Montag, 28. April 2014

WOHNUNGSBAU – KOMMUNIKATION – INFRASTRUKTUR (Piter VII)

Einar Schlereth

28. April 2014

Heute war ich auf dem Parnass. So heißt tatsächlich die Metroendstation der Linie 2 im Norden der Stadt. Das muss vor 2 Jahren noch die reinste Walachei gewesen sein. Inzwischen ist dort auf der grünen Wiese eine neue Stadt aus dem Boden gestampft worden mit 30-stöckigen Hochbauten – die 9-Stockregel im erweiterten Zentrum wird jetzt offenbar außer Acht gelassen. Obwohl das alles noch eine riesige Baustelle ist, scheinen sie großenteils schon bewohnt zu sein. In einigen Erdgeschoßen haben sich auch bereits Geschäfte installiert, die über Bretterwege erreichbar sind. Rund um die Metro sind eine Menge provisorischer Stände und reguläre Geschäfte in Flachbauten eingerichtet worden. Auch die Verkehrsanbingung ist hergestellt mit Metro, Schnellstraßen, Dutzenden Minibussen und regulären städtischen oder privaten Buslinien.

Ein gigantischer Bauplatz

Hier rasch eine Entschuldigung. In meinem Hotel hat es gestern früh einen Internetcrash gegeben, der noch nicht behoben ist. Und deswegen musste ich jetzt ein Café um die Ecke aufsuchen, habe aber das Kabel vergessen, mit dem ich meine Fotos runterladen kann. Die werde ich später nachliefern. Ich will auch noch versuchen, aus dem Internet zur allgemeinen Wohnungssituation in St. Petersburg etwas herauszufinden. Ich fand dies hier. Und gerade sprach ich ein junges Paar neben mir an und fragte es, ob eine solche Wohnung im Parnass erschwinglich sei. Die beiden meinten ja - es sei nicht so teuer.

Der Gesamtplan - links sind die Seen zu erkennen

Nun geht es weiter im Text. Auch Keimzellen von Grünanlagen existieren bereits, aber aus den rachitischen Stengeln und Schößlingen müssen erst noch richtige Büsche und Bäume werden. Ganz in der Nähe gibt es ein paar Seen und einen riesigen Park.
Die erste oberirdische Metrostation, die ich sah

Mein Fall wäre es gewiss nicht, nachdem ich den Großstädten Adieu gesagt und mich auf dem Lande niedergelassen habe. Doch kann ich mir denken, dass es für junge Leute ein durchaus begehrenswerter Wohnort sein kann. Auf jeden Fall, wenn man es mit den Wohnvierteln im Osten am Rande der Stadt vergleicht, die ich vor ein paar Tagen besichtigte, die wohl in den 60-er Jahren gebaut wurden und reichlich verlebt aussehen. Auch wenn es dort sauberer ist als auf der Großbaustelle. Aber die Wiesen waren nicht von den zahllosen Kippen geeinigt. Man wartet wohl, bis Gras darüber gewachsen ist.

Es ist 19 Uhr und ich sitze noch bei einem Bier auf einer Terrasse des Nevsky-Prospektes. Doch es kommt ein kühler Wind auf und der Himmel hat sich bedeckt – die ersten Anzeichen einer Wetteränderung. Ich werde mich ins Hotel begeben, den Text fertig schreiben und, um ihn ins Netz zu befördern, muss ich mir wieder ein Café suchen.  Nachmittags kam zwar ein Experte, der aber nach drei Stunden unverrichteter Dinge wieder abzog. Aber gerade kam er zurück. Es gibt also Hoffnung.

Hingegen darf man sich nicht allzu große Hoffnungen machen, wenn man Petersburg besucht. Man muss bedenken, dass die Stadt enorm im Krieg gelitten hat, dann durch die 'sozialistische' Misswirtschaft in der Sowjet-Union, durch die Jetsin-Korruption und die Plünderung durch die Amis und jetzt halt eins nach dem anderen in Angriff genommen werden muss. Das gilt für die Erneuerung der Wohnsubstanz, der Straßen, der U- und Straßenbahnen, kurz der gesamten Infrastruktur.

Doch ich sprach heute nachmittag mit einem französischen Ehepaar, das fast jedes Jahr nach Russland reist und mir sagte, dass man von Jahr zu Jahr klare Fortschritte sehen kann. Gerade vor ein paar Wochen sei in Moskau der neue Flughafen eröffnet worden, der großartig sei. Sie fanden Moskau auch eine wunderbare Stadt. Und sie bestätigten ebenfalls, wie phantastisch sauber diese Stadt sei im Vergleich etwa zu Paris.

St. Petersburg ist in etwa vergleichbar mit den Bezirken Ostberlins, die nicht gerade im Zentrum liegen und massiv aufgemotzt wurden. Oder mit Paris der 60-er Jahre, nachdem es von de Gaulle vom schlimmsten Dreck gesäubert worden war.

Der Fuhrpark hat eine Erneuerung wohl am dringendsten nötig. Die Busse sind zum größten Teil älteren und sehr alten Datums. Auch die Straßenbahnen und Trolleybusse sind überaltert, aber werden auch nach und nach gegen neue ausgetauscht. Die Straßen sind jedenfalls in besserem Zustand als in New York vor 20 Jahren (es soll in der Zwischenzeit nur noch schlimmer geworden sein). Aber zumindest ist das Benzin von ganz guter Qualität, so dass es nicht nach Abgasen stinkt – trotz der Raserei.

Trotzdem hat St- Petersburg wirklichen Charme. Durch die ungezählten Prachtbauten, wozu auch die vielen Metrostationen gehören, die vielen Paläste und Museen, die fast durchweg in Palästen eingerichtet wurden, die zahlreichen Kanäle und natürlich die Neva. Durch seine netten Cafés, stilvoll eingerichtete Restaurants mit exotischen Küchen – von georgisch bis uzbekisch und japanisch und originalrussisch – und seine verführerischen Konditoreien.

Und nicht zuletzt durch all seine Menschen so unterschiedlicher Rassen, die wir bei uns kaum zu Gesicht bekommen, was Petersburg ein echt internationales Flair verleiht.  Menschen, die dem Fremden so freundlich und aufgeschlossen begegnen, einem auch recht oft freundliche Blicke zuwerfen und auch um sein Wohl besorgt sind, wie die alte Dame heute morgen, die mich davon abhalten wollte, die 8 Rennstrecken zu überqueren und mich auf den Zebrastreifen verwies.

Und zuallerletzt wegen seiner wunderschönen Frauen. Oder muss man heute um Entschuldigung bitten, wenn man Frauen liebt?

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