dass die USA zerrüttet wird und nicht Putins Ambitionen begegnen‘ kann.“
Was sind das für Ambitionen? Laut den Informanten in Washington ging es Putin darum, dass „er seine verkleinerte Armee ausgleichen will“ indem er zu „Kampagnen der Einflussnahme und des Cyberkriegs“ greife.
Nun könnte man meinen, dass, wenn das alles ist, was Russland tun kann, um mit den USA gleichzuziehen mit ihrer nie gesehenen Militärmaschinerie, und nur eine Armee von Alice Donovans aufstellen kann, dann können alle die Sicherheits-Experten in Washington sich entspannen und aufhören, sich Sorgen zu machen. Laut dieser ihrer Story, haben sie das tatsächlich gemacht, überzeugt, dass „alles vorbei sei" und "wir haben den Propagandakrieg gewonnen“. Dann kam aber – oh Schrecken! – RT, ein von Russland gesponsorter amerikanischer Nachrichten-Kanal, der den Zuschauern eine Vision von Nachrichten bietet, von der die Washington Post wie von einem Teufelsgesang getroffen wird.
Armes, zerbrechlichs Amerika
Nun rannten also die US-Sicherheitsbeamten wimmernd zur Washington Post und behaupteten, dass die Top-Politiker in die Irre geleitet wären durch „einen fehlgeleiteten Glauben an die Widerstandsfähigkeit der US-Gesellschaft und ihrer demokratischen Institutionen“. Fehlberechnungen und „bürokratische Untätigkeit“ haben die USA „verwundbar gemacht für Russlands Einmischung in die Wahlen von 2016“ … Die größte Demokratie der Welt entpuppt sich als ein Kartenhaus. Welch ein Eingeständnis! Es zeigt sich, dass die Russen nur schnauben und husten brauchen, um das ganze Haus wegzublasen.
„Ich dachte, unser Boden wäre nicht so fruchtbar,“ sagte Antony j. Blinken, Präsident Obamas stellvertretender Außenminister. „Wir glaubten, dass die Wahrheit uns frei machen würde, dass die Wahrheit gewinnen würde. Das erwies sich als naiv.“
Menschenskind, die Jungens in Washington sind einfach zu ehrlich, sich so schlimme Sachen vorzustellen, was diese gemeinen Russen tun können. Aber da ist ja noch die Washington Post, um uns Hand in Hand mit „der Geheimdienstgemeinde“ zu warnen und dich, Mr. Trump, dass die Russen die bösen Buben sind, die Amerika Zerstören wollen und du musst alles tun, um sie zu stoppen.
Diese Klagen klingen vertraut.
Wann immer das Pentagon betriebsam wird, um irgendein hilfloses Land in einen Regime-Wechsel zu bomben, hören wir denselben Chor von den Mainstreammedien, von den Geheimdienstexperten und hohen Beamten „unter der Bedingung der Anonymität“ und auch von ausgewählten halb-regierungs „nicht-Regierungs“-Menschenrechts-Organisationen, die behaupten, dass die amerikanischen Führer aufwachen müssten aus ihren idealistischen Träumen, um den neuesten Hitler zu hindern, das zu tun, was solche Gauner immer tun. Natürlich sind Amerikas naive Führer zu freundlich und unschuldig, die neueste furchtbare Bedrohung ernst zu nehmen – wenn sie nicht von gewissenhaften Geistern und ihren Mainstreammedien-Kollaborateuren gewarnt werden. Das haben wir wieder und wieder gehört. Erinnert euch, wie die Menschenrechts-Vertreter quengeln mussten, bis die sanfte US-Kriegsmaschine endlich Serbien bombte, Libyen bombte, die „guten“ syrischen Rebellen bewaffnete. Das offizielle Amerika ist zu gut und vertrauensvoll, dass es gezwungen werden muss, um die notwendigen Verteidigungsmaßnahmen zu trefen.
Nun los, Trump, wach auf gegenüber Putins Cyberdrohung und alles wird dir vergeben.
Quelle - källa - source
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Klasse Beitrag!
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