Mittwoch, 23. September 2015

Während Europa die Grenzen schließt, sagt Ecuador 'Niemand ist illegal'


Ich habe schon seit langem gesagt und geschrieben, dass uns die sogenannte Dritte Welt menschlich weit überlegen ist und wir von ihr lernen müssen. Jeder Idiot kann eine Knarre bedienen, was die Europäer seit ein paar hundert Jahren, als sie auf einem einzigen Gebiet einen Vorsprung entwickelten - in der Waffentechnik - nach Kräften praktizieren. Alle starrten sich blind auf den technischen Fortschritt - auf den Fortschritt der menschlichen Kultur eingedenk des sozialen Wesens aller Menschen wurde gepfiffen. Diesen Gedanken überließ man den Träumern und Spinnern - im besten Fall - denn meistens wurden sie verfolgt, ja richtig, mit der Knarre in der Hand. 
Federico Fuentes


22. September 2015


Aus dem Englischen: Einar Schlereth
In Ecuador feiert man mit Migranten!
Regierungen in der ganzen Welt stellen Mauern und strenge Gesetze auf, um Flüchtlinge draußen zu halten, aber ein Land nimmt eine radikal andere Haltung ein, basierend auf der einfachen Prämisse, dass „niemand illegal ist“.

Das Anden-Land Ecuador, das eine Bevölkerung von 15.7 Millionen Menschen hat, ist den Herausforderungen der Behandlung von Flüchtlingen nicht fremd gegenüber.

Ecuador hat ca. 50 000 Flüchtlinge im Land, die um Asyl nachsuchen. Dies ist die größte Flüchtlingsmenge in Lateinamerika. Die große Mehrzahl dieser Leute wollen für immer bleiben.

Die überwältigende Mehrheit sind Opfer des Jahrzehnte langen Bürgerkrieges im benachbarten Kolumbien. Ein Hochkommissar für Flüchtlinge der UNO fand, dass Kolumbien gleich nach Syrien kommt hinsichtlich der vertriebenen Menschen.

Seit 2000 haben 60 000 Kolumbianer in Ecuador den Flüchtlingsstatus erhalten - die meisten, seit der linke Präsident Rafael 2007 an die Macht kam.

Correas Wahl stellte einen tiefen Bruch mit der tradionellen politischen Klasse dar, die nach den Jahren ihrer Durchsetzung von pro-Reichen neoliberalen Gesetzen gründlich diskreditiert wurde.

Correa hingegen drückte eine Anzahl von Maßnahmen durch, für die soziale Bewegungen seit vielen Jahren gekämpft hatten.

Darunter waren die Ausweisung ausländischer Militärbasen, die Ablehnung von Freihandelsabkommen mit den USA und die Einberufung einer gewählten verfassunggebenden Versammlung, um eine neue Verfassung zu entwerfen.

Eine neue Verfassung – weithin als die progressivste in der Welt anerkannt – wurde 2008 in einem Referendum angenommen. Darinnen wurden wichtige Rechte für die indigenen Gemeinden und die Umwelt festgelegt und außerdem garantiert die neue Verfassung Einwanderern und Flüchtlingen dieselben Rechte wie ihren Bürgern – einschließlich Zugang zu freier Gesundheitspflege und Erziehung.

Die Verfassung erkennt explizit das Recht an, um Asyl nachzusuchen. Artikel 40 erklärt: „Kein menschliches Wesen wird als illegal identifiziert oder betrachtet wegen ihres Migrationsstatuses.“

Um diese Maßnahme durchzusetzen hat die Regierung den Wunsch einzuwandern von 39 000 Kolumbianern zwischen 2009 und 2010 anerkannt, mehr als doppelt so viel als in dem voraufgegangenen Jahrzehnt.

Dies gelang als Teil des „Verbesserten Registrierungs-Prozesses“ der Correa-Regierung. Es wurden gezielt kolumbianische Flüchtlinge herausgesucht, um ihr Gesuch so schnell wie möglich zu bearbeiten.

Im Mai 2012 jedoch wurde Correa von Gruppen, die mit Flüchtlingen arbeiteten, kritisiert, weil er ein Dekret erließ, das forderte, dass sich Flüchtlinge innerhalb von 15 Tagen nach Betreten des Landes bei den Behörden registrieren lassen müssen oder zu riskieren, dass ihr Antrag nicht behandelt wird. Das Verfassungsgericht lehnte später das Dekret ab mit der Begründung, dass es gegen den Geist der Verfassung wäre.

Jetzt ist ein wichtiger Schritt gemacht worden, um diese Verfassungs-Prinzipien in Gesetze zu verwandeln. Im Juli haben sieben Parlamentarier, von denen sechs von ecuadorianischen Migranten gewählt wurden, die außerhalb des Landes leben, ein neues Gesetz entworfen.

Das Gesetz deckt sowohl die Rechte der Flüchtlinge ab als auch die der Migranten und Ecuadorianer, die außerhalb des Landes leben.

Linda Machuca, eine der Gesetzbefürworterin, erklärte, dass dieses Gesetz versucht „die zwei Millionen Ecuadorianer (anzuerkennen), die außerhalb des Landes leben wegen unserer transnationalen Familien und auch weitere 60 000 Leute mit Flüchtlingsstatus und 60000 Ansuchende, die schon in Ecuador sind.“

Das Gesetz umreißt 12 Schlüsselprinzipien, wozu ein Verbot gehört, Flüchtlinge und Migranten zu kriminalisieren. „Niemand wird wegen seiner Migranten-Situation kriminalisiert … Irreguläre Migrantenlage ist kein Verbrechen.“

Artikel 126 des vorgeschlagenen Gesetzes erklärt: „Keine Person, die um Flüchtlingsstatus nachsucht, wird an der Grenze oder von Immigrations-Kontrollen zurückgewiesen oder gestoppt; sie werden auch nicht zurückgeschickt, ausgewiesen, ausgeliefert oder irgendwelchen Maßnahmen unterworfen, die sie verpflichten oder sie drängt in das Land zurückzukehren, wo ihr Leben, ihre Sicherheit oder Integrität bedroht wird ….“

Das Gesetz schlägt vor sicherzustellen, dass allen Flüchtlingen ein faires Verfahren garantiert wird und dass ihre Gesuche so schnell wie möglich behandelt werden ohne Kosten für den Ansuchenden.

Solche progressive Ansichten gegenüber Flüchtlingen sind in der Region nicht einmalig.

Boliviens linker Präsident Evo Morales ist auch sehr deutlich in dieser Frage gewesen und hat erklärt, dass sein Land die Idee einer universalen Bürgerrechts unterstützt.

„In Bolivien werden wir versuchen, alle Migranten willkommen zu heißen, weil es menschliche Wesen sind“, sagte er im Juni in Italien. „Und wir benutzen nicht den Begriff 'illegal', weil wir eine universales Bürgerrecht haben wollen.“

Er gab zu, dass die Frage der Immigration komplex ist, aber Morales sagte auch, es sei notwendig, die Ursachen anzugehen. „Migrationsströme werden vom Kapitalismus verursacht, durch Kriege, durch militärische Intervention und die Tatsache, dass Reichtum in den Händen zu weniger Leute konzentriert ist. Wir brauchen demokratische Ressourcen.“

Hier noch ein weiterführender Artikel.


Federico Fuentes hat zusammen mit Roger Burbach und Michael Fox das Buch 'Lateinamerikas turbulenter Übergang: Die Zukunft des Sozialismus des 21. Jahrhunderts' (Zed Book 2013) geschrieben.


Quelle - källa - source

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