Dienstag, 13. März 2018
Ein Fake News – Sturm fegt über Südostasien
Joseph Thomas
10. März 2018
Aus dem Englischen: Einar Schlereth
Leicht gekürzt
Von Kambodscha bis Thailand haben amerikanische und europäische Medien eine Desinformations-Kampagne in Gang gesetzt mit dem Ziel, Washingtons schwindenden Einfluss in der Region vis-à-vis nicht nur Beijing sondern auch der wachsenden Stärke der Länder, die von den USA und Europa einst als bloße geopolitische Bauern angesehen wurden.
Kambodscha wirft die US-geführte Oppositionspartei und Medien hinaus
Artikel, in denen die Regierung dargestellt wird, als trete sie Redefreiheit und Demokratie mit Füßen, sind eine direkte Reaktion auf die Entscheidung von Phnom Penh, die Cambodia National Rescue Party (CNRP) unter der Leitung von Kem Sokha, der jetzt im Gefängnis sitzt, aufzulösen. Der Mediensturm folgte auch auf die Entscheidung der kambodschanischen Regierung, die von der US-Regierung finanzierten Propagandanetzwerke zu schließen, die sich als lokale, unabhängige Nachrichtenorganisationen ausgeben.
Dazu gehören Voice of America und Radio Free Asia, die beide von Washington D.C. finanziert und geleitet werden, und nichts, was unabhängigen, lokalen politischen Interessen in Kambodscha selbst entspricht.
Ein gutes Beispiel für diese Desinformationskampagne kommt von 'Voice of America Khmer' in einem Artikel mit dem Titel "U.S. Kürzungen der Hilfe für Kambodscha wegen der jüngsten demokratischen Rückschläge." Der Artikel behauptet:
"In ihrem jährlichen Weltbericht sagten die Menschenrechts-Gruppen, dass die Regierung, die seit mehr als drei Jahrzehnten von der Kambodschanischen Volkspartei von Premierminister Hun Sen kontrolliert wird, die wichtigste Oppositionspartei, die Kambodscha National Rescue Party, aufgelöst und ihren Führer auf fragwürdige Verratsvorwürfe hin verhaftet habe. Die Auflösung erfolgte nach einem Urteil, dass die CNRP an dem Versuch beteiligt war, das Regime von Hun Sen zu stürzen."
Doch was die VOA als "fragwürdigen Hochverrat" bezeichnet, wird im Artikel nicht weiter erforscht. Die Anschuldigung rührt daher, dass der CNRP-Führer Kem Sokha selbst auf einem Video offen zugab, mit der US-Regierung zu konspirieren, um die Macht in Kambodscha zu ergreifen.
ABC Australia in ihrem Artikel "Australische Rede ist der Beweis für den ’Verrat’ gegen den kambodschanischen Oppositionsführer," zitiert Kem Sokha aus einer Rede, die er während seines Aufenthaltes in Australien hielt:
«Die USA, die mir beigestanden hat, empfahl mir das Modell aus Jugoslawien zu übernehmen, wo man den Diktator Milosovic austauschen konnte.
Ich tue nicht nur, was ich fühle, ich habe Experten, Universitätsprofessoren in Washington DC, Montreal, Kanada, die von den Amerikanern angeheuert wurden, um mich über die Strategie zu beraten, die Führer zu wechseln.»
Zwar behaupten Kem Sokhas Verteidiger, dass seine Äußerungen lediglich einen Regierungswechsel durch "demokratische Mittel" bedeuteten, ist anzumerken, dass durch das Eingeständnis, dass man ausländische Hilfe erhält, alles Demokratische an seinen Mitteln in Frage gestellt wird. Demokratie baut auf Selbstbestimmung auf, während Kem Sokha's Agenda eindeutig in Washington D.C. ausgearbeitet und festgelegt wurde.
Es sei auch darauf hingewiesen, dass die von Kem Sokha erwähnte US-Intervention in Serbien zugegebenermaßen auch in ihren Mitteln undemokratisch war.
Die New York Times gab in ihrem Artikel "Who Really Brought Down Milosevic?» zu:
«Die amerikanische Hilfe für Otpor und die 18 Parteien, die Milosevic letztendlich stürzten, ist nach wie vor ein hochsensibles Thema. Aber Paul B. McCarthy, ein Beamter der in Washington ansässigen National Endowment for Democracy, ist bereit, einige Details preiszugeben.
Im Artikel heißt es:
« ... ab August 1999 begannen die Dollars an die Otpor sehr üppig zu fließen.» Von den beinahe 3 Mill. $, die in Serbien von seiner Gruppe seit September 1998 ausgegeben wurden, war «Otpor mit Sicherheit der größte Empfänger.» Das Geld floss auf Konten außerhalb von Serbien. Gleichzeitig hatte McCarthy eine Reihe von Treffen mit den Führern der Bewegung in Podgorica, der Hauptstadt von Montenegro und in Szeged und Budapest/Ungarn. Homen war mit 28 eins der älteren Mitglieder und war einer von Mc Carthys Gesprächspartnern. «Wir bekamen eine Menge Hilfe von westlichen Nicht-Regierungs-Organisationen,» sagte Homen, «Und auch von westlichen Regierungs-Organisationen.»
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Doch in der Welt der amerikanischen und europäischen "Fake News" wird die Öffentlichkeit zu der Annahme verleitet, dass die Regierung Kambodschas unvernünftig ist, eine politische Partei aufzulösen, die offen Verrat zugibt und ein ausländisches Propagandanetz nennt, das direkt von der US-Regierung finanziert wird.
«Fake News» schreiben Thailands Geschichte neu
In einem Bericht der Agence France Press (AFP) in Bezug auf Kambodschas Nachbarn Thailand wird das Publikum zu dem Glauben veranlasst, dass sich der Despotismus schnell in der Region verbreitet. Unter dem Titel «Dutzende politische Parteien registrieren sich für die bevorstehenden Wahlen» wird behauptet:
«Thailand steht seit 2014 unter der Herrschaft der Armee, die eine gewählte Regierung wegputschte und das autokratischste Regime seit einer Generation errichtete. Die Generäle haben jede politische Aktivität verboten und mehrmals die versprochene Rückkehr zur Demokratie verschoben.
Genau wie bei der US und europäischen Desinformation über Kambodscha ist das, was ausgelassen wird genauso wichtig, wie das, was im Artikel behauptet wirde. Die gegenwärtige vom Militär geführte Regierung in Thailand stürzte Yingluck Shinawatra, Schwester des verurteilten Kriminellen und Flüchtigen Thaksin Shinawatra.
Ihr Bruder wurde 2006 bei einem Militärputsch gestürzt nach einer Reihe von Korruptions-Skandalen, Machtmissbrauchs und zunehmender Menschenrechts-Vergehen. Allein im Jahr 2003 und in nur 90 Tagen hat Thaksin Shinawatra einen "Krieg gegen Drogen" lanciert, bei dem etwa 2800 Menschen außergerichtlich auf der Straße erschossen wurden. Dies allein würde Thaksin Shinawatra zum schlimmsten Menschenrechtsverletzer in der zeitgenössischen thailändischen Geschichte machen.
Human Rights Watch (jetzt auch voll engagiert in der Propaganda gegen die gegenwärtige thailändische Regierung) hat in ihrer Erklärung von 2008, "Thailands Krieg gegen Drogen", darüber berichtet:
«Im Februar 2003 startete die thailändische Regierung unter dem damaligen Premierminister Thaksin Shinawatra einen"Krieg gegen Drogen", der angeblich auf die Unterdrückung des Drogenhandels und die Prävention des Drogenkonsums abzielte. Ein wesentliches Ergebnis dieser Politik waren willkürliche Tötungen. In den ersten drei Monaten der Kampagne gab es rund 2800 außergerichtliche Hinrichtungen. Im Jahr 2007 ergab eine offizielle Untersuchung, dass mehr als die Hälfte der Getöteten keinerlei Verbindung zu Drogen hatte. Abgesehen von den Tausenden, die ihr Leben verloren haben, wurden Tausende zu einer Zwangsbehandlung wegen Drogenabhängigkeit gezwungen.»
Andere US- und europäische Medien haben über seine vielen anderen Missbräuche berichtet, einschließlich seiner Verbote für thailändische Kritiker und sogar von Ermordung und Verschwindenlassen seiner Kritiker.
Die New York Times, zum Beispiel, in ihrem Artikel von 2005, "Thaksin, der beschuldigt wird, einen schmutzigen Krieg gegen die Medien geführt zu haben» hat zugegeben:
«Premierminister Thaksin hat eine ganz eigene Agenda. Obwohl er der Gründer des Telekommunikationsimperiums ist und Thailand als einen schnell sich modernisierenden Teil der Weltwirtschaft darstellt, hat Thaksin wenig Toleranz gegenüber der Kritik, die in einer freien Presse geäußert wird. Seine geballte politische Macht und die beachtlichen Ressourcen des kommerziellen Imperiums seiner Familie wurden kombiniert haben gemeinsam Kritiker sowohl in den Rundfunk- als auch in den Printmedien zum Schweigen gebracht.»
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AFP – die früher einmal über Thaksin Shinawatra wetterte – erwähnt in ihrem jetzigen Artikel Thaksins Regime überhaupt nicht. Im Gegensatz zu dessen Regime hat die jetzige Regierung («das am meisten autokratische Regime») nicht einen Menschen umgebracht. Es verbietet nur die Anhänger von Thaksin Shinawatra, die wieder versuchen, auf die Straße zu gehen und für Shinawatras Rückkehr an die Macht Propaganda zu machen.
Diejenigen, die von Thailands gegenwärtiger Regierung verhaftet wurden, sind Leute, die mit Thaksin Shinawatra und seiner immer noch starken politischen Maschinerie in Verbindung stehen. Auch diese Tatsachen werden von AFP und anderen US-amerikanischen und europäischen Medienorganisationen in ihrer Darstellung Thailands als "autokratisch" nie erwähnt.
Der größte Gegner der Westmedien sind sie selbst
Was am abstoßendsten in Bezug auf AFP’s jüngste Unehrlichkeit ist, dass jene, die ihrer Propaganda widersprechen, nicht die Vertreter der gegenwärtigen Thai Regierung noch «russische Trolls» sind, sondern die Schlagzeilen und Informationen, die von AFP’s eigenen Kumpanen in den westlichen Medien veröffentlicht wurden, von denen jetzt viele Seite an Seite mit AFP lügen.
Für AFP und andere US-amerikanische und europäische Medienorganisationen ist ihre anhaltende Wahrnehmung in der Öffentlichkeit als seriöse Nachrichtenorganisationen einzig und allein auf die Unkenntnis der Öffentlichkeit über aktuelle Ereignisse und ihr kollektives Kurzzeitgedächtnis über vergangene Ereignisse zurückzuführen. Wenn Redakteure bei AFP ganze Artikel veröffentlichen können, die ihren eigenen Berichten von vor einigen Jahren völlig widersprechen, dann ist das nicht journalistische Integrität, sondern die Verachtung der Intelligenz ihrer Leser und die Verachtung des Journalismus selbst.
Man kann diskutieren, wie effektiv die Lügen über Kambodscha und Thailand sind, die von den US und europäischen Medien verbreitet werden. Während die USA viel investiert hat, um die Jugend dort zu indoktrinieren, politische Parteien auf die Beine zu stellen und Oppositions- Gruppen, die südostasiatische Regierungen angreifen, die den speziellen Interessen der USA nicht passen, kann ein Blick auf die sinkenden ökonomischen Beziehungen mit den USA im Gegensatz zu den wachsenden Verbindungen mit dem Rest Asiens und Eurasiens anzeigen, dass der wachsende Propagandalärm zumindest teilweise in Verbindung mit Amerikas Verlust ihres Einflusses in der Region ist.
Selbst örtliche Geschäftsleute, die Familienvermögen übernehmen und stark von westlichen «Werten» indoktriniert sind, merken, dass ihre Geschäfte mit den USA und Europa ihnen Nachteile bringen gegenüber denen, die erkannt haben, dass der Westen im Niedergang begriffen ist. Propaganda allein kann nützlich sein, die Absichten mächtiger Sonderinteressen zu stärken, aber Propaganda kann diese Absichten nicht allein erfüllen.
Man könnte sogar sagen, dass Kem Sokha nicht im Gefängnis wäre und die Shinawatra Geschwister nicht im Ausland sich verstecken müssten, wäre die westliche Propaganda von ausreichender Macht gestützt. Die Sturm-Wolken der westlichen «fake news» über Südostasien sind nur ein Sturm von Lärm und Wut, was nichts zu bedeuten hat.
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Joseph Thomas ist Chefredakteur des geopolitischen Journals «The New Atlas» und Mitarbeiter des online-Magazins «New Eastern Outlook».
Quelle - källa - source
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Ich lese gerade Harry Thürk der gerade auch über Asien schöne Bücher geschrieben hat, dort spielgen sich auch die jetzigen Ereignisse
AntwortenLöschenJa, den Harry Türk habe ich über Jan Myrdal kennengelernt, seine Bücher. WAr ja in der DDR sehr beliebt und bei uns völlig unbekannt.
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