Dienstag, 20. September 2016

US-“kulturelle Kolonisierung“ im asiatischen Pazifikraum


Joseph Thomas
30. August 2016
Aus dem Englischen: Einar Schlereth

Asien-Pazifik-Raum - die US-eigene Spielwiese
Der Historiker des alten Rom Tacitus (56 – 120 u. Z.) hat geschickt die systematische Art beschrieben, in der Rom fremde Völker pazifizierte und die Art, in der sein sozio-kultureller und institutioneller Einfluss in eroberten Ländern verbreitet wurde.
Im Kapitel 21 seines Buches Agricola, so benannt nach seinem Schwiegervater, dessen Eroberungsmethoden der Gegenstand des Textes sind, erklärte Tacitus:

Sein Ziel war es, sie an ein Leben in Frieden und Ruhe durch Bereithaltung von Bequemlichkeiten zu gewöhnen. Deshal gab er offizielle Beistand zum Bau von Tempeln, öffentlichen Plätzen und guten Häusern. Er erzog die Söhne der Häupter in den Geisteswissenschaften und gab einer Bevorzugung der britischen Geschicklichkeit zum Ausdruck, verglichen mit den antrainierten Fähigkeiten der Gallier. Das Ergebnis war, dass sie, statt Latein zu verabscheuen, sich bemühten, es effektiv zu sprechen. Auf gleiche Weise kam unsere nationale Tracht bei ihnen in Mode und die Toga konnte man überall sehen. Und so wurde die Bevölkerung nach und nach zur demoralisierenden Versuchung der Arkaden, Bäder und üppigen Bankette verführt. Die arglosen Briten sprachen von diesen neumodischen Dingen als von 'Zivilisation', wo sie im Grunde nur ein Zug ihrer Versklavung waren.

(Moderne „Häuptlings-Söhne“ – und heute auch Töchter – werden vom Imperium rekrutiert, in seinen Lebensstil eingeführt und nachhause geschickt, um ihre Heimat kulturell zu kolonisieren, genau wie Tacitus es vor beinah 2000 Jahren beschrieb.)

Weit entfernt von simpler militärischer Eroberung übten die Römer sich in ausgeklügelter kultureller Kolonisierung


Vergleicht, was Tacitus vor 2000 Jahren schrieb mit der Young Southeast Asian Leaders Initiative (YSEALI). Auf deren Webseite steht eine Beschreibung ihres Programms:

Die künftigen Kollaborateure und Landesverräter
Mit Beginn 2013 ist die Young Southeast Asian Leaders Initative das Leitprogramm zur Stärkung von Führungskräften für Entwicklung und Netzwerke in Südostasien. Durch eine Reihe verschiedener Programme und Aufgaben, wozu US-Erziehungs – Kulturaustausch gehört, regionaler Austausch und Startkapital versucht YSEALI, Führungsfähigkeiten zu schaffen, die Bande zwischen den USA und Südostasien zu stärken und eine ASEAN-Gemeinschaft herzustellen. YSEALI fokusiert sich auf kritische Themen, die von Jugendlichen in der Region genannt wurden: Bürgerengagement und Unternehmungsgeist und ökonomische Entwicklung.“

Auf den ersten Blick macht die Vorstellung, dass die USA „Führer“ für Asien „trainieren“, wenig Sinn, wenn man bedenkt, dass so ein Training diese Führer mit US-Werten ausstatten soll, die amerikanischen Interessen dienen, nicht Asiens. Folglich ist ihre Rolle als „Führer“ fragwürdig. Ihre Rolle als „Facilitator“ (Möglichmacher) oder „Kollaborateure“ wäre eine genauere Beschreibung.

Zu den Programmen gehören akademische und profi-Stipendien in den USA.

Das akademische Programm wird beschrieben als:

"Das „YSEALI“ Akademische Stipendiaten-Programm bringt Studenten zwischen 18 und 25 in die USA für 5 Wochen Weiterbildung auf dem Campus einer US-Universität.

Zu dieser 5-Wochen-Weiterbildung gehört akademische Wohnung, Führungsausbildung, eine Bildungstour, Tätigkeiten in der örtlichen Kommune und Gelegenheit, mit amerikanischen Gleichgesinnten umzugehen. Das Programm endet in Washington D. C., um Politiker, Regierungsvertreter, Geschäftsleute und think-tank-Leute zu treffen.“

Dies ist buchstäblich die moderne Version dessen, was Tacitus in seinen Schriften vor fast 2000 Jahren schildert. So erzieht die USA Jugendliche aus Südostasien in den Geisteswissenschaften, indoktriniert sie in Netzwerken, um die amerikanische Hegemonie aufzubauen, zu bewahren und auszuweiten; sie zu ermutigen, amerikanische Kultur, Werte und Institutionen vorzuziehen und ihre heimischen als unterlegen anzusehen.

(US-“think-tanks“ werden eingerichtet, geführt und gefördert von den größten Multis und Finanzinteressen des Planeten. Sie repräsentieren die Interessen und Ziele
einer Handvoll von Eliten-Vertretern, nicht das amerikanische volk und erst recht nicht das Volk Asiens. Dass YSEALI Studenten solchen Mechanismen der US-politischen Macht aussetzt, illustriert zusätzlich, wie ähnlich diese modernen Programme dem sind, was die Römer taten, um unterworfene Völker zu indoktrinieren und kulturell zu kolonisieren.)

Es ist interessant anzumerken, dass „think-tanks“ als Teil der YSEALI-Erfahrung genannt werden. Wer mit den Vorständen von Direktoren und big business Sponsoren dieser think tanks vertraut ist, wird verstehen, dass es in ihren Hallen ist, wo nicht gewählte Politiker ungeheure Multi- und Finanzinteressen vertreten, und ausländische und heimische Politik schaffen, die umgesetzt wird, egal, wen das amerikanische Volk in sein Amt wählt und egal ob das amerikanische Volk solcher Politik zustimmt oder nicht, ganz zu schweigen davon, ob die Politik dem amerikanischen Volk guttut oder nicht.

Jene, die bei der YSEALI mitmachen, werden sicher glauben, dass sie die wahren Vertreter von „Demokratie“ sind, während sie eigentlich nur ein zusätzliches Gewicht für die Knüppelschwinger der diktatorischen Sonder-Interessen der Multis sind.

Das professionelle Akademiker-Programm wird beschrieben als:
Dieses Programm gibt den Teilnehmern im Alter von 25-35 die Gelegenheit, fünf Wochen in den USA zu verbringen, einschließlich 4 Wochen gemeinsame Arbeit mit amerikanischen Entsprechungen in individuell zugeschnittenen Arbeitsplätzen in NGOs, staatlichen oder örtlichen Regierungen und privaten Büros im ganze Land. Bei diesen Platzierungen entwickeln die Leute ihre praktische Erfahrung, Führungseigenschaften und professionelle Netzwerke.“

Dieses Programm platziert junge Asiaten auf Arbeitsplätze in Bereichen vonökonomischem Machtgewinn, Umwelt-Nachhhaltigkeit, legislativer Prozesse und Regierungs-Bürger-Engagement sowie in der Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft und NGOs.

Genau wie das römische Imperium es vor 2000 Jahren tat, rekrutiert die USA heute Kader unter jungen Leuten aus ganz Südostasien, indoktriniert sie in Amerikas hegemonistische Netzwerke und schickt diese Kader zurück in ihre Heimatländer, um sie kulturell zu kolonisieren.

Statt Medien-Plattformen aufzubauen, Institutionen und NGOs, die auf örtlichen Werten, Kultur und den besten Interessen der Leute in Südostasien basieren, werden diese Kader mit „Startkapital“ von dem US-Außenministerium und der YSEALI selbst ausgestattet, um Netzwerke aufzubauen, die den besonderen Interessen der USA dienen, die direkt mit den Institutionen und Netzwerken verbunden sind, die die Studenten bei YSEALI getroffen und wo sie gearbeitet haben.

Das Imperium ist nicht tot. Es hat sich einfach weiterentwickelt, wobei die meiste Evolution oberflächlich ist und die Methoden beinahe nicht von denen zu unterscheiden sind, die von den Römern, Briten und den Amerikanern des „Manifest Destiny“ im 19. Jahrhundert angewandt wurden.

Das Imperium ist nicht tot, weil die fundamentalen Aspekte der menschlichen Natur – Gier, die Sucht nach Herrschaft, Geiz und alle anderen negativen Qualitäten, die mit absoluter Machtkorruption verknüpft sind, sich nicht geändert haben. Egal wie progressiv die USA ihre „Stipendien“, die YSEALI und andere Programme auschmücken, so werden die Beteiligten von ihnen als der „Zivilisation“ reden, obwohl sie eigentlich nur ein „Merkmal ihrer Versklavung“ sind.

Joseph Thomas ist Chefherausgeber der geopolitischen Zeitschrift The New Atlas und schreibt Beiträge für das online Magazin „New Eastern Outlook.




1 Kommentar:

  1. Hej Einar!
    In etwa so wie es Caspar von Schrenck-Notzing in "Charakterwäsche" beschreibt.
    Es bleibt zu hoffen, dass sich starke Nationen (Völker) und - nichts zu unterschätzen, Individuen erhalten können, die die negativen Aspekte der menschlichen Natur, sprich geistige und materielle Inzucht zu neutralisieren und umzukehren in der Lage sind.
    Jedoch befürchte ich, dass es nicht nur zu einem Zusammenbruch einer beherrschenden Kultur in einem Teil der Welt kommt.

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