Mein Kommentar steht diesmal ganz am Ende.
Mike Whitney
1. März 2015
Aus dem Englischen: Einar Schlereth
Leider teilt niemand in der EZB, der Europa-Kommission oder dem IWF diese Auffassung. Die sogenannte "Troika" denkt, dass Griechenland im Grunde dasselbe Programm unterschrieben hat, das vor den Verhandlungen auf dem Tisch lag, von ein paar sprachlichen kosmetischen Änderungen abgesehen. Und weil das Programm dasselbe ist, glauben sie, dass Varoufakis dieselbe Politik beibehalte soll wie seine Vorgänger und er die stärker werdende öffentliche Meinung gegen die Sparmaßnahmen ignorieren soll. Angesichts der unvereinbaren Differenzen zwischen den beiden Parteien, wird es in naher Zukunft zu einer heftigen Konfrontation kommen, die zu hitzigen Beschuldigungen führen wird und am Ende zum Grexit.
Um die größer werdenden Konflikte zwischen Varoufakis und der Eurogruppe zu illustrieren, sollte man das Faktum bedenken, dass Varoufakis in die Verhandlungen einstieg mit der Absicht, die Rettungsaktion zu beenden und ein "Überbrückungs"-Darlehen zu erhalten, das Griechenland für eine sechs Monate-Anpassung-Periode vor dem Bankrott schützen würde, wonach grundlegende Änderungen des Sparprogramms neu verhandelt werden sollten. Zwar stimmte die Eurogruppe zu, den Begriff "Programm" in "Abkommen" und "Troika" in "Institutionen" zu ändern, doch blieb in den Köpfen der EU Finanzminister alles beim Alten. Man braucht nur einen Blick auf diesen Ausschnitt eines Briefes von Draghi, Chef der EZB, an den Präsidenten der Eurogruppe Jeroen Dijsselbloem zu werfen, um zu sehen, worauf es hinausläuft:
"Ich nehme an, es ist klar, dass die Basis dieses neuen Abschlusses und auch aller weiteren Abmachungen die bestehende Verpflichtung für das vorhandene Memorandum of Understanding und das Memorandum of Economic and Financial Policies (MEFP) ist. In diesem Kontext stellen wir fest, dass die Verpflichtungen, die von den Griechen umrissen wurden, von den bestehenden in einer Reihe von Gebieten abweichen. In dem Fall müssen wir die Maßnahmen, die von den Behörden nicht akzeptiert werden, mit Maßnahmen ersetzen, die genauso oder besser sind, um die im Programm festgelegten Ziele zu erreichen." ('Nackter Kapitalismus')
Damit sagt Draghi, dass die Änderungen von Varoufakis unter die Lupe genommen werden, ob sie mit dem Memorandum übereinstimmen, das Varoufakis nicht länger für gültig ansieht. In praktischer Hinsicht bedeutet das, dass kein zusätzliches Geld freigegeben wird, wenn man sich nicht absolut an das alte Abkommen hält. Mit anderen Worten wird Varoufakis keine 4-monatige Gnadenfrist haben, um mit seiner Wachstums- und ökonomischen anti-Spar-Politik zu experimentieren. Von ihm wird erwartet, dass er sich vom ersten Tag an das Konzept hält.
Entweder versteht Varoufakis nicht, was er unterschrieben hat oder er denkt, dass er seinen eigenen Plan durchsetzen kann ohne großes Eingreifen der Eurogruppe. Egal, es wird wahrscheinlich zu einer Konfrontation kommen angesichts der großen Abweichung in der Interpretation des Abkommens. Am Dienstag sagte Varoufakis in einem Interview mit dem CNBC, dass das neue Abkommen sich grundlegend vom dem vorigen unterscheidet:
"Manche Leute bestehen darauf, dass das alte Programm weiterbesteht und sie weigern sich zu verstehen, dass sich das geändert hat. Sie bestehen also darauf, dass das alte immer noch besteht. Ich will ihnen eine einfache Zahl geben. Das Programm, das wir ablehnten, zwang die griechische Regierung, jedes Jahr 4.5 % des Wirtschafts-Überschusses einer schwachen Ökonomie abzuliefern. Das haben wir geändert. Das kann nicht ungeschehen gemacht werden und es ist nicht business as usual, sondern ein neuer Start und jetzt müssen wir die Gelegenheit ergreifen, etwas Gutes darauf aufzubauen. Und wir sind bemüht, das zu tun."
Seht ihr? Er glaubt ehrlich, dass der alte Deal Geschichte ist. Aber die Troika, die Eurogruppe und die Mehrheit der Leute, die ihn analysiert haben, sind nicht der Meinung. Sie glauben, dass alles dasselbe ist (was erklärt, weshalb Kritiker von rechts und links den Deal als "Nachgeben", als Kapitulation und Ausverkauf ablehnten).
In einem Interview mit Nikos Hatzinikolaou auf REAL FM in Griechenland wies Varoufakis das Memorandum zurück und behauptete, dass das neue Abkommen "einen großen Erfolg darstellt, weil es die Rezessions-Maßnahmen beendet, die unnötig die Große Depression Griechenlands verlängern".
Er sagte .... wir haben "eine 4-monatige Verschnaufpause, in der wir das Folgende erreichen werden:
Erstens, die Aufhebung der Rezessions-Maßnahmen und die Durchsetzung einen Übergangs-Programms, das wir selbst machen, eines, das die griechische Gesellschaft aushalten kann.
Das wird uns helfen, in diesen vier Monaten einen neuen Vertrag auszuhandeln mit dem Ziel, das System der drei Gleichungen mit drei Unbekannten zu lösen."
Hatzinikolaou: Wir sprechen also über ein neues Memorandum? ...
Varoufakis: OK. Lass uns vorsichtig mit den Wörtern sein. Was bedeutet ein Memorandum? ... Erinnern wir uns, was es enthält. Es enthält die Logik der kontinuierlichen heimischen [oder internen] Abwertung eines riesigen Überschusses in einer Wirtschaft, die kein richtiges Kredit-System hat, wo die Investitionen negativ sind und wir gleichzeitig eine Reihe von Maßnahmen haben, die die Rezession ermöglichen. Das ist das MoU. Es ist die Automatisierung, die ent-Politisierung und die Unterwerfung unter die Krise." ("The juicy interview of Greek Finance Minister Yanis Varoufakis" Greek Analyst)
[Dass man dies herauslesen kann aus dem neuen Deal, zeigt ein Brief an Dijsselbloem eben über das Vage an dem Reformpaket von Varoufakis:]
"In einigen Bereichen, einschließlich der wichtigsten, zeigt er keine klaren Versicherungen, dass die Regierung beabsichtigt, die im MEFP festgelegten Ziele durchzuführen. Wir bemerken insbesondere, dass es keine klaren Verpflichtungen gibt, die beabsichtigten umfassende Pensions- und VAT-Politik Reformen umzusetzen und auch nicht eindeutige Maßnahmen, die bereits ausgehandelte Politik, geschlossene Sektoren zu öffnen für administrative Reformen, für Privatisierung und für Arbeitsmarktreformen. Wie Sie wissen, sehen wir dieses Verpflichtungen und Maßnahmen als kritisch an für Griechendlands Fähigkeit, die grundlegenden Ziele unseres Programms zu erreichen..." (Auszug aus dem IWF-Brief, der von 'Naked Capitalism' aufgelegt wurde)
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Mit anderen Worten sollte Griechenland nicht erwarten, weitere Darlehen zu bekommen, wenn es nicht genauestens die Befehle der Troika befolgt.
[In dem oben genannten Interview mit Hatzinikolaou hat sich Varoufakis explizit und eindeutig zu den 'benchmarks' (Richtwerten) geäußert - die Fragen nach Pensionskürzung, Entlassungen, Lohnkürzung etc.]
Varoufakis: Ich antworte auf diese Fragen, da sie sehr spezifisch sind und am besten spreche ich aufrichtig. Meine Antwort auf alle diese Fragen ist NEIN, in KEINSTER WEISE."
[Mike Whitney kann sich nicht vorstellen, dass dies die Troika überzeugen wird. Er fährt fort:]
Varoufakis nimmt wohl an, dass die Troika nicht die Auswirkung der Politik des 'Gürtel-enger-schnallens' begreift. Er scheint zu glauben, dass die Bestrafung, die Griehenland auferlegt wurde, das unglückliche Nebenprodukt der Politik der Schuldenreduzierung ist und nicht ein bewusster Versuch, die Gewerkschaften zu zerschmettern, die progressiven Reformen zurückzunehmen und das Land in eine 'permanente koloniale Abhängigkeit' zu bringen. Aber dieser Gedanke ist schockierend naiv, denn schließlich betreibt der IWF seine Plündereien seit langer Zeit und kennt genau die Effekte seiner giftigen Politik. Er weiß, was er tut, so wie der IWF weiß, dass die Sparmaßnahmen nur eine Verfeinerung der "Schock-Doktrin" sind.
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Die Leute, die diese Diebes-Schemata entwerfen, werden gewiss nicht durch die vagen Reformen von Varoufakis getäuscht. Sie werden ihn bis auf den letzten Pfennig ausquetschen
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Glaubt Varoufakis wirklich, dass er damit durchkommt? Glaubt er wirklich, dass er diese schmierigen, authoritären Wegelagerer und Knochenbrecher, die diese erpresserischen Institutionen leiten, überlisten kann, die alle Mittel anwenden, um den letzten Tropfen Blut aus ihren Opfern zu pressen, sei es ein mittelloser Student oder ein verarmter Pensionär, der ohne Obdach und frierend in einer Einfahrt im Zentrum von Athen liegt.
Das wird nicht gut enden. Varoufakis hatte nur eine Karte, die er spielen konnte - die Drohung, den Euro zu verlassen - und das hat er verpasst. Das Druckmittel ist weg und das Dach ist am Einstürzen. Wartet nur und seht.
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Varoufakis muss sich entweder an das Programm halten oder mit Konsequenzen rechnen. So funktioniert es nun einmal im Mafia-Land; entweder zahlt man die Zeche oder man landet im Fluss mit Zementschuhen.
Wer weiß: vielleicht wollte Varoufakis das von Anfang an, einen grandiosen Krach, der mit der Verbannung endet, einem Grexit.
Nun, wir werden nicht lange warten müssen.
Kommenar des Herausgebers:
Vielleicht war das wirklich die Strategie von Varoufakis, dem griechischen Volk mit aller Deutlichkeit die Brutalität und Uneinsichtigkeit der Troika vor Augen zu führen, um diese noch mehr ins Unrecht zu setzen, zu zeigen, dass sie den Grexit verursacht und damit den Griechen einen wirklichen Neuanfang ermöglicht. Wir dürfen nicht vergessen, dass es in Griechenland keine Mehrheit für den EU- und Euro-Ausstieg gab, dass es sogar eine große Mehrheit für das TTIP gab. Vielleicht braucht es diese Lektion, mit anzusehen, wie jede einzelne Maßnahme, die Varoufakis umsetzen will, von der Troika blockiert wird, damit jeder Esel begreift, was wirklich gespielt wird. Damit das Volk wirklich in Wut gerät. Dann könnte man die Strategie von Varoufakis genial nennen. Und der Tanz hat schon begonnen - siehe oben.
sehr gut erfasst herr schlereth! aber jetzt denken wir mal aus der perspektive der eurozone: wenn die eu-bürger sehen, dass der grexit von volk und regierung mitgetragen wird, und der grexit konsequenzen hat, wie z.b. die fortsetzung der krise oder den überfälligen kollaps den weltkreditsystems, wem und vor allem welcher politischen ideologie wird dann wohl die schuld gegeben? genial eingefädelt von den drahtziehern, so kann man verhindern dass der sozialismus als antwort auf die krise des interventionismus in frage kommt und wir nicht in die dunklen zeiten zurückgleiten.
AntwortenLöschenMacht ohne Kontrolle Die Troika
AntwortenLöschenhttps://www.youtube.com/watch?v=E6aNwBwEm6U
De Freese