Samstag, 21. Mai 2011

POSCO – der Stahlgigant aus Südkorea

Vorwort
Ich habe wirklich ein schlechtes Gewissen, das ich so lange nichts hören ließ. Mich tröstet nur, dass ich wirklich nicht faul war. Ich musste unbedingt das Buch von Arundhati Roy fertig übersetzen, dann viele wichtige Dinge für Tlaxcala und für die neue Organisation in Schweden Indiensolidaritet, wo ich natürlich auch gleich Miotlgied wurde. Nun lege ich wenigstens den Artikel auf, den ich für sie auf Schwedisch geschrieben und für Tlaxcala ins Deutsche übersetzt habe.
Aber ich bin einfach zu dämlich, den schwedischen Text auf die Schwedische Seite zu transportieren. Müsste mich genauer damit beschäftigen, aber mir fehlt
einfach die Zeit. Pardon. Vielleicht kann mir ja mal ein Leser auf die Sprünge helfen. Es gäbe ja Einiges hier zu verbessern.

POSCO wurde 1968 gegründet und hat seither viele Stahlproduzenen in Europa und den USA überholt und kam schließlich auf den vierten Platz in der Welt, produzierte aber fast ausschließlich im eigenen Land. Nur mit den USA hatte man ein Kooperationsabkommen.
2005 macht POSCO im Ernst den Sprung ins Ausland. Da wurde mit dem Teilstaat Orissa in Indien ein Memorandum of Understanding (MoU) geschlossen. POSCO zeigte sich bereit, 12 Mrd. $ zu investieren für den Bau eines integrierten Stahlwerkes mit vier Hochöfen. Wenn das zustandekommt, wird es die größte jemals in Indien getätigte Investition sein.
Offiziell heißt es, dass das Ziel die Entwicklung des Staates Orissa und die Verminderung von Indiens Stahlimporten sei. Aber das Projekt stieß von Anfang an auf starken Widerstand seitens der Bevölkerung. Erstens waren die öffentlichen Huldigungen ziemlich vage. Was in dem MoU stand, wurde niemals veröffentlicht – weder die Konditionen noch die damit in Verbindung stehenden Projekte noch die Auswirkungen auf Leben und Treiben des Volkes.
Zum zweiten liegen alle die großen Vorkommen an Eisen, Bauxit usw. genau in den Gebieten, in die Indiens riesige Urbevölkerung – mit 70 Millionen die größte der Welt – im Laufe der Jahrhunderte zurückgedrängt wurde. Und jetzt entdeckt man, dass diese buchstäblich auf Gold sitzen. Dieselbe Geschichte also wie in den USA und Kanada und in Australien.
Für den indischen Staat sind also die Adivasis (Urbevölkerung) und die Dalits (Unberührbare = die Ärmsten der Armen) ein Problem geworden. Aber eigentlich ist es umgekehrt. Der indische Staat ist für die Adivasis und die Dalits ein Problem geworden und ist es eigentlich von Anfang gewesen. Direkt nach der Gründung des unabhängigen Staates Indien hat die Regierung sie mit einem Federstrich landlos gemacht. Alles Land sollte im Besitz des Staates sein. Nach und nach wurden jedoch ein paar schöne Gesetze gemacht, die Adivasis und Dalits schützen sollten – Gesetze, auf die die Regierung seit 60 Jahren gepfiffen hat.
Die übliche Politik ist bisher die gewesen, dass man im Namen des Fortschritt und der Entwicklung die Bewohner 'displaced' hat, d. h. an einen anderen Ort platzieren und dort abzusetzen – im besten Fall in schrecklichen Lagern, aber meistens einfach in der Wildnis ohne Wasser, Strom, Kanalisation oder sonstiger Infrastruktur. Jahrzehntelang protestierten die Menschen friedlich, demokratisch, gesetzlich. Ohne Erfolg. Daher begann das Volk zu den Waffen zu greifen, um seine Rechte und seine Würde zu verteidigen. Alle die Aufstände wurden mit brutaler Gewalt niedergeschlagen. Der größte Aufstand begann Ende der 60-er Jahre unter dem Namen Naxaliten und unter kommunistischer Führung. Auch sie wurden ausgerottet – beinahe. Aber sie überlebten und wurden in den vergangenen beiden Jahrzehnten immer stärker, bis der Innenminister Chidambaram sie 2010 als die „größte Bedrohung der inneren Sicherheit Indiens“ bezeichnete. Dass die Kommunisten dabei sind, ist für die Regierung ein phantastischer Vorwand, heute jede Form von Protest gegen alle Ungerechtigkeiten und die gigantische Korruption als von Naxaliten oder Maoisten inspiriert zu bezeichnen.
Gleichzeitig ist unter den Adivasis und Dalits eine neue Generation junger Leute herangewachsen, denen es in einigen Fällen glückte, eine gute Ausbildung zu erhalten. Unter ihnen gibt es sehr engagierte Verteidiger der Rechte des Volkes. Hier kann man u. a. Gladson Dungdung, Edwa Munda, die Frau CK Janu und den Veteranen Dr. Ram Dayal Munda (siehe hier) nennen. Unter den hinduistischen Akademikern und Intellektuellen sind Verteidiger des Volkes recht dünn gesät. Zu den bekanntesten gehören Arundhati Roy, Gautam Navlakha, Rajesh Kumar Sharma etc.
Zurück zu POSCO. Orissas Regierung und POSCO trafen also auf massiven Widerstand. Die Bewohner der betroffenen großen Gebiete, die gebraucht werden für das eigentliche Stahlwerk plus ein Kraftwerk plus ein supermoderner Hafen, um das Erz außer Landes zu schaffen, plus Infrastruktur waren absolut dagegen, ihr Land aufzugeben. Also griffen Regierung und das Unternehmen zur Gewalt mit Hilfe von Polizei und privaten Gangstern, die misshandelten, folterten, vergewaltigten und mordeten sowie die Dörfer der Bewohner niederbrannten. Aber der Widerstand wuchs weiter. 10 Jahre lang konnte man gegensteuern.
Die Regierung wurde gezwungen, Untersuchungen anstellen zu lassen; sie alle verurteilten das Agieren der Regierung. Gesetze seien missachtet worden, Milieufragen wurden gar nicht erst aufgegriffen, Menschenrechte wurden mit Stiefeln getreten, Gewalt wurde missbraucht usw. Trotz dieser regierungseigenen Untersuchungen beschloss der Umweltminister im April 2011, der POSCO grünes Licht zu geben, mit dem Bau fortzufahren.
Aber Posco Pratirodh Sangram Samiti (der Posco- Widerstandsrat) hat beschlossen, nicht eher zu ruhen, ehe nicht dieses Projekt in ihrer Region aufgegeben wird (siehe hier).
Es ist wirklich an der Zeit, dass POSCO seine Sachen packt und nachhause reist. Denn was man verspricht ist lediglich Augenwischerei. Die Royalties, die der indische Staat bekommen soll, sind minimal und der größte Teil wird dann sowieso in den Taschen der Politiker verschwinden. Und was POSCO zurücklassen würde, wenn die Minen erschöpft sind, wären riesige Zerstörungen von Wäldern, seltenen Pflanzen, Tieren und Vögeln und Zerstörung des noch intakten Schutzgürtels aus Mangroven an der Küste. Und am schlimmsten zehntausende von zerstörten Menschenleben.



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