Dagmar Henn hat dankenswerter Weise diesen Artikel von Ellen Brown übersetzt, denn ich habe zu wenig Ahnung von Finanzsachen. Ich konnte nur eine Lehre daraus ziehen: Nichts wie hin zur Bank und das Geld abheben und in die Matratze stecken. Genau so, wie es unsere Großmütter machten. Sie waren schlauer als wir.
von Ellen Brown
5. Dezember 2014
Übersetzung: Dagmar Henn
Am Wochenende des 16 November rauschten die Führer der G20 nach
Brisbane, posierten für die obligatorischen Fotos, stimmten einigen
Vorschlägen zu, führten das Schauspiel vor, wie sie den russischen
Präsidenten Wladimir Putin rundweg ablehnen, und rauschten wieder davon.
Das Alles geschah so schnell, sie haben womöglich gar nicht gewusst,
was sie unterzeichneten, als sie ihre Gummistempel auf das Papier des
Financial Stability Board mit dem Titel “Angemessenheit der
Verlustabsorptionskapazität global systematisch bedeutender Banken in
Auflösung” setzten, das die Regeln des Bankgeschäfts grundlegend ändert.
Russel Napier, der darüber in ZeroHedge berichtete,
nannte das “den Tag, als das Geld starb”. Auf jeden Fall war es
vermutlich der Tag, an dem Einlagen als Geld gestorben sind. Anders als
Münzen und Banknoten, die nicht heruntergesetzt werden oder mit einem
“Haarschnitt” versehen werden können, sagt Napier, sind Einlagen jetzt
“nur ein Teil der Kapitalstruktur der Geschäftsbanken”. Das heisst, sie
können in Haftung genommen oder beschlagnahmt wwwerden, um die
Megabanken vor den Folgen ihrer Derivatewetten zu retten.
Statt das gewaltige und gefährliche Derivate-Kasino unter Kontrolle zu bringen, geben die neuen Regeln der
Zahlung der Verpflichtungen aus Derivaten zwischen den Banken höchste Priorität,
vor jedem Anderen. Das schliesst nicht nur Einleger mit ein,
öffentliche und private, sondern auch Pensionsfonds, die die Zielgruppe
des letzten Haftungsspielchens sind, sogenannter “bail-inable” Bonds.
Die Einlegerhaftung, der “Bail in”, wurde als die Antwort verkauft,
künftige Rettungsmassnahmen durch die Regierungen (“Bail-Out”) zu
verhindern und das Problem der Banken, die zu groß sind, um pleite zu
gehen (“to big to fail”, TBTF), zu lösen. Aber tatsächlich
institutionalisiert sie TBTF, da die großen Banken im Geschäft gehalten
werden, indem sie sich die Mittel ihrer Gläubiger aneignen.
Das ist eine saubere Lösung für Banker und Politiker, die nicht noch
einmal mit einer hässlichen Bankenkrise zu tun haben wollen und froh
sind, das per Satzung entsorgt zu sehen. Aber eine Einlegerhaftung
könnte für die Allgemeinheit noch schlimmere Folgen haben als ein
Bail-Out. Wenn die Steuern steigen, wird man wahrscheinlich trotzdem
noch die Rechnungen zahlen können. Wenn das Bankkonto oder die Pension
ausgelöscht wird, kann man auf der Straße landen oder muss sein Essen
mit seinen Haustieren teilen.
Theoretisch sind in den USA Einlagen unter 250 000 $ durch die
Bundeseinlagensicherung abgesichert; aber die Einlagesicherungsfonds
sowohl in den USA als auch in Europa sind kläglich untergedeckt,
insbesondere, wenn Ansprüche aus Derivaten eingerechnet werden. Das
Problem wird in dieser Grafik aus
ZeroHedge vom März 2013 dargestellt:
1. Säule: FDIC-Einlagesicherungsfonds
2. Säule: Einlagen bei US-Geschäftsbanken
3. Säule: Gesamt-Derivaterisiko der USA
(in Milliarden Dollar)
Mehr dazu nach einem Blick auf die neuen Einlegerhaftungsmaßnahmen und die Machtverschiebung, die sie darstellen.
Einlegerhaftung in normaler Sprache
Das Financial Stability Board (FSB), das jetzt das globale Bankwesen
reguliert, begann als rein beratende Gruppe von G7 Finanzministern und
Zentralbankchefs nach der Asienkrise der späten 90er. Obwohl es kein
offizielles Gremium ist, haben seine Vorgaben
nach der Krise von 2008 gleichsam Gesetzeskraft erlangt, als die Staatschefs der G20 zusammengebracht wurden, um seine Regeln zu zeichnen. Dieses Ritual wird seitdem
jährlich wiederholt,
die Führer der G20 stempeln die Regeln ab, die die Stabilität des
Privatbanksystems erhalten sollen, üblicherweise auf Kosten der
Öffentlichkeit.
Nach einem Papier des Internationalen Währungsfonds unter dem Titel
“Vom Bail-Out zum Bail-In: Die erforderliche Schuldenumstrukturierung systemischer Finanzinstitutionen“:
“Bail-in… ist die gesetzmäßige Macht einer auflösenden
Behörde (im Gegensatz zu vertraglichen Arrangements, wie etwa
Eigenkapitalanforderungen), die Verbindlichkeiten einer notleidenden
Finanzinstitution umzustrukturieren, indem die ungesicherte Schuld
abgeschrieben und/oder in Kapital verwandelt wird. Die gesetzmäßige
Macht des Bail-In soll eine propmpte Rekapitalisierung und
Restrukturierung der notleidenden Institution ermöglichen.”
Die Sprache ist ein wenig verschleiernd, aber einige Punkte gilt es festzuhalten:
- Was früher ein Bankrott genannt wurde, ist jetzt ein
“Auflösungsverfahren”. Die Insolvenz der Bank wird durch den hübschen
Trick gelöst, ihre Verbindlichkeiten in Kapital zu verwandeln.
Insolvente TBTF-Banken werden so “prompt rekapitalisiert” durch ihre
“ungesicherte Schuld”, so dass sie ihr Geschäft wie gewohnt fortsetzen
können.
- “Ungesicherte Schuld” bezieht Einlagen mit ein,
die größte Klasse ungesicherter Schulden jeder Bank. Die insolvente
Bank wird wieder solvent gemacht, indem unser Geld zu ihrem Kapital wird
– Bankanteile, die auf dem Markt wertlos werden können oder über Jahre
hinweg durch das Auflösungsverfahren gebunden sind.
Die Macht ist gesetzmäßig. Enteignungen nach zypriotischer Art werden zum Gesetz.
- Statt ihre Anlagen zu verkaufen und ihre Türen zu schließen, wie es
mit weniger bedeutenden bankrotten Geschäften in einer kapitalistischen
Wirtschaft geschieht, werden die “Zombie-Banken” um jeden Preis am Leben
und am Markt gehalten – und die Kosten werden wieder einmal wir tragen.
Die letzte Drehung: die Pensionen aufs Spiel setzen mit “Bail-Inable”-Bonds
Erst kamen sie für Eure Steuergelder. Als die Regierungen erklärten,
“keine Rettungsschirme mehr”, kamen sie für Eure Einlagen. Als ein
öffentlicher Aufschrei darüber zu hören war, kam das FSB mit einem
“Puffer” aus Wertpapieren, die im Falle eines Bankrotts vor den Einlagen
geopfert werden sollen. Im
letzten Entwurf seines Bail-In-Plans
wird TBTF-Banken vorgeschrieben, einen Puffer in der Höhe von 16-20%
ihrer risikobewerteten Anlagen in Gestalt von Kapital oder von Bonds,
die im Falle der Insolvenz zu Kapital gemacht werden, zu halten.
Diese Wertpapiere, “contingent capital bonds”, “Bail-Inable-Bonds”
oder “Bail-In-Bonds” genannt, haben im Kleingedruckten stehen, dass die
Besitzer dieser Papiere vertraglich zustimmen (statt gesetzlich
gezwungen zu werden), dass unter gewissen Bedingungen (insbesondere der
Insolvenz der Bank) das Geld des Anlegers in Bankkapital umgewandelt
wird.
Allerdings dürften selbst 20% risikogewichteter Anlangen nicht
ausreichen, um eine Megabank bei einem größeren Zusammenbruch von
Derivaten zu stützen. Und wir, das Volk, sind immer noch die Zielgruppe
für die Vermarktung dieser Papiere, diesmal durch unsere Pensionsfonds.
In einem Informationsschreiben des Peterson Institute for International Economics mit dem Titel
“Warum Bail-In-Wertpapiere Katzengold sind”,
warnt Avinash Persaud, “eine entscheidende Gefahr besteht darin, dass
die Steuerzahler geretten werden, indem man die Rentner den Hunden zum
Fraß vorwirft.”
Das wäre nicht das erste Mal. Wie Matt Taibbi in einem Artikel aus dem September 2013 anmerkte (“
Plünderung der Pensionsfonds“),
“öffentliche Pensionsfonds waren die nützlichen Idioten, bei denen Wall
Street seine betrugsdurchsetzten hypothekengesicherten Wertpapiere in
den Jahren vor dem Crash am häufigsten ablud.”
Pensionsfondsmanager, die an der Wall Street sitzen, werden, obwohl
sie in der letzten Krise enorme Summen verloren haben, in der nächsten
nicht notwendigerweise klüger handeln. Alle Pensionsfonds haben mit
Zusagen zu kämpfen, die sie zu Zeiten guter Erträge machten, und jetzt
heisst es üblicherweise, ein Risiko eingehen, um derart hohe Erträge zu
erzielen.
Außer Pensionsfonds und Versicherungsgesellschaften, die langfristige
Anleger sind, ist es nicht klar, welchen Markt es für Bail-In-Bonds
geben soll. Augenblicklich sind die meisten Investoren, die Anteile am
Eigenkapital halten, an kurzfristigen Gewinnen interessierte Anleger,
die vermutlich beim ersten Anzeichen einer Krise abspringen. Die
Anleger, die 2008 ähnliche Papiere besassen, erlitten große Verluste. In
einer
Reuters-Umfrage unter potentiellen Investoren
sagten viele, sie würden dieses Risiko nicht wieder eingehen. Und die
Banken und “Schatten”-Banken sind explizit als Käufer von Bail-In-Bonds
ausgeschlossen, aus “Angst vor Ansteckung”. Wenn sie einer des anderen
Papiere halten, könnten sie alle miteinander untergehen.
Ob die Pensionsfonds untergehen, scheint keine Rolle zu spielen.
Das Derivate-Kasino stützen: Zählt nicht auf die FDIC
Unverletzlich und unberührt in all dem sind die Verbindlichkeiten der
Banken aus Derivatewetten, die die bei weitem größte Gefährdung der
TBTF-Banken darstellen. Laut
New York Times:
Amerikanische Banken haben fast 280 Billionen Dollar an
Derivaten in ihren Büchern, und sie erzielen einen Teil ihrer höchsten
Erträge aus ihrem Handel.
Diese größten Erträge können sich in die größten Verluste verwandeln, sobald die Derivateblase platzt.
Sowohl das Bankrottreformgesetz von 2005 als auch der Dodd Frank Act
stellen die Geschäftspartner der Derivate unter besonderen Schutz, geben
ihnen das Recht, Sicherheiten zur Deckung ihrer Verluste im Fall der
Insolvenz zu fordern. Sie erhalten den ersten Zuschlag, sogar vor
den gesicherten Einlagen des Staates und der Kommunen; und dieser erste Biss reicht für den ganzen Apfel, wie die Grafik oben belegt.
Die Grafik zeigt ebenfalls, dass der Einlagensicherungsfonds des FDIC
für die Absicherung der Einleger nicht ausreicht. In einem Artikel aus
dem Jahr 2013 in US Today, “
Kann die FDIC die Pleite einer Megabank handhaben?“, schrieb Darell Delamaide:
Die größte durch die FDIC verhandelte Pleite war die der
Washington Mutual in 2008. Und obwohl sie mit 307 Milliarden Dollar an
Anlagen ziemlich groß war, war sie ein kleiner Fisch verglichen mit den
2,5 Billionen Dollar Anlagen, die heute bei JPMorganChase zu finden
sind, den 2,2 Billionen der Bank of America und den 1.9 Billionen der
Citigroup.
….Es gab keine Möglichkeit, dass die FDIC die Rettung einer Citigroup
oder Bank of America hätte stemmen konnen, als im Herbst jenes Jahres
die voll entwickelte Finanzkrise hereinbrach und die Zahlungsfähigkeit
selbst der größten Banken bedrohte.
Das war tatsächlich der Grund, warum die US Treasury und die Federal
Reserve eintreten mussten, um die Banken zu retten: die FDIC war dazu
nicht in der Lage. Der Dodd-Frank-Act von 2010 sollte sicherstellen,
dass dies nie wieder geschieht. Aber, wie Delamaide schreibt, gibt es
“zahlreiche Zweifler, dass die FDIC oder irgend ein Regulierer das
wirklich handhaben kann, insbesondere in der Hitze einer Krise, wenn
viele Banken auf einmal bedroht sind.”
Dieses ganze erbauliche Fingerspiel dient dazu, einen Bank Run auf
die TBTF-Banken zu verhindern, damit ihr Derivatekasino mit unserem Geld
weiter betrieben werden kann. Warren Buffet nannte Derivate
“finanzielle Massenvernichtungswaffen”, und viele Kommentatoren warnen,
sie seien eine
Zeitbombe, die darauf warte, zu zünden.
Wenn das geschieht, werden all unsere Einlagen, unsere Pensionen und
unsere öffentlichen Investment-Fonds Gegenstand der Enteignung durch
einen “Bail-In”. Vielleicht ist es Zeit, unser Geld aus der Wall Street
abzuziehen und unsere eigenen Banken zu gründen – Banken, die der
Bevölkerung dienen, weil sie ihr gehören.
Einige Fussnoten zur deutschen Lage – Dagmar Henn
Was Ellen Brown hier berichtet, ist nicht ganz weit weg, sondern
hier bei uns schon viel näher. Anfang dieses Jahres wurde auf Ebene der
EU beschlossen, die oben erwähnten “ungesicherten Gläubiger”, also die
Einleger, ab 2016 zur “Rettung” von Banken heranzuziehen. In Deutschland
wird diese charmante Version bereits zum 1.Januar 2015 in Kraft treten.
Das hat einen einfachen Grund: alles, was oben beschrieben wurde,
trägt ein deutsches Copyright. Die Enteignung der Guthaben auf
Bankkonten in Zypern wurde damals von der Bundesregierung durchgesetzt,
federführend vom deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble. Damals (das
war erst 2013) wurden von der hiesigen Politik flugs Menschen, die
einer Bank ihr Geld zur Aufbewahrung anvertraut haben, zu Anlegern
erklärt. Als hätte man Geld auf einem Girokonto, um dort Gewinne zu
erzielen, und nicht, weil man heutzutage ein Bankkonto braucht.
Auch die Einbeziehung von Pensionsfonds wurde von deutscher Seite
erdacht und in den Troika-Verträgen bereits praktiziert. Dort
funktionierte das so – in diesen Verträgen wurden diese staatlichen
Fonds verpflichtet, ein Drittel ihres Vermögens in Staatspapieren des
eigenen Staates anzulegen. Das schuf nicht nur eine erzwungene
Nachfrage; dadurch wurden gewissermaßen die Rentner in Geiselhaft
genommen, um einem Ausscheren aus dem Euro bzw. der EU (was für viele
von Deutschland gebeutelte Länder die einzig vernünftige Lösung wäre)
vorzubeugen.
Die neuen Regeln und die angebotenen “Bail-In-Papiere” zielen
nicht nur auf Pensionsfonds (die in Deutschland eine relativ geringe
Rolle spielen), sondern auch auf Versicherungen. Letztere sind die große
Unbekannte, wenn man betrachtet, wie es dem Gesamtsystem so geht. Sie
haben massive Probleme, zugesagte Renditen zu erzielen, weil viele
traditionell mündelsichere Anlagen mittlerweile zu spekulativen Papieren
geworden sind, und jene wenigen, die halbwegs Sicherheit versprechen,
im Gegenzug keine Rendite abwerfen (wie Bundesschatzbriefe, die
inzwischen zu Negativzinsen verkauft werden). Das führt im Gegenzug
dazu, dass der frei anlegbare Teil der Versicherungsgelder desto
riskanter investiert werden muss und dadurch die Versicherungen faktisch
selbst den Strick liefern, an dem…
Um sich zu vergegenwärtigen, dass nicht nur US-Banken in diesem Spiel beteiligt sind, gibt es aus der selben Quelle,
der die obige Grafik entstammt, eine weitere zu den Derivatepositionen
in der Bilanz der Deutschen Bank. Sie ist durchaus beeindruckend:
1. Säule BIP Deutschland
2.Säule BIP Eurozone
3. Säule Derivaterisiko der Deutschen Bank
(in Billionen Euro)
Die Deutsche Bank war bei der Ausgabe von MBS-Papieren in den USA
einer der großen Emittoren; sie war an jeder Kursmanipulation, sei es
Libor, sei es Goldpreis, mit beteiligt und steht ihrer amerikanischen
Konkurrenz in nichts nach, was die Bereitschaft zu kriminellem Verhalten
angeht. Die Einführung der beschriebenen neuen Regeln in Deutschland
sind primär eine Maßnahme zur Absicherung der Deutschen Bank.
Man muss sich genauer ansehen, was auf Zypern geschehen ist, um
zu verstehen, wie weit diese Maßnahmen gehen. Es wurden alle Beträge auf
Girokonten beschlagnahmt, die die Schwelle überstiegen (wobei diese
Schwelle im Bedarfsfall schnell angepasst werden kann). Alles Geld, das
auf einem Girokonto liegt, gleich, ob es sich um Lohngelder oder
Krankenkassenbeiträge oder ein ausgezahltes Darlehen handelt,
verschwindet in der darbenden Bank. Nicht angetastet werden Aktiendepots
und andere Formen, wie besonders Wohlhabende ihre Vermögen lagern. Jede
Behauptung, damit würden endlich “die Reichen” an der Lösung beteiligt,
wie sie zum Falle Zypern weidlich zu hören waren, geht über die
Tatsache hinweg, dass die wenigsten Reichen ihr Geld auf einem Girokonto
liegen haben (die Milliarden, die sich im Privatbesitz von Frau Klatten
oder Herrn Schwarz befinden beispielsweise). Letztlich wird also
bestenfalls der sonst so gepriesene Mittelstand erwischt.
Zweierlei wird durch die globale Übernahme dieser deutschen
Rezepte allerdings bestätigt: die Krise, die im Jahre 2008 sichtbar
wurde, ist mitnichten vorbei, die Banken sind nach wie vor
“rettungsbedürftig”, obwohl Teile ihrer Schulden längst zu
Staatsschulden gemacht wurden und dadurch die “Eurokrise” entstand, und
das Problem ist groß genug, dass die Bereitschaft besteht, grundlegende
Regeln der kapitalistischen Ökonomie selbst zu brechen.
Im Frühjahr vergangenen Jahres hatte ich bereits vermutet, die
Abläufe in Zypern würden zum Musterfall für die EU. Jetzt sind sie es
auf noch grösserer Skala. Der Profiteur dürfte, in Europa zumindest,
wieder einmal in Deutschland zu finden sein. Denn es geht bei diesen
Beschlüssen nicht nur darum, den Einlegern die Rechnung für die
Finanzspiele der Banken zu präsentieren. Es geht auch darum,
Kapitalströme zu lenken, an die beiden mächtigsten Pole, in die USA und
nach Deutschland. So schrieb ich das im März 2013:
“Von mehreren Stellen wurde in den letzten Tagen geäußert,
dementiert und erneut bestätigt, Zypern sei die Vorlage für das
zukünftige Vorgehen der EU. Die Banken der Peripherie werden
preisgegeben, weil der eigene Staat sie auffangen muss, sofern er dies
kann. Die Einlagensicherung wird als nationale Aufgabe definiert, was
heißt, auch sie ist in der Peripherie ausgelöscht. Jene kleinen Länder
in der EU, die ein ähnliches Modell wie Zypern verfolgen (Malta,
Luxemburg, Liechtenstein), sind in Panik, weil ihnen ein ähnliches
Schicksal droht.
Dabei geht es nicht um die Beseitigung der Steuerparadiese. Es
geht darum, die dadurch ausgelöste Kapitalflucht auf ein einziges Ziel
zu lenken: nach Deutschland. Hierhin soll jeder Cent flüchten. Diese
Woche wurden erstmals seit fünf Monaten wieder deutsche Staatsanleihen
mit Negativzinsen versteigert. Das belegt, dass die Bewegung schon
wunschgemäß begonnen hat.“
Damals schrieb ein spanischer Ökonom, Juan Torrez Lopéz, in einem Kommentar für El Pais dazu:
“Merkel hat, wie Hitler, dem Rest Europas den Krieg
erklärt, diesmal, um den wirtschaftlichen Lebensraum zu sichern. Sie
bestraft uns, um ihre Konzerne und Banken zu schützen.“
Nach deutschen Protesten verschwand dieser Kommentar schnell von der Seite der größten spanischen Tageszeitung.
Inzwischen ist die von der Krise ausgelöste Kriegführung dabei, den Raum der Wirtschaft zu verlassen.
Ellen Brown ist Anwältin, Gründerin des Public Banking Institute,
und Autorin von zwölf Büchern, darunter den Bestseller Web of Debt. Ihr
letztes Buch, The Public Bank Solution (die öffentliche Bank als
Lösung) untersucht geschichtlich und weltweit erfolgreiche Modelle
öffentlicher Banken. Ihre über 200 Blogartikel finden sich hier.
Quelle - källa - source