Donnerstag, 14. September 2017

Marokkos Rebellionen und zwei bedeutende Frauen



Vijay Prashad

12. September 2017


Aus dem Englischen: Einar Schlereth

Nicht weit von Rabats Bahnhof hält eine kleine Gruppe von Demonstranten marokkanische Fahnen hoch und singt für ihr Leben. Sie besteht aus einer Familie von Bauern, die ihr Land verloren hat. Sie sind Rebellen im Namen des Königs, den sie um Abhilfe bitten. „Wenn der König nur von unserer Situation wüsste,“ sagt einer der Männer. Vorübergehende umstehen die Gruppe. Auch Polizisten. Sie sind verwirrt. Nach ein paar Stunden sammeln die Bauern ihre Sachen zusammen. Sie gehen zum Bahnhof. Es ist vorüber.

Foto von Jochen Frey CC BY 2.0
Der Palast von Mohammed VI, König von Marokko seit 1999, liegt nicht weit vom Bahnhof. Aber der König ist nicht zuhause. Er ist auch in keinem seiner 12 Paläste in großen Städten wie Casablance, Fez oder Meknes (der tägliche Unterhalt dieser Paläste beträgt mehr als 1 Mill. $). Die Nachrichten sagen, dass er dort ist, wo seine Leidenschaft liegt – beim Jetski fahren weit weg von Marokko.

Touristen kommen nicht oft nach al-Hoceima, das zwischen dem Mittelmeer und den Rifbergen liegt. Es ist vor allem ein Fischerort mit eingestreuter alter spanischer Architektur versteckt hinter modernen Bauten. Im vergangenen Oktober konfiszierte die Polizei ein paar Fische des Marokkaners Mouchine Fikri, ein 31-jähriger Fischhändler, und warf sie in die Abfallpresse. Fikri sprang hinterher, um die Fische zu retten. Er wurde von der Maschine getötet. Die Menschen betrachteten dies als weiteres Beispiel von hogra – der täglichen Erniedrigung von Menschen wie sie selbst durch die makhzen (die königliche Familie und ihr militärisches Establishment sowie die Landbesitzer und Geschäftsleute). Wütende Rebellionen explodierten im Rif.

Hitzige Rebellionen

Regelmäßige Proteste breiteten sich von al-Hoceima auf andere Städtchen und Großstädte in ganz Marokko aus.

al-Hoceima

Diese Demonstrationen richten sich nicht gegen die Regierung. Sie werden von den makhzen gefürchtet. Die Regierung schwankte zwischen Verhaftung der Führer der Proteste und Erfüllung ihrer Forderungen. Die Verhaftungen der Führer der al-Hirak al-Sha‘abi (Volksbewegung) – Nasser Zefzafi, Najib Ahamjik und Silya Ziani – ärgerten die Öffentlichkeit mehr als dass sie sie einschüchterten. 50000 Menschen marschierten durch Rabat am 11. Juni. Das war der größte Protest in der Stadt seit dem 20. Februar der Bewegung von 2011 (als Teil des arabischen Frühlings).

Es ist schw
er, nicht in Erstaunen über Marokkos Geschichte zu geraten. Im Labyrinth der Medina von Fez liegt die Al-Karouine Universität, die 859 n. u. Z. von Fatima al-Fihri gegründet wurde [über 100 Jahre vor der ersten Uni in Europa in Parma und über 500 Jahre vor der 1. Uni in Deutschland! D. Ü.]. Diese Tochter eines reichen Händlers legte ihr Geld in einen Ort der Gelehrsamkeit an, der solche Koryphäen wie Ibn Chaldun (arab. Historiker), Moses Maimonides (andalusisch-jüdischer Philosoph) und Leo Africanus (Geograph aus Marokko) hervorbrachte. Uralte Manuskripte liegen in ihrer Bibliothek.

Es ist ein Trost, dass die Zerstörungen, die Mosul zerrissen haben, dessen große Bibliothek von der IS zerstört wurde, nicht zu diesem Juwel kommen wird. Vielmehr ist Nachlässigkeit der Schädling. Vor der Universität fließt der Fluss Fez, der mehr Abwässer von den Gerbereien als frisches Wasser führt.
Die Architektin für seine Restauration Aziza Chaouni, nennt ihre Stadt eine „lebende Stadt“, nicht nur eine Stadt für Touristen, sondern für die Million Menschen, die sie bewohnen. [Der gute Vijay Prashad ist nicht ganz up-to-date. Dieser Architektin ist es gegen großen Widerstand gelungen, den Fluss und die öffentlichen Plätze der Altstadt, inzwischen zum Weltkulturerbe ernannt, mit dem größten Fußgängernetz der Welt zu retten und enorm zu verschönern. Und dazu gibt es sogar einen Film, den ihr hier mit deutschen Untertexten anschauen könnt. D. Ü.]




Chinesische Anwesenheit
Marokkos Behörden befürchten, dass die Hirak Proteste dem Tourismus schaden könnten – dem wichtigsten Devisen-Bringer. Die Regierung möchte gerne, dass 20 Millionen Touristen, das doppelte der gegenwärtigen Zahl, in das Land kommen. Die Zahl der westlichen Touris sinkt. Hingegen ist die Zahl der chinesischen Touristen gestiegen. Man kann überall chinesischen Touristen begegnen - in den Medinas der Altstädte und in der Haschisch-Zone der blauen Stadt Chefchaouen (70 % des Haschisch kommt aus Marokko).


Chefchaouen - die blaue Stadt
Armut und hogra und auch die staatlich unterstützten radikalen Kleriker haben die Tür geöffnet für den Zorn, um von Massenprotesten zu Terror-Aktionen überzugehen.
Der IS Bombenhersteller Najim Laachraoui, der bei einem Selbstmordattentat am Brüsseler Flughafen starb, kam aus Ajdir (Marokko) ebenso wie die Pariser Attentäter Salah Abdeslam, Brahim Abdeslam und Abdelhamid Abaaoud. Im Juni deckten die Behörden in Marokko in der südlichen Küstenstadt Essaouira eine ISIS-Zelle auf.

Hirak hat die grundlegenden Bedürfnisse der Marokkaner offengelegt: Würde, Gesundheit, Erziehung und Zugang zu Trinkwasser. Genau dies ist das Gegenmittel gegen die IS. Vernachlässigung der Bevölkerung droht, sie in die Arme des ansteckenden Radikalismus zu treiben, der in Marokko nur schwer Wurzeln schlägt.

Aber: Einer der bedeutendsten Absolventen der Uni Al-Karouine war Abd el-Krim, der Gründer des modernen Guerilla-Krieges [Ich muss Vijay korrigieren. Begründer der Guerilla, was kleiner Krieg heißt, war das spanische Volk gegen die Besatzung Napoleons. d. Ü.] Krims Rebellion im Rif von 1921 – 1926 vernichtete die viel stärkere spanische Armee. Aber er wurde am Ende gefangen genommen und ins Exil nach Ägypten geschickt. Seine Forderungen waren ebenso elementar: für die Würde und den Lebensunterhalt. Sie sind noch nicht eingelöst. Sie sind wieder auf den Tisch gelegt worden.




Weitere Artikel von: Vijay Prashad 
und sein neuestes Buch heißt: ‚No Free Left: The Futures of Indian Communism“ (New Delhi: Left Word Books, 2015)

Quelle - källa - source

6 Kommentare:

  1. JA, DANN KOMMEN NOCH EINIGE MILIONEN VERARSCHTE AFRIKANER-PARASITEN NACH EUROPA!

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Du bist der Parasit, aber du bist natürlich ahnungslos und weißt von nix. Schlaf weiter.

      Löschen
  2. @nisof ist ganz sicher nicht der Parasit, sondern die kolonistischen Regimes der Vorzeit.
    Dafuer kannst weder du noch wir was!
    Daher, der Normalbuerger in Deutschland, Oesterreich und der Schweiz braucht diese Gesindel nicht, um sein Gewissen zu beruhigen!


    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Der Normalbürger ist immer der verarschte und kann für nix etwas. Wenn die 1 % entscheiden Europa auszutrocknen, denn seid ihr die Parasiten die "laufen". Euch Wünsche ich in diesem Augenblick das ihr auf die widerlichsten Charaktere trefft, denn das seid ihr im Augenblick für die Flüchtlinge.

      Löschen
  3. ich hoffe es passt zum Thema :

    “The Zionist paradigm is founded on the distorted story of the Israelites’ Exodus from Egypt and their persecution by the Assyrians and Captivity by Babylonians, but the truth is that the Israelites never set foot in Egypt or Palestine. Actually they never left Ancient Arabia and North Yemen, their origin land, before the Babylonian Captivity”

    https://ashraf62.wordpress.com/2015/03/24/isil-helps-israel-conceal-its-historical-origin/

    AntwortenLöschen
  4. Ja Einar, Du hast schon wieder den Nagel auf den Kopf getroffen !

    MfG grillbert aus Hamburg.

    AntwortenLöschen