Ob der Westen mit Amazon, Google, Facebook ähnliches wagt und schafft, wird spannend werden ..."
hallo Einar,
ich bekomme ja fast täglich entsprechende Anfragen. und kann längst nicht mehr alle beantworten.
Ich kopiere dir hier mal eine Antwort rein an einen Leser, zu Schwab/ WEF/Reset und mehr. LG, wolfram.
“Ich habe mir die Frage des Verhältnisses von Klaus Schwab zu China auch gestellt, da mich die jüngere Berichterstattung dazu auch überrascht hatte, und ich habe dazu etwas nachgeforscht. Es war offensichtlich, dass das positive Verhältnis von Schwab zu China von einigen schnell missbraucht wurde, um den Chinesen zu unterstellen, sie würden die neoliberale Herrschaftsstrategie des „great reset“ teilen.
Genau davon ist aber nirgendwo etwas zu finden. Wo sich Schwab und XI immer wieder einig sind, ist die Frage der Aufrechterhaltung von Freihandel, Multilateralität im Handel (gem. WTO) und politischer Multipolarität. Nicht weniger, aber eben auch nicht mehr. XI hat, soweit ich erkennen kann, niemals Schwabs Formel vom Great Reset verwendet. Soweit ich sehe, ist das allerdings auch in keiner Weise ein chinesisches Problem sondern ein Problem des „Westens“, des neoliberalen Finanzkapitalismus, der an seine Grenzen gelangt ist (was der kluge Schwab durchaus richtig erkannt hat).
Den Chinesen kann man insofern weder Fehlverhalten noch Kumpanei mit dem WEF vorwerfen. Vielmehr stellt sich eher die Frage, was findet der Schwab als finanzimperialistischer Vordenker an China so toll? Da fällt auf, dass er nach 1978 angefangen hatte, seine Beziehung mit China aufzubauen, seitdem China regelmäßig besuchte. Die ursprüngliche Intention war offensichtlich, den Systemwandel in China herbeizuführen durch Aufnahme in das WEF. Er erkannte früh und klar das enorme wirtschaftliche und politische Potential Chinas, vielleicht sogar noch vor Kissinger.
Seitdem ist dem Schwab m.E. etwas passiert, was Dutzenden von Konzernführern passiert ist: sie sind schizophren geworden. 😊 Einerseits befinden sie sich generell systemisch auf dem Boden des neoliberalen Finanzkapitalismus, andererseits haben sie gelernt, China zu bewundern für die Leichtigkeit und Geschwindigkeit des Wandels, das neuartige Verhältnis von Entwicklungsstaat, regulierten und trotzdem (oder besser: deshalb) agilen Märkten, Innovation und millionenfachem neuem, kleinen Unternehmertum. Lesen sie z.B. Interviews der letzten Jahre vom Siemenschef Kaeser. Seine Quadratur des Kreises: von China lernen, von chinesischen Unternehmen und ihrer „China speed“, aber das alles im Rahmen der hier bestehenden systemischen und Machtverhältnisse.
Was aber leider nur sehr begrenzt geht, da eine kluge Konzernstrategie hier keinen staatlichen Partner hat, der auf Augenhöhe qualifiziert handeln kann. Deswegen wird jetzt die Industriepolitik mit der Möglichkeit der präemptiven Verstaatlichungen so nach vorne gebracht in Deutschland, Frankreich und der EU – ganz entgegen dem Geschrei der alten neoliberalen Gralshüter.
Ja, die 4. industrielle Revolution macht China auch, lernt auch gern von den deutschen Konzepten, lässt sie aber nicht zur neoliberalen Deformation Chinas verkommen. Im Gegenteil der Entwurf des 14. 5-Jahreplans (2021-2025) ist wieder ein Feuerwerk des Experimentierens und der mobilisierenden Ideen auf dem Weg zu einer „bescheiden wohlhabenden sozialistischen Gesellschaft“.
Und international vergleichende US-studien (Harvard/U Boston, Stanford/UC San Diego, Johns Hopkins/U) zeigen jüngst wieder, WIE sehr das Ansehen der chinesischen Regierung und der KPCh in China gewachsen ist. Und IPSOS (Washington/New York) listet in seiner Glückstudie 2020 China als das subjektiv glücklichste Land der Welt, was man kaum glauben mag. Aber ipso macht das Geschäft nun eben schon seit fast dreißig Jahren, und China ist kontinuierlich im Ranking der Länder aufgestiegen.
Ich denke, die Chinakritik müsste früher oder später von Seiten des demokratischen Widerstands/der Querdenker kommen, denn wenn es das Virus so gar nicht gibt, dann hätte China uns ja wohl auch einen fake vorgemacht. Die nächste Stufe könnte dann der Übergang auf die Trump’sche Verschwörungstheorie sein: China hat bösartigerweise das Virus in die Welt gesetzt, um selbst schnell wieder raus zu sein und uns dann fertig zu machen. Wer von der Krise profitiert, muss danach der Bösewicht sein.
Versuchen Sie Ruhe, Argumente und gesunden Menschenverstand in die Debatten unter ihren Bekannten zu streuen. Und empfehlen Sie mein Buch, und das nächste ebenso (habe ich schon gemacht).
Herzlichen Gruß zum Abend,
Wolfram elsner.
Diese Aya Velasquez ist ja seit 2-3 Monaten in aller Munde. Hat einen Rundumschlag geschrieben gegen Chinas Verschwörung gegen die Welt mit Klaus Schwab, der überall abgedruckt und übersetzt wurde. Klingt manchmal ein bisschen wie eine Kritik von links, weil ein bisschen gegen den Schwab, ist aber Think-tank-mäßig eingebettet …
Der Schwab ist ja unbeliebt geworden, weil er China gelobt hat. Na ja, der Arme hat ja in der Politik nicht mehr so viele, mit denen er ernsthaft durchdiskutieren kann, wie die Welt 2030, 2040, 2050 aussehen könnte. Mit wem sollte er das denn machen, Trump?, Johnson? Maas? …
Als der Schwab 1979 begann, China zu besuchen, hatte er natürlich andere Absichten mit China. Aber heute würdigt er schlicht Chinas eigenen Weg …
LG,
w.
Einar,
der Schwab „mauschelt“ ja in china seit 1979. und hat es bisher nicht geschafft, china unter die imperialistischen Flügel zu bekommen. man muss ihm, meine ich, ein gewisses ehrliches Beeindrucktsein zugestehen. und den Chinesen, dass sie bei all den bekloppten Halbgaren von Trump bis Maas es auch mal genießen, mit einem zu reden, mit dem man über mehr als den nächsten Tweet reden kann. denn eine Art kritischer Vordenker ist der Schwab doch allemal.
ich werde mir den Artikel heute Abend beim Essen reintun.
LG,
wolfram.
"Mit wem sollte er das denn machen, Trump?, Johnson? Maas? …" - Mit denen, die er regelmäßig in Davos oder bei den Bilderbergern trifft, Trump hat niemals dazu gehört, sondern seine schärfsten Gegner.
AntwortenLöschenBiden/Harris werden die Konflikte mit Russland wieder weiter anfachen, so wie sie Trump mit ihren Vorwürfen zu einem unfreundlichen Kurs gegen Russland gezwungen gaben.
Dimo Lunar