Donnerstag, 14. Januar 2016

Ökologische Katastrophe und atomarer Konflikt: Relevanz von Gandhi in der modernen Welt


Das ist lobenswert von Colin Todhunter, wenn er uns mit dem Denken Gandhis über die Umwelt und Ökologie bekannt macht. Verwunderlich ist allerdings, dass er als Engländer nicht die Werke von Marx und Engels kennt, obwohl beide diese Fragen in England intensiv diskutiert und auch geschrieben haben und damit auch Gandhi gut 50 Jahren voraus waren. Ich lege hier den link zum Artikel 'Marxism and Ecology' von John Bellamy Foster bei, der zwar auf Englisch geschrieben ist, aber sehr viele Fußnoten hat, mit deren Hilfe man auch deutsche Fassungen lesen kann. Der Artikel zeigt auch, wie sowohl Engels als auch Marx ständig versuchten, ihr Wissen auf den neuesten Stand zu bringen. Außer Darwin und Haeckel lasen sie die neuesten Erkenntnisse von Justus von Liebig, Julius Robert von Mayer über Metabolismus und ökologische System-Prozesse. Man kann Todhunter vielleicht damit entschuldigen, dass die Engländer in Bezug auf den Kommunismus fast ebenso borniert sind wie die Amerikaner.


Ökologische Katastrophe und atomarer Konflikt: Relevanz von Gandhi in der modernen Welt


Colin Todhunter
3. Januar 2016


Aus dem Englischen: Einar Schlereth
(leicht gekürzte Fassung)


Vor einigen Monaten kontaktierte mich der Unternehmer Charles Devenish, um mir seine Bergwerk-Pläne in Indien darzulegen. Er sprach von den Unmengen Mineralen im indischen Boden und meinte, ich könnte seine Pläne für Abbau im kleinen Maßstab gut finden. Sie sollten in Verbindung mit einem Landwirtschaftsmodell zur Wiederherstellung der Böden stattfinden, die in den Jahren der 'Grünen Revolution' durch chemische Vergiftung stark gelitten haben. Seine Absicht ist auch, die Kontrolle der Agro-Multis zu reduzieren.

Devenish denkt an Bergwerk-Kooperativen in ländlichen Gegenden unter Einschluss der Bauern, die Mitsprache und Anteile an den Unternehmen erhalten würden. Dadurch könnten sie ihr landwirtschaftlichen Einkommen ergänzen, Forschung und Wissen könnten verstärkt werden, um Böden verbessern und auf ökologische Landwirtschaft umstellen zu können.

Mir schien dies einleuchtend, besonders angesichts der aktuellen Politik, Kleinbauern-Betriebe unwirtschaftlich zu machen, die Bauern zu vertreiben und petro-chemische Landwirtschft auf industrieller Basis wie im Westen zu schaffen. Das Modell hat zu Nährwertarmer Nahrung, erschöpften Böden, verseuchtem Wasser, ernsten Gesundheits- und anderen Problemen geführt. Trotz aller Regierungs-Versprechen, das Los der Bauern zu erleichtern, kann das ewig dauern.

Außerdem beeindruckte mich die Hinwendung von Charles Devenish zum Modell Gandhis von einer Land-Entwicklung … das weit entfernt ist vom Gates-Zuckerberg- Modell des 'philanthropischen Kapitalismus', von dem jetzt die Rede ist.

Was Gates mit der Landwirtschaft in Afrika vor hat, ist eng mit dem Modell der agro-Multis verknüpft, das MONSANTO im Auge hat. Und was Zuckerberg zu wollen scheint, ist ein 'freies' und elementares Internet, das ebenfalls mit Interessen der Multis verbunden ist.

Auch wenn Gandhi in manchen Kreisen veraltet erscheint, so hat er schon die Auswirkungen der Landwirtschaft im großen Maßstab erkannt mit ihrer Zerstörung der Umwelt, der Zerstörung der Ökologie und nicht nachhaltigen Plünderung der Natur-Resourcen.

Gandhi war seiner Zeit voraus . Er dachte an die Umwelt, an die Agro-Ökologie, nachhaltiges Leben, fairen Handel, örtliche Selbstversorgung und auch an Nahrungs-Souvernänität. Das alles findet sich in seinen Schriften.

…..........

Für Gandhi waren die einheimischen Fähigkeiten und die Selbstversorgung (swadeshi) zentral. [Colin führt die schlimmsten Überschwemmungen seit 100 Jahren in Madras an und wie in Delhi in Überschwemmungsgebieten fleißig gebaut wird.]

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Statt die Urbanisierung voranzutreiben, meinte Gandhi, dass die Dorf-Ökonomie im Zentrum der Entwicklung stehen sollte. Indien sollte nicht das westlich städtisch-industrielle System nachäffen. Er schrieb, dass England die Hälfte der Resourcen des Planeten brauchte, um seinen Wohlstand zu erreichen, und fragte, wie vieler Planeten es bedürfte, dasselbe für ein Land wir Indien zu erreichen. Er fügte hinzu, dass der ökonomische Imperialismus eines winzigen Insel-Königreichs die Welt in Ketten schlug. Würde Indiens 300 Millionen [zur damaligen Zeit] dieselbe Ausbeutung betriebe, würden sie die Welt wie Heuschrecken kahlfressen.

Indien hat jetzt 1.2 Mrd und China 1.3 Mrd. Die USA mit ihren 300 Millionen hat bereits den größten Teil der Erde geplündert. Ihre Bürger stellen nur 5 % der Weltbevölkerung dar, verbrauchen aber 24 % der Energie der Welt. Im Schnitt verbraucht ein Amerikaner so viel Energie wie zwei Japaner, 6 Mexikaner, 13 Chinesen, 31 Inder, 128 Bangladescher, 307 Tansanier und 370 Äthiopier.

Gandhi argumentierte, dass der Typ englischer industrieller Entwicklung auf einer Denkungsart beruhe, die Menschen ermutigt, sich als Eroberer und Eigner der Erde anzusehen. Abgesehen von unkontrollierter Stadt-Ausbreitung, die die Umwelt zerstört, zeigt sich diese Arroganz auch im Geo-Engineering und der Aneignung aller Facetten des Lebens, vom Wasser und Land bis zu den Wäldern, dem Saatgut und der Nahrung durch mächtige Multis.

Gandhis Vorstellung von Entwicklung war fundamental anders. Sie sah eine Industrialisierung vor, die nicht resourcen- und Energie-intensiv war wie Schiffbau, Eisenverarbeitung und Maschinenbau. Ein Typ von Industrialisierung, der nicht die Dörfer und das Dorfhandwerk unterwirft: nichts würde von Städten produziert, was nicht auch leicht von Dörfern gemacht werden könnte. Die Funktion der Städte sollte eine Art Verrechnungsstelle für Dorfprodukte sein. Er meinte, dass mit so einer Technologie selbst Energie von den Dörfern produziert werden könnte mit Sonnenlicht und örtlichen Materialien. Und die Leute würden natürlich in den von der Umwelt gesetzten Grenzen leben und in Harmonie mit der natürlichen Ökologie leben, statt sie dem Willen der Profit-Industrie zu unterstellen.

In dem Buch 'Mahatma Gandhi: Ein Apostel von angewandter menschlicher Ökologie' hat der verstorbene Umwelt-Wissenschaftler T. N. Khoshoo geschrieben:
„ … Gandhi nannte die sogenannte moderne Gesellschaft ein neun-Tage-Wunder. Die Armut ist gewachsen wegen der kumulativen Umwelt-Verschlechterung durch Resourcen-Erschöpfung, zunehmende Ungleichheit, ländliche Wanderung in die Städte, was zu Entwaldung, Bodenerosion, Verlust der Bodenfruchtbarkeit führt, zu Desertifizierung, Verschmutzung von Wasser und Land durch mangelnde Kanalisation, Chemiedünger, Pestizide und ihre Biovergrößerung und eine Menge anderer Probleme.“

Bedenkt, dass vor den Engländern Indien zu den reichsten Ländern der Welt gehörte und bis ins 17. Jahrhundert ein Drittel des Weltreichtums kontrollierte. Es exportierte u. a. Gewürze, Getreide, Handarbeiten, Webereien, Hochleistungsstahl, Moschus, Kampfer, Sandelholz und Elfenbein-Gegenstände. Das Dorf war das Zentrum der ländlichen Ökonomie, die das Zentrum der Unternehmertums war. Die Briten zerstörten fast dieses ganze System durch Einführung von Monokulturen und Fabrikprodukte. Und nach der Unabhängigkeit versäumte man, das ökonomische Muster wiederherzustellen. Als Ergebnis mussten der Staat von Zeit zu Zeit Hilfssendungen schicken und das ländliche Indien wurde allzuoft als hoffnungsloser Fall bezeichnet.

Beamte sind jetzt vor allem mit dem Fetisch des BNP-Wachstums beschäftigt und einem nicht nachhaltigen Entwicklungs-Modell . Zu diesem Prozess gehört die Umweltzerstörung und die Auswanderung hunderttausender Bauern in die Städte, die bereits überbevölkert sind.

…........

Wenn ein Wald abgehauen und das Land und Holz verkauft wird, erhöht sich das BNP, was Wachstum bedeutet. Das Tierleben verschwindet und die Wälder, die seit Jahrhunderten von Indigenen gemanagt wurden, die ihr Lebensunterhalt waren, sind verschwunden. Dann ziehen sie in die Stadt und leben in Slums und suchen Arbeit, die es nicht gibt. Das nennt man Entwicklung.

Laut Vandana Shiva liegt darin eine bestimmte Ideologie:
„Die Menschen werden als 'arm' angesehen, wenn sie essen was sie selbst angebaut haben, und nicht das Junkfood aus dem Supermarkt essen. Sie werden als arm angesehen, wenn sie in selbstgebauten Häusern aus ökologischem und gut angepasstem Material wie Bambus und Lehm wohnen, stadt in Zementhäusern. Sie werden als arm angesehen, wenn ihre Kleider selbstgemacht sind aus Naturfasern statt synthetischen.“

Und das Ergebnis dieser Denkweise ist, dass man den 'Armen' durch den Westen und mächtige Multis in ihrer schlimmen 'Zurückgebliebenheit' helfen muss.

Was manche als 'zurückgeblieben' ansehen kommt von der ethnozentrischen Ideologie, die benutzt wurde, um die Zerstörung der Gemeinden und Ökonomien zu rechtfertigen und unter dem Banner der 'Globalisierung' (d. h. Neoliberalismus und Imperialismus), die ursprünglich örtlich und selbstversorgend waren.

Bezüglich Gandhis Ansicht meint Sudhansu R. Das, dass die Wiederherstellung der indischen Dorf-Ökonomie in der Fähigkeit der Führung liegt, das gesellschaftliche Verhalten umzukehren. Das sagt, dass die junge Generation in den Dörfern heute es vorzieht, Fast-Food statt nahrhahfte eigene Nahrung zu essen. Ebenso werden bioabbaubare, handgemachte Artikel für den täglichen Bedarf gegen Plastik-Mist aufgegeben. Die Leute geben ihre dem Klima angepasste Kleidung und Schuhe auf aus keinem andern Grund als dem 'Markt' und der Werbung zu folgen. Die Leute werden überredet, Geld zu borgen und über ihre Verhältnisse zu leben. Die Gier nach Statussymbolen hat Millionen Menschen verschuldet.

Aber eine Regierung nach der anderen hat die Situation nur verschlimmert …........ T. N. Khoshoo meint auch, dass Gandhis Vorschläge für eine 'nicht-interventionistische-Lebensweise' die Antwort auf viele heutige Probleme wäre. Das Wort von der „Umweltgesundheit“ ist nicht nur eine literarische Floskel, sondern macht wirklichen biologischen Sinn, weil, wie Gandhi sagte, unser Planet ein lebender Organismus ist. Ohne die unzähligen und verschiedenen Formen des Lebens, die auf der Erde leben, und ohne Respekt vor den anderen Spezies, wird die Erde leblos werden.

Doch bevor das geschieht, werden die Menschen untergehen und der Planet wird uns abschütteln wie einen Schwarm Fliegen. Aber unterdessen wird viel Schaden angerichtet und wird noch viel Leiden verursacht von einem System, das nur gedeiht, wenn es die Menschen in Sklaven ihrer Begierden verwandelt und erlaubt, dass der Imperialismus frei herrschen kann.

Gandhi war „ein Apostel der angewandten menschlichen Ökologie“, wie T. N. Khoshoo sagt. Er hatte eine Vision von einer Welt ohne sinnlosen Konsum, der die endlichen Resourcen erschöpft und das Habitat und die Umwelt zerstört. Angesichts der Probleme der Menschheit, sollten seine Ideen uns als Inspiratation dienen, ob wir in Indien oder sonstwo leben.

Unglücklicherweise scheint seine Botschaft kein Gehör bei den heutigen Führern zu finden, die vor einem 'aus der Kontrolle gerateten Kapitalismus' kapituliert haben, die die Welt in Konflikte um Resourcen treiben mit dem ultimativen Gespenst eines Atomkrieges, das über unseren Köpfen hängt.

Quelle - källa - source

5 Kommentare:

  1. "Er schrieb, dass England die Hälfte der Resourcen des Planeten brauchte, um seinen Wohlstand zu erreichen"
    Aha, und wieviel braucht dann die USA? Zweimal alle Ressourcen der Welt? Das stimmt doch vorne und hinten nicht.
    „Die Menschen werden als 'arm' angesehen, wenn sie essen was sie selbst angebaut haben, und nicht das Junkfood aus dem Supermarkt essen. Sie werden als arm angesehen, wenn sie in selbstgebauten Häusern aus ökologischem und gut angepasstem Material wie Bambus und Lehm wohnen, stadt in Zementhäusern. Sie werden als arm angesehen, wenn ihre Kleider selbstgemacht sind aus Naturfasern statt synthetischen.“
    - Arm ist jemand, dessen Vermögen einen geringen materiellen Wert besitzt. Das ist die Definition. Wenn viele Menschen der Ansicht sind, dass die Kleider aus Naturfasern und die Lehmhütten einen geringen Marktwert besitzen im Vergleich zu den Zementhäusern, dann ist der Besitzer der Lehmhütten arm. Wer glaubt, dass es sich hierbei nicht um Tatsachen, sondern um eine Ideologie handelt, sollte versuchen seine Lehmhütte einzutauschen und schauen, wieviele Zementhäuser er dafür bekommt.
    Der Kapitalismus (=die auf dem Privateigentum an den Produktionsmitteln basierende Wirtschaftsform) hat kein Problem damit, dass auch nicht-westliche Völker ihren Ressourcenverbrauch erhöhen. Wenn die Rohstoffe nicht in den benötigten Ausmaß abgebaut werden können, gehen die Preise hoch, und der Anreiz den Verbrauch zu senken wird größer. Die ressourcenintensive Produktion wird weniger rentabel und verliert tendenziell Kapital zugunsten von sparsameren Verfahren.

    Die Wahrheit über Ghandi (das wollte ich schon immer bringen):
    https://www.youtube.com/watch?v=XG2bKiRu48Y

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  2. Aha, vor weningen Monaten wurde Gandhi hier noch vehement als Rassist diffaiert und jetzt wird er plötzlich zum Apostel gemacht. Irgendwie leicht schizophren.

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  3. Du meinst, ich schreibe hier Artikel, die euch des Denkens entheben sollen? Was dort gesagt wurde, hat nicht seine Gültigkeit verloren. Seinen Rassismus nimmt ihm keiner mehr ab. Aber er hat auch andere Sachen gesagt, die ihre Gültigkeit behalten, wie diese hier, die den Umgang des Menschen mit der Natur betreffen. Das macht ihn noch lange nicht zum Sozialisten, denn als Lösung bietet er ja genau das an, was Todhunters Kapitalistenfreund Devenish heute vorschlägt: einen klein-klein-kapitalistisches Modell. Den Kapitalismus also nochmal von neuem aufrollen. Das genau macht ja den Gandhi auch bei etwas progressiv denkenden Kapitalisten so beliebt.

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  4. Zitat:
    "Wenn ein Wald abgehauen und das Land und Holz verkauft wird, erhöht sich das BNP, was Wachstum bedeutet.
    Das Tierleben verschwindet und die Wälder, die seit Jahrhunderten von Indigenen gemanagt wurden, die ihr Lebensunterhalt waren, sind verschwunden.
    Dann ziehen sie in die Stadt und leben in Slums und suchen Arbeit, die es nicht gibt. Das nennt man Entwicklung."
    Ende Zitat.

    Ergänzung:
    ... überall wird uns die ZERSTÖRUNG (der Natur) als WACHSTUM angepriesen.

    "CDU"-Plakat:
    *Sozial ist, was Arbeit schafft.*

    Nunja, die Jährlich nach Dürkschlaand einreisenden 1,5 -- 3 Millionen Invasoren schaffen ja Abwärz... äh Arbeitsplätze, hier 3 Beispiele:

    http://www.wiedenroth-karikatur.de/KariAblage201512/WK151202_Immigration_Asyl_Fluechtling_Unterkunft_Reinigung_Dienstpflicht.jpg

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