15. Juni 2017
Bella Ciao wird von allen mitgesungen. |
und das geht am besten, wenn man mal reist. Auch wenn ich scheinbar auf der Abschussliste stehe. Mein Gmx-Mail funktioniert nicht mehr, mein Thunderbird auch nicht und nicht einmal mein gmail-Konto bei Google. Und hatte ich kürzlich noch wöchentlich ein paar neue Followers, werden es jetzt wöchentlich weniger und auch die Hit-Zahlen sinken. Aber ich wollte positiv sein. Na gut.
Nachdem ich den beinahe-Orkan auf der Autobahn nach Bremen überlebt hatte, traf ich in Bremen zuerst den uralt-Freund Rudolph aus Frankfurter Zeiten - den berühmten 68-ern. Wir trafen uns damals über den 'anti-autoritären Kinderladen', den zweiten nach Berlin, den ein Dutzend Familien aufbauten. Räume mieten, selbst bezahlen und es musste ein Elternteil im Turnus immer der Erzieherin, die wir angeheuert hatten, helfen. Wir hatten unsere 3-jährige Tochter dort, Rudolph seinen 5-jährigen Sohn. Und das Treffen war für uns beide eine Überraschung, da wir - man glaubt es kaum - uns nicht rückwärts, sondern vorwärts bewegt hatten. Und von der Sorte gibt es verdammt wenige.
Rudolph wurde damals an die Uni Bremen berufen, ist inzwischen pensioniert, aber er macht weiter in der Friedensbewegung und an seiner künstlerischen Arbeit - Malerei, Collagen u. dgl. und das mit einigem Erfolg. Einen Blog hat er auch, auf dem sich Beispiele seiner Bilder und auch Texte finden. Auch sein 52-jähriger Sohn ist ein aufgeweckter, liebenswerter und wissbegieriger Mensch geworden. Rudolph und ich haben etwa gleich lange gearbeitet, er 30 Jahre an der Uni und ich ein viertel Jahrhundert als Freier beim NDR und Radio Bremen.
Außerdem besuchte ich noch einen alten Freund aus Frankfurter Zeiten, der auch immer noch mit 78 Jahren in seiner von den Eltern geerbten Apotheke arbeitet, das ihm sichtlich Spaß macht. Von außen sieht die Apotheke eher unscheinbar aus, aber bei einer Besichtigung stellte sich heraus, dass er noch ein Apotheker der alten Schule ist, der in den vielen hinteren Räumen noch Medikamente, Salben und Cremes selbst herstellt und anrührt. Auf die Pharma-Industrie ist er naturgemäß auch nicht gut zu sprechen. Sein Beruf wird wahrscheinlich mit seinem Tod auch ins Grab gehen.
Mit meiner Freundin Barbara besuchte ich das Grab ihres Lebensgefährten, dem alten Freund Hannes, der vor einigen Jahren ganz plötzlich gestorben ist - an Herzversagen, wie zuvor schon sein Bruder. Er liegt im Friedwald begraben, ein riesieges, herrliches Waldgebiet, wo man sich einen Baum aussuchen kann, unter dem dann die Urne beigesetzt wird (biologisch abbaubar). Empörend fand ich die Tatsache, dass angrenzend an dieses Gelände der Trauer und Ruhe, die Armee einen Truppenübungsplatz eingerichtet hat. Na klar, alles, was mit Frieden zu tun hat, ist ihr ein Dorn im Auge.
Zeitig am Sonnabend fuhr ich bei herrlichem Wetter nach Gründau/Gelnhausen zum Geburtstagsfest von Hartmut Barth-Engelbart (sein Blog liegt hier). Zahllose Tische waren unter den alten Obstbäumen und zwei großen Zelten gedeckt. Den Wetterprognosen traut heute kein Mensch mehr. Ich war der 2. Besucher und der erste, war eine alte Dame, die Hartmut kurz darauf hinausbegleitete (Foto). Dann war ich - nicht der Dorf- aber der Fest-Älteste.
Erstaunt und erfreut hat mich, dass eine ganze Menge Leute aus dem Dorf da waren. Hartmut hat die seltene Fähigkeit, mit allen sprechen zu können. Normal ist, dass Dorfbewohner, Bauern, Arbeiter im Umgang und Gespräch mit Städtern und 'Studierten' zurückhaltend und auf der Hut sind. Nicht bei Hartmut, denn
bei ihm merkt man, dass er jeden Menschen als gleichwertig ansieht. Dabei hilft ihm natürlich auch sein blütenreines Hessisch.
Hartmut hatte eine Tanz-Band engagiert und einen 'blinden Sänger', von dem es aber nicht sicher war, dass er kommen kann. Aber er konnte, doch gerieten dadurch seine Auftritte viel zu kurz. Philipp Hoffmann, so heißt er, hat eine Kindheit erlebt, die nur tragisch genannt werden kann. Bei Geburt hatte er nur ein sehendes Auge und dessen Sehkraft liegt inzwischen bei 3 %. Trotzdem hat er sich nie kleinkriegen lassen, sondern hat immer wieder Neu-Anfänge gemacht. Er hat Schreiner gelernt, das Reparieren von Instrumenten und sich zum Sänger ausgebildet. Sein größtes Problem waren die Erwachsenen - die Eltern, Lehrer, die Pfleger und Ärzte, die ihrer Aufgabe nicht gewachsen waren und einen Bock nach dem anderen schossen und das ist nicht so verwunderlich.
Er singt auf Märkten, den Straßen, auf Festen und bei Demos - Vagabundenlieder, Arbeiterlieder, Revolutionslieder mit einer kräftigen, ausgezeichneten Stimme. Ihr könnt ihn auf seinem Blog und auch auf YouTube hören. In ein paar Wochen wird er gemeinsam mit Hartmut auch auf dem großen Liederfest auf der Burg Waldeck teilnehmen. Die Gespräche mit ihm wärmten das Herz.
Die Krönung des Abends für mich war, dass ich endlich Klaus Hartmann persönlich kennenlernte. Virtuell kannten wir uns schon seit einigen Jahren, hatten hin und wieder auch korrespondiert. Die gedankliche Schärfe und Präzision seiner Texte hat mich immer fasziniert. Der Genuss wurde erhöht durch Übereinstimmung unsrer Auffassungen in allen wesentlichen Punkten. Nun, Klaus ist der Vorsitzende des Deutschen Freidenker-Verbandes seit 30 Jahren und auch der Vorsitzende des Welt-Dachverbandes der Freidenker.
Ich muss gestehen, dass ich mich nie näher mit dem Verband beschäftigt habe, aus welchem Grunde, wüsste ich nicht zu sagen. Jetzt las ich erstmals ihren Flyer, den Hartmut mitgebracht hatte, die Homepage ihres Blogs und auch die Satzung. Und zu meiner Überraschung trifft da jeder Satz den Nagel auf den Kopf. Da werde ich Mitglied werden und auch die Ziele nach Kräften unterstützen.
Aber die Gemeinsamkeiten endeten nicht bei unseren Gedanken und Texten - sie trafen sich auch bei unserer Vorliebe für gute Rotweine. Obwohl wir etliche Gläser leerten, hatte ich nicht den geringsten Kopfschmerz. Damit hoffe ich zugleich, dass es nicht unser letzter gemeinsamer Trunk gewesen ist.
Am folgenden Tag machte ich die lange, aber geruhsame Fahrt bis nach Lauenburg und das kennt ihr schon.
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