Mittwoch, 29. Juni 2011

Die Verbrecher und ihr Gerichtshof in Den Haag

Wie heisst es bei Bert Brecht in der Dreigroschenoper? Ein Gauner schlägt vor,
eine Bank auszurauben. Der Boss hat eine bessere Idee: Wir gründen eine Bank. Vielleicht hatten die Topverbrecher in der Welt mit USA und NATO-Mitgliedern dies im Hinterkopf, als sie ihr eigenes Gericht gründeten, denn Internationalen Gerichtshof in Den Haag. Das ist wirklich einmalig in der Geschichte. Nun ja, abgesehen von den Gerichtshöfen der Nazis und Faschisten in Italien, Spanien und Portugal. Ich bin nicht juristisch geschult, aber ich meine mich zu erinnern, dass nicht einmal in deren Gesetzbüchern von vornherein alle Parteibonzen und -mitglieder dem Zugriff des Gerichtes entzogen wurden.
Nun, das haben jedenfalls die heutigen Hauptkriegsverbrecher fertiggebracht. Ein Bürger der USA - er darf morden nach Belieben, foltern, vergewaltigen, was auch immer - darf unter keinen Umständen diesem Gerichtshof in den Den Haag überstellt und von ihm abgeurteilt werden. Es ist so gut wie ausschließlich für sogenannte Verbrecher aus der 3. Welt zuständig und da in erster Linie Afrika. Dass Milosovic ihm überstellt worden ist, mangels Beweisen nie abgeurteilt, dennoch nicht freigelassen wurde, war eine Ausnahme, durch die sich diese illegale Institution ins "rechte Licht" setzte.
Und heute lese ich in "Scharf-Links", dass in Deutschland "die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen den libyschen Staatschef Gaddafi durch den Generalbundesanwalt" bekanntgegeben wurde. Ist ja einfach großartig! Und wie nennt man es, wenn Rechtshüter Amtshilfe zu Mord leisten? Denn schließlich hat
die Spitzengarnitur der NATO öffentlich verkündet, dass Gaddafi ermordet werden soll. Natürlich außergerichtlich. Also könnte sich der Herr Generalbundesanwalt seine Arbeit doch sparen. Aber vielleicht doch nicht: Sie wollen ihn also außergerichtlich abschlachten und posthum noch zu einem Verbrecher abstempeln. Ja, die Rache der internationalen Gangstermafia ist gnadenlos.

MEDIA LENS – "Wikileaks, Libyen, Öl" - ein Beispiel präziser Medienanalyse


Diese englische Webseite (Media Lens - zu deutsch Medienlinse – siehe hier) ist wirklich etwas Besonderes. David Edwards und David Cromwell starteten sie 2001 mit der Aufgabe, englische Medien einer genauen Analyse zu unterwerfen, da beide überzeugt waren, dass „die zunehmend zentralisierte, korporative Natur der Medien bedeutet, dass sie de facto als Propagandasystem der Interessen von Unternehmen und Establishment dienen.“ Zum Schaden der Menschheit und der Umwelt.
Darüberhinaus wollten sie die Menschen dazu bewegen, nicht nur den Medien auf die Finger zu schauen, sondern auch selbst aktiv zu werden und sie aufzufordern, sich an Fakten zu halten sowie Verdrehungen und Fälschungen zu unterlassen.
Langsam aber sicher haben sie mit diesem Programm die Zustimmung von einer Menge Leute gefunden. Zustimmung heisst keineswegs, dass man in allen Punkten mit den beiden Davids übereinstimmt – das tue weder ich noch sicherlich viele andere Leute. Z. B. halte ich ihre Überbetonung von „Gewaltlosigkeit“ für ein Wunschdenken. Aber ich betrachte ihre Arbeit im wesentlichen als wertvoll und wichtig.
Hier möchte ich ihre Herangehensweise an ihrem Beitrag vom 23. Juni 2011 'Drei kleine Wörter: Wikileaks, Libyen, Erdöl' (der komplette Artikel findet sich hier) darlegen.
Zuerst fanden sie einen Artikel in der Washington Post vom 11. Juni, der ein paar wichtige, auf den Enhüllungen von Wikileaks basierende Details beschrieb. Beweis, dass man natürlich auch in den Mainstream-Medien die eine oder andere Wahrheit findet.
Der 2. Schritt war, die englischen Medien auf die drei kleinen Wörter zu durchsuchen.
Da war die Ausbeute recht mager. Eins von dreien wurde hie und da genannt, aber erst am am 25. März und 2. Mai 2011 gab es zwei substantielle Artikel in The Guardian, von denen ersterer ein wichtiges Wikileaks-Kabel – die wichtigsten erwähnte er jedoch nicht - fand, der etwas über mögliche Kriegsursachen aussagte, während der zweite „in die richtige Richtung deutete, aber keine Fakten zur Stützung der Argumente brachte“.
George Monbiot erwähnte alle drei Begriffe am Rande in einem einzigen Artikel zu Libyen in anderthalb Jahren.
Auch der viel gerühmte Johann Hari schrieb nur einen einzigen Artikel über den libyschen Krieg – in Bezug auf Libyens Ölreichtum, was ihn zu der Meinung veranlasste, „dass unser Eingreifen gerechtfertigt ist“. Aber auch er erwähnte mit keinem Wort die wirklich relevanten Wikileaks-Dokumente.
Es ist also bemerkenswert,“ schreibt Media Lens, „dass wir nichts in irgendeinem Artikel in irgendeiner nationalen englischen Zeitung fanden, was über frei verfügbare Fakten berichtete, die von Wikileaks über die westlichen Ölinteressen in Libyen enthüllt wurden.“
Im Gegensatz dazu sei die Washington Post ausführlich auf die Wikileaks-Enthüllungen eingegangen. Danach legt Media Lens kurz und bündig die wesentlichen Punkte des Artikels dar. Und Media Lens wurde auch anderweitig fündig, allerdings nicht in den Mainstream-Medien:
Man vergleiche den Abgrund an rationaler Analyse, der die Mainstream-Medien von dem regimekritischen Real News Network von Paul Jay trennt.“
In einem Interview mit Kevin G. Hall sagte dieser zu Paul Jay: „ … wir sind 250 000 Dokumente [von Wikileaks] durchgegangen. Von denen hatten 10% - volle 10% dieser Dokumente irgendeinen Hinweis in irgendeiner Weise, Form oder Inhalt auf Öl“.
Das heisst ja wohl in Klartext, dass im Wikileaks-Archiv 25000 Dokumente liegen, die sich mit der Problematik des Erdöls und ihres Einflusses auf die Politik befassen, und die Medien bequemen sich nicht dazu, davon zu berichten.
Im März d. J. hat Media Lens die Aufmerksamkeit auf ein Wiki-Kabel von der US-Botschaft in Tripolis vom November 2007 gelenkt, in dem die Herren ihr Leid über die libysche Führung klagten.
Auf diesen Leak bezog sich später dann der amerikanische Analytiker Glenn Greenwald (dessen von mir übersetzte Artikel findet sich hier) und der zum Schluss kam, dass die humanitären Gründe absolut nichts mit dem libyschen Krieg zu tun haben, sondern allein das Erdöl.
Media Lens wundert sich, ob das tatsächlich irgendjemanden erstaunen kann. Und darüber, dass all dies von den englischen Medien vollständig ignoriert wurde. Stattdessen berichte BBC in der vergangenen Woche wie von einem anderen Planeten: „Die NATO setzt eine UN-Resolution zum Schutz von Zivilisten in Libyen durch“.
Media Lens fragt:
„Ist das die ABSOLUTE Wahrheit? Die Heilige Schrift? Natürlich nicht.“ Und die Autoren meinen, dass man doch bloß über drei offensichtliche Fakten nachzudenken brauche:
„Zwar hat die UN-Resolution 1973 eine no-fly-Zone erlaubt, um libysche Zivilisten zu schützen, doch die NATO versucht jetzt offen einen Regimewechsel zu erzwingen und weist alle Friedensanstrengungen zurück. Die UNO hat nicht einen Regimewechsel authorisiert.“
Trotzdem leiern die Medien – wie aus dem Orwell-Buch – das Märchen von der humanitären Hilfe herunter.
Daraufhin fordert Media Lens seine Leser auf, in einem höflichen, nicht aggressiven oder beleidigenden Ton Emails an die folgenden Herausgeber und Journalisten zu schreiben:
Alan Rusbridger, editor of the Guardian
Email: alan.rusbridger@guardian.co.uk
Jackie Ashley
Email: jackie.ashley@guardian.co.uk
George Monbiot
Email: george@monbiot.info
Johann Hari
Email: j.hari@independent.co.uk
Jeremy Bowen at the BBC
Email: jeremy.bowen@bbc.co.uk

Abschließend kann ich nur sagen, daß ich die grenzenlose Geduld der beiden Herausgeber von Media Lens bewundere. Ich hätte sie nicht.
Wer mehr über die Reaktionen der Angesprochenen und die Erfolge von David Edwards und David Cromwell erfahren möchte, möge sich auf ihrer Webseite umsehen.

Mittwoch, 22. Juni 2011

Assad hat eine allgemeine Amnestie erlassen und Reformen versprochen

Hier folgt eine Meldung von Reuters mit einem Video, die ein interessantes Beispiel ist, wie manipuliert wird. Verwunderlich ist dabei, dass in dem Video das krasse Gegenteil von dem gezeigt wird, was der Text aussagt. Da kann man nur konstatieren, dass die Medien das Publikum für komplett verblödet halten. Hier kommt als erstes das Video, dann der Text und am Ende fahre ich mit meiner Bemerkung fort.


Der syrische Präsident Bashar Assad hat eine Generalamnestie erlassen, einen Tag nachdem er weitreichende Reformen aber vage Reformen versprochen hat, um der Volksrevolte gegen seine autokratische Herrschaft zu begegnen.
Aktivisten und Analytiker haben Assads Versprechungen zurückgewiesen und sagten, sie würden nicht den Forderungen der Demonstranten entsprechen, die seit drei Monaten den heftigen Angriffen auf Demos für grösere Freiheiten trotzen, die die stärkste Herausforderung seiner 11-jährigen Herrschaft sind.
Die Amnestie, die zweite ihrer Art in 3 Wochen, gilt für alle, die Verbrechen begangen haben bis zum 20. Juni, berichtete die staatliche Nchrichtenagentur SANA. Nach der ersten Amnestie befreiten die syrischen Behörden hunderte politische Gefangene, aber Menschenrechtsgruppen sagten, es seien noch tausende in syrischen Gefängnissen.

Assad sagte am Montag, er würde das Justizministerium bitten, eine weiterreichende Amnestie zu ermöglichen, weil er nach Treffen mit örtlichen Führern „das Gefühl habe, dass die (erste) Amnestie für Viele nicht befriedigend war … und es den Wunsch gäbe, dass diese (zweite) Amnestie umfassender wäre“.
Menschenrechtsgruppen sagen, die Attacken auf Demonstranten hätten nach der ersten Amnestie vom 31. Mai zugenommen und hunderte Leute seien verhaftet worden.
Am Dienstag sind zehntausende Syrer für Assad im ganzen Land auf die Straße gegangen, nach seiner Ansprache, in der er Reformen versprach, die von Demonstranten sofort zurückgewiesen wurden.

Das staatliche Fernsehen zeigten Kundgebungen in Aleppo, Damaskus und der südlichen Stadt Daraa, wo Mitte Mai die Proteste gegen Assad ausbrachen. Die Leute schwenkten die Trikolore des Landes, trugen Bilder des Präsidenten mit sich und ließen rote, weiße und schwarze Ballons fliegen.
Zeugen in Daraa sagten, dass Sicherheitskräfte das Feuer eröffneten, um tausende Demonstranten im alten Viertel der Stadt zu zerstreuen.
Sie demonstrierten als Reaktion auf die pro-Regierungsdemonstration im Mahattaviertel, bei der Beamten und Soldaten in Zivil befohlen wurde mitzumarschieren.
Berichten zufolge haben syrische Sicherheitskräfte drei Leute bei Zusammenstößen in zwei Städten zwischen Assad-Anhängern und Demonstranten, die seinen Abgang fordern, erschossen.
Aktivisten sagten, die drei seien von Armee- und Sicherheitskräften getötet worden, als sie auf Seiten der Assadanhänger in den Städten Homs und Mayadeen in der Provinz Deir ez-Zer an der Grenze zu Irak eingriffen.
Das Rote Kreuz sagte am Dienstag, dass Syrien einverstanden ist, der Organisation größeren Zugang zu Zivilisten und Konfliktgebieten zu geben und erwäge, ihr Zugang zu Vrhafteten zu erlauben.
Jakob Kellenberger. Präsident des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes (ICRC) sagte in einer Erklärung zwei Tage nach Gesprächen mit hohen syrischen Beamten in Damaskus: „Die Diskussionen gingen allein um humanitäre Fragen und waren offen und bereitwillig.“
„Die syrischen Beamten waren zugänglich und einverstanden, der ICRC und dem syrischen Arabischen Halbmond größeren Zugang zu Unruhegebieten zu gestatten,“ sagtre er. „ich werde genau beobachten, wie dieses Einverständnis umgesetzt wird.“


Ist das nicht phantastisch?
Laut Text gab es zehntausende Syrier – 'Beamte und Soldaten in Zivil, die dorthin beordert' wurden.

Ich hingegen finde, es sind auf dem Video Hunderttausende zu sehen sowie massenweise Frauen und Kinder in einer ausgelassenen, fröhlichen Stimmung.

Dann wird von den 'vagen' Versprechungen Assads gesprochen, aber kein Wort von all den Reformen, die nach und nach in den vergangenen Monaten bereits durchgeführt wurden (siehe Augenzeugenbericht von Eva Myrdal und Hashim al-Malki hier ).

Es werden 'Berichte', Aussagen von Aktivisten oder Demonstranten angeführt, von Gruppen oder Zeugen, aber nicht ein einziger Beweis, nicht ein Dokument, nicht ein Foto, nichts. Das soll man einfach glauben. Und das tun dann ja auch viele Leute.

Jan Myrdals Rede in London: Über die Solidarität mit dem Volk Indiens

Wir hier in dieser Versammlung wissen – oder haben zumindest davon gehört – dass die Organisatoren Recht haben: es findet ein Krieg gegen das Volk in Indien statt. Allein die Tatsache, dass wir hier sind, zeigt, dass wir es als notwendig erachten, eine internationale Verteidigung der Rechte der Völker Indiens zu organisieren.
Ich will hier einige Fragen zu der dringend nötigen Solidarität aufgreifen. Ich versuche, sie eine nach der anderen zu diskutieren.
Als ich aus der Guerillazone in Dandakaranya zurückkam und über meinen Besuch und die Diskussionen, die ich mit dem Generalsekretär und verantwortlichen politischen und militärischen Kadern der Kommunistischen Partei Indiens (Maoisten) hatte, zu schreiben begann, las ich in der Hindustan Times vom 4. Juli 2010:
INDIENS KAMPF GEGEN DEN AUFSTAND
In einem Land, wo eine von fünf Personen im Schatten des
Auf­standes lebt, findet eine bedeutend härtere Schlacht als in
Kaschmir, Irak oder Afghanistan statt. Indiens reichste Gebie­
te, die Heimat seiner ärmsten Menschen, sind dabei, durch ei­
nen massiven Vorstoß gegen die maoistischen Rebellen in den
kommenden fünf Jahren und länger zum Hauptschauplatz eines
Konfliktes zu werden, in einem unmöglichen Terrain und unter
unmöglichen Bedingungen.
Indien hat sich schließlich entschlossen, den 42-jährigen Auf­
stand frontal anzugehen. In Hinsicht auf Umfang und Terrain
wird es eine der härtesten Kämpfe gegen einen Aufstand wer­
den. Das Hauptschlachtfeld, in der abgelegenen und stark be­
waldeten Bastar-Region von Chhattisgarh - die Stätte von eini­
gen der besten Eisenerze der Welt - ist zehnmal so groß wie das
Kaschmirtal und hat seit zwei Jahrzehnten große Gebiete unter
der Herrschaft der Rebellen.“
Nicht nur war der Krieg in Indien kein Geheimnis, sondern selbst der materielle Grund für das Verhalten des Staates in diesem Krieg - „einige der besten Eisenerze der Welt“ - ist kein Geheimnis. Das „Komitee für staatliche Agrarbeziehungen und nicht abgeschlossene Aufgaben der Landreformen; Ministerium für die ländliche Entwicklung, Regierung von Indien“ drückte es im Band 1 (Entwurf) vom März 2009 so aus:
Schlussfolgerung - Der größte Landraub von indigenem Land
seit Kolumbus.
Eine bürgerkriegsähnliche Situation hat die südlichen Di­
strikte von Bastar, Dantewada und Bilaspur in Chattisgarh er­
griffen. Die Widersacher sind die bewaffneten Einheiten von in­
digenen Männern und Frauen der früheren Volkskriegsgruppe,
jetzt als die Kommunistische Partei Indiens (Maoisten) bekannt,
auf der einen Seite und auf der anderen Seite die bewaffneten
indigenen Kämpfer der Salwa Judum, die von der Regierung be­
waffnet und ermuntert wurden, und die von der Feuerkraft und
der Organisation der zentralen Polizeikräfte unterstützt werden.
Dieser offen erklärte Krieg wird in die Geschichte als der größte Landraub aller Zeiten eingehen, wenn er verläuft wie geplant.
Das Drama wurde von Tata Steel und Essar Steel entworfen, die
etwa 7 Dörfer wollten, um dort die besten Eisenerzvorkommen in
Indien abzubauen.
In The Hindu vom 3. Juni 2011 lese ich einen Artikel von Markandey Katju, ein Rechter vom höchsten Gerichtshof Indiens. Er zitiert dort eine Rede von P. Sainath, Verantwortlicher der Zeitung für ländliche Fragen und Träger des Magsaysaypreises, die dieser am 6. September 2007 im Parlament in der Vorlesungsserie des Sprechers hielt:
Die Wirklichkeit in Indien (wo 70 Prozent des Volkes in ländlichen Gebieten leben) ist einfach, dass sich Indien in der schlimmsten Landwirtschaftskrise in vier Jahrzehnten befindet. Millionen Lebensgrundlagen sind in den vergangenen 15 Jahren zu Schaden gekommen oder zerstört worden, wegen der raubgierigen Kommerzialisierung des Landes und der Reduzierung aller menschlichen Werte auf den Tauschwert. Als Ergebnis haben hunderttausende von Bauern Selbstmord begangen und Millionen Menschen sind emigriert aus den ländlichen Gebieten in die Städte auf der Suche nach Arbeit, die es nicht gibt. Sie sind auf einen Stand gesunken, der weder 'Arbeiter' noch 'Bauer' ist. Viele enden als Haushaltshilfen oder als Kriminelle. Wir sind in eine Industrielandwirtschaft getrieben worden, ein Prozess, bei dem der Landbau aus den Händen der Bauern genommen wurde und in die Hände von Unternehmen gelegt wurde. Dieser Prozess wurde nicht mit Gewehren, Panzern, Bulldozern oder Lathis [die langen Knüppel der Polizei] erzielt. Er wurde erreicht, indem die Landwirtschaft sich für Millionen Kleinfamilien, und Landarbeiter nicht mehr lohnte wegen der hohen Kosten von Saatgut, Dünger und Treibstoffe und niedriger Preise.



Diese Diskussion in Indien wird jetzt allmählich auch in großen Medien außerhalb Indiens aufgegriffen. Am 7. Juni veröffentliche Al Dschazira auf ihrer Webseite einen sehr wichtigen Artikel von Dr. Vananda Shiva, Empfängerin des Alternativen Nobelpreises 1993:
Der große Landraub: Indiens Krieg gegen die Bauern. Land ist ein mächtiges Gut, das für das Wohlergehen der Menschheit durch Anbau und Ökologie verwendet werden sollte.
In diesem Artikel sagt Dr. Vananda Shiva:
Finanzkapital ist hungrig nach Investitionen und Profit der Investitionen. Es muss alles auf dem Planeten in Güter verwandeln – Land und Wasser, Pflanzen und Gene, Mikroben und Säugetiere. Die Verwandlung von Land in eine Ware treibt zum Landraub der Unternehmen in Indien an, sowohl durch Schaffung von Sonderzonen als auch  durch ausländische Direktinvestitionen in Grundstücken.
...
Die Kolonisierung basierte auf der gewaltsamen Aneignung von Land. Und jetzt führt die Globalisierung als Neukolonisierung zu massivem Landraub in Indien, Afrika, Lateinamerika. Land wird geraubt für spekulative Investitionen, für spekulative Städteerweiterung, für Bergwerke und Fabriken, für Land- und Schnellstraßen. Land wird von Bauern geraubt, nachdem sie in Schulden gefangen und in den Selbstmord getrieben wurden.

Kreuz und quer in Indien, von Bhatta in Uttar Pradesh (UP) bis Jagasingphur in Orissa und Jaitapur in Maharashtra erklärte die Regierung unseren Bauern, unseren annadatas [telugu = Bauer] den Krieg, um ihr fruchtbares Ackerland zu rauben.
Das Instrument ist das koloniale Landerwerbungsgesetz, das von den ausländischen Herrschern gegen Indiens Bürger angewandt wurde. Die Regierung benimmt sich wie die ausländischen Herrscher, als sie das Gesetz 1894 einführten, um sich Land mit Gewalt für den Profit von Unternehmen anzueignen – für JayPee Infratec in Uttar Pradesh für die Yamuna Schnellstraße, POSCO in Orissa und AREVA in Jaitapur – Landraub für privaten Profit und nicht, so sehr man der Phantasie freie Zügel lässt, für öffentliche Zwecke. Das ist heute üblich im Land.

Heute braut sich eine ähnliche Situation in Orrissas Jagatsinghpur zusammen, wo 20 Bataillone eingesetzt wurden, um den verfassungswidrigen Landerwerb zu unterstützen und Indiens größte Auslandsinvestition – das POSCO Stahlwerk – zu schützen. Die Regierung hat das Ziel, 40 Betel-Farmen zu zerstören, um den Landraub zu ermöglichen. Betel bringt den Bauern einen jährlichen Verdienst von 400 000 Rupiahs (9000 $) per 0.4 ha ein. Die Anti-POSCO-Bewegung hat ungezählte Male in ihrem 5-jährigen friedlichen Kampf staatliche Gewalt erfahren und unternimmt jetzt eine weitere – vielleicht die letzte – gewaltlose und demokratische Widerstandsaktion gegen einen Staat, der Gewalt einsetzt, um undemokratischen Landraub für Unternehmensprofite zu ermöglichen und Gesetze sowie die Verfassungsrechte der Menschen übersieht.

Die Anwendung von Gewalt und Zerstörung der Lebensgrundlage, der sich im gegenwärtigen Trend widerspiegelt, ist nicht nur gefährlich für die Zukunft der indischen Demokratie, sondern für das Überleben des indischen Nationalstaates. Wenn man bedenkt, dass Indien behauptet, eine wachsende und blühende Wirtschaft zu haben, aber nicht in der Lage ist, 40% seiner  Menschen zu ernähren, dann ist dies eine nationale Schande.

Fruchtbares Land an private Unternehmen zu geben, die zu neuen Zamindars (erblicher Adel) werden, kann nicht als öffentlicher Nutzen definiert werden. Zahlreiche private Autobahnen und Super-Schnellstraßen zu bauen, ist keine notwendige Infrastruktur. Die wirkliche Infrastruktur, die Indien braucht, ist die ökologische Infrastruktur für Nahrungs- und Wassersicherheit. Unser fruchtbares, Nahrungsproduzierendes Land unter Zement und Fabriken zu begraben, heisst die Zukunft unseres Landes begraben.
Derlei Texte von Wissenschaftlern, Journalisten und Beamten in Indien sollten in unseren Ländern im Westen verbreitet werden. Wenn nötig übersetzt werden. Sie geben eine echte Perspektive von Indien und der öffentlichen Diskussion in Indien. Ich habe diese langen Zitate wiedergegeben, weil sie den Unterschied deutlich machen zwischen der wirklichen Diskussion in Indien und der Berichterstattung über Indien in einem Land wie Schweden, ein Land des westlichen Blocks.
Eine vorrangige Verantwortlichkeit bei der Organisierung einer Solidaritätsbewegung mit den Völkern Indiens in unseren Ländern muss das überwinden, was in Wirklichkeit einer Nachrichtenblockade in unseren offiziellen Medien gleichkommt. Jene von euch, die – wie ich – in Friedensbewegungen aktiv waren oder in der sogenannten Linken vor sechzig oder siebzig Jahren, kennen das in der Tat sehr gut. Diejenigen unter uns, die ein Interesse an Geschichte haben, können auch in Bibliotheken gehen und die Zeitungen der vergangenen zwei Jahrhunderte durchblättern. Nichts ist neu in dem Verhalten der Medien.
Aber drei Punkte sollte man im Auge behalten. Der erste geht um das Ausmaß. Es war möglich – aber gefährlich – die Öffentlichkeit über die wahre Situation im Wilhelminischen Deutschland während des 1. Weltkrieges zu informieren. Es war nicht möglich in Hitler-Deutschland im 2. Weltkrieg. Gegenwärtig ist es schwierig, aber nicht unmöglich, wirkliche Informationen über die Situation in Indien in offiziellen Medien in einem Land wie Schweden zu publizieren.
Der zweite Punkt dreht sich darum, dass es bestimmende und ideologische Gründe für den Mangel an Medieninteresse für die reale Situation in Indien gibt. Einmal der touristische Grund – dass es ausreicht, wenn Indien als extrem faszinierenden Land mit einem großen kulturellen Erbe zu schildern, was es auch ist – ist nicht der Entscheidende. Der ökonomische ist weitaus wichtiger. Schweden ist nicht nur Bofors, wie man weiss. Das Eisenerz und die Wasserressourcen in der Guerillazone, wo die Menschen sich verteidigen, sind von extremem Interesse auch für schwedische Kapitalgruppen. Die Medien unter deren Einfluss sollen darüber also nicht zu viel schreiben.
Es gibt auch einen ideologischen Aspekt. Es ist den führenden Kreisen in Indien ganz klar, dass wenn der Kampf der Armen und Getretenen um ihre Rechte (insbesondere, wenn er bewaffnet ist) als Extremismus und Terrorismus definiert werden kann, dann kann man es ausnutzen, ihre Politik gegen die Völker Indiens als Teil des globalen Krieges gegen den Terrorismus darzustellen.
Man erinnere sich, dass „der Westen“ (selbst offiziell bis vor kurzem „Blockfreie Staaten“ wie Schweden) an mindestens drei offenen Kriegen im „Nahen Osten“, wie man es nennt, beteiligt ist; offiziell gegen Terrorismus und für Demokratie und Feminismus, aber in Wirklichkeit - wie ich und viele von uns es sehen – für mehr materielle und imperiale Interessen wie Erdöl, Handelswege und Sphären militärischen Einflusses. Wie in anderen Kriegen in unserem Zeitalter haben Individuen und Parteien (Norwegen liefert gute Beispiele) ihre Karrieren in Kämpfen gegen Kriege, gegen die NATO und die Vereinigten Staaten gemacht, und sind jetzt direkt und profitabel in diesen Kriegen engagiert. Wenn die herrschenden Kreise Indiens ihren Krieg gegen die Adivasis und Dalits als Teil des allgemeinen Krieges gegen den Terrorismus darstellen können, dann werden sie starke politische Unterstützung erhalten.
Wir sollten uns der Begriffe, die wir benutzen, bewusst sein. Selbst in Indien sind Wörter wie Adivasis und Dalits mit Kasten-Untertönen behaftet und werden von den herrschenden Kreisen benutzt, um unbewusste traditionelle Vorurteile auszunutzen (wie in unseren Sprachen wenn wir koloniale Begriffe wie „Stamm“ oder „Ausgestossene“ benutzen).
Wir sollten im Kopf behalten, dass „Adivasis“ nichts zu tun hat mit weder „primitiv“ oder „Terrorismus“. Sie sind Indigene, sie haben dort gelebt, lange bevor indische Staaten geschaffen wurden. „Adivasis“ und „Dalits“ sind Teile der Völker Indiens und jetzt auch offiziell indische Bürger. Die Regierung führt in Wahrheit gegen sie einen Krieg gegen ihr eigenes Volk.
Aber sie sind Teil der umfangreichen Gruppe von Völkern in Indien, die von den herrschenden Kreisen und ihrer Regierung ihrer Rechte beraubt wurden, und sie kämpfen, um ihre menschlichen, sozialen und politischen Rechte zurückzugewinnen.
Exotismus ist ein ideologisches Werkzeug, das von Kolonialismus und Imperialismus und den gegenwärtigen herrschenden Klassen benutzt wird. Viele, vielleicht sogar eine Mehrheit der Schriftsteller und des Fernsehpersonals auch in unseren Ländern sind einigermaßen gut und ehrlich und würden ehrlich berichten, wenn sie die Möglichkeit hätten. Die Schwierigkeit ist, korrekte Berichte an den Torhütern vorbeizubekommen. Viele dieser Torhütern, d. h. „verantwortliche Herausgeber“, waren in meinem Land Schweden vor einer Generation Teil der sogenannten Jugendrevolte. Mehrere von ihnen sind jetzt hochbezahlte und verantwortliche Herausgeber in unseren Medien, und haben auf die eine oder andere Weise bereut, dass sie sich in ihrer Jugend als eine Art „Marxisten-Leninisten“ bezeichneten. Daran ist nichts Besonderes. Das war in den Vereinigten Staaten vor 60 Jahren genauso. Damals bereuten viele Intellektuelle ihre ideologischen Sünden während der „Jahre des New Deal“.
Um das zu verstehen, braucht man sich nur das “Schriftstellergesetz“ ansehen, das Goebbels 1934 erließ, nachdem Juden und Kommunisten rausgesäubert waren, und kann fragen, wieviele von diesen Schriftleitern vor Gericht kamen bis 1945. Die Antwort ist eindeutig. Niemand. Es war nicht die Gestapo, die die Herausgeber auf der Parteilinie hielt; es war ihr Gehalt, ihr Auto, ihr Haus oder Appartment.
Und dennoch gab es auch damals viele anständige deutsche Journalisten. Ich kannte mehrere. Unsere Situation ist nicht die in Deutschland im 2. Weltkrieg – oder selbst in Westdeutschland in der Adenauer-Zeit. Es ist möglich – obwohl nicht sehr leicht – wirkliche Nachrichten über Indien zu drucken oder im Radio und Fernsehen selbst in unseren Ländern im Westen zu veröffentlichen. Doch um dies zu tun, sollte man sich die Aufforderung von Jesus an seine Jünger in Erinnerung rufen: „seid weise wie Schlangen und zahm wie Tauben“. Für mich kommt dieser Rat wahrscheinlich zu spät. Ich hätte vor etwa siebzig Jahren daran denken sollen.
Aber wenn die herrschenden ökonomischen (und folglich politischen) Kreise in unseren Ländern eng verbunden sind (natürlich auch in Wettbewerb und streitend, aber dennoch verbunden) mit den herrschenden Gruppen in Indien, wird dann eine Solidaritätsbewegung mit den Völkern Indiens wirklich echten Einfluss gewinnen?
Wir können in der Geschichte zurückgehen und die Antwort finden. Nehmt die Sklavenfrage des 19. Jahrhunderts. Es gab in England sehr starke ökonomische Interessen im Sklavenhandel und später bei der Unterstützung des Südens im amerikanischen Bürgerkrieg. Die Argumente gegen den Sklavenhandel waren of ideologisch und/oder religiös. Dennoch hat die Anti-Sklaverei-Bewegung Schritt für Schritt im 19. Jahrhundert Erfolg gehabt und am 10. Dezember 1948 hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte angenommen, wo Artikel 4 festhält:
Niemand darf in Sklaverei oder Knechtschaft gehalten werden; Sklaverei und Sklavenhandel müssen in allen ihren Formen verboten werden.
Es gibt mehrere solcher Beispiele. Ich denke, es ist uns gelungen – trotz des Aufschreis in größten Teil der offiziellen Presse – den Ausbruch eines Atomkrieges um 1952/53 zu verhindern. Die Bewegung gegen die USA in Indochina war auch ein entscheidender Faktor zur Beendigung des Krieges.
Die Lehre ist, dass es möglich ist, durch Solidaritätsbewegungen auf breiter Grundlage, die politische Realität zu verändern. Nicht, dass es immer möglich ist. Viele von uns sind wahrscheinlich in den Massendemonstrationen wie denen gegen den kommenden Krieg gegen Irak mitgegangen. Dennoch waren auch sie von großer Bedeutung.
Eine weitere Lehre ist gewesen, dass oft jene Individuen, die aus religiösen oder anderen ideologischen Gründen uns fern standen – Bischöfe zum Beispiel, die oft in ihrer Opposition gegen ungerechte Kriege tapfer waren – aufgestanden sind, während politische Genossen und Freunde der offiziellen Linken sich um ihr eigenes Wohl und Wehe kümmerten.
Es ist jetzt siebzig Jahre her, dass ich das erste ernsthafte Buch über Indien las – R. Palme Dutt „Indien heute“. Was er damals über „Indische Armut“ schrieb, ist heute so wahr wie damals:
Es gibt zwei herausragende Fakten zur gegenwärtigen Si­tuation in Indian. Ein Fakt ist der Reichtum Indiens - der natürliche Reichtum, die reichlichen Ressourcen, die potentielle Wohlfahrt für die gesamte gegenwärtige und kommende Bevölkerung in Reichweite.
Zweitens die Armut Indiens - die Armut der überwältigen­ den Mehrheit des Volkes, eine Armut, die für jeden, der an die Bedingungen der westlichen Welt gewöhnt ist, jeder Beschreibung spottet. Dazwischen liegt das Problem der bestehenden sozialen und politischen Ordnung in Indien.
Es ist mehr als fünfzig Jahre her, dass ich erstmals nach Indien kam und dreißig Jahre, dass ich – zusammen mit meiner Frau und Tochter – nach Andhra Pradesh ging, um die Unterdrückung zu sehen und darüber zu berichten, die Gewalt gegen die Frauen und die bewaffneten Einheiten jener Zeit. (siehe „Indien bricht auf“) und jetzt wurde ich in die Ghats im Osten eingeladen, um die führenden Genossen der Kommunistischen Partei Indiens (Maoisten) zu treffen und mit ihnen zu diskutieren. Viel ist geschehen in diesen Jahren und die Schrecken des Ansturms der herrschenden Klasse gegen die Unterdrückten (und ihre Frauen) ist wenn möglich noch schlimmer.
Aber es liegt nicht an mir – als einem Nicht-Inder – jenen, die gegen die Unterdrückung kämpfen zu sagen, was sie tun müssen. Ich werde immer daran denken, was Rewi Alley mir in China während der turbulenten Zeit der Kulturrevolution sagte: „Denk dran, es ist ihr Land!“


Anmerkung:
Diese Rede von mir aus dem Englischen übersetzte Rede wurde auf einer öffentlichen Veranstaltung der Organisation International Campaign Against War on the People in India (ICWPI) gehalten.
Unterdessen gibt es Bemühungen, ähnliche oder auch Tochterorganisationen
in Deutschland, Schweden und Italien zu gründen. Auf jeden Fall will die ICWPI im nächsten Jahr einen Kongress in Europa mit allen Indien-Solidaritätsgruppen abhalten, um die Arbeit zu koordinieren, zu verbessern und zu verstärken.

Freitag, 17. Juni 2011

Indien: Unsere Kinder haben die Augen der Nation geöffnet

von Prashant Paikray
übersetzt von Einar Schlereth



Die Schlagzeilen und die Fernsehkanäle in ganz Indien nahmen die Menschen aus dem Gebiet des geplanten POSCO-Projektes ein und ihren heroischen Kampf, dieses illegale Projekt und den Raub ihres Landes zu stoppen. Die Tapferkeit der Kinder und Frauen unserer Dörfer – die sich vor tausend bewaffneten Polizisten, bereit ihr Leben und ihre Häuser zu zerstören, niederlegten – hat die Aufmerksamkeit der Nation gefangen. Selbst nachdem offizielle Komitees das Projekt als illegal ansahen, und unabhängige Studien alle Behauptungen von den angenommenen „Wohltaten“ zerstreut haben und Strafanzeigen gegen Beamte der Zentral- und Landesregierung erhoben wurden, haben sie schamlos dieses Projekt unterstützt. Aber der Mut unserer Kinder hat sie zum Stillstand gebracht.
Kinder demonstrieren gegen Landraub

Die Landesregierung hat jedes Gesetz gebrochen und bei jedem Schritt zum Wohle von POSCO gelogen. Sie hat tausend bewaffnete Polizisten eingesetzt und erklärt, dass sie keine Gewalt anwenden wolle. Warum hat man die Polizei aufmarschieren lassen? Sie hat tausende Menschen seit zwei Tagen umzingelt, in der brennenden Sonne, sie mit Kugeln, Tränengas und Lathi-Prügeln bedroht. Die Polizei musste sich am Ende blamiert zurückziehen, nachdem sie schändlich hinter unserem Rücken heranschlich, um ein paar Betelstöcke zu zerstören. Heute werden wir den Schaden beheben und die Leute können wieder an die Arbeit gehen.

Kinderdemonstration

Betelpflücker
 Der Umweltminister Jairam Ramesh veröffentlichte heute einen Aufruf an die Orissa-Regierung, „Demokratie und Dialog“ zu respektieren und keine Zwang bei der Übernahme von Land anzuwenden. Aber „Demokratie und Dialog“ sind gesetzlich festgelegt, besonders im Waldrechtsgesetz, wo es heisst, dass Waldland nicht ohne die Zustimmung der Gemeinden und Beachtung ihrer Rechte weggenommen werden darf. Und es war das Ministerium von Jairam Ramesh, das das Land an POSCO übergab, ohne all dies zu beachten und in direkter Verletzung des Gesetzes – ganz zu schweigen von „Demokratie und Dialog“. Was hat also seine fromme Erklärung jetzt zu bedeuten? Wenn Herr Jairam Ramesh und die Zentralregierung an Demokratie und Dialog glauben, dann sollen sie die illegale Erlaubnis für POSCO zurückziehen.
Zweifellos werden verschiedene üble Taktiken, Drohungen, Gerüchte und geheime Angriffe in Szene gesetzt, um das Volk zu demoralisieren. Aber unser Geist wird nicht gebrochen. Wir wissen, dass wir für die Gerechtigkeit kämpfen. Unsere Kindern wissen das auch, im Gegensatz zu jenen, die so herzlos uns anklagen, wir würden sie als „menschliche Schilde“ benutzen. Wir wollen nicht erleben, dass sie zu Hunger und Elend verurteilt werden, mit Tagelohn von der Hand in den Mund leben müssen, dass ihnen ihre ganze Zukunft und Lebensunterhalt durch einen kriminellen Staat genommen wird.
Sie bekämpfen uns, weil die Ungerechtigkeit von POSCOs Landraub sogar von zehnjährigen Kindern begriffen wird, die der Nation gezeigt haben, was Mut wirklich heisst. Wir wiederholen: Weder wir noch unsere Kinder werden unsere Wälder, unser Wasser oder unser Land aufgeben.

* Den Link zum Originalartikel findet man hier.

Donnerstag, 16. Juni 2011

ISRAELIS trainieren, Menschen tot zu schießen

Sie müssen schon wieder trainieren, die armen bedrohten Israelis, wie man wehrlose Menschen aus aller Welt inklusive Juden tot schießt*. Komisch, das exerzieren sie doch schon seit über 60 Jahren durch. Leider werden auf der nächsten Flotilla keine Kinder dabei sein. An denen kühlen sie ja mit Vorliebe ihr Mütchen.
Und die westliche Welt, vor allem ihre Herren und die Medien werden wieder händereibend und anfeuernd zuschauen. "Putzt sie weg, dieses ständig demonstrierende Pack, diese Antisemiten und jüdischen Selbsthasser!" Laut Gesetz müssten wir unsere Bürger ja eigentlich schützen. Aber das schenken wir uns. Denn das sind ja im Grunde gar nicht unsere Bürger. Die haben in unserem gesunden Volkskörper gar nichts zu suchen. Und auf das Geheul von ein paar Menschenrechtsfanatikern geben wir schon gar nichts. Die sollen doch 'riber' gehen - ach so, gibts ja nicht mehr. Also rüber über den Deister.

* Der Link zum einschlägigen Artikel ist hier.

Mittwoch, 15. Juni 2011

Der Krieg in Afghanistan geht verloren

von Rizwan Asghar
am 7. Juni 2011
übersetzt von Einar Schlereth für Tlaxcala

Eine Reihe von Ereignissen in den vergangenen Monaten haben die Auffassung weiter bestärkt, dass der Krieg in Afghanistan eine nicht willkommene Wendung genommen hat, und dass Obamas afghanische Strategie in Scherben liegt. In einem Akt der Verzweiflung hat General Petraeus scheinbar zur „Anti-Afghanen-Strategie“ gegriffen, nach dem vollständigen Versagen seiner sogenannten Anti-Aufstands-Strategie.
anti-Raid-Demonstration
Eine ITV-Dokumentation [engl. Kanal] zeigte kürzlich US-Truppen in Afghanistan, die Leute aus ihren Häusern jagten und diese dann verbrannten, einfach, um Platz für Fahrzeuge zu schaffen oder freies Schussfeld zu haben. Insiderberichte sprechen auch davon, dass dass die US-Truppen in Afghanistan so frustriert sind, dass sie Kinder eins nach dem anderen aufgreifen und skrupellos umbringen.
Am 1. März wurden neun afghanische Kinder von NATO -Helikoptern getötet, die Feuerholz sammelten, was nicht als „Fehler in der Hitze des Gefechtes genannt werden kann“. Ein paar Tage zuvor, am 17. Februar, hatte die NATO 64 Zivilisten, darunter 29 Kinder in der Provinz Kunar durch Luftangriffe getötet. Die Situation hat sich zu dem Grad verschlimmert, dass Präsident Karzai sich öffentlich gegen die Amerikaner wandte, wegen deren völliger Missachtung der Würde des afghanischen Volkes.
erfolgreicher Überfall
Exzessives Vertrauen auf Luftangriffe durch die NATO und fortgesetzter Einsatz von gewöhnlichen Leuten als menschliche Schilde durch die Taliban haben zu zivilen Opfern geführt und anschließender Wut der Afghanen.
Neuerdings schreiben von der CIA geworbene Analytiker in verschiedenen internationalen Zeitungen, dass die US- Truppenerhöhung die Waagschale zu Ungunsten der Kämpfer gegen die Besatzung in Afghanistan verändert. Bei einer Anhörung vor dem Senat sagte General Petraeus dass „der von den Taliban seit 2005 gewonnene Aufschwung im größten Teil des Landes aufgehalten und in einigen wichtigen Gebieten sogar umgekehrt worden sei.“ Aber in Wirklichkeit sind die bisher gemachten Gewinne sehr fraglich und die Probleme für die imperialistischen Streitkräfte werden größer. Mehr als 200 NATO-Soldaten sind in den ersten fünf Monaten von 2011 gefallen.
Die Taliban haben im Süden Widerstandskraft gezeigt und üben beträchtlichen Einfluss über die Mehrheit der Bevölkerung aus, insbesondere außerhalb der städtischen Zentren. Es hat keine sichtbare Verringerung ihr Kampffähigkeit stattgefunden. In den kommenden Tagen wird wahrscheinlich die Tätigkeit der Aufständischen weiter zunehmen, während die Sicherheitssituation sich schnell in ganz Afghanistan verschlechtert. Versuche, ex-Taliban-Kämpfer in einem Friedens- und Versöhnungs-Programm anzuwerben, hat nur zu einer sehr geringen Zahl Überläufer zu den Auslandstruppen geführt.
Die Operationen der Spezialeinheiten, die verantwortlich sind für Morde und nächtliche Überfälle auf Häuser, sind ein Grund für die Entfremdung der Afghanen. Yama Torabi von Integrity Watch (Überwachung des Anstands) hat kürzlich gesagt: „Die Dorfbewohner vergeben den Amerikanern nicht die Ermordung ihrer Söhne, nur weil sie eine Straße oder Brücke bauen.“
Laut einer neuen Untersuchung wollen 90 % der Bevölkerung, dass die NATO mit dem Abzug ihrer Truppen so bald wie möglich beginnt. Die Angriffe auf die Besatzungstruppen sind seit dem vergangenen Jahr um 66% gestiegen und die Kämpfer gegen die Besatzung haben neue Fronten im Norden und Westen des Landes eröffnet.
Obwohl Präsident Obama versprach, mit dem Abzug von Truppen im Juli zu beginnen, wird bereits von einigen US-Beamten davon gesprochen, dass es keine merkbaren Abzüge geben wird. Der Vorschlag vom Pentagon ist es, 98000 US-Truppen plus 50000 aus anderen Ländern im nächsten Jahr auf afghanischen Boden zu haben.
Der Vorwand, dass NATO-Truppen einheimische Truppen trainieren, um die Sicherheit des Landes zu übernehmen, ist geradezu lächerlich. Ein Bericht des US-Generals für Sonderinspektionen des afghanischen Wiederaufbaus fand, dass ca. 27 000 afghanische Soldaten – ein Drittel der Armee – zu jedem beliebigen Zeitpunkt nicht im Dienst sind. Diese Politik hat in Vietnam und Irak versagt und ist auch in Afghanistan zum Scheitern verurteilt.
Es wird gesagt, dass jedes Mal, wenn die Geschichte sich wiederholt, der Preis höher wird. Der Fall des US-Wahns in Afghanistan ist keine Ausnahme und das Scheitern in diesem Krieg ist unausweichlich.

Originallink mit weiteren Angaben hier.

Dienstag, 14. Juni 2011

Der Raubüberfall auf Libyen - eine Schande, die zum Himmel stinkt

Ich gehöre einer Generation an, für die Solidarität nicht ein leerer Begriff war. Es galt als selbstverständlich, dass ein großer, starker Kerl sich nicht an einem schwachen Jungen, einem Minderjährigen, einem Mädchen/Frau vergreift, dass man behinderten oder alten Menschen zu Hilfe kommt, dass man nicht zu Vielen über einen Einzelnen herfällt, dass man dem besiegt am Boden liegenden nicht mit dem Stiefel ins Gesicht tritt.
Das galt - übersetzt in die Weltpolitik - in gewissem Maße auch für schwache Völker, für die man Partei ergriff, wenn sie von einer Übermacht angegriffen wurden. Genau aus diesem Grund waren die Karl May-Bücher so außerordentlich beliebt. Oder die Bücher über Schinderhannes, Robin Hood oder Spartacus, auch Simón Bolívar. Leider galt diese Solidarität nicht für alle Völker auf Erden, da das rassistische Gift uns ja nicht nur in Deutschland, sondern in der gesamten Welt der Kolonialherren und Imperien eingeimpft wurde. Es galt also nicht für die Völker Schwarzafrikas, Asiens, Australiens, Südamerikas.
Aber heute ist auch diese teilweise Solidarität verschwunden, die zum letzten Mal in der Vietnam-Bewegung gewaltig aufflammte. Ich glaube, dass bei vielen Menschen eine Rolle spielte, dass da eine Supermacht ein armes Land von Bauern, das schon Jahrzehnte Krieg gegen Japaner und Franzosen hinter sich hatte, in die Steinzeit zurückbomben wollte - und zwar mit äußerst verbrecherischen Methoden. Hunderttausende Menschen leiden noch heute unter den Folgen von Agent Orange.
Doch wieviele Kriege sind seither geführt worden von eben dieser Supermacht, den USA? Es sind über 60. Und alle durch die Bank - bis auf einen gegen Jugoslawien - gegen kleine und kleinste, schwache und wehrlose, überwiegend arme Länder der Dritten Welt. Und während diese tapferen, ach so edlen Amerikaner ihre Bombenteppiche aus größtmöglicher Höhe noch über Afghanistan, Pakistan, Jemen und Somalia abwerfen, haben sie sich schon das nächste Opfer auserkoren: Libyen. Und nicht alleine: Neben ihrer eigenen riesigen Armee, gigantischen Luft- und Seewaffe sind noch andere große Mächte wie England, Frankreich, Italien an ihre Seite getreten. Sie haben eine Mauer aus Stahl, Bomben und Raketen um und über dem Land mit gerade mal 6 Millionen Menschen errichtet.
Als ob das nicht schon schrecklich genug ist, so schreien die Medien, Politiker, Militärs und die Magnaten der Multis nach mehr und noch mehr Bomben und 'boots on the ground'. Und deren giftiges Geschrei, rassistisches Gebrülle, ihre Lügen und Verunglimpfungen dringen bis in das hinterletzte Dorf, bis hierher, das eigentlich ein Arbeiterdorf ist und immer sozialdemokratisch wählte, und vergiften jedes Hirn. Und alle wiederholen unisono all den Mist, den sie täglich vor der Glotze zu schlucken bekommen haben.
Und keinem kommt der Gedanke, dass dies die exakt gleiche Handlungsweise ist, wie wenn ein paar junge Kerle eine alte Oma zusammenschlagen, gemeinsam eine Frau vergewaltigen, über wehrlose Kinder herfallen. Dieselbe abgrundtief gemeine, feige Handlungsweise. Die heute sogar häufig in der Anwesenheit von Erwachsenen passiert, die ebenso feige sind und nicht eingreifen.
Ist dies die Welt, die wir uns erträumt haben?
Dass ich mich besonders für Libyen engagiere, liegt natürlich in erster Linie daran, dass hier ein Exempel für ganz Afrika statuiert werden soll, dass sich der Westen mit der USA als Leithammel die ungeheuren Reichtümer des ganzen Kontinents einverleiben will und seine Menschen bestenfalls als Arbeitssklaven und Kanonenfutter benutzen will. Zweitens auch an der Bewunderung für seine Menschen und Führung, die sich mit unglaublicher Tapferkeit gegen diesen heimtückischen Anschlag wehren.
Aber ich habe noch einen dritten, sehr privaten Grund. Mein Großvater, den, neben einer meiner Schwestern, ich am meisten liebte und verehrte, hatte eine Vorliebe für Afrika, und er träumte davon, die Sahara zu begrünen. Er kam immer wieder auf dieses Thema zu sprechen, mit Gedanken, wie man das bewerkstelligen könnte, an die ich mich aber kaum entsinnen kann. Nun und wer hat begonnen, diesen Traum wahr zu machen? Das war Muammar Gaddafi. Als ich mir die Filme von diesem Wunderwerk anschaute, da wünschte ich mir aus tiefstem Herzen, dass mein Großvater neben mir sitzen könnte. Und es würde mir das Herz brechen, wenn der Westen sich diesen ungeheuren Schatz an Wasser auch noch aneignen würde.

Donnerstag, 9. Juni 2011

AUFRUF: Frieden für Libyen! Solidarität mit dem libyschen Volk!

Endlich ist es deutschen Freunden gelungen, einen Aufruf zu formulieren und von einer Reihe gewichtiger Namen unterzeichnen zu lassen. Drei KollegInnen von Tlaxcala konnte ich gewinnen, den Text ins Schwedische, Spanische und Französische zu übersetzen (siehe hier). Nun hoffe ich nur noch, dass es auch ein paar Demonstrationen in Deutschland geben wird. Oder ist das Utopie? Hier also der Text:
Seit mehr als zwei Monaten bombardieren die USA und andere NATO-Staaten Tag für Tag und vor allem nachts die Millionenstadt Tripolis und andere Orte in Libyen. Zugleich versuchen sie, das libysche Volk durch Beschlagnahmung seiner Gelder und durch eine Hungerblockade gefügig zu machen.
Die Aggressoren mißachten alle einschlägigen Bestimmungen des Völkerrechts (Verbot der Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates, Verpflichtung zu Konfliktlösungen auf dem Verhandlungswege, Verbot des Angriffskriegs usw.). Ihr Vorwand, sie wollten „Menschen­leben retten“, ist angesichts der wachsenden Dauer ihres Bombenkrieges und der steigenden Opferzahlen absurd und zynisch. Springer- und andere Konzernmedien sowie auch die öffentlich-rechtlichen Sender schweigen jedoch über die Toten, die Verstümmelten, die Zerstörungen, das Flücht­lingselend, die Vergiftung der Böden mit Uranmunition.
Der Wüstenstaat, der unter seinem Revolutionsführer Moammar al-Gaddafi seiner Bevölkerung dank der Nationalisierung seines Ölreichtums den höchsten Wohlstand in Afrika mit unentgeltlichem Bildungs- und Gesundheitswesen, mit hochentwickelten Rechten für Frauen und Kinder bieten konnte, droht in seiner Entwicklung um Jahrzehnte zurückgeworfen zu werden. Wie in der Kolonialzeit selbstbewusst gewordene Sklaven vor den Augen ihrer Schicksalsgefährten öffentlich ausgepeitscht wurden, so wollen heute führende NATO-Staaten das libysche Volk, auch als Warnung für die Völker der Dritten Welt, mit Bomben, Raketen und gegebenenfalls militärischer Besetzung dafür bestrafen, dass es sich ihrem Diktat entzieht, seinen eigenen Entwicklungsweg geht, sich für die Einheit und Unabhängigkeit der arabischen Welt und Afrikas einsetzt und sich jeglicher Rekolonialisierung verweigert.
Wir fordern die Bundesregierung auf, keine Nutzung deutscher Einrichtungen für die Aggression zu gestatten und sich konsequent einzusetzen für
  • sofortige Einstellung aller Angriffe auf Libyen,
  • sofortigen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen zwischen den libyschen Bürgerkriegsparteien,
  • Aufhebung der Handels- und Wirtschaftsblockade,
  • Rückgabe der beschlagnahmten libyschen Auslandskonten.
Es ist höchste Zeit, Solidarität mit dem libyschen Volk zu zeigen.
Wir rufen alle, die sich für Frieden, Völkerrecht und Menschenrechte mitverantwortlich wissen und den Menschen der Dritten Welt verbunden fühlen, zu Protestaktionen und Demonstrationen auf: Dieser verbrecherische Angriffskrieg muss gestoppt werden.
Erstunterzeichner:
Dr. Richard Albrecht, Autor & Editor, Bad Münstereifel – Dr. Alexander Bahar, Historiker - Dr. Friedrich-Martin Balzer, Historiker, Marburger Forum – Dr. Matin Baraki, Lehrbeauftragter an der Universität Marburg – Hartmut Barth-Engelbart, Schriftsteller und Musiker – Hans Bauer, Rechtsanwalt, Vorsitzender der Gesellschaft zur Rechtlichen und Humanitären Unterstützung (GRH) e.V. Berlin – Elia Baz, 1. Vorsitzender des Deutsch-Arabischen Freundeskreis e.V. – Rolf Becker, Schauspieler – Michaela von Behm, Frankfurt/Main – Ursula Behr-Taubert, Kunstmalerin mit Leyla Taubert – Prof. Dr. Wolfgang Beutin, Schriftsteller, Privatdozent an der Universität Bremen – Heide Beutin, Wissenschaftspublizistin – Wolfgang Bittner, Schriftsteller – Volker Bräutigam, Publizist – Peter Braun, Bildhauer – Antonie Brinkmann, Bremen – Arnold Bruns, Verleger, Bonn – Elias Davidsson, Komponist und Völkerrechtler, Bonn – Franz Josef Degenhardt, Musiker und Schriftsteller, Quickborn – Kai Degenhardt, Musiker, Hamburg – Michaela Dietl, Musikerin – Bernd Duschner, „Freundschaft mit Valjevo“ – Felix Eder, Übersetzer – Petra Finsterle, Club Voltaire München – Dieter Frielinghaus, Pfarrer – Heinrich Frei – Prof. Dr. Klaus Fuchs-Kittowski, Informatiker, Berlin – Dr. Dieter Götze – Rüdiger Göbel, stellv. Chefredakteur der „Jungen Welt“ - Fulvio Grimaldi, Journalist und Dokumentarfilmer – Dr. Wolf-Dieter Gudopp-von Behm, Frankfurt/Main – Joachim Guilliard, Heidelberger Forum gegen Militarismus und Krieg – Heinz-W. Hammer, Dipl. Soz. Pädagoge – Klaus Hartmann, Bundesvorsitzender des Freidenkerverbandes – Evelyn Hecht-Galinski, Publizistin –-Christoph R. Hörstel, Regierungs- und Unternehmensberater – Prof. Dr. Dr. h.c. Hans Heinz Holz, Philosoph – Silvia Holz-Markun, Journalistin – Ludwig Huber, Kunsterzieher – Claudia Karas – Dietrich Kittner, Kabarettist – Peter Kleinert, Redakteur der Neuen Rheinischen Zeitung – Dieter Kloszowski, Vorsitzender des Marburger Forums – Prof. Dr. Bernd Könitz, Leipzig – Siegfried Kretschmar – Brigitte Kustosch, Marburg – Prof. Dr. Domenico Losurdo, Philosoph, Präsident der int. Gesellschaft für dialektisches Denken – Dr. Wilfried Maier – Dr. Erika Maier – Prof. Dr. Thomas Metscher, Literaturwissenschaftler – Dr. Bahman Nirumand, Publizist – Prof. Dr. Kurt Pätzold, Historiker, Berlin – Doris und George Pumphrey – Klaus von Raussendorf, Publizist, Bonn – Ellen Rohlfs, Übersetzerin – Jürgen Rose, Oberstleutnant der Bundeswehr a. D., Publizist – Prof. Dr. Werner Roß, Zwickau – Dr. Werner Rügemer, Publizist – Erich Schaffner, Schauspieler – Prof. Dr. Andreas Schierwagen – Eberhard Schink und Karin Mittelstädt, Geschäftsführender Vorstand des Freidenkerverbandes – Einar Schlereth, Journalist – Jochen Scholz, Mitglied der „Kommission Europäische Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr“, IFSH – Renate Schoof, Schriftstellerin – Dr. Erasmus Schöfer, Schriftsteller – Gabriele Senft, Fotojournalistin – Eckart Spoo, Publizist und Herausgeber des „Ossietzky“ – Dr. Robert Steigerwald, Publizist Frankfurt/Main – Armin Stolper, Schriftsteller – Frieder Wagner, Schriftsteller und Filmemacher – Prof. Dr. Ingo Wagner, Leipzig – Willy H. Wahl, seniora-org – Raymond Wilson, Astrophysiker, Kavli-Preisträger 2010 – Ingrid und Gerhard Zwerenz, Schriftsteller
Unterzeichner nach der Erstveröffentlichung heute früh:

Prof. Dr. Ingo Wagner, Leipzig -Prof. Dr. Bernd Könitz, Leipzig -Prof. Dr. Werner Roß, Zwickau - Dr. Dieter Götze - Siegfried Kretzschmar

Wer ebenfalls unterzeichnen möchte, kann einfach eine Zustimmungserklärung an die folgende Adresse schicken: bernd@freundschaft-mit-valjevo.de

Donnerstag, 2. Juni 2011

Einige Gedanken bei der Lektüre von Bernhard Schlinks Der Vorleser


Das Buch hat mich stark beschäftigt. Zum einen, weil ich ja auch eine ältere Frau – in Hannas Alter etwa – als Lehrmeisterin in der Liebe hatte, nur leider nicht in so jungen Jahren. Zum anderen, weil diese Hanna eine so gute, starke und kluge Persönlichkeit ist, die so liebevoll gezeichnet wird, dass sie sicher ein Vorbild in der Wirklichkeit hat.
Das Buch ist zweifelsohne sehr gut geschrieben. Die Frau, obwohl weit unter der gesellschaflichen Position des Protagonisten stehend, wird in keiner Weise  herablassend gezeichnet. Ihr junger Liebhaber versucht aufrichtig, ihrer Persönlichkeit gerecht zu werden. Seine tiefe Liebe wird jedem bewusst, der das auch erlebt hat. Die Innigkeit der Beziehung wird besonders eindrucksvoll durch das Vorlesen von Romanen und Theaterstücken dargestellt, die sie beide, auch er, der sie schon kennt, neu erleben und diskutieren.
Andererseits hinterlässt es doch einen unangenehmen Beigeschmack, der in dem Augenblick entsteht, wo die 'Wahrheit' ans Licht kommt: dass sie Aufseherin in dem KZ Auschwitz und später in einem Nebenlager war, und der inzwischen nicht mehr so junge Liebhaber als Jurastudent und Teilnehmer an einem Seminar, das den Prozess als 'Lehrstück' bearbeitet, diesen von Anfang bis Ende verfolgt. Im Verlauf des Prozesses wird ihm klar, dass Hanna Analphabetin war, die ihr ganzes Leben lang versucht hat, diese Schmach zu verheimlichen, dies auch während des Prozesses tut, obwohl das für sie zu einer erheblichen Strafverschärfung führt.
Im Verlauf des Prozesses kommt heraus, dass Hanna auch im KZ Vorleserinnen hatte, junge schwache Mädchen, denen sie, so viel ist dem Jurastudenten klar, die schwere Arbeit ersparen will, die sie aber dennoch nach Auschwitz schicken muss. Dem jungen Jurastudenten wird Hannas Handicap auch in seinen Folgen vollständig klar. Er versucht mit seinem Professor und mit seinem Vater, dem Philosophieprofessor, über sein Problem zu reden, ob er helfen soll oder muss oder lieber nicht, wird aber mit passenden Argumenten versorgt, die es ihm erlauben, lieber zu schweigen.
Und da scheint einfach Selbstgerechtigkeit durch. Er geht sogar so weit, sich selbst als Opfer zu empfinden – was hat sie mir angetan, was habe ich leiden müssen, wie hat sie mich benutzt und mir Unrecht getan – wodurch die ganze Liebesgeschichte auf die Ebene bürgerlich-christlicher Moral geschoben wird. Insgeheim weiß er ja, welch großes Geschenk er durch ihre Liebe und Zärtlichkeit erhalten hat.
Das ist der eine Punkt. Der wirklich schwerwiegende Punkt ist die Prozessführung selbst. Sie macht das ganze Ausmaß der Vergiftung durch zionistische Hasspropaganda deutlich, der auch Schlink von seinem Zuhause her (drei Generationen Professoren der Jura und Theologie) voll erlegen ist. Erstens: Wer ist in dem verhandelten Fall – die Kirche, in dem die Häftlinge von dem weiblichen Wachpersonal untergebracht wurden, wird bombardiert, auch der Pfarrhof mit dem Personal, und fast alle Häftlinge verbrennen, weil sie vom Personal - bei dem es auch Verwundete gegeben hatte, nicht herausgelassen werden – wer also ist denn da der eigentliche Mörder? Die Idee kommt dem Herrn Juristen gar nicht. Das sind doch wohl die Briten oder Amerikaner, die systematisch die Flüchtlingszüge aus Kindern, Frauen, Alten und Gebrechlichen und eben auch Kirchen und Krankenhäuser bombardierten. Diese guten Christen, die genau wussten, dass es sich hier um KZ-Häftlinge handelte und dass in Kirchen häufig Menschen untergebracht wurden. Kein Wort also darüber. Die Bomben fielen halt vom Himmel. Hat der liebe Gott sie geschickt? Das vielleicht nicht, aber er hat sie ja fallen lassen, sogar auf sein eigenes Haus. So wird es doch gepredigt oder nicht? Stimmt es etwa nicht gerade in diesem Fall?
Der zweite Punkt ist, dass man also mit viel Mühe und Aufwand die Wächterinnen ausfindig gemacht hat. Man einigte sich also auf den kleinsten gemeinsamen Nenner. Das fällt sogar unserem angehenden Juristen auf, dass diese Frauen auf der Hierarchie ganz untern standen. Sie hatten nicht einmal Waffen. All diese über ihnen stehenden Schichten, die Kommandanten, Offiziere, Generäle, Intellektuellen, Physiker, Chemiker, Reichsschrifttumsleiter bis hinauf zu dem Erzbischof von Freiburg, der eine sehr niedrige Nummer in der SS trug und direkte Verantwortung für die Ausradierung von Freiburg und das lebendige Verbrennen zig-tausender Menschen mit trug – sie durften fast durchweg ihr Leben friedlich in ihren Betten beschließen nach dem Verprassen ihrer satten Pensionen. Aber hier hat man also keine Kosten und Mühen gespart. Das gesamte Gericht reiste sogar nach Israel auf Touristentour und zur Gehirnwäsche, was unserem Juristen auch leicht aufstieß. Und am Ende hat man aus dieser Rotte von Frauen – die logen und alles Hanna in die Schuhe schoben, die sich nicht wehren konnte, ohne ihr Geheimnis zu verraten - die Unschuldigste zur härtesten Strafe verurteilt.
Man denke doch: ein blutjunges Ding, das aus der tiefsten Provinz kam, Analphabetin war, ohne jede Bildung also bei Siemens in Berlin arbeitete, Vorarbeiterin werden sollte, dann aber aus purer Desperation das zufällige Angebot der SS annahm, um ihre Schmach nicht offenbaren zu müssen. Und diese Frau trägt ihr Schicksal wortlos und mit Würde. Und was hätte sie alles der Gesellschaft vorzuwerfen gehabt!
Welch ein Schicksal! Kann das erfunden sein? Ich glaube es nicht. Aber wie dem auch sei. Hier geht es darum, wie der Autor sich dazu verhält. Und da versagt er sowohl als Jurist als auch als Mensch.
Als Jurist deswegen, weil er all die Schwächen der Beweisführung im Prozess hätte klar aufdecken und benennen müssen. Etwa auch, wieso das Gericht alles Mögliche über diese Hanna Schmitz wusste, aber ausgerechnet nichts über ihren gesellschaftlichen Hintergrund (aber das interessiert ja ein Gericht grundsätzlich herzlich wenig). Die gefälschten Beweise, worauf Hanna zaghaft hinzuweisen versucht. Von den Fälschungen und Lügen der zionistischen Propaganda ganz zu schweigen. Die bleiben auch im Buch in Auflage über Auflage einfach stehen. Sie sind ja zweckdienlich und bringen einem am Ende gar das Bundesverdienstkreuz ein.
Aber das Ganze ist sehr geschickt kaschiert. Denn der Autor macht ja immer wieder Schritte, um seine Schuld einzugestehen. Schon im ersten Teil gibt er des öfteren zu, dass er Hanna verraten habe. Auch gibt er zu, dass er Hanna während ihrer 18-jährigen Gefängnishaft zwar einen Kassettenrekorder und Tonaufnahmen vorgelesener Romane schickte, er ihr aber damit nur eine kleine Nische in seinem Leben einräumte. Dass er ihr zwar zu ihrer Freilassung Wohnung und Job gesucht hat, sie auch widerwillig einmal besuchte, sich damit aber nur das Recht auf sein Wohlbefinden 'verdiente'. Aber nie hat er ihr für ihre Briefe gedankt – den mühsamen Prozess ihres Schreibenlernens beschreibt er eingehend – oder zu ihrem Erfolg gratuliert, was sie sehnlichst erwartete. Als sie sich dann in der Nacht vor ihrer Freilassung erhängt, ohne ihm einen Brief zu hinterlassen, fühlt er sich aber wieder einmal bestraft.
Aber bei jedem Schritt – des Eingeständnisses von Schuld und Verrat - macht er immer gleich wieder zwei Schritte zurück. So richtet er es immer wieder und fast unmerklich so ein, dass ihm die Sympathien in den Schoß fallen.
Das ist zwar alles verständlich und sehr menschlich, macht mir aber weder die Person des Romans noch die wirkliche Person des Verfassers besonders sympathisch, zumal er sich in den 68-ern nicht engagierte, weil er ja seinem Vater nichts vorzuwerfen hatte. Er hatte ja nicht weiterhin Professor sein dürfen, sondern nur Pastor. Du meine Güte. Er war 'Opfer'! Was hat er getan gegen das Unrecht? Hat er demonstriert, hat er den Mund aufgemacht? Er hat schön still gesessen und geschwiegen wie Millionen andere auch. Wahrlich kein Grund, sich auf das hohe Ross zu setzen.

Noch eine abschließende Bemerkung. Dieses Buch ist auch ein Beispiel dafür, wie man nach dem Krieg zum Bestseller-Autoren wurde: Entweder machte man auf Anti-Kommunismus – besonders empfehlenswert war dies für DDR-Flüchtlinge – oder man schrieb irgendwie, irgendwas über den Holocaust. In beiden Fällen brauchte es mit der Wahrheit nicht so genau genommen zu werden. Jedes Kraut gedieh, denn der Boden und das Klima in unserer Besatzungszone – die es ja immer noch ist – waren ideal. Aber psssssssst, darüber spricht man ja nicht.


Klavreström, den 1. Juni 2011

Einar Schlereth

Neue Technologie erlaubt fast unmittelbar Abstellung aller AKWs


Ich versprach vorgestern, über dieses Thema zu sprechen. Hier ist das Video dazu: Hydro-Thermal-Energy. Es lohnt sich, dieses Video langsam und genau anzuschauen (diejenigen, die das Englische nicht so gut beherrschen, können sich daneben ein Lexikon öffnen, um schwierige Wörter zu finden). EIN EINZIGER dieser superheissen Unterwasser-Geysire (bis 400° C) kann 20 Millionen Häuser heizen, während ein Super-AKW maximal 4 Millionen heizen kann. Es gibt eine Vielzahl von Gewinnungsmöglichkeiten für diese Energie, von denen keine mit tödlichen Gefahren für Mensch und Umwelt verbunden ist.
Die Hochrisiko-Tiefbohrungen etwa im Golf von Mexiko entfallen. Die äußerst riskanten Bohrungen in arktischen Zonen können sofort ad acta gelegt werden. Uranbergwerke können geschlossen werden, gefährliche Transporte und Verarbeitung entfallen. Millionen Polizeieinsätze bei Transporten und Demos werden gespart - nicht zu vergessen die Knüppel, die geschont werden.
Nun fragt man sich natürlich, wieso nicht ab sofort - eigentlich schon gestern - das ganze Kapitel Atomenergie geschlossen wurde und jeder Pfennig, der bisher für Tod, Verderben, Krankheiten, Krebs ausgegeben wurde, in diese absolut sichere Energiegewinnung gesteckt wird. Lesen Obama und Co. derlei Berichte nicht? Mit Sicherheit nicht. Obama bekommt nur die Reports von Wallstreet vorgelegt und muss überlegen, wie er denen neue Milliarden in die Taschen schieben kann und wo der nächste Krieg stattfinden könnte. Nun gut, aber da sitzen ja Hunderttausende Experten, Wissenschaftler, Techniker in all den Regierungsverwaltungen - lesen die so etwas auch nicht? Man beginnt ja, leise zu zu zweifeln.
Aber wie steht es mit der Milliarde Menschen, die Zugang zum Internet haben. Zugang zu wissenschaftlichen und technischen Zeitschriften, Magazinen, Reports. Lesen die auch nicht? Nun, ein paar Millionen tun es vielleicht. Und warum stehen diese Millionen nicht wenigstens auf der Straße und fordern den sofortigen Abbruch des Atomwahns? Ich begreife es nicht. Lässt sich so etwas überhaupt verstehen oder gar rechtfertigen?