Sonntag, 19. Januar 2014

Alberta Teersand-Projekte: KANADAS HIROSHIMA (plus Video aus Kanada & Nigeria)

Before and After
Eric Walberg

17. Januar 2014

Die kanadische Rock-Legende Neil Young hat den Weg einer Mission beschritten. Er hat Sonntag abend im nationalen Fernsehen den Fehdehandschuh hingeworfen und die kanadische Regierung „vollständig außer Kontrolle“ genannt. Dann begann er seine Tour „Verträge einhalten“ in Toronto begonnen. Sein Ziel ist es, den First Nations [den Ureinwohnern des Landes] bei ihrem Kampf gegen die sich immer weiter ausweitenden Teersand-Projekte in Alberta beizustehen. Zur Regierung sagt er: „Geld ist die Nummer eins. Anstand gibt es  auf deren Karte gar nicht.“

'Verträge einhalten' ist eine Serie von Benefizkonzerten in Toronto, Winnipeg, Regina und Calgary, um Geld einzutreiben zur Unterstützung der Athabasca Chipewyan First Nation (ACFN) bei ihrem Kampf gegen die Milliarden Dollar Expansion der Teersand-Projekte in Nord-Alberta. Der Klage der ACFN von 2007 gegen das Leasing der Jackpine Mine an Shell wurde 2011 abgewiesen, geht aber beim Obersten Gericht von Kanada in die Berufung.

„Die Teersand-Projekte gehören zu den schmutzigsten auf Erden“, sagte Young trotzig. Allein das Fördern und die Verarbeitung des giftigen Schlammes „produziert mehr CO2 als alle Autos in Kanada“ täglich, dreimal so viel wie mehr effiziente Methoden.

„Dieses Öl ist nicht für Kanada, sondern für China, wo die Luftqualität 30-fach über dem Sicherheitsniveau liegt, das von der Weltgesundheitsorganisation festgelegt wurde. Ist das alles, was Kanada leisten kann?“

Das ist schlechte Reklame für die von Skandalen geplagten Konservativen. Premierminister Stephen Harpers Büro veröffentlichte sofort eine Erklärung, worin es hieß, dass Kanadas Umweltgesetze „rigoros“ sind, und man fromm gelobte, „sicherzustellen, dass die Unternehmen sich an die Bedingungen halten, die von unabhängigen, wissenschaftlichen und Expertengruppen aufgestellt wurden“. Die Erklärung beschuldigte Young höhnisch der Heuchelei. „Selbst der Lebensstil eines Rockstars beruht auf den Ressourcen, die von tausenden hart arbeitenden Kanadiern täglich erwirtschaftet werden.“

Young verschwendete keine Zeit, den Spieß umzudrehen, sondern bestand darauf, dass die Teersand-Technik „unsere Gesetze, Traditioen, Werte verletzt“ und die „inhärenten Rechte der indigenen Völker nach internationalem Recht“ und dass  die Harper-Regierung es ist, die heuchlerisch ist.

Young hat sich selbst umgeschaut auf einem der 50 Teersand-Felder und war schockiert „von dem Scheußlichsten, was ich je gesehen habe. Es ist die gierigste, destruktivste und respektloseste Demonstration von etwas, das Amok läuft.“

Fait accompli?

Shell, Marathon und Chevron planen, ihre Abbau-Operationen in Jackpine massiv auszuweiten, etwa 70 km weit nördlich von Fort McMurray auf dem Territorium der Cree.

Laut CBC:
„Shells Schätzung sieht vor, dass 185 872 Hektar Feuchtgebiete in der Region verloren gehen oder verändert werden als Ergebnis der Jackpine-Ausweitung und anderer industrieller Aktivitäten … 21 km des Muskeg Flusses werden zerstört als Ergebnis der Abbau-Ausweitung.“

Als die konservative Regierung die endgültige Billigung im vergangenen Dezember ankündigte, erklärte Shell – da man ein zügiges Verfahren vermutete – dass man bereits 730 Hektar ehemaliges Weideland erworben habe, um für die Zerstörung Kompensation zu leisten.

„Und das ist die Kalkulation von Shell! Und was ist mit unserer?“ fragte die Aktivistin Jennifer Tsun. „Kann jemand das den Zugvögeln mitteilen? Die Rentiere müssen auch gewarnt werden. Und die Fische im Wasser.“

Die Athabasca Lagerstätte liegt innerhalb der Grenzen von Vertrag 8 und überlappt mit dem traditionellen Land der Dene, Cree und Metis. „ACFN hat seit langem die Industrie und die Regierung bekämpft, um wirklich Land bereitzustellen für die ACFN, um die Vertragsrechte durchzusetzen“, sagte der Athabasca Chipewyan Älteste Pat Marcel. „Ich habe seit 20 Jahren darauf gedrängt, dass Beratungen stattfinden.“ Marcel ist entmutigt und fürchtet, dass die Ausweitung zu einer Welle neuer Abbauprojekte führt, was unwiederbringbar alles zerstört, was von ihrer Umwelt noch übrig ist.

Kanadas Bundesumweltministerin Leona Aglukkaq gab zu: „... dass das vorgesehene Projekt wahrscheinlich erhebliche Umwelt-Auswirkungen verursachen wird“.
Nichtsdestoweniger segnete sie die Ausweitung ab, da das Kabinett „beschloss, dass die erheblichen Umwelt-Auswirkungen des vorgesehenen Projektes durch die Umstände gerechtfertigt sind.“

Breite Protestwelle

Die Opposition gegen die Teersände und die Northern Gateway Pipeline zum Abtransport des Öl nach British Columbia zum Export gewinnt an Kraft, aufbauend sowohl auf der „Idle No More“ (Nicht mehr untätig)-Bewegung der indigenen Kanadier im ganzen Land als auch den Kampagnen von nicht-indigenen Kanadiern, die von der Missachtung der konservativen Regierung für die katastrophalen Auswirkungen durch deren Gier nach Geld gequält werden.

In einem Interview mit CBC verglich Young das, was er in Fort McMurray sah mit einer Zeitlupenversion dessen, was die USA mit Hiroshima am 6. 9. 1945 machten. „Ich habe immer gefühlt, dass Kanada ein anderes Land ist, wo die Werte anders sind und wo wir die natürliche Umwelt, in der wir leben, wertschätzen“, klagte er.

Die Kampagne gegen den Teersand hat verschiedene Trümpfe in der Hand: erstens die Unterstützung der US-Indigenen und der Umweltaktivisten und (bislang) von Obama, der wenig Enthusiasmus für das Projekt zeigte und kürzlich einen Teersand-Gegner, John Podesta, zum Berater des Weißen Hauses ernannte.

Zweitens, selbst wenn die Konservativen in Alberta (und die Richter) das Projekt unterstützen, muss der Giftschlamm, der gefördert und zu riesigen Kosten raffiniert werden muss, British Columbia durchqueren, wo es noch keinen eindeutig legalen Titel auf das fragliche Land gibt, da seine Regierung das Land an sich riss als „unbewohnte Wildnis“ vor der Ankunft der europäischen Siedler. Jaha. Erzählt das mal den Indigenen von British Columbia.

Dies ist nur eine der verschiedenen Kampagnen gegen die konservative Tagesordnung für Indigene und Energieexport von Küste zu Küste. Im vergangenen November hat Albertas Lubicon Lake Nation friedlich die Zugangsstraße zur Penn West Petroleum Ölförderungsstelle besetzt. Penn West plant, das Territorium der Indigenen zu 'fracken', ein Vorgang, der mindestens ebenso destruktiv ist wie der Abbau des Teersandes.

Egal, ob ihr seismisches Abklopfen Gas finden wird oder nicht, wird es weitverbreitete Zerstörung sowie die Vergiftung der Seen Haig und Sawn verursachen, die Hauptquelle zum Fischen der Gemeinde.

In West-Ontario verwerfen der Grassy Narrows Rat und Chief Simon Fobister den Plan Ontarios für ein weiteres Jahrzehnt der Totalabholzung auf dem Territorium von Grassy Narrows, was das Wenige, was an Naturwald übrig ist, zerstören würde.

In New Brunswick geht die Pattsituation auf dem Mikmaq Territorium weiter am Lager an der Fernstraße 11, was das Fracking auf dem Land der Mikmaq verhinderte, trotz der Schikanen durch die RCMP (die berüchtigte Royal Canadian Mounted Police).

Der dortige 'Multi-Goliath' ist die Irving Oil, die Kanadas größte Ölraffinerie in Saint John, New Brunswick, betreibt und New Brunswick zu ihrer 'eigenen Stadt' gemacht hat, wo Irving den größten Teil der Wirtschaft, einschließlich der Medien, der Holzindustrie und Transportdienste kontrolliert. Der Mikmaq 'David' ist bereits eine Legende.

Blowback von Ecuador

Harpers Probleme mit Energie  und den Indigenen sind nicht auf Kanada beschränkt. Ein Gericht in Ontario hat kürzlich geurteilt, dass die Bauern und Fischer in Ecuador versuchen können, Kanadas Chevron-Vermögen zu beschlagnahmen, auf Grund eines Urteils eines Gerichts in Ecuador von 2011, das Chevron für schuldig befand, Boden und Wasser nahe der Ölquellen verseucht zu haben, was die Gesundheit und den Lebensunterhalt der Menschen in dem umgebenden Regenwald zerstört hat. Seither versuchten die Opfer ohne Erfolg, die 18 Mrd. $ zu kassieren. Ein Chevron Sprecher schwor: „Wir werden dagegen ankämpfen, bis die Hölle zufriert. Und dann werden wir auf dem Eis kämpfen.“

Die Ecuadorianer wehren sich auch gegen den Versuch einer kanadischen Bergbaufirma, einen Berg zu kaufen und platt zu machen (kein Spaß) und das Dorf zu vernichten, wo die Ansässigen mit einfacher Technik, relativ umweltfreundlich seit fünfhundert Jahren nach Gold schürfen. Dieser jüngste Skandal ist Gegenstand des Dokumentarfilmes „Marmato“ von Mark Grieco, der in diesem Jahr anläuft.

Ich frage mich, wo Harpers Sympathien im weit entfernten Ecuador liegen? Wird er tun, was rechtens ist – Chevron sagen zu bezahlen, seinen Bergbaukumpeln sagen, die Dorfbewohner von Marmato in Frieden zu lassen? Gibt es Hoffnung auf Gerechtigkeit für die Ecuadorianer von dem Gesetzessystem Kanadas? Selbst der US-Botschafter in Ecuador sagte 2011: „Ich denke, wir sollten das Öl beseitigen und die Anwälte sagen, das sollen wir nicht tun. Und wir müssen einen politischen Kompromiss finden. Wir müssen etwas ausdenken, um das zu erledigen.“ Man stelle sich vor, dass ein kanadischer Botschafter das sagt.

Harpers  Silberstreifen?

Chevrons Teersand-Vermögen müsste dazu beitragen, die Verheerung, die sie (und ihr Vorgänger Texaco) in Ecuador im vergangenen halben Jahrhundert angerichtet haben, zu beseitigen. Aber hoppla! Das würde bedeuten, mit dem Teersand aufzuhören, womit Kanada erreichen würde, seine überzogenen CO2 Emissionen herunterzufahren. Was das Fracking angeht, so wäre ein Stop dieser Obszönität ein Segen für alle außer ein paar konservativen Kumpels. Dieses Zeichen guten Willens wäre eine großartige Geste, um Frieden mit Kanadas First Nations zu schließen und Kanadas ramponierten Ruf in der Welt wiederherzustellen.


Win, win, win.

Neil Youngs 'Die Verträge einhalten' Tour ist ein riskantes Spiel in dem üblen Ölschlamm der Politik. Er setzt seine Legende aufs Spiel, indem er auf Kanadas First Nations setzt. Aber der Schöpfer von „Herz aus Gold“ sieht offenbar eine Legende des 21. Jahrhunderts im Entstehen und möchte dabei sein.

„Ihr wollte wissen, wer diesen Schutz anführt?“ fragte ein fröstelnder Mikmaq-Demonstrant im vergangenen November. „Das Volk, das auf dieser Erde wandelt, meine Vorfahren. Es ist in unseren Herzen, um dies zu schützen, und unsere Herzen führen dies.“

Quelle - källa - source

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