Dienstag, 22. April 2014

Keine ausländischen Zeitungen - auch nicht auf Englisch (Piter III)

Einar Schlereth
22. April 2014


Habe mich gestern auf die Jagd nach ausländischen Zeitungen gemacht. Vergebens, weder in Kiosken, Buchhandlungen und auch nicht in einem der grössten Kaufhäuser der Stadt.

Bleibt also nur das Internet. Habe RIA Novosti aufgerufen, eine der grössten Nachrichtenagenturen Russlands, die inzwischen auch auf deutsch zufinden ist . Dort steht im übrigen die Story, die Fefe gestern schon berichtete, von der SU 24 M - der Lacher des Tages:
"Ein russisches Frontbombenflugzeug Su-24, das mit dem neuesten Komplex zur funkelektronischen Niederhaltung ausgestattet ist, hat im Schwarzen Meer das modernste amerikanische Gefechtsführungs-system „Aegis“ auf dem Zerstörer „Donald Cook“ lahmgelegt."
Ausser RIA Novosti gibt es auch noch die Stimme Russlands und The 4th Media (die chinesische Nachrichtenagentur mit vielen Nachrichten über Russland), die ihr als Feeds auf meinem Blogg findet.

Hier will ich nochmals auf englische Druck-Medien zurückkommen. Eine Zeitung lag hier im Hotel, als ich ankam - The St. Petersburg Times vom 16. April 2014. Diese alte Ausgabe lag auch massenweise in einem Tourismusbüro herum, aber eine neuere war wie gesagt nicht zu finden.


Aber auch das alte Blatt erweist sich als interessant, denn es ist eine Zeitung der Opposition. Gleich im Leitartikel geht es los: Da wird über die Vorbereitungen der Opposition für die Demos am 1. Mai berichtet, von einer unangemeldeten Demo mit 200 Leuten bei der Kazan Kathedrale und einer Reihe von Ein-Mann- Demos (siehe da, die kopieren mich!), die alle gegen Zensur, die Behinderung unabhängiger Medien und die anti-Ukraine-Propaganda der staatlichen Medien demonstrierten. Mit der anti-Ukraine-Propaganda ist die anti-Faschisten-Berichterstattung gemeint. Diese Demokraten hier stehen also, wie es sich auch für die Demokraten in Deutschland, USA, England und Frankreich gehört, auf der Seite der neo-Nazis in Kiew. Und sie wollen auch kein Eingreifen Putins für die bedrohte russische und russisch-sprechende Minderheit - nun ja, sind ja bloss etliche Millionen - also "keinen Krieg".

Seitens der Polizei gab es keine Eingriffe, nur einige Personalien wurden aufgenommen. Irgendwie hängen diese Leute auch mit den Grünen und den Stadterhaltern zusammen. Es wird berichtet, dass es ihnen gelungen sei, eine historische METRO-Station zu bewahren. Dagegen ist ja nichts einzuwenden.

Es folgt die Bestätigung eines Urteils durch das Verfassungsgericht, dass es rechtens sei, von NGOs die Offenlegung ihrer Finanzen und deren Herkunft zu verlangen. Und wenn das Geld aus dem Ausland kommt, dann sind es eben ausländische Agenten. Darüber haben sich die Leutchen furchtbar aufgeregt (NGOs in New York protestierten auch wieder lautstark). Aber zur Beruhigung sollten sie sich vielleicht mal die einschlägigen Gesetze im Westen, besonders der USA anschauen.

Eine weitere interessante Nachricht ist, dass Millionen Gastarbeiter, auch aus den ehemaigen Sowjetrepubliken sich freiwillig zur Armee melden wollen, um das Vaterland gegen den „aggressiven Westen“ zu verteidigen. Nur „Einigkeit über alle ideologischen und religiösen Grenzen“ kann helfen.

Dann haben wir den Report „Russische Agenten sind aktiv in der Ukraine“, den Putin umgehend verneint hat. Wenn ihr auf den obigen Link von RIA Novosti geht, findet ihr einen Bericht, dass auch OSCE-Mitglieder keine Anzeichen von Agententätigkeit der Russen feststellen können.

Ausführlich und geradezu hämisch wird auch die Ashton und der holländische Aussenminister Timmermann zu den Westlichen Sanktionen zitiert. Zudem wird durchgängig von der „Annektion“ der Krim gesprochen. Das Regime in Kiew wird als legal angesehen und die Faschisten und Rechtsnationalen werden in „Anführungsstriche“ gesetzt. Ausserdem schmückt ein Cartoon eines dicken schwarzen Stiefels auf der Krim die Seite 9. Und es sei auch gelogen, dass Russen in der Ukraine bedroht seien.


Und viel westliche Kultur – Buch- und Filmbesprechungen bis hin zur Präsentation von Kunstausstellungen im Westen - gibt es auf den hinteren Seiten. Und eine ganz wichtige Nachricht am Schluss: die Pussy Riots sind in New Zork eingetroffen. Ist das nicht grossartig? Natürlich ist man geneigt zu glauben, dass allgemein die Stichwörter aus dem Westen kommen. Aber es ist durchaus auch möglich, dass besonders giftige Stichworte auch aus Russland kommen, also eine gegenseitige Befruchtung stattfindet. Aber das kann sich jeder selbst ausmalen.

Anmerkung: The St. Petersburg Times wird von Independent Media herausgegeben, die im Besitz der finnischen rechten Sanoma Corporation ist,  Herausgeberin von ´Helsingfors Helsingin Sanomat´

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen