II
Mit den weltanschaulichen Anforderungen an Wissenschaftler und wissenschaftliche Tätigkeit sowie den gewaltigen Defiziten hierbei befasst sich Dr. phil. habil. Horst Schild, Referent beim Bundesvorstand des Freidenker-Verbandes.
Er legt seinem Beitrag einen Gedanken von Marx zugrunde. „Die Siege der Wissenschaft scheinen erkauft durch Verlust an Charakter. In dem Maße, wie die Menschheit die Natur bezwingt, scheint der Mensch durch andere Menschen oder durch seine eigene Niedertracht unterjocht zu werden. Selbst das reine Licht der Wissenschaft scheint nur auf dem dunklen Hintergrund der Unwissenheit leuchten zu können … Dieser Antagonismus zwischen moderner Industrie und Wissenschaft auf der einen Seite und modernem Elend und Verfall auf der anderen Seite, dieser Antagonismus zwischen den Produktivkräften und den gesellschaftlichen Beziehungen unserer Epoche ist eine handgreifliche, überwältigende und unbestreitbare Tatsache.“ [Marx, Karl: Rede auf der Jahresfeier des People’s Paper am 14. April 1856 in London in MEW Bd. 12 S. 3 f]
Als politische Erkenntnis hebt Horst Schild hervor: Grundlegende Konsequenzen für die Wahrnehmung seiner Verantwortung ergeben sich für jeden Wissenschaftler aus den gesellschaftlichen Verhältnissen, unter denen er seine Arbeit gestaltet. Entscheidend beeinflusst werden Ziel, Weg und Ergebnis dieser Arbeit davon, wer unter welchen Bedingungen die Ergebnisse verwertet, anwendet oder vermarktet. Der Wissenschaftler ist Entfremdeter, Entrechteter und Ausgebeuteter, wie die Mehrheit der Menschen in dieser kapitalistischen Gesellschaft. Seine soziale Sicherheit und seine Lebensverhältnisse werden hiervon geprägt.
Der Redner stellt dieses Problem zur Diskussion. Und weiter ergänzt er: „Zum anderen haben die bisherigen Produktionsweisen mit ihrer qualitativen und vor allem quantitativen Ausdehnung menschlicher ‚Herrschaft’ über die Natur, auch mit Hilfe bzw. unter Nutzung der Wissenschaft, zu einem Zustand geführt, der die Verletzlichkeit und Begrenztheit unserer Erde in nahezu dramatischer Weise sichtbar macht“. [Redetext S. 3]
Die Ziele der Produktion dienen dem Selbstzweck des Produzierens. Schild verweist hier auf einen Gedanken von Marx: „Die Produktion produziert … nicht nur einen Gegenstand für das Subjekt, sondern auch ein Subjekt für den Gegenstand.“ [Marx: Zur Kritik der politischen Ökonomie. Einleitung. In: MEW, Bd. 13, S. 624] Das heißt, in der kapitalistischen Gesellschaft werden bewusst massenweise Bedürfnisse geschaffen, die hohe Profite nach sich ziehen. Damit werden aber immer mehr neue eben hergestellte Produkte in immer kürzeren Abständen überflüssig und wieder von neuen Produkten abgelöst. Man denke an die umfangreiche Manipulation, die zum Kaufrausch führen soll. Der Profit wird gesichert. Über den Verschleiß an Ressourcen wird nicht gesprochen. Er wird in Kauf genommen.
Horst Schild: „Drastisch zugespitzt kann man formulieren: Unter den derzeitigen imperialistisch-globalisierten, High-Tech-geprägten Verhältnissen besteht die grundlegende Frage darin, ob es gelingt, den Menschen weiter eine sichere Zukunft zu eröffnen, oder ob sich die Geschichte der Menschheit überhaupt schließt. Die Antwort darauf ist durchaus offen! Dennoch haben wir eine Chance, wenn wir die Anstrengung nicht scheuen, qualitativ neue Entwicklungsgesetze aufzudecken, auch wenn wir mit bisherigen geistigen und praktischen Entwicklungsmodellen brechen müssen.“ [Redetext S. 6, 7]
Die wissenschaftlich-technische Revolution lässt Entwicklungen erkennen, die außerordentlich weitreichende Konsequenzen für nahezu alle Bereiche des menschlichen Daseins herausbildet. Der Redner verweist auf die Entwicklung eines völlig neuen Techniktyps, der eine umfassende Neugestaltung des geschichtlichen Typs der gesellschaftlichen Produktivkräfte nach sich zieht. Das birgt Potenzen und Chancen in sich, aber auch Gefahren und Risiken. Die Hauptgefahr erwächst aus der Rücksichtslosigkeit, mit der die Profitmaximierung vorangetrieben wird. „Die als ‚Humanaktionen’ getarnten Aggressionskriege um Rohstoffe (Öl, Gas, Wasser, Erze usw.) und um politische Einflussnahme …“ [Redetext S. 4] beweisen das.
Im Weiteren umreist der Redner die neuen Dimensionen der gegenwärtigen technischen Entwicklung und einige ihrer Komponenten. „Tatsächlich ist die Suche nach Antworten zum Wesen künftiger Technik, zum „Cui bono“ des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts und den offensichtlich immer geringer werdenden Möglichkeiten, ihn im Rahmen eines tradierten mechanisch-rationalen, auf quantitatives WachstuHorst Schildm orientierten Denkstils beherrschen zu können, primär eine Herausforderung an Weltanschauung, an materialistisch-dialektische Weltanschauung.“ [Redetext S.7] Wir sollten „… nach Wegen suchen, dem Bündnis von Wissenschaft und Weltanschauung, von Natur- und Technikwissenschaftlern mit den Geisteswissenschaftlern wieder Leben einzuhauchen. Beginnend mit dem Dialog, unserer Aufklärungsstrategie …“ [Redetext S. 7]
Prof. Dr. Herbert Hörz, Mitglied der Leibniz-Sozietät Berlin, beschäftigt sich in seinem Vortrag hauptsächlich mit der Moral und dem Moralkodex derer, die in der Wissenschaft tätig sind. „Wissenschaft trägt einerseits zur Erhöhung unserer Lebensqualität bei, während sie andererseits Gefahren mit sich bringt. Dazu gehören qualitativ neue Waffen, mit denen Kriege durch Hochtechnologien entmenschlicht werden, neue Söldnerheere entstehen und Verluste an Menschen und Kulturgütern wachsen, wobei die Zerstörungen natürlicher Lebensbedingungen der Menschen zunehmen. Ökologische Katastrophen werden durch Eingriffe in die Selbstorganisation natürlicher Prozesse gefördert. Es kommt immer öfter zu Havarien in großtechnischen Systemen. Das macht Menschen misstrauisch gegenüber der Wissenschaft und Technikentwicklung.“ [Redetext S. 1]
In allen Gesellschaftssystemen gibt es „bei denen, die sich wissenschaftlich betätigen, Individuen mit unterschiedlichen Charakteren, Kreative und Mittelmäßige, Ideengeber und Ausführende, solche, die für die Wissenschaft brennen und andere, die unbedingt Karriere machen wollen oder den Erfolg mit Betrug anstreben. Sie sind in die gesellschaftlichen Strukturen eingebunden. Diese bedingen als vorherrschende Moral die Moral der Herrschenden. Bestimmte für die Existenz des Systems wesentliche Normen werden zu Rechtsnormen und mit Sanktionen bei Nichteinhaltung belegt. Zugleich hängt es von der sozialen Zielstellung eines Gesellschaftssystems ab, welche Charaktertypen gefördert oder zurückgesetzt werden.“ [Redetext S. 1]
In einem geschichtlichen Rückblick kommt Hörz auf den Gedanken Rousseaus zurück: „Solange aber die Macht auf der einen Seite allein steht und die Aufklärung und die Weisheit allein auf der anderen, werden die Gelehrten selten Großes denken, die Fürsten noch seltener Gutes tun und die Völker weiterhin gemein, verdorben und unglücklich sein.“ [Rousseau, 1965, Frühe Schriften. Leipzig: Reclam, S. 60] Ist diese Einschätzung Rousseaus nur den damaligen Zuständen zuzuschreiben? „Die Kommerzialisierung der Wissenschaft schreitet voran. Doch der von Rousseau beklagte Zwiespalt zwischen Macht und Aufklärung besteht weiter. Wenn in dieser Talk-Gesellschaft nicht selten Prominente mit wenig Entscheidungsbefugnis und oft unzureichender Kompetenz auf dem zu behandelnden Gebiet über aktuelle Themen reden, dann werden Schönredner mit der Möglichkeit öffentlichen Auftretens belohnt.“ [Redetext S. 2]
In seinem Beitrag stellt er klar, dass wissenschaftliche Erkenntnisse die Grundlage für jene Mittel sind, mit denen die Menschen unter den jeweils konkret-historischen Bedingungen ihre natürliche und gesellschaftliche Umwelt sowie ihr eigenes Verhalten gestalten. Bedeutende Beispiele liegen vor für große Leistungen von Wissenschaftlern bei gleichzeitigem Verlust ihres Charakters. Beispielsweise gibt es auch immer wieder neue Versuche, neue Ideen und ihre Umsetzung zu verhindern. In diesem Bereich sind Politik und Macht in einem wirksam. Diffamierung von Wissenschaftlern und wissenschaftlichen Erkenntnissen sollen oft Zweifel an der Wissenschaft nähren. Auch der Verfall der Sitten gehört hierher. Spezialisierung im Interesse spezieller Wissensproduktion führt zu einer Form der Verantwortungslosigkeit. Ein „Fachidiot“ hat keine Kompetenz zur Lösung sozialer Probleme. Hörz: „Das zeigt, dass wir den Moralkodex für die Verantwortung der in der Wissenschaft Tätigen auch in dieser Hinsicht differenzierter zu betrachten haben.“ [Redetext S. 3] Den Zusammenhang zwischen Gesellschaftssystem und Wissenschaft darstellend, zitiert er schlussfolgernd Marx: „Die Wissenschaft kann nur in der Republik der Arbeit ihre wahre Rolle spielen.“ [MEW, Dietz, Berlin, Bd. 17, S. 554]
Der Entfremdungsprozess des Menschen, seiner Arbeit und seines ganzen Wesens im Kapitalismus erfasst auch die Arbeit sowie die Persönlichkeit der Wissenschaftlerin, des Wissenschaftlers. Für in der Wissenschaft Tätige ist der Moralkodex ihres Verhaltens folglich an eine Wertehierarchie gekoppelt. Ihr Moralkodex differenziert sich individuell in ihre „gesellschaftliche Verantwortung, in soziokulturelle Verpflichtungen, das Arbeitsethos und den sittlichen Umgang mit anderen Menschen, die auf Toleranz und gegenseitiger Achtung beruhen sollten, zu denen speziell Freundschaft und Liebesbeziehungen gehören.“ [Redetext S. 5]
Der Widerspruch zwischen Abhängigkeit des Wissenschaftlers von seinem Geldgeber – Auftraggeber – einerseits und der objektiven Notwendigkeit freier Entwicklung von Forschung aus wissenschaftlicher Einsicht und Erkenntnis andererseits, führt aber nur scheinbar zur Enthebung aus seiner Verantwortung. Produktivkräfte werden u. U. gebremst, die Produktivkraft Mensch zerstört.
Auf die gegenwärtigen Trends in Deutschland eingehend, kritisiert Hörz: * Wissenschaftliche Arbeit ist kaum auf die aktuellen Herausforderungen orientiert. * Langfristige Wissenschaftsstrategien kollidieren mit kurzfristiger politischer Stückwerkstechnologie und sind von Wahlperioden abhängig. * In der Wirtschaft wird auf mittelfristiges Nützlichkeitsdenken gesetzt. Schnellste Verwertung! * Langfristige Orientierungen werden dem Zweckdenken geopfert. Sie treten in den Hintergrund. * Profitinteressen verhindern oft eine menschenfreundliche Umweltgestaltung und die Entwicklung von Technologien und Energieeffekten. * Erfolgs- und Gefahrenrisiken neuer Technologien werden oft durch Ignoranz der Entscheider und Profilierungssucht von Politikern falsch entschieden. * Spezielle Interessengruppen und ihre Lobbyisten setzen ihre Macht allemal durch.
„Wer also im persönlichen sittlichen Umgang mit anderen Menschen moralisch gut handelt, dem Arbeitsethos entspricht, Verpflichtungen als Angehöriger einer soziokulturellen Identität erfüllt, kann, bezogen auf die soziale Wirkung seiner Entscheidungen und Handlungen, gegen Humangebote verstoßen, was letzten Endes verantwortungslos ist.
Generell gilt: Entscheidungen können nicht an sich, mit abstrakten moralischen Kriterien, bewertet werden, da stets die Situation anderer Menschen, ihr möglicher Freiheitsgewinn oder -verlust zu beachten ist. Wer wissenschaftlich arbeitet, kann sich vor der Gesamtverantwortung für die Durchsetzung der Humankriterien und Einhaltung der Humangebote mit dem Argument drücken, man sei nicht kompetent für entsprechende Entscheidungen. Wer sich der für die Wahrnehmung der Verantwortung erforderlichen Kompetenzerweiterung verschließt, verfällt, trotz wichtiger spezifischer Leistungen in seinem speziellen Verantwortungsbereich, einer Form der Verantwortungslosigkeit.“ [Redetext S. 7] „Moralische Normen als Wertmaßstab und Verhaltensregulator bilden sich auf der Grundlage von Erfahrungen, Wissen und Interessen. Sie sind Grundlage von Rechtsnormen, die ebenfalls Sein mit Sollen verbinden. Worum geht es bei unserem Handeln? Wir treffen Entscheidungen auf der Grundlage unvollständiger Erkenntnis und versuchen mit Versuch und Irrtum den Risiken zu begegnen. Das ist mit tieferer Einsicht in die objektiven Gesetze der Natur, der Gesellschaft und der Aneignung der Wirklichkeit besser möglich.“ [Redetext S. 7]
Hörz schlussfolgert, dass warten auf eine bessere Welt nicht ausreicht. Er fordert, die Unverträglichkeit, die Ablehnungen und Proteste zu Einzelerscheinungen der Ausbeutergesellschaft umzuwandeln bzw. weiterzuführen zur Systemkritik am Kapitalismus. „Jeder muss sich selbst fragen, was er dazu beitragen kann, die politischen Kräfte zu stärken, die sich gegen die antihumanen Zustände wenden.“ [Redetext S. 8] Aber da entsteht die Frage, wie steht es mit dem Berufsrisiko für die in der Wissenschaft Tätigen? „Wo das Geld regiert, man schnell die Würde oder das Leben verliert.“ [Redetext S. 8] Er ruft dazu auf, Humanität als Grenze der Wissenschaft durchzusetzen. Verantwortlichkeit muss im Sinne der Gesamtverantwortung wahrgenommen werden. „Das schließt die humane Kontrolle von Experimenten mit und am Menschen ein.“ „Die friedliche Lösung von Konflikten ist zu fordern, und die weitere Entwicklung von noch gefährlicheren Waffen ist zu stoppen.“ „Es gilt, antiökologisches Profitstreben anzuprangern.“ „Notwendig ist, Gesellschaftskritik an der sozialen Ungerechtigkeit mit anschaulichen von vielen Menschen geforderten Idealen einer zukünftigen humanen Gesellschaft zu verbinden.“ [Redetext S. 9] Seinen Vortrag beendet der Redner mit einem Appell: „In diesem Sinne sollten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Verantwortung wahrnehmen und mit ihrer Autorität, ihrem Wissen und Können für den Freiheitsgewinn aller Menschen eintreten.“ [Redetext S. 9]
Frau Prof. Dr. Gisela Jacobasch, Mitglied der Leibniz-Sozietät Berlin, beginnt ihren Vortrag mit der Grundfrage biologischer Wissenschaften: „Was ist Leben? Es ist charakterisiert durch die Aufrechterhaltung eines Fließgleichgewichtes von Stoffwechselaktivitäten und die Fähigkeit von Zellen, sich im Organismus zu teilen, um Wachstum und Gewebserneuerung sowie die Fortpflanzung zu ermöglichen. Die Grundlage dafür liefert die Replikation der DNA. Die DNA ist im Zellkern in Nukleosomen platzsparend eng verpackt und verschnürt. Die Natur geht sehr sparsam mit ihrem Genpool um und nutzt dabei genial bewährte biologische Prinzipien.“ [Redetext S. 1]
Sie weist in ihrem Vortrag nach, dass mittels der Gentechnologie Erkenntnisse gewonnen werden, die sowohl von großem wissenschaftlichen Interesse und auch vor allem von wirtschaftlichem Interesse sind. Diese schafft viele neue Möglichkeiten. Unter denen werden genannt: 1. das Zusammenwirken von Transkriptionsfaktoren in einem regulatorischen Netzwerk, das die Pluripotenz von Stammzellen bestimmt, 2. die Beteiligung an der Differenzierung von Geweben und Organen – z. B. der Bildung von Herz-, Muskel-, Hart- und Fettgewebe, die Neurogenese, die Erythropoese und ebenso Differenzierungsmechanismen in Pflanzen, 3. der Einfluss auf die Kontrollprozesse der Zellteilung und Apoptose, 4. neue therapeutische Ansätze in der Bekämpfung von Karzinomen und anderen Krankheitserscheinungen, 5. bestimmte Nahrungsbestandteile, z. B. Flavonoide und Folsäure, aber auch Fettsucht einschließlich der damit verbundenen pathologischen Konsequenzen, 6. Mangelerscheinungen, z. B. von Proteinen, und damit im Zusammenhang stehende Degenerationsvorgänge, z. B. bei der Makulardegeneration des Auges, 7. ein breites Spektrum an Möglichkeiten für die Biotechnologie bei der Eindämmung der Antibiotika- und Zytostatika-Resistenzen und zugleich für eine neue Strategie zur Therapie von Infektionskrankheiten, die durch Viren verursacht werden.
Der Lebensmittelindustrie gibt sie die Möglichkeit, Voraussetzungen zu schaffen für einen veränderten Nahrungsmitteleinsatz. Die Referentin betont die politische Verantwortung der wissenschaftlichen Forschung in folgender Richtung: „Zu den aktuellen Herausforderungen in der Gesellschaft, die es zu überwinden gilt, zählen vorrangig Hunger, Fettsucht und Infektionskrankheiten.
Um diese Probleme zu lösen, müssen sowohl staatliche, ökonomische und sozialpolitische Entscheidungen getroffen und durchgesetzt werden. Nur so lassen sich langfristig präventive Maßnahmen und ärztliches Handeln sinnvoll einsetzen, ohne dass die finanziellen Aufwendungen dafür ausufern.“ [Redetext S. 6] Ihrer Forderung nach freiem Zugang zu Nahrung und sauberem Trinkwasser, als den fundamentalen Notwendigkeiten der Lebenserhaltung, stellt sie das verantwortungslose Verhalten besonders der USA und der EU entgegen.
Diese boykottieren alle Pläne, die auf den verschiedensten Ebenen und von den verschiedensten Ländern ausgearbeitet wurden, um Abhilfe gegen weltweites Elend zu schaffen. Sie stellt dar, wie krass die gegenwärtige Elendssituation in der Welt ist. „Fast 2 Milliarden Menschen leiden an Unterernährung, und 9 Millionen unterernährte Menschen sterben jährlich, vor allem Kinder. Das entspricht einem Todesfall alle 3 Sekunden. Vor allem Bewohner in Asien, der Pazifikregion und Afrikas südlich der Sahara hungern. Aufgrund von Eiweiß- und Elektrolytmangel ist die Immunabwehr hungernder Menschen geschwächt, wodurch sie vorrangig der Tuberkulose, der Malaria, HIV, Cholera und anderen Infektionskrankheiten zum Opfer fallen. Mit Todesraten von 50 % sind außerdem besonders gefährlich die Virusinfektionen Gelbfieber, Ebola (hämorrhagisches Fieber), SARS (schweres akutes respiratorisches Syndrom) und Henipa (schwere Encephalitis und respiratorische Erkrankung). Die zuletzt angeführten Viruserkrankungen breiten sich sehr rasch in Afrika und Asien aus.“ [Redetext S. 9]
Die Referentin weist nach, dass die führenden imperialistischen Staaten – besonders die EU und die USA – ihren internationalen Verpflichtungen nicht nachkommen. Statt die Ergebnisse aus der wissenschaftlichen Forschung, die mithilfe der Gentechnologie gewonnen wurden, für ihre Hilfepflichten besonders gegenüber der armen Bevölkerung dieser Welt einzusetzen, nutzen sie diese ausschließlich zur Realisierung ihrer Profitinteressen und Kriegsziele. „Wie oft nach großen Entdeckungen wurden auch die aus der Aufklärung des humanen Genoms gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse und methodischen Entwicklungen nicht zur Verbesserung der Lebensqualität aller Menschen eingesetzt, sondern durch kapitalistisches Gewinnstreben sogar missbraucht.“ [Redetext S. 13]
Am Beispiel der US-Firma Monsanto weist sie das nach. „Der Konzern verfolgt das Ziel, die Landwirtschaft weltweit zu kontrollieren.“ [Redetext S. 13] Ihr jährlicher Umsatz betrug 2010 10,5 Milliarden US-Dollar. 78 % davon entfielen auf den Bereich gentechnische Veränderungen des Saatguts und 22 % auf Produktion von Herbiziden. Wesentliche Kritikpunkte sind hierbei: 1. zu hohe Preise für Samen und die Kopplung mit einer Gewinnabführung von 30 % der Erträge, 2. Patentierung der Pflanzensorten und Verbot des eigenen Samengewinns für die Produzenten und der Handel des Konzerns mit Hybriden, die 95 % ausmachen. Das betrifft hauptsächlich Mais, Roggen und Gemüse. 3. Erweiterung der Patentansprüche. Gewinnansprüche auf Fleischprodukte, die aus Monsanto-Samenfutter entstehen; ebenso bei Fischprodukten. Das sind die Folgen der Patentierungsstrategie von Monsanto.
Diese kriminelle Rücksichtslosigkeit wirkt hier genau so wie die Patentierung von Genen des humanen Genoms. Die Referentin schließt mit den Worten „… die daraus resultierenden Folgeerscheinungen wie Wirtschaftskriege, haben alle die gleiche Ursache: eine rücksichtslose, kriminelle Bereicherung von wenigen verantwortungslosen Gruppen auf der einen Seite und Armut gekoppelt mit einer Beschränkung an Bildungsmöglichkeiten für zunehmend mehr Menschen auf der anderen Seite.“ [Redetext S. 15]
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