Einar Schlereth
14. Dezember 2013
Ihren ersten Roman, der im Original 'Ghana must go' heißt, fand ich zufällig in unserer kleinen Bibliothek unter dem schwedischen Titel 'Komma och Gå' (Kommen und Gehen). Welch ein Fund! Ihr magischer Stil hat mich unmittelbar gefesselt. Und dann sah ich hinten auf der Innenseite des Covers ihr Foto und das hat mich völlig umgeworfen. Eine solch klassische Schönheit, die Nofretete in nichts nachsteht, von magischem Aussehen. Ja, ihr Aussehen, ihr Schreiben hat mit Magie zu tun. Eine Magie, auf die ich erstmals bei meiner Reportage über die Samen hoch oben im Norden Schwedens stieß.
Ich meine magisch im doppelten Sinne. Zum einen bringt sie es fertig, Wortgewebe zu Gemälden zu flechten, farbig und kontrastreich von betörender Schönheit. Dazu gehört auch eine sehr scharfe Beobachtungsgabe, die sich auch in ihren Fotografien zeigt. Obwohl sie sich ja des Englischen bedient, vermeint man den Wohlklang des Yoruba zu hören, der Sprache ihrer Mutter. Mit ihrer Empathie gelingt es ihr, tief in die Menschen des Buches einzudringen, nicht nur die der großen afrikanischen Familie, sondern auch der Weißen oder Asiaten, die zur Familie hinzustoßen, um ein vollständiges Bild zu zeichnen, das äußere und innere, was schlichtweg magisch ist.
Hinzu kommt die wirkliche Magie, nicht nur bei den Zwillingskindern, wo es ja häufiger geschieht, dass sie genau wissen, was der andere denkt oder fühlt, nein auch bei anderen Personen der Familie. Die plötzlich tiefe Unruhe oder einen wirklichen Schmerz spüren und wissen, wem etwas Böses zugetoßen ist. Dies meinte ich in Bezug auf die Samen, die zuweilen sogar die Zukunft exakt vorhersagen können. Auch dies hängt sicherlich mit der Empathie zusammen, geht aber auf völlig unerklärliche Weise darüber hinaus.
Dies heißt nun nicht, dass es sich hier um eine Autobiographie handelt, auch wenn es sehr viele Anlehnungen gibt. So ist Taiye die ältere der Zwillinge, die im Buch aus einem Jungen und einem Mädchen bestehen. Im Buch opfert sich die Mutter, um dem Mann das Studium zu ermöglichen, während in Wirklichkeit ihre Mutter auch Ärztin ist. Aber echt ist auch die Trennung ihrer Eltern.
Nun, Taiye Selasi, Schriftstellerin und Fotografin, wurde 1979 in London geboren, als Kind einer Nigerianerin und Kinderärztin und eines ghanaischen Vaters, der Chirurg und Dichter ist. Beide sind außerdem Menschenrechtler. Taiye studierte 'American Studies' an der Yale Universität und schloss mit Summa cum laude ab. Zudem studierte sie Internationale Beziehungen in Oxford.
2005 hat sie ihre erste Novelle veröffentlicht. 2007 schrieb sie 'The Sex Lives of African Girls', das 2011 veröffentlicht wurde und ein Jahr später in dem Band 'Beste amerikanische Kurzgeschichten von 2012'. 2012 schrieb sie eine Dokumentar-Serie über Afrika geschrieben in sechs Teilen und 2013 erschien „Ghana must go“, das inzwischen in 16 Ländern veröffentlicht wurde.
Das hört sich nach einer reibungslosen Karriere an. Aber das glaube ich nicht. Ich glaube das, was auch im Buch steht, dass die Kinder in einer weißen Gesellschaft hart arbeiten müssen. Vergleichbar mit Frauen in unserer Gesellschaft, die generell besser sein müssen als Männer, um anerkannt zu werden. Das gilt auch für Ausländer generell und für weibliche Schwarzafrikaner doppelt und dreifach. Aber ich denke auch, dass sie in der Familie und vor allem von der Mutter entscheidende Impulse und Rückhalt bekommen hat. Kraft und Stärke hat sie auch aus dem afrikanischem Erbe gewonnen. In Interviews kommt sie regelmäßig darauf zu sprechen.
Mir steht leider nur die schwedische Ausgabe zur Verfügung, sonst hätte ich gerne eine kurze Leseprobe eingefügt. Aber vielleicht ist es auch besser so. Selber lesen ist am besten. Auf deutsch heißt das Buch im übrigen 'Diese Dinge geschehen nicht einfach so'. Hier ist der Link zu Wikipedia und zu ihrer Webseite, wo auch eine Reihe ihrer Fotos zu sehen sind.
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