Nilantha Ilangamuwa interviewt John Kiriakou
26. Februar 2016
Aus dem Englischen: Einar Schlereth
John Kiriakou, ein pensionierter CIA-Mann, der für fast zwei Jahre im Gefängnis saß, weil er in der W. Bush-Ära wegen des Folter-Programs Alarm geschlagen hat. Er gab gestern am 25. Februar Nilantha Ilangamuwa vom Guardian in Sri Lanka ein Exklusiv-Interview über seine Erfahrungen als CIA-Agent und CIA-Analytiker.
Hier einige Auszüge aus dem Interview:
NI: Ich nehme an, dass es das erste Interview ist, das Sie der asiatischen Presse gegeben haben und ich bin froh, dass Sie eingewilligt haben, mit dem srilankischen Guardian über die Situation, die Sie durchgemacht haben, mit uns zu reden und über gewisse Fragen der Innen- und Außenpolitik der USA. War es ein Kinderwunsch, ein Spion zu werden?
JK: Ja, tatsächlich. Ich war fasziniert von der IRAN-Geisel–Krise von 1979 -1981, und ich beschloss, ein Spion zu werden oder in den Auslandsdienst des Außenministeriums zu treten, weil mich internationale Fragen faszinierten.
NI: Wann hörten Sie zum ersten Mal von der CIA und was war Ihr erster Eindruck?
JK: Das allererste Mal hörte ich 1975 vom CIA. Meine Eltern nahmen meine Brüder und Schwestern und mich zu einem Besuch bei den Großeltern mit. Als wir dorthin kamen, fragte Großvater: „Habt ihr gesehen, dass Terroristen den besten CIA -Mann in Athen erschossen haben?“ Das war der erste Mord der Revolutionären Organisation 17. November. Es ging um den CIA-Stations-Chef Richard Welch – ein Verbrechen, das bis 2002 ungelöst blieb und dem ich eine Menge Zeit meiner Karriere gewidmet hatte.
NI: Berichte erzählen, dass ihr Professor, der selbst auch beim CIA war, Sie motiviert hat, der CIA beizutreten. Sagen Sie mir mehr über diesen interessanten Teil der Geschichte?
JK: Ja, mein Professor hielt Ausschau nach graduierten Studenten, die er für die CIA geeignet hielt. Er nahm mich auf die Seite und fragte, ob ich interessiert sei. Ich sagte ja und wurde dann einer Menge Tests unterworfen – medizinische, psychologische und politische. Diese Untersuchung dauerte etwa neun Monate. Danach begann ich am 7. Januar 1990 meine Arbeit bei der CIA.
NI: Beim Spion-Training, gibt es da bestimmte Vorgaben? Wie fanden sie den Lernprozess?
JK: Ich wusste viel über internationale Angelegenheiten, aber nichts über Geheimarbeit. Man fängt also ganz am Anfang an. Man lernt den Schreibstil der CIA, den Berichte-Stil und Innenpolitik-Stil. Dann später, als ich an Operationen teilnahm, lernte ich die Kunst, Spione zu rekrutieren, damit sie Geheimnisse stehlen.
NI: Was sehen Sie als Agent als den wichtigsten Beitrag der CIA zur globalen Politik an?
JK: Ich sage Ihnen die Wahrheit. Ich glaube, sie richtet mehr Unheil an als Gutes in der globalen Politik. Die Beziehungen unseres Landes mit dem Iran haben sich nicht von den verpfuschten Operationen Mitte der 50-er Jahre in jenem Land erholt. Die Stärke der CIA ist es, ausländische politische und ökonomische Trends zu analysieren und diese Analysen den Politikern weiterzureichen.
NI: Und was sehen Sie als die größten Fehler der CIA an?
JK: Der Sturz von Mossadegh im Iran in den 1950-ern war wahrscheinliich der größte Fehler, den die CIA je gemacht hat. Und in jüngerer Zeit hatte ich ernste und öffentliche Probleme mit dem Folterprgramm und der Schaffung eines geheimen Gefängnis-Systems.
NI: Aufzeichnungen enthüllen, dass die CIA mehr als 50 Versuche gemacht hat, politische Partei-Führer zu ermorden laut William Blum „Killing Hope: US Military and CIA Interventionen since World War II“. Alle solche Morde und Komplotte sind illegal? Was halten Sie davon?
JK: Ich weiß nicht, ob die Zahl stimmt, aber ich glaube, dass Sie den Nagel auf den Kopf trafen: Alle solche Morde und Komplotte sind illegal.
NI: Ihr Buch „Doing Time Lika a Spy: How the CIA Taught me to Survive and Thrive in Prison“ hat viele kritische Probleme über das System aufgeworfen. Wie hat das System versagt in Ihrem Fall?
JK: Folter ist illegal. Es gibt keine Ausnahmen dafür. Es gibt ein Gesetz in den USA, das speziell die Folter verurteilt. Außerdem hat die USA die Konvention gegen die Folter der UNO unterzeichnet. Georg W. Bushes Gymnastik-Übungen, um Folter „legal“ zu machen, sind ein Tiefpunkt amerikanischer Geschichte. Wir haben den goodwill vieler Länder in der Welt verloren, weil wir aufhörten, der Leuchtturm der Hoffnung für Menschenrechte zu sein und Folterer wurden.
NI: Sie haben offen das Justizminiserium als heuchlerisch bezeichnet. Warum das?
JK: Ich empfinde das so, weil die einzigen Leute, die angeklagt werden, diejenigen sind, die Verschwendung, Betrug, Missbrauch und illegale Handlungen im Sicherheitsdienst aufdecken. Wenn Sie ein Freund des Präsidenten sind oder ein populärer General, wird man nicht angeklagt. Nur die Whistleblower landen im Gefängnis.
NI: Sie haben sich entschieden ausgesprochen gegen die Praxis der Folter, die von der CIA oft angewandt wurde. Doch in einem Interview erklärten Sie, dass der Einsatz von Waterboarding sehr effektiv sei. Wie können Sie gegen die Folter schreiben und sie gleichzeitig als effektive Methode ansehen. Haben Sie mal das Argument von der tickenden Bombe gehört?
JK: Ich hatte Unrecht, als ich 2007 das Interview gab. Ich versuchte zu sagen, dass es zwei Fragen gibt: Ist Folter moralisch und gesetzlich? Funktioniert Folter? Die CIA sagte uns Angestellten, dass sie funktioniere. Obwohl ich in jenem ersten Interview auch sagte, dass Folter unmoralisch und illegal ist und wir sie nicht anwenden sollten. Das Szenario der tickenden Bombe passt nicht. Das ist nicht so im wirklichen Leben. Da gibt es nie so ein Szenario.
NI: Als ein Spezialist, ist es Ihre Aufgabe, die Öffentlichkei an die Benutzung der Folter zu erziehen. Wie können wir eine effektive und effiziente Befragung oder ein Verhör führen, ohne die Verdächtigen physisch oder mental zu schädigen?
JK: Das FBI hat über Jahrzehnte effektive und effiziente Verhöre gemacht, indem es eine Beziehung zum Verdächtigten herstellte. Das funktioniert. Die CIA wollte diese Zeit nicht investieren.
NI: Die CIA unterhielt eine Reihe von 'schwarzen Löchern' weltweit, von denen manche immer noch fungieren mit bedeutender Hilfe der Gastländer. Die Regierung der USA weigerte sich, der Forderung von Delegierten der UNO nachzukommen, diese Orte zu kontrollieren. Was ist ihre Haltung in dieser Frage?
JK: Ich meine, dass diese Orte nicht mehr existieren. Zumindest ist es das, was Obama sagt. Natürlich sollte die UNO sofortigen Zugang zu all diesen Orten erhalten. Das Rote Kreuz, Amnesty International und andere sollten auch dort Zutritt erhalten.
NI: Glauben Sie, dass die CIA-Strategien und die US-Außenpolitik im Nahen Osten erfolgreich ist?
JK: Nein. Ich glaube, dass sie ein Desaster waren. Syrien und Libyen sind ein Chaos. Die Demokratisierung im Golf ist rückläufig. Ägypten ist eine Militärdiktatur. ISIS kontrolliert große Teile von Syrien und dem Irak. Und es gibt keinen Frieden zwischen Israel und den Palästinensern. Ich würde das als Versagen der Politik bezeichnen.
NI: In einem neuen Text sagen Sie, wobei Sie die Washington Post zitieren, dass die CIA sogar ihre eigenen Angestellten mit „Augenwischerei“ behandelt. Wie schädlich ist das für die Agentur und die Öffentlichkeit? Was schlagen Sie vor, um solche Handlungen zu verhüten?
JK: Augenwischerei-Kabel sollten illegal sein. Sie zerrütten die Wahrheit und sie verursachen Lügen, die Teil öffentlicher Aufzeichnungen werden, soger im Kongress. Das ist gefährlich für die Demokratie und ist tatsächlich sogar ein Verbrechen in den USA.
NI: Sie waren Gründungsmitglied der 'Veteran Intelligence Professionals for Sanity' (Alte Geheimdienstprofis für Vernunft'). Erzählen Sie uns über den Hintergrund dieser Gründung?
JK: Ja. Wir waren eine Gruppe von ehemaligen CIA-Leuten, FBI-Agenten und hohen Militärs, die gegen die US-Politik der ständigen Kriege sind. Wir unterstützen Offenheit in der Politik und der Geheimdienstentscheidungen.
NI: Ist Ihr Leben bedroht?
JK: Ich glaube nicht. Ich hoffe nicht.
NI: Eine letzte Frage, John. Manche Berichte deuten an, dass die Regierung von Sri Lanka insgeheim die unüblichen Auslieferungs-Operationen der CIA unterstützte. Zu jener Zeit waren Sie der CIA-Chef für Conter-Operationen in Pakistan. Ich frage mich, ob Sie uns mehr sagen können über jene Zeit und die Beziehung zwischen asiatischen Ländern und der CIA? Gab es Komplizentum? Wie entscheidet die CIA, welche Länder geeignet für die Zusammenarbeit sind und ob man denen trauen kann?
JK: Ich weiß gar nichts über die Beziehung zwischen CiA und Sri Lanka. Das war nicht mein Gebiet. Ich kann es nicht anders sagen.
NI: In welchem Ausmaß betrachen Sie den „Krieg gegen den Terror“ als ein Mittel, um außergerichtliche Gewalt und Polizeigewalt in Asien zu rechtfertigen? Ist die USA Komplize gewesen, so ein Verhalten gutzuheißen? Können wir eine Verbindung zwischen der reichlichen Benutzung von Polizeigewalt, Folter und die damit verbundene Straflosigkeit im US-Krieg gegen den Terror herstellen?
JK: Ich denke, dass wir das können. Nochmal, wenn sich das Außenministerium mit Gastlländern trifft und sie dazu bringen will, dass sie die Menschenrechte respektieren, und danach kommt ein CIA-Offizier in dieselben Länder und versucht, dass sie geheime Gefängnisse unterhalten oder an einer Auslieferungs-Operation teilzunehmen, dann wird der Menschenrechtsbericht hinfällig oder nicht? Ich denke, dass das post-911-Folterprogramm der CIA viel dazu beigetragen hat, überall in der Welt den Ländern zu zeigen, dassMenschenrechte und bürgerliche Freiheiten nicht so wichtig sind. In der Zukunft werden wir auf diese Zeit als einen furchtbaren Fehler zurückblicken.
NI: Ein langes Interview, obwohl es noch viele Dinge gibt, die wir gar nicht berührt haben. Ich hoffe, dass wir in der Zukunft eine Chance haben werden, darüber zu sprechen.
JK: Danke für Ihre Fragen! Und alles Gute!
Quelle - källa - source
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